Die Erfahrung aus der Betriebsberatung macht deutlich, dass die ausgefeilten Kalkulationsmethoden mancher Branchenlösungen den Handwerker verunsichert zurücklassen. Gefragt sind „Bierdeckellösungen“ und nicht Deckungsbeitrag I, II oder III. Das ist akademische Theorie, die den Anforderungen der Praxis nicht gerecht wird.
Wer für die Kalkulation verantwortlich ist, braucht eine Lösung, die er versteht und die ihm auf einen Blick zeigt, ob der Angebotspreis auskömmlich ist bzw. ob der Auftrag zumindest kostendeckend abgewickelt werden konnte. Das Ganze muss auch für Mitarbeiter einfach nachvollziehbar sein.
Wir erläutern die Zusammenhänge möglichst praxisnah anhand eines konkreten Beispielbetriebes. Dabei gehen wir von den Gesamtkosten eines typischen SHK-Betriebes mit seinen durchschnittlichen Kostenblöcken aus. In Summe betragen sie knapp 1,1 Mio. Euro. Die Kosten setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen und orientieren sich in diesem Beispiel am Betriebsvergleich für das SHK-Handwerk (Tabelle 1). Daraus ermitteln wir alle relevanten Größen und zeigen, wie diese für den unternehmerischen Erfolg genutzt werden können.
Kosten sind nicht gleich Kosten!
Für unsere Überlegungen erweist sich folgende Unterteilung als sinnvoll:
Das sind Kosten, die direkt einem Auftrag zugeordnet werden können:
Das sind Kosten, die einem Auftrag nicht direkt zugerechnet werden können:
Die auftragsunabhängigen Kosten werden als benötigter Deckungsbeitrag (DB) bezeichnet. Sie müssen zusätzlich zu den auftragsabhängigen Kosten erwirtschaftet werden, um alle Kosten zu decken.
Das ist die Summe der gesamten Personalkosten und der sonstigen Kosten.
Was zählt, sind die Kosten pro Stunde!
Der SHK-Betrieb erbringt vorrangig eine Handwerksleistung, die in Stunden kalkuliert, erfasst und abgerechnet wird. Auch wenn dabei meist Material verbraucht wird und mitunter Fremdleistungen (Fliesenleger etc.) zugekauft werden, sind die abrechenbaren Stunden der Bezugspunkt aller weiteren Überlegungen.
Im Beispielbetrieb sind 5 Monteure und 1 Lehrling beschäftigt:
Wie hoch liegen die Vollkosten einer Handwerksstunde?
Die auftragsunabhängigen Kosten in unserem Beispiel betragen 332.570 Euro. Da die handwerkliche Leistung der Bezugspunkt ist, werden sie auf die Produktivstunden verteilt. In der Praxis werden die Lehrlingsstunden mit 50 % gewichtet. D. h. zwei Lehrlingsstunden entsprechen einer Monteurstunde. Das hat zur Folge, dass eine Lehrlingsstunde nur mit dem halben Satz einer Monteurstunde belastet wird (Tabelle 2).
Der Beispielbetrieb verfügt damit über 7575,0 gewichtete Stunden. Dividiert man die leistungsunabhängigen Kosten durch diese Stunden, erhält man den Deckungsbeitrag pro Stunde. Addiert man den Deckungsbeitrag zu den Monteur- bzw. Lehrlingskosten, erhält man den Vollkostensatz. Er beträgt 84,30 Euro für die Monteurstunde und 46,95 Euro für die Lehrlingsstunde. Diese Werte sind für die Beurteilung der Angebotssumme und vor allem für die Nachkalkulation von Bedeutung.
Wie kalkuliert das SHK-Handwerk?
Für die Kalkulation der Arbeitszeit verwendet der Handwerker einen Stundenverrechnungssatz. Dieser liegt zumeist unter dem Vollkostensatz. Die fehlende Differenz und der Gewinn werden durch Aufschläge auf Material und Fremdleistungen ausgeglichen (Tabelle 3).
Da sich die Aufträge in der Zusammensetzung von Material, Fremdleistungen und Arbeitszeit unterscheiden, braucht es ein zuverlässiges Instrument zur Überprüfung der Vorkalkulation und für die Nachkalkulation. Dafür stehen die Vollkostenrechnung und die Deckungsbeitragsrechnung zur Verfügung.
Überprüfung mit der Deckungsbeitragsrechnung
Der Deckungsbeitrag pro Stunde sollte mindestens 43,90 Euro betragen. Für dieses Angebot liegt er darüber. Der Auftrag sollte also Gewinn bringen (Tabelle 4).
Überprüfung mit der Vollkostenrechnung
Die Vollkostenrechnung zeigt den zu erwartenden Gewinn (Tabelle 5).
Wo liegen jetzt die Vorteile der Vollkostenrechnung?
1. Die Vollkostenrechnung bietet eine „griffigere“ Beurteilungsgrenze. Nutzt der Handwerker die Deckungsbeitragsrechnung, muss er sich zur Beurteilung eines Angebots oder eines Auftrags eine Zahl merken, z. B. 43,90 Euro als Ziel-Deckungsbeitrag. Erreicht er nur 42,15 Euro, wird das, insbesondere von Mitarbeitern, oft als unbedeutend weniger angesehen.
Nutzt er dagegen die Vollkostenrechnung, würde ihm in dem Fall ein negatives Ergebnis angezeigt. Damit wäre klar, dass das Angebot nicht kostendeckend kalkuliert ist bzw. der Auftrag mit Verlust abgeschlossen wurde. Denn null ist bei der Beurteilung die eindeutige Grenze. Größer null bedeutet Gewinn, genau null heißt kostendeckend und kleiner null heißt Verlust. Dieser kleine, aber feine (psychologische) Unterschied macht sich in der Praxis allerdings deutlich bemerkbar.
2. Die Vollkostenrechnung bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Leistungsträger zu differenzieren. Während es nur einen Deckungsbeitrag gibt, der für alle Mitarbeiter gleichermaßen gilt, kann für jeden Mitarbeiter je nach Leistungsgrad ein eigener Vollkostensatz ermittelt werden. Diese Vorgehensweise stellt insbesondere bei der Nachkalkulation eine viel zuverlässigere und „gerechtere“ Bewertung der Aufträge sicher.
Die folgende Tabelle 6 zeigt die 5 Monteure mit ihren Stundenlöhnen. Unterstellt man, dass der Stundenlohn die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter widerspiegelt, könnte man die Vollkostensätze dementsprechend gewichten. Wer mehr verdient, muss auch einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften. D. h., um den gleichen Gewinn zu erzielen, wie ein weniger leistungsfähiger Mitarbeiter, muss er auch schneller arbeiten.
Das Ganze wird deutlicher, wenn man sich für das vorherige Angebot die Nachkalkulation anschaut. Der Auftrag wurde zu einem Festpreis von 7300 Euro angenommen. Der Materialverbrauch blieb um 50 Euro unter dem geplanten Wert. Der Auftrag wurde mit 25 Stunden von Monteur 5 und 25 Stunden des Lehrlings erledigt.
Die Deckungsbeitragsrechnung zeigt in der Nachkalkulation einen erzielten DB pro Stunde in Höhe von 39,40 Euro. Ist das ausreichend? Da unterschiedlich qualifizierte Mitarbeiter beteiligt waren, lässt sich das Ergebnis nicht eindeutig werten (Tabelle 7).
Anders bei der Vollkostenrechnung. Hier wird in der Nachkalkulation jeder Mitarbeiter mit seinem Vollkostensatz erfasst. Das Ergebnis des Auftrags lässt sich mit einem Blick ablesen (Tabelle 8).
Fazit
Aus unserer Sicht ist die Vollkostenrechnung für das SHK-Handwerk deutlich besser geeignet. Der Handwerker weiß, was eine Stunde wirklich kostet, und zwar für unterschiedliche Leistungsträger, vom Lehrling bis zum Top-Monteur. Diese Information ist an vielen Stellen ausgesprochen wichtig, auch wenn er weiterhin mit geringeren Verrechnungssätzen arbeitet. Werden die Vollkostensätze in der Branchensoftware hinterlegt, lassen sich Angebote und vor allem Aufträge eindeutig bewerten. Eine zuverlässige Nachkalkulation erfolgt dann tatsächlich auf Knopfdruck.