Trotz stabiler Konjunktur sind immer mehr Unternehmen nicht in der Lage, ihre Rechnungen pünktlich auszugleichen. Viele „arbeiten“ daher mit dem Geld ihrer Lieferanten. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen haben häufig überhöhte Forderungsstände und werden dadurch in die Insolvenz getrieben oder zu einer Liquidation gezwungen. Auch Banken erheben immer höhere Anforderungen an Liquiditätsvergaben. Dabei können sich auch kleine und mittelständische Unternehmen mit sicheren Mitteln gemäß gültiger Rechtsprechung konsequent auf dem Markt bewegen, wenn sie ordentliche, kaufmännische und zeitlich genaue Forderungskontrollen durchführen. Denn neben allen juristischen und kaufmännischen Möglichkeiten, Forderungen zu realisieren, ist Konsequenz und Selbstdisziplin der einzige Weg, pünktlich und den Absprachen entsprechend Forderungen gegenüber dem Kunden beizutreiben.
Richtig und wirkungsvoll mahnen
Mahnung ist nicht gleich Mahnung, vor allem nicht, wenn vorab schon die Rechnung nicht ordnungsgemäß gestellt wurde. Eine ordentliche Rechnung sollte das Rechnungsausstellungsdatum und Erklärungen zu den gelieferten Waren, den Dienstleistungen, den Einzelpreisen, dem Gesamtpreis, dem ausgewiesenen Nettobetrag, dem errechneten Mehrwertsteueranteil und dem Bruttobetrag enthalten. Selbstredend muss auf jeder Rechnung auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen und ein Fälligkeitsdatum benannt werden. Sinnvoll ist es, die Rechnungen direkt mit einer maschinellen Verzugsautomatik zu versehen, um bei Fälligkeit automatisch Verzugszinsen zu berechnen und die Weiterleitung an ein Inkassobüro oder eine Rechtsanwaltskanzlei zu veranlassen.
Bei kurzen Zahlungszielen ist es nicht sinnvoll, nach Fälligkeit viele Erinnerungen und Mahnungen zu versenden. Es ist unter kaufmännischen Gesichtspunkten richtig, eine Rechnung mit Grundzahlungsziel zu stellen, darauf eine deutliche Erinnerung mit Laufzeit von sieben Tagen nachzusenden und danach maximal noch eine abschließende Mahnung zu versenden, um dem Gläubiger zu ermöglichen, seinen Zahlungspflichten nachzukommen.
Bonitätsprüfung – eine Pflicht, auch bei kleinen Betrieben
Die Kunst, offene Außenstände zeitnah zu sichern, liegt im Aufspüren von „faulen“ Kunden. Ein kleines Unternehmen, das personell nicht die Kapazitäten hat, die genauen Zahlungseingänge zu analysieren, um daraus Rückschlüsse auf die Bonität des Kunden zu ermöglichen, sollte sich grundsätzlich an eine Wirtschaftsauskunftei wenden und von wirklich jedem neuen Kunden eine schriftliche Auskunft einholen. Die von vielen Unternehmern gefürchteten Kosten einer Mitgliedschaft bei einer Wirtschaftsauskunftei werden schon dann kompensiert, wenn im Vorfeld ein bei der Auskunftei als unzuverlässig geltender Kunde entlarvt und dadurch ein geschäftliches Risiko ausgeschlossen werden kann. Dabei sind auch die automatischen Nachtragsverfahren der Auskunfteien zu nutzen, damit die Zahlungsmoral eines Kunden verfolgt werden kann. Die führenden Wirtschaftsauskunfteien bieten eine Vielfalt verschiedener Dienstleistungen an. Unternehmer sollten hier allerdings versuchen, ihr Verhandlungsgeschick zu nutzen und die Angebote untereinander vergleichen.
Mitglieder können sogar über die Homepages der Auskunfteien sofort die aktuellen Bonitätsdaten von Kunden abfragen. Auch für eine solche Dienstleistung lässt sich ein akzeptabler Preis mit den Auskunfteien vereinbaren. So kann der Kunde direkt nach Bestellungseingang überprüft bzw. eingestuft werden. Einem bislang guten Kunden, der nachweislich die vorgegebenen Zahlungsziele ignoriert, sollte bei einer Erinnerung oder Mahnung erklärt werden, dass man nach Ablauf der Frist seine schlechte Zahlungsmoral den Wirtschaftsauskunfteien zur Verfügung stellen wird, wodurch die Einstufung des Kunden bei der Auskunftei verschlechtert wird. Natürlich muss dabei immer die Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden.
Ein Unternehmen ist kein Kreditgeber
Wenn die Kunden regelmäßig eigenmächtig Zahlungsziele erweitern, so geschieht dies immer auf Kosten der Liquidität des Lieferanten und zu Lasten der Ergebnisrechnung. Wenn also das Unternehmen durch offene Forderungen die Bank für seine Kunden spielt, hat dies meist zur Folge, dass die eigene Kreditlinie bei der realen Bank ausgeweitet werden muss. Dies bedeutet wiederum, dass die laufenden Kontokorrentzinsen – umgerechnet auf in Rechnung gestellten Waren oder Dienstleistungen – von dem Ertrag abzuziehen sind. Weiterhin darf auch nicht vergessen werden, dass jede Mahnung, jedes Telefonat und jede sonstige Aktivität zusätzliche Kosten für das Unternehmen bedeuten.
Wie ermittelt man ein adäquates Zahlungsziel?
In der Regel werden Zahlungsziele so an den Kunden weitergegeben, wie es Markt und Mitbewerber vorgeben. Dies ist eine übliche Praxis, die aber kaufmännisch nicht korrekt ist, da das Zahlungsziel von dem eingesetzten Kapital, den zur Verfügung gestellten Umlaufmitteln, dem Warenumschlag sowie den eigenen Zahlungszielen bei den Vorlieferanten abhängig ist. Dabei ist zu bedenken, dass eine Umstellung der Zahlungsziele und der Vergabe von Zahlungsanreizen (wie Skonto) immer zum Jahresbeginn vermittelt werden sollte, da nach Inventuren und ähnlichen besonderen Sachstandskontrollen den Kunden gegenüber Veränderungen am besten zu vertreten sind.
Vorteile für gute Zahler – Nachteile für schlechte Zahler
Ist das Zahlungsziel einmal festgelegt, sollte auf jeden Fall eine Skontoregelung als Anreiz für eine zeitnahe Zahlung eingeführt werden. Eine Skontostaffelung ist zwar zunächst gewöhnungsbedürftig, bietet aber den Kunden die Möglichkeit, einen außerordentlichen Ertrag zu erwirtschaften. Ein Staffelskonto ist zum Beispiel in der Textilindustrie durchaus üblich: 10 Tage 4 % Skonto, 30 Tage 2,25 % Skonto, 60 Tage netto Kasse. So kann man zum Beispiel auch verschiedene Zahlungsweisen – wie ein vereinbarter Bankeinzug – mit hohen Skontoanreizen belegen. Über eine entsprechende Software kann automatisch der eingegangene Betrag und die möglichen Skontoabzügen geprüft und überwacht werden. Bei Skontoeinbehalt kann nach Ablauf der Skontierungsfrist der entsprechende Betrag dem Kundenkonto wieder gutgeschrieben werden.
Genauso wie der gute Kunde bei zeitiger Zahlung belohnt wird, kommen auf den schlechten Kunden, der das Zahlungsziel überschreitet, entsprechende Nachteile in Form von Verzugszinsen zu. Die Verzugszinsen sollten sich an den Kosten des in Anspruch genommenen Kontokorrentkredites orientieren. Sollte es sich hier sogar um eine geduldete Überziehung der Bank handeln, können unter Umständen auch die Strafzinsen der Bank in die Verzugszinsen als Erhöhung einfließen. In der Regel zahlen säumige Kunden – wenn sie endlich zahlen – die Verzugszinsen nicht. Diese Verzugszinsen sind für das Unternehmen keine außerordentlichen Erträge, sondern kompensieren den Verlust und die Bearbeitung der verspäteten Zahlung und sollten dem Kunden unbedingt wieder auf seinem Kundenkonto belastet oder sogar erneut angemahnt werden.
Schlechte Kunden schnell entlarven
Als Unternehmer sollte man regelmäßig Verbände, Arbeitsgemeinschaften, Industrie- und Handelskammern und Auskunfteien nutzen, um sich über schlechte Kunden und Kunden, deren Bonitätsindex sich verschlechtert hat, zu erkundigen. Üblicherweise ist es nämlich so, dass solche Kunden gerne den Lieferanten einfach wechseln, wenn sie wegen offener Verbindlichkeiten nicht mehr beliefert werden. Am Ende haben dann häufig mehrere Lieferanten hohe Forderungen gegen einen Kunden und müssen im schlechtesten Fall die Forderungen abschreiben. Über die verschiedenen Institutionen ist es mittlerweile relativ einfach, eine Warnung vor Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten zu erhalten.
Es ist für kleine und mittelständische Unternehmen auch sinnvoll, Großkunden bei diesen Institutionen zu überprüfen. Hierbei ist eine Bankauskunft nützlich, da hierüber zumindest die aktuelle Kontensituation des Kunden eingehend geprüft werden kann. Man beauftragt dazu vorher den Betreuer seines Kontos, regelmäßig über seine Kunden (kostenpflichtige) Bankauskünfte einzuholen, um das eigene Unternehmen vor Forderungsausfällen zu schützen.
Regelung des Mahn- und Verzugswesens
Die wichtigste Grundlage zur Regelung der offenen Forderungen bzw. Festlegung der Zahlungsweise sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Allgemeine Geschäftsbedingungen regeln – neben den gesetzlichen Vorgaben – die Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Kunden, gerade im Falle von Forderungssicherungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen individuell auf das Unternehmen angepasst werden! Es hat keinen Sinn, diese von einem Mitbewerber zu kopieren und gedankenlos auf die Rückseite seiner Rechnungen zu drucken. Professionell erstellte allgemeine Geschäftsbedingungen können grundsätzlich von jedem Rechtsanwalt entwickelt werden, sollten aber eher von einem betriebswirtschaftlich versierten Rechtsanwalt erstellt werden. Das Honorar zur Erstellung sollte dabei vorab vereinbart werden. Ein Vorteil für den Unternehmer neben der Rechtssicherheit ist dabei die Haftung des Rechtsanwaltes.
Wie viele Zugeständnisse müssen gemacht werden?
Auch gute und wichtige Kunden, die ein Unternehmen unter keinen Umständen verlieren möchte, können eine dürftige Zahlungsmoral aufweisen. Hier helfen keine Drohgebärden, sondern nur ehrliche Gespräche und die Darstellung der schwierigen eigenen Situation. Benötigen wichtige Kunden – aus welchen Gründen auch immer – längere Zahlungsziele, können diese zum Beispiel durch Preisaufschläge kompensiert werden. Ein weiteres Mittel ist die Herausgabe von Handelswechseln mit Laufzeiten von 30, 60 oder 90 Tagen. Wenn der Kunde wirklich 90 Tage Zahlungsziel in Anspruch nehmen möchte, sollte er korrekterweise einen Wechsel zeichnen, um dann nach 90 Tagen pünktlich seine Rechnungen zu begleichen. Oft kennen sich Lieferant und Kunde gut und tauschen sich natürlich auch über Zahlungsziele und Zielüberschreitungen frühzeitig aus.
Kein Zahlungseingang trotz Verzug
Es gibt zwei Möglichkeiten, warum der säumige Zahler nicht reagiert: Ihm ist die rechtliche Tragweite des Verzuges nicht bewusst oder er ignoriert sie wissentlich. Nach Ablauf der Frist sollte man ganz konsequent einen Mahnbescheid beantragen oder beantragen lassen. Mittlerweile sind die Mahngerichte zentralisiert und bieten den erwähnten Service auch online an. Nach Zustellung des Mahnbescheides kann der Kunde entweder Einspruch gegen diesen Mahnbescheid einlegen, die Forderung begleichen oder auch diese letzte Frist verstreichen lassen. Die letztgenannte Variante ermöglicht einen Vollstreckungsbescheid.
Bei Einspruch gegen den Mahnbescheid muss begründete Klage durch den Lieferanten bei Gericht erhoben werden. Bei Streitwerten über 5000 Euro liegt die Zuständigkeit beim Landgericht, wodurch ein Anwaltszwang gegeben ist. Der Rechtsanwalt benötigt alle relevanten Informationen und Nachweise, die den Anspruch des Lieferanten belegen, um eine entsprechend solide Klageschrift zu formulieren.
Forderungen selber einziehen oder machen lassen?
Neben den Wirtschaftsauskunfteien, die meist gleichzeitig Inkassodienste anbieten, sind viele Rechtsanwälte auf das Einziehen und das spätere Einklagen von Forderungen spezialisiert. Wenn häufiger Forderungen beigetrieben werden müssen, sollte man mit einem vertrauten Rechtsanwalt eine feste Honorarvereinbarung treffen. Die meisten säumigen Debitoren werden schon dann aktiv, wenn nach Verzug ein Schreiben vom Rechtsanwalt eingeht, in dem die Forderung letztmalig angemahnt und mit einer Klage vor Gericht gedroht wird. Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid können dadurch obsolet werden.
Beauftragungen zwecks Forderungseinzuges können auch an Inkassodienste der Wirtschaftsauskunfteien vergeben werden. Inkassounternehmen mahnen zunächst meist selbst in schriftlicher Form. Gelingt es nicht, die Forderung beizutreiben, wird die Angelegenheit an einen speziellen Rechtsanwalt übergeben, der nur für das Inkassobüro arbeitet. Für einen Kleinunternehmer besteht zwischen der Beauftragung eines Inkassobüros oder eines Rechtsanwalts kein großer Unterschied. Lediglich der Eigenkostenanteil sollte vorher vom Unternehmer genau kalkuliert und verglichen werden.
Selbstdisziplin bei der Debitorenbuchhaltung
Wer seine Forderungen nicht diszipliniert verfolgt und zeitig beitreibt gewährt den Kunden zinsfreie Kredite auf eigene Kosten! Es gehört also zur Selbstdisziplin des Unternehmers, regelmäßig alle Forderungen zu prüfen und entsprechende Erinnerungen oder Mahnungen zu versenden. Es gibt selbst für kleine Unternehmen sehr leistungsfähige und einfache Programme, die neben Kalkulationen auch das Rechnungs- und Mahnwesen mit der Berechnung von Zinsen und der Aufstellung von Kundenkonten übernehmen. Hierbei genügt die Betrachtung der Gesamtdebitoren. Das Programm zeigt die Fälligkeiten an und übernimmt automatisch nach einem festgelegten Standard die Laufzeit mit Zahlungsziel und gibt an, wann welche Maßnahmen getroffen werden müssen.
Externe Berater entwickeln Debitorenmanagement
Auch für kleinere Betriebe ist es sicherlich sinnvoll, das gesamte Debitorenmanagement von externen Beratern kontrollieren und optimieren zu lassen. Es gibt Dienstleister, die sich nur darauf spezialisiert haben, ein entsprechendes Debitorenmanagement auch im kleinen Rahmen zu erarbeiten und gemeinsam mit dem Unternehmer umzusetzen. Dazu gehören auch die Gespräche bezüglich der Rahmenbedingungen mit Inkassodiensten oder Rechtsanwälten. Wichtig ist hierbei aber auch wieder, dass nach Umsetzung einer Beratung die Selbstdisziplin und Kontinuität im Unternehmen bezüglich der Betrachtung und Bearbeitung der Debitoren gewahrt bleibt. Wenn die Kunden merken, dass Mahnungen oder andere Maßnahmen zur Einforderung der offenen Rechnungen nur sporadisch kommen, stellt sich mit absoluter Sicherheit eine schlechtere Zahlungsmoral ein!
Fazit
Die zeitnahe Erstellung von Rechnungen für die erbrachte Leistung gehört zur kaufmännischen Routine in jedem Unternehmen. Trotzdem bezahlt ein Teil der Kunden Rechnungen mit großer Verzögerung oder gar nicht. Dass dieser Umstand zu erheblichen Nachteilen führen kann, ist jedem Unternehmer bewusst. Hier hilft nur ein aktives und professionelles Forderungsmanagement Zahlungsausfälle zu vermeiden.
Autor
Thomas Uppenbrink ist geschäftsführender Gesellschafter der Thomas Uppenbrink & Collegen GmbH sowie assoziierter Partner der Sozietät Spratte Riepe & Lang Rechtsanwälte & Steuerberater, 58089 Hagen, Telefon (0 23 31) 18 25 30, Telefax (0 23 31) 18 25 32, https://uppenbrink.de/wp/