Aufgrund der kommenden Umsetzungsverordnungen zur Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG können viele Brennstoffe in Biomasse-Heizkesseln mit herkömmlichen Verbrennungskonzepten nicht mehr genutzt werden. Eine Weiterentwicklung der vorhandenen Verbrennungstechnologie ist deshalb unumgänglich, denn Sekundärmaßnahmen im Abgasrohr gelten als aufwendig und bei Geräten mit kleinen Leistungen als kaum wirtschaftlich. Komplett neue Verbrennungskonzepte sind angesagt.
Stabile und vollständige Verbrennung
Eine Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) zeigt: Durch eine integrierte Abgasreinigung, bestehend aus Zyklonbrennkammer und Einbautentechnik in Form von Füllkörpern aus Keramik oder Metall, könnte die Feinstaubemission gegenüber den heute marktüblichen Holzheizkesseln um bis zu 91 % vermindert werden. Voraussetzung ist die Kombination primärer Maßnahmen mit einer neuartigen Verbrennungsluftzufuhr und Abgasförderung mit drei SPS-gesteuerten Gebläsen. Dieser verfahrenstechnische Ansatz führt nach ersten Erfahrungen zu einer stabilen und vollständigen Verbrennung, unabhängig vom eingesetzten Brennstoff und den oft wechselnden Betriebs- und Einsatzbedingungen.
Im Laborbetrieb konnten damit sowohl die Emissionsanforderungen gemäß 1. BImSchV als auch der künftigen Ökodesign-Richtlinie ohne zusätzliche Sekundärmaßnahmen eingehalten werden. Dies geht aus dem Abschlussbericht des IBP Stuttgart [1] hervor. Dr. Mohammad Aleysa, Projektleiter IBP, stellte das weitgehend aus öffentlichen Mitteln geförderte Projekt im Rahmen einer Presseveranstaltung im September 2017 bei Kutzner + Weber in Maisach vor [2, 3].
Ausstoß von Feinstaub und Stickstoffdioxid reduzieren
Im Kampf der Städte gegen Feinstaub und Stickstoffdioxid geraten auch häusliche Feuerstätten stärker in den Fokus der Kontrolleure. Auch wenn deren Stellenwert in der Schadstoffbilanz aus Sicht der Schornsteinfeger im Vergleich zu Kraftfahrzeugen häufig überbewertet wird, sind sich die Wissenschaftler einig, dass die für das LEVS-Projekt relevanten Feuerstätten – rund 700 000 bestehende biomassebetriebene Heizkessel mit einer mittleren thermischen Leistung von 35 kW – eine nicht zu vernachlässigende Schadstoffquelle darstellen.
Dabei geht es neben Feinstaub auch um Schadstoffe wie Kohlenstoffmonoxid (CO), flüchtige organische Verbindungen (VOC) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Als Brennstoffe kommen primär Scheithölzer, Holzpellets oder Holzhackschnitzel zum Einsatz. Folgende drei Maßnahmen zur Schadstoffminimierung bei Biomasse-Feuerungsanlagen sind heute üblich:
1. Präventivmaßnahmen:
Das sind gesetzliche und rechtliche Maßnahmen, die durch Verordnungen, Normen und Richtlinien geregelt sind. Dazu zählt künftig die permanente Betriebsüberwachung mittels Sensor- und Mikrocontrollertechnik, da diese technisch und auch wirtschaftlich einfach umgesetzt werden kann.
2. Primärmaßnahmen:
Darunter fällt die Verbesserung der Konzeption und der Konstruktion der Heizkessel sowie der Regelung des Verbrennungsprozesses. Um Kosten einzusparen, sollten integrierte Technologien umgesetzt werden, also funktionale Verbesserungen im Feuerraum, noch vor dem Wärmeaustauscher bzw. vor der Abkühlung des Abgases. Neben der Minderung der Schadstoffe werden mit dieser Maßnahme auch eine Erhöhung der Verbrennungseffizienz sowie ein wirtschaftlicher und sicherer Betrieb erreicht.
3. Sekundärmaßnahmen:
Darunter versteht man nachgeschaltete Systeme wie Staubabscheider, deren Betrieb jedoch meistens mit einem hohen technischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist. Bei der Kategorie Kleinfeuerungsanlagen sprechen folgende Argumente gegen Sekundärmaßnahmen:
hohe Anschaffungs-, Wartungs- und Reinigungskosten
zusätzlicher Platzbedarf
zusätzliche Kosten durch Sicherheitsmaßnahmen, z. B. wegen Hochspannung bei Elektroabscheidern
Wartung, Reinigung und Pflege durch ausgebildete Fachkräfte und damit höhere Betriebskosten
eingeschränkte Stabilität bei Dauerbetrieb, vor allem bei Staubabscheidern.
In der Konsequenz bedeutet dies, dass zunächst alle Möglichkeiten an Primärmaßnahmen ausgeschöpft werden sollten, bevor Sekundärmaßnahmen ergriffen werden.
„Keine höheren Kosten durch LEVS-Technik“
Nachfolgend lesen Sie einige zusammenfassende Auszüge aus dem IBP-Abschlussbericht [1] zum Verbrennungssystem:
Die Besonderheit des Low-Emission-Verbrennungssystems (LEVS) liegt in der integrierten, natürlich funktionierenden Abgasreinigungs- und -behandlungstechnik, welche für ihren Betrieb weder motorische bzw. elektronische Antriebe noch eine Regelung oder direkte Stromversorgung benötigt. Diese integrierte Technik wird vor dem Wärmeübertrager eingebaut und verfügt über ein natürliches Wirkungsprinzip, das einen nachhaltigen Effekt zur Minderung der staub- und gasförmigen Schadstoffemissionen sowie eine bedeutsame Erhöhung der Verbrennungseffizienz vor allem im Praxisbetrieb gewährleistet.
Ein besonderer Vorteil der integrierten Abgasreinigung liegt in dem konstanten Druckverhalten während der Nutzung. Dieses stabile Druckverlustverhalten führt zu einem sicheren Betrieb in der Praxis ohne Bedarf an zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. Der in der Zyklonbrennkammer sowie in der Einbautentechnik erhöhte Strömungswiderstand lässt sich mit den Standardgebläsen der Vergaserheizkessel überwinden und führt zur Stabilisierung der Strömungsverhältnisse im Heizkessel während der Verbrennung und unabhängig vom Betriebszustand, wodurch nicht nur eine schadstoffarme, sondern auch eine effiziente Verbrennung stattfinden kann.
Durch die innovativen technischen Prozessstufen bzw. Bestandteile des LEVS werden sowohl die staub- als auch die gasförmigen Schadstoffemissionen vor allem in den kritischen Betriebsphasen (Anfahrbetriebsphase, Ausbrandbetriebsphase und Teillast) bzw. beim Einsatz von problematischen Brennstoffen massiv reduziert.
Die Akteure des Drei-Gebläse-Verbrennungsluftzufuhr- und Abgasfördersystems ermöglichen den Einsatz einer intelligenten Regelung, welche die Verbrennung unterschiedlicher Brennstoffe mit variablen verbrennungstechnischen Eigenschaften ohne jegliche Einstellung durch den Nutzer gewährleistet.
Das Drei-Gebläse-Verbrennungsluftzufuhr- und Abgasfördersystem sowie die integrierte Abgasreinigungstechnik sollen sich mit den verfügbaren Kompetenzen und den üblichen maschinellen Einrichtungen der Heizkesselhersteller ohne erhöhte Kosten implementieren lassen.
Von der Versuchsanlage zum Prototyp
Primäre und integrierte Maßnahmen zur Abgasreinigung haben den Vorteil einer stabilen, emissionsarmen Verbrennung in allen Betriebsphasen bei einer gleichzeitig deutlichen Reduzierung gas- und staubförmiger Emissionen und einer höheren Energieeffizienz.
Dazu wurde in der ersten Projektphase beim IBP eine Versuchsverbrennungsanlage mit einem dreistufigen Verbrennungssystem aufgebaut, das sich von den bekannten Holzvergaserheizkesseln durch das elektronisch gesteuerte Verbrennungsluftzuführsystem, die Zyklonbrennkammer und die Nachbehandlungsstufe unterscheidet.
In der zweiten Projektphase ging es darum, aus den Versuchsergebnissen in Kooperation mit HDG Bavaria, Massing, einen Prototyp zu entwickeln und über einen definierten Zeitraum gemeinsam mit dem IBP zu erproben. Über eine Betriebszeit von 16 Monaten wurden insgesamt 32 t Scheitholz und 4 t Hackschnitzel verfeuert. Dabei haben sich die Laborwerte im Praxisbetrieb weitgehend bestätigt und HDG Bavaria darin bestärkt, die innovative Verbrennungstechnik in einem dreistufigen Umsetzungsplan zur Marktreife zu führen.
Damit sollen wirtschaftliche Risiken, die aufgrund des geänderten Verbrennungsprozesses vorhanden sind, vermindert werden. Auch seien die Kosten für eine Zyklonbrennkammer nicht unerheblich, ebenso die Entwicklung einer marktgängigen Steuerung für die Drei-Gebläse-Verbrennungsluftzufuhr, räumt Aleysa vom IBP ein. Da im LEVS-Holzvergaserheizkessel von HDG künftig neben konventionellen Scheithölzern auch andere biogene Brennstoffe zum Einsatz kommen sollen und der LEVS-Kessel mit diesen Brennstoffen noch erprobt werden muss, ist mit einer Markteinführung frühestens 2019 zu rechnen. Wie es heißt, besteht auch bei der Entwicklung der Steuerung noch Forschungsbedarf.
Von Vorteil für den stark unter Druck stehenden Holzheizkesselmarkt (wegen 1. BImSchV und Ökodesign-Richtlinie) ist, dass die erste Projektstufe – also die Entwicklung der LEVS-Technik – mit öffentlichen Mitteln finanziert wurde und daher allen Kesselherstellern zur Verfügung steht. Aleysa zufolge haben bereits weitere Hersteller großes Interesse an der Vermarktung der LEVS-Technik signalisiert.
Literatur/Quellen
[1] Aleysa, M.; Leistner, P.: Low-Emission-Verbrennungssystem (LEVS) für die Verbrennung von festen Brennstoffen in Vergaserkesseln. Stuttgart: Abschlussbericht, Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP), Februar 2017
[2] Aleysa, M.: Vortrag auf der Pressekonferenz am 18. September 2017 bei Kutzner + Weber, Maisach
[3] HDG Bavaria, Massing, Unterlagen für die Fachpresse, September 2017
Autor
Wolfgang Schmid ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de