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Digital und Spaß dabei: So arbeitet ein SHK-Betrieb heute

Zum Einstieg ein Witz: „Warum nehmen Ostfriesen einen Stein und eine Schachtel Streichhölzer mit ins Bett? Mit dem Stein werfen sie das Licht aus, und mit den Streichhölzern sehen sie nach, ob sie auch wirklich getroffen haben.“ Erzählungen wie diese geisterten in den 80er- und 90er-Jahren durch die Republik. Ostfriesen als Hinterwäldler? Ihno ­Schipper, ­Geschäftsführer der Loerts Gebäudetechnik GmbH aus Weener, kann darüber nur lachen. Sein Unternehmen ist ein Stern am IT-Himmel der deutschen SHK-Branche.

Je näher wir Ostfriesland kommen, desto platter das Land, desto leerer die Autobahn – und dennoch geht’s hier digital in die Vollen. Vor drei Jahren zog die Loerts Gebäudetechnik GmbH in das Gewerbegebiet Rheiderland. Vor der Tür ein Parkplatz mit Ladesäulen, dahinter ein modernes Büro und ein eindrucksvolles Lager. Ihno Schipper betritt den Raum. Auf die Frage, welche digitalen Tools er in seinem Unternehmen nutzt, sagt er nur: „Alle.“ Aber der Reihe nach.

Zwölf Jahre lang diente der heute 35-­Jährige bei der Bundeswehr. Erst im Süden, später im Norden, nah dran an seiner ostfriesischen Heimat. Schon während der Dienstzeit studierte er Wirtschaftsinformatik und überlegte, wie es weitergehen soll. Berufssoldat? Das war nichts für den IT-Experten, der mit der SHK-Branche bis dahin so wenig zu tun hatte wie Ostfriesenwitze mit der Realität. Bei einer „Tasse Bier“ mit seinem Schwager Wenko Loerts kam das Thema Selbstständigkeit auf. „Er hat bei einem Handwerksbetrieb gearbeitet und gefragt, ob ich diesen Schritt mitmachen wolle“, sagt Schipper. Betriebsgründung aus einer Bierlaune? Von wegen. Er beleuchtete die kaufmännische Seite, erkannte das Potenzial und die beiden kämpften um einen Kredit bei der Bank. „Ohne Grundbesitz hätten wir das nicht machen können“, blickt er zurück und betont: „Glücklicherweise sind wir diesen Schritt gegangen und bauen nun aus. Hier kommt ein Stockwerk drauf und wir verdoppeln unsere Lagerhalle.“

Was vor fünf Jahren mit vier Mann begann, hat sich zu einem Unternehmen mit 29 Mitarbeitern entwickelt. Ihno Schipper nimmt sich des Themas Wärmepumpe an. „Ich bin Ansprechpartner für Auslegungen. Da habe ich mir die technische Expertise angeeignet. Außerdem berate ich unsere Kunden zu Fördermöglichkeiten. Wir leisten das als Service. Das ist ein großer Vorteil. Energieberater müssen extra bezahlt werden und sind eine zusätzliche Schnittstelle.“

Schnittstelle. Ein entscheidender Begriff im Unternehmen, das Kunden im Umkreis von einer Stunde bedient, sich breit aufstellt, den Fokus auf Heizung legt und von Anfang an das komplette Digitalpaket installierte. „Mich hat jeder gehasst, dass ich das sogar während des Umzugs unseres Lagers noch eingefordert habe. Wir hatten Stress, haben Leute eingestellt und ich habe gleichzeitig gesagt, ins Lager müssen überall Barcodes.“

Hartnäckigkeit zeichnet den sympathischen Ostfriesen aus. Dranbleiben. Nachgehen. Digitalisierung ist schließlich kein Selbstläufer. „Viele verzweifeln, weil etwas nicht funktioniert. Oder sie fangen an, Teilbereiche nicht mehr digital zu machen. Das darf nicht passieren. Da muss es einen geben, der hinterher ist, den keiner mag – und das war ich.“ Hier ist Power gefragt. Im Kühlschrank stehen Iso-Drinks. Kein Wunder.

Ihno Schipper spricht lieber von Handwerk 4.0 statt von Digitalisierung. Zu schwammig sei der Begriff. Von Anfang an alles durchgezogen zu haben, mit der Fachhandwerkersoftware KWP sämtliche Bausteine auf einer Plattform zu nutzen, war ihm wichtig. „Wenn man neu baut, kann man genau sagen, wo man etwas hinhaben möchte. Genauso ist es mit der Software. Hat man erst mal bestehende Strukturen, ist das ungleich schwieriger.“ ERP-Software, CRM mit Adressverwaltung, Lagerwesen – das alles sei elementar. Sein Tipp: Nach einer Software fragen, die alles abbilden kann. Von der Stundenbuchung über die Zeit­erfassung bis zum Archiv, eine Baustellenmappe, Schnittstellen zum Onlineshop des Großhandels und elektronische Rechnungsstellung. Ein System, ein sauberer Ablauf.

Stundenzettel auf Papier? Für den Digitalpionier ein schlechter Witz. „Wir haben eine Halbfertigenliste über einen Report-Server. Zu jedem Projekt kann ich sofort sagen, wo wir stehen. Viele Betriebe bestellen Ware und ordnen die dem Projekt zu. Aber alles, was vom Lager geht, ist da nicht drin. Wir haben alle Mitarbeiter und alle Zahlen aktuell im System.“ Für eine solche Liste säßen in anderen Unternehmen Leute einen ganzen Tag im Büro, um sie am Ende an den Steuerberater zu schicken. „Das geht bei uns auf Knopfdruck. Ich habe es im Report-Server so eingestellt, dass der Mitarbeiter des Steuerberaters am Monatsende um 23:59 Uhr unsere Halbfertigenliste bekommt.“

Anfragen von Endkunden gehen in der Regel noch über das Telefon ein. Daraufhin versendet das Unternehmen einen standardisierten Fragebogen per Mail, um die wichtigsten Informationen zu bekommen, danach legen die Büromitarbeiterinnen das Projekt in der Software an, der Fragebogen kommt ins Archiv. Digitale Tools unterstützen auch den Termin beim Kunden. Ihno Schipper nutzt bei einer Wärmepumpenanfrage die ­Software Autarc, um das komplette Haus aufzunehmen und den Grundriss, Wände und Fenster für die Heizlastberechnung zu haben. Auf Basis dieser Informationen erfolgt das Angebot. „Wenn das gemacht wurde, wird in KWP automatisch eine sogenannte Aktivität ausgelöst. Angebot nachfassen innerhalb von zehn Tagen. Beim Ersteller ploppt der Hinweis auf. Klickt er darauf, ist automatisch eine Mail mit dem Betreff und einem Text vorbereitet.“ Dranzubleiben gilt beim Chef auch im Rennen um den Auftrag. „Man war schließlich da, hat sich die Mühe gemacht. Wenn man sich noch mal meldet, überzeugt das vielleicht zusätzlich. Nach dem Motto: Da kümmert sich jemand.“ Liegt die Unterschrift unter dem Auftrag vor, geht die digitale Reise weiter.

Immer wieder Schnittstellen. Darum geht es dem Geschäftsführer. Auch im Zusammenspiel mit dem Großhandel. GAEB bei Ausschreibungen, UGL, IDS Connect – Ihno Schipper bestellt direkt aus seiner Software bei „Online Plus“, dem ­Onlineshop von Cordes & Graefe Emden.

Zeit sparen, sicher arbeiten – das sind die Kernargumente bei der Loerts Gebäudetechnik GmbH für Handwerk 4.0. Sichtbar für jedermann, wenn die Kollegen auf der Baustelle mit ihrem Tablet unterwegs sind. „Über das System ,Mobiler ­Monteur‘ dokumentieren meine Mitarbeiter täglich ihre Arbeit, hinterlegen Fotos des Baufortschritts und ihre Stunden. Die werden von der Projektleitung geprüft und durchgebucht. Dadurch ist sofort alles im System.“ Was nach Aufwand klingt, vereinfacht den Ablauf. Die Kunst sei es, die Vorteile der digitalen Tools zu zeigen. Beispielsweise beim Thema Aufmaß. „Meine Leute brauchen kein Aufmaß zu machen, das Material ist immer da. Neuen Kollegen sage ich: ,Du musst Digitalisierung nicht direkt können, aber es wollen.‘ Irgendwann werden die Vorteile deutlich, die Sicherheit, dass alle Informationen vorhanden sind, auch wenn mal jemand im Urlaub ist. Die Prozesse funktionieren aber nur, wenn man sie konsequent durchzieht.“

Für die schnelle Kommunikation mit Cordes & Graefe Emden nutzen die Bürokolleginnen die Chat-App BEEM. Anfragen, Angebote freischalten, Preise aktualisieren – das alles funktioniert über den Messenger-Service der GC-Gruppe. „Wir haben für die Kommunikation Teams angelegt. Für die Ausstellung, den Zentralverkauf, den technischen Verkauf und den Außendienst. Falls jemand mal nicht da ist, können die anderen darüber sofort reagieren“, sagt André Harms, Digital Coach des Großhandelshauses. Für Badplanungen nutzt der Fachhandwerksbetrieb Palette CAD und als Schnittstelle zur Elements-Ausstellung die Kommunikations- und Planungssoftware „Elements a“. Darüber sind alle Projektbeteiligten auf Stand.

Das Unternehmen aus Ostfriesland schreibt Erfolgsgeschichte. Auch dank durchdachter Kommunikation. Um die Website kümmert sich eine Agentur, um Social Media ein professioneller Content-Creator. „Mit unserem Content-­Creator entwickle ich einmal im Monat Ideen, was wir kommunizieren wollen. Wöchentlich posten wir beispielsweise etwas zum Thema Wärmepumpe.“ Haustechnik sei für die Menschen wenig emotional, aber man müsse mit seinem Unternehmen in ihren Köpfen sein. Der digitale Weg und der persönliche Außenauftritt sind starke Argumente für potenzielle Bewerber.

Ihno Schipper führt seine Besucher durch das Büro, zeigt die Schreibtische mit den cockpitartigen Monitoren und das Lager. Momente mit Wow-Effekt. Der 35-Jährige denkt weiter. Künstliche Intelligenz steht auf seiner Agenda. Die mache etwa bei der Prüfung von Negativbeständen Sinn. „Die KI könnte rückwirkend prüfen, wie viel bestellt wurde und wo es eine Abweichung gibt.“ Hier marschiert einer voran – und ist gleichzeitig offen für Fragen und Besuche seiner Kollegen, die sich ebenfalls auf den digitalen Weg machen wollen. Offene Türen in Ostfriesland. Kein Witz.

www.loerts-weener.de

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