Welche aktuellen Themen und zukünftigen Trends bestimmen das Geschehen in puncto Sanitärtechnik rund um die ISH 2025? SBZ-Chefredakteur Dennis Jäger hat vor der Fachmesse nachgefragt bei Dr. Laura Dorfer und Dirk Gellisch. Trinkwasserhygiene und Ressourcenschonung stehen auf der Agenda ganz oben.
SBZ: Welche Technologien zum energieeffizienten Umgang mit Trinkwarmwasser spielen auf der ISH eine Rolle und wie wird dabei die erforderliche Trinkwasserhygiene sichergestellt?
Laura Dorfer: Zunächst einmal ist festzustellen: Die Erhitzung von Warmwasser ist der zweitgrößte Posten im Energieverbrauch von Gebäuden. Zu lange hat sich die Diskussion über klimafreundliche Gebäude jedoch auf das Thema Heizung verengt und den Effizienzhebel der Sanitär- und Installationstechnik übersehen. Auf der ISH werden wir nicht nur in den Heizungshallen, sondern auch im Sanitärbereich vor und hinter der Wand eine Vielzahl von Ansätzen für mehr Energieeffizienz sehen. Diese zielen darauf ab, das Warmwasser möglichst effizient aufzubereiten und zu nutzen – von der Regulierung des Zirkulationssystems über die Minimierung von Wärmeverlusten bis hin zu Armaturen und Handbrausen, die den Verbrauch von Warmwasser weiter senken, ohne den Komfort der Menschen einzuschränken.
Gleichzeitig gilt der Grundsatz: Für hygienisch einwandfreies Warmwasser muss ausreichend Erhitzung und Zirkulation stattfinden. Das gilt vor allem für die Trinkwasser-Installation vom Hausanschluss bis zur Entnahmearmatur. Wir müssen deswegen bei allen Spar-Anstrengungen immer auch das Gesamtsystem sehen, um beispielsweise die Bildung von Biofilmen als Nährboden für Keime und Bakterien zu verhindern. Das hat die Sanitärindustrie im Blick. Deren Lösungen zeigen: Energieeffizienz und Trinkwasserhygiene lassen sich erfolgreich miteinander verbinden.
Dirk Gellisch: Das sehe ich auch so. Aber es ist eine Herausforderung. Um Trinkwasser hygienisch einwandfrei zu halten, ist ein hoher Energieeinsatz erforderlich – insbesondere bei dessen Erwärmung. Je nach Gebäudetyp und Nutzungsform kann der Warmwasseranteil bis zu 50 % des gesamten Energiebedarfs im Neubau ausmachen. Auf der ISH werden daher technische Lösungen vorgestellt, die eine energieeffiziente Warmwasserbereitung mit hoher Trinkwasserhygiene verbinden. Ein Beispiel sind Systeme für das Trinkwassermanagement, die den gesamten Fließweg des Trinkwassers berücksichtigen – von der Erwärmung über die Verteilung bis hin zur konstanten Temperaturhaltung und zum automatischen Wasseraustausch.
Digitale Vernetzung ist vor allem in öffentlichen Sanitärräumen sehr sinnvoll und nützlich.
SBZ: Wie kann die Sanitärbranche noch mehr zum Wassersparen beitragen? Gibt es zur ISH spannende Innovationen in diesem Bereich?
Gellisch: Der Gesundheitsschutz hat immer höchste Priorität. In Trinkwasseranlagen kann es durch Stagnation – etwa in Ferienzeiten oder bei ungeplanten Schließungen – zu mikrobiellen Verkeimungen kommen. Legionellen sind nur ein Beispiel. Daher sind digitale Lösungen gefragt, die den Erhalt der Trinkwassergüte durch regelmäßigen Wasseraustausch unterstützen und dabei dennoch möglichst effizient mit dem Wasser umgehen. Auf der ISH werden solche Lösungen präsentiert, darunter elektronische Armaturen oder WC-Elemente mit integrierter Spülstation. Sie alle sorgen für einen effizienten Wasseraustausch nach festgelegten Parametern, spülen aber nur so viel, wie unbedingt notwendig ist. Denn ihre Hygienespülung stoppt automatisch, sobald die Zieltemperatur erreicht ist. Das schont die wertvolle Ressource Wasser.
Dorfer: Die Sanitärindustrie kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Wasserverbrauch in Gebäuden noch effizienter zu gestalten. Um es einzuordnen: Die Haushalte in Europa sind für 28 % der Wasserentnahmen verantwortlich. Gleichzeitig berichtete die European Environment Agency kürzlich, dass ein Drittel des Gebiets der Europäischen Union während mindestens einer Jahreszeit von Wasserknappheit betroffen war. Für diese Herausforderungen haben unsere Hersteller vielfältige Lösungen entwickelt, die wir auf der ISH 2025 sehen werden. Dazu zählen wir auch Systeme zur Vermeidung oder Entdeckung von Leckagen und Systeme zur Wasseraufbereitung wie beispielsweise Enthärtungsanlagen und Wasserfilter. Wir bieten dazu auf der ISH mehrere Führungen an, die sich an das Handwerk, an Architekten und Planer richten: am Montag, den 17. März, um 13 und 15 Uhr zum Thema Wasser- und Energieeffizienz und am Dienstag, den 18. März, um 11 Uhr zum Thema Installationstechnik und Wasseraufbereitung. Interessierte können einfach zum jeweiligen Zeitpunkt zur Design Plaza kommen – dem Startpunkt der Touren in Halle 3.1, Stand D71, direkt neben unserem eigenen Stand D73, an den wir ebenfalls zu einem Besuch einladen.
Bild: Viega
Systeme zur Regen- oder Grauwassernutzung können zukünftig eine wichtige Lösung für den Hausgebrauch sein.
SBZ: Sie sprachen die digitale Steuerung und Vernetzung von Trinkwassersystemen an. Was kann diese leisten?
Dorfer: Die digitale Vernetzung ist vor allem in öffentlichen Sanitärräumen sehr sinnvoll und nützlich. Beispielsweise ermöglicht die digitale Steuerung und Vernetzung von Trinkwassersystemen eine präzise Regulierung der Spülmengen bei Stagnationsspülungen. Das steigert die Effizienz und schont die Ressourcen. Noch wird das Potenzial von intelligenten Sanitärlösungen für Ressourcen- und Energieeffizienz in Gebäuden von Politik und Öffentlichkeit unterschätzt. Vernetzte Sanitärobjekte und -installationen haben jedoch einen großen Effekt auf die Einsparung von Energie und Wasser.
Gellisch: Die digitale Vernetzung ist sehr sinnvoll, weil sie einen Zielkonflikt löst. Denn Trinkwassermanagementsysteme mit digital vernetzten Einzelkomponenten können sowohl beim Wasser- und Energiesparen als auch beim Erhalt der Trinkwassergüte helfen – etwa bei der Einhaltung zulässiger Betriebstemperaturen oder dem nutzungsabhängigen Wasseraustausch im Trinkwasser-Leitungsnetz. Darüber hinaus können sie Vorgänge innerhalb einer Trinkwasser-Installation steuern, regeln, überwachen, protokollieren und dokumentieren. Das hilft den Betreibern wiederum, das Trinkwassersystem auf einen möglichst niedrigen Energie- und Wasserverbrauch hin zu optimieren, ohne die Trinkwassergüte aus dem Auge zu verlieren.
SBZ: Ein weiterer Trend besteht darin, alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen. Sehen Sie vor diesem Hintergrund eine Zukunft für Systeme zur Regen- oder Grauwassernutzung für den Hausgebrauch?
Gellisch: Der Klimawandel führt zu heißeren Sommern und längeren Trockenperioden. Angesichts dieser Entwicklung wird ein bewusster und sparsamer Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser immer wichtiger. Systeme zur Regen- oder Grauwassernutzung können daher zukünftig eine sinnvolle Lösung für den Hausgebrauch sein. Sie können beispielsweise zur Bewässerung von Fassaden- und Dachbegrünungen eingesetzt werden. Die wiederum tragen in heißen Sommern dazu bei, das Aufheizen von Städten abzumildern. Wichtig ist bei alledem jedoch, dass Systeme zur Grau- und Regenwassernutzung stets strikt von der Trinkwasserleitung getrennt sind, um die Trinkwasserhygiene nicht zu gefährden.
Dorfer: Genauso ist es. Um die Wassereffizienz zu stärken und den Gebäudesektor wasserresilient aufzustellen, müssen wir darüber reden, welche Wasserqualitäten für welche Nutzungen im Haushalt zukünftig sinnvoll sind. Einerseits ist hier noch viel Grundlagenarbeit und wissenschaftliche Begleitung notwendig. Andererseits gibt es auch schon konkrete Lösungen, die wir auf der ISH sehen können. Darunter fallen beispielsweise Wasser-Recyclingsysteme, die das Brauchwasser aus Handwaschbecken, Dusche oder Badewanne auffangen, aufbereiten und filtern, um es – auch in Verbindung mit Regenwasser – anschließend wieder zu nutzen, etwa für Toilette, Waschmaschine oder Gartenbewässerung. Aber, wie Herr Gellisch ja auch bereits betonte: Die Trinkwasserhygiene und -qualität müssen in solchen Systemen jederzeit gesichert bleiben.
SBZ: Frau Dorfer, Herr Gellisch, vielen Dank für die Ausblicke.
Das ist VDMA Sanitärtechnik und -design
Der Industrieverbund VDMA Sanitärtechnik und -design vertritt die Interessen der deutschen und europäischen Sanitärindustrie und Installationstechnik. Zu seinen Mitgliedern zählen die Markenhersteller von Armaturen und Brausen, von Sanitärobjekten wie Badewannen, Duschflächen und Duschabtrennungen, von Badmöbeln und Accessoires, von Installationskomponenten vor und hinter der Wand sowie von Systemen zur Wasseraufbereitung. Er steht für einen Industriezweig, der in Deutschland rund 58.000 Beschäftigte zählt und einen Umsatz von 9,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Auf der ISH in Frankfurt findet im Bereich der Design Plaza (Halle 3.1 D71) ein umfangreiches Vortragsprogramm statt, das sich unter anderem an Handwerker, Planer und Innenarchitekten richtet. Der VDMA Sanitärtechnik und -design weist insbesondere auf folgende Fachvorträge hin:
Einbaueffizienz und Montagefreundlichkeit in der Sanitärtechnik
Design-Trends im Wohlfühlraum Bad (deutsche Simultanübersetzung)
Wasser- und Energieeffizienz: Innovationen der Sanitärindustrie
Konzepte und Lösungen für barrierefreie Sanitärräume
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