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Rote Karte für unsichere Kunden

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Rechtsanwälte werden immer häufiger mit der Frage konfrontiert, welche Rechte auftragnehmende Bauhandwerker haben, um ihren Vergütungsanspruch zu sichern. Diese Frage taucht deshalb auf, weil der Auftragnehmer bei den meisten Aufträgen mit Material und Lohn stark in Vorleistung tritt. Zwar ist er berechtigt, Abschlagszahlungen zu fordern, jedoch ist dies keine Sicherheit dafür, dass der Handwerker die vollständige Vergütung nach Fertigstellung tatsächlich erhält. Denkbar ist, dass der Besteller insolvent wird. Dann bliebe dem Handwerker nur die Möglichkeit, seine Werklohnforderung zur Insolvenztabelle anzumelden, womit die eigene Forderung praktisch wertlos wird. Die durchschnittliche Inso-Quote liegt gerade einmal bei ca. 2,6 %.

Eine effektive Möglichkeit, den Vergütungsanspruch zu sichern, ist die Bauhandwerkersicherung nach § 650 f BGB. Diese Vorschrift gilt auch bei VOB/B-Verträgen. Sie gibt dem Auftragnehmer die Möglichkeit, vom Auftraggeber eine Sicherheit für die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Die Art der Sicherheit darf jedoch der Auftraggeber bestimmen. Dabei hat er verschiedene Sicherheitsmittel zur Auswahl (z. B. Stellung einer Bürgschaft, Hinterlegung von Geld, Verpfändung von Gegenständen). Die Sicherheit wird in der Praxis jedoch in aller Regel durch die Bürgschaft einer Bank erbracht.

In welcher Höhe kann Sicherheit verlangt werden?

Die Sicherheit kann der Unternehmer bis zur Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung verlangen zuzüglich pauschal 10 % für Nebenforderungen (z. B. Verzugszinsen, Prozesskosten, o. ä.).

Beispiel: Ist für einen Auftrag eine Vergütung von 10 000 Euro vereinbart, darf der Auftragnehmer auch in dieser Höhe eine Sicherheit verlangen, wobei die Mehrwertsteuer zu addieren ist. Sind z. B. in Höhe von 4000 Euro bereits Abschlagszahlungen gezahlt worden, verringert sich der zu sichernde Werklohnanspruch entsprechend auf 6000 Euro zzgl. MwSt. Dem Gesetz nach darf sogar noch ein pauschaler Aufschlag von 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs für Nebenkosten (Verzugszinsen, Prozesskosten o. ä.) vorgenommen werden.

Der Anspruch auf Gewährung dieser Sicherheit besteht schon ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Der Unternehmer kann also direkt nach Vertragsschluss vom Auftraggeber die Stellung einer Bauhandwerkersicherung fordern. Er kann die Sicherheit sogar dann noch fordern, wenn der Vertrag gekündigt worden ist. Bei einer Kündigung ohne wichtigen Grund (sogenannte freie Kündigung) kann die Sicherheit in Höhe der vereinbarten Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen verlangt werden. Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund kann eine Sicherheit in der Höhe verlangt werden, wie Arbeiten bis zur Kündigung erbracht worden sind.

Tipp: Auftragnehmer sollten darauf achten, dass Sie vom Auftraggeber in dem Aufforderungsschreiben nicht ausdrücklich eine Bürgschaft verlangen! Der Auftraggeber darf wählen, wie er die Sicherheit erbringt. Auftragnehmer müssen – neutral – die Stellung einer Bauhandwerkersicherung fordern. Ferner ist darauf zu achten, eine Bauhandwerkersicherung in bestimmter Höhe zu verlangen. Wenn der Auftragnehmer ausdrücklich z. B. eine Bürgschaft verlangt oder keinen Sicherungsbetrag nennt, ist das Sicherungsverlangen unwirksam!

Beweislast über die Höhe des zu sichernden Werklohns

Kommt es über die Höhe der zu erbringenden Sicherheit zum Streit, ist der Handwerker/Bauunternehmer im Vorteil: Er muss die ihm zustehende Vergütung lediglich schlüssig darlegen – er muss nicht beweisen, dass er bestimmte Leistungen schon erbracht hat. Der Besteller kann also nicht rügen, dass die veranschlagten Mengen nicht ausgeführt worden sind und deshalb die vereinbarte Vergütung zu reduzieren sei. Der Grund ist, dass die Bauhandwerkersicherung eine schnelle, effektive Sicherheit für den Handwerker/Bauunternehmer sein soll. Dieser Zweck wäre verfehlt, wenn umfangreiche Beweisaufnahmen (z. B. mit Sachverständigen oder Zeugen) vor Gericht stattfinden würden, um festzustellen, welche Leistungen erbracht sind und welche nicht. Die Vereinbarung von Abschlags- oder Ratenzahlung beeinträchtigt das Recht, eine Bauhandwerkersicherung zu verlangen, ebenfalls nicht! Auftragnehmer können die Sicherheit auch nach Erhalt von Abschlagszahlungen verlangen – allerdings muss die Abschlagszahlung bei der zu sichernden vereinbarten Vergütung in Abzug gebracht werden. Es hat grundsätzlich auch keinen Einfluss auf die Höhe des Sicherungsverlangens, dass eine Leistung zum Zeitpunkt des Verlangens der Sicherheitsleistung mangelhaft ist. Auch wenn der Auftraggeber meint, Gegenansprüche zu haben, bleiben diese bei der Berechnung er Höhe der Sicherheit grundsätzlich unberücksichtigt.

Bauhandwerkersicherung als taktisches Mittel nutzen

Der Auftragnehmer kann das Verlangen auf Stellung einer Handwerkersicherung auch als taktisches Mittel nutzen, um sich einen Kündigungsgrund zu schaffen. Dem Besteller kann zur Übergabe der Sicherheit eine Frist gesetzt werden – 14 Tage sind grundsätzlich ausreichend. Hat der Besteller bis dahin keine Sicherheit erbracht, kann der Vertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies kann ein effektiver Weg sein, um einen unangenehmen Auftraggeber loszuwerden. Nach Ablauf der Frist zur Stellung der Sicherheit darf der Handwerker auch seine Leistung einstellen – er hat dann ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht.

Dabei ist folgendes zu beachten: Der Auftraggeber muss für den Fall, dass er die Sicherheit durch Bürgschaft stellen will, die Bürgschaft innerhalb der Frist im Original übermittelt haben. Die Übersendung in Kopie reicht nicht! Das bedeutet: Wenn ein Vertrag mit einem Auftraggeber gekündigt werden soll und hat dieser nur eine Kopie innerhalb der Frist zur Übermittlung der Bürgschaft gegeben, darf der Auftragnehmer den Auftrag grundsätzlich kündigen.

Achtung Falle – die übergebene Sicherheit genau prüfen

Angenommen der Auftraggeber übermittelt eine Bürgschaft, so ist diese auf eine Befristung zu prüfen. Immer wieder geschieht es, dass Bürgschaften nur bis zu einem bestimmten Datum befristet sind. Dadurch kann eine Bürgschaft schnell wertlos werden. Verspricht der Bürge (z. B. eine Bank) nur, z. B. bis zum 2. Januar 2022 für etwaige Zahlungsansprüche einzustehen, ist die Bürgschaft ab dem 3. Januar 2022 schon vollkommen nutzlos, wenn die Bürgschaftssumme bis dahin z. B. nicht eingeklagt ist. Eine befristete Bürgschaft ist unverzüglich unter Hinweis auf die unzulässige Befristung zurückzuweisen. Macht der Auftragnehmer dies nicht, wird er so behandelt, als sei er mit der Befristung einverstanden gewesen.

Wer trägt die Kosten einer Bürgschaft?

Die Kosten für die Sicherheit muss der Handwerker dem Besteller bis zu einer Maximalhöhe von 2 % der abgesicherten Summe erstatten. Der Besteller muss jedoch die tatsächlichen Kosten der Sicherheitsleistung nachweisen. Angenommen, es wird eine Bürgschaft von 10.000 Euro angefordert, so würden pro Jahr 200 Euro anfallen. Dafür erhält der Auftragnehmer jedoch die Sicherheit, dass er seinen Werklohn erhält, wenn er ihm zusteht.

Wie das Sicherungsverlangen durchsetzen?

Der Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung ist einklagbar. Er kann parallel zum Werklohn eingeklagt werden. Wichtig ist, dass der Auftraggeber dem Sicherungsverlangen nicht entgegenhalten kann, dass einzelne Leistungsteile mangelhaft sind. Diese Einwendung kann er nur z. B. einer Abschlags- oder Schlusszahlungsforderung entgegenhalten, nicht aber dem Sicherungsverlangen.


Fazit

Handwerker sollten sich mit der Bauhandwerkersicherung vertraut machen und diese nutzen! Sie ist ein effektives Mittel, um die Vergütung zu sichern und auch, um sich von einem ungeliebten Auftraggeber zu trennen. Man kann auch ein Leistungsverweigerungsrecht zu eigenen Gunsten herbeiführen, um bei Personalengpässen berechtigterweise die Arbeit auf einer Baustelle ruhen zu lassen.

Info

Für die SBZ arbeitet RA Roman Deppenkemper Themen auf, die unmittelbar für die tägliche Arbeit auf der ­Baustelle oder im Büro relevant sind.
Er widmet sich dabei insbesondere ­Themen, die bei Handwerkern wenig bekannt sind sowie rechtlichen Handlungsmöglichkeiten, die (zu) wenig ­genutzt werden. Relevante Recht­sprechung wird ebenfalls Eingang in die Beiträge finden.

Rechtsanwalt ­Roman Deppenkemper
ist Gesellschafter der Kanzlei Deppenkemper & Burgard in 59071 Hamm. Die Kanzlei berät und vertritt Bau- und Handwerksbetriebe deutschlandweit in bau- und arbeitsrechtlichen Fragen. Telefon (0 23 81) 98 28 20,

Bild: Deppenkemper