Warum sind Durchdringungen von Wänden und Decken zur Leitungsverlegung ein so heißer Punkt, dass daran oft sogar die Abnahme eines Bauprojektes durch den Brandschutzsachverständigen scheitert? Die Gründe dafür sind vielschichtig: Zum einen wird ein wichtiges Detail – nämlich der Verschluss des Restspalts zwischen dem Rohr mit seinem Brandschutzelement und dem Bauwerk – in vielen Fällen nicht von dem SHK-Gewerk selbst durchgeführt, sondern von Nachunternehmern. Dass aber der Verwendbarkeitsnachweis des eingesetzten Brandschutzelements die Beschaffenheit des Restspaltverschlusses im Einzelnen vorschreibt, ist vielfach nicht bekannt oder wird nicht berücksichtigt. „Hauptsache, das Loch ist zu“, lautet hier die Devise.
Zum anderen stellen eben diese Verwendbarkeitsnachweise Fachhandwerker vor große Herausforderungen. Denn die Vorgaben sind oftmals nicht praxisgerecht und nur mit großem Aufwand zu erfüllen. Abweichungen in der Ausführung des Restspaltverschlusses sind aber kaum zulässig. 2017 wird darüber hinaus das SHK-Fachhandwerk wohl auch rechtlich mehr in die Verantwortung für die Erstellung zulassungskonformer Brandschutzabschlüsse genommen. Denn die Musterbauordnung wurde im letzten Jahr neu gefasst. Für dieses Jahr ist zu erwarten, dass die meisten Bundesländer die neuen Vorgaben in geltendes Recht überführen – und damit die abnahmesichere Verantwortung für die Durchführung bundesweit definitiv beim Installateur liegt.
Um es Fachhandwerkern zu erleichtern, Brandschutzlösungen auszuwählen, die sowohl die Installation vereinfachen, aber auch abnahmesicher sind, vorab ein Überblick über die verschiedenen Prinzipien der Abschottung von Rohrdurchführungen.
Von Einzeldurchführung bis Deckenabschottung
„Leitungen dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind“, geben die novellierte Musterbauordnung (MBO) und die neue Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) vor. Um das zu gewährleisten, sind folgende Installationsvarianten gängig:
- <b>Einzelrohrdurchführung:</b> Werden einzelne Rohre durch Brandschutzabschnitte geführt, erlaubt die MLAR Erleichterungen bei der Abschottung. Dazu sind allerdings definierte (große!) Mindestabstände einzuhalten. Um eine Vielzahl Rohre zur Versorgung mit Trinkwasser und Heizwärme, zur Entsorgung von Abwasser und weitere Leitungen durchzuführen, steht allerdings in den meisten Bauwerken dafür nicht genug Platz zur Verfügung, um die Mindestabstände einzuhalten.
- <b>Klassifizierter Installationsschacht:</b> Der Installationsschacht als Systembauteil erfordert einen bauaufsichtlichen Nachweis in Form einer allgemein bauaufsichtlichen Zulassung (abZ). Zu verwendende Bauteile, Belegungsmöglichkeiten und weitere Details sind dabei in den Nachweisen präzise festgelegt. In der Regel müssen klassifizierte Installationsschächte zudem von speziell geschulten Monteuren gebaut werden. Wegen fehlender Flexibilität im Bauverlauf werden Installationsschächte daher auch in weniger als 5 % der Anwendungen als Brandschutzlösung genutzt.
- <b>Schachtabschottung:</b> Für die Mischinstallation in vertikalen Steigesträngen kann das Schachtabschottungsprinzip genutzt werden. Ein Bauteil mit einer definierten Feuerwiderstandsdauer – entweder aus Mauerwerk oder Trockenbau – umgibt vollständig die Leitungen. Abschottungen zwischen den einzelnen Geschossdecken sind dabei nicht notwendig, lediglich zum Kellergeschoss oder zu einem Dachraum, der nicht als Aufenthaltsraum genutzt wird. Dafür ist jedoch die Abschottung jeder einzelnen Leitung aus dem Schacht in die Nutzungsbereiche erforderlich. Für diese spezielle Anwendung gibt es kaum geprüfte Produkte mit Verwendbarkeitsnachweis. Daher wird das Schachtabschottungsprinzip ebenfalls in weniger als 5 % der Anwendungen genutzt.
- <b>Wand- und Deckenabschottung:</b> Bei etwa 90 % der Brandschutzanwendungen wird daher das Prinzip der Wand- oder Deckenabschottung genutzt. Wirtschaftlichkeit und Flexibilität im Bauverlauf bei der gemischten Belegung von Schächten und Trassen sprechen dafür. Die Abschottung zwischen den Brandschutzabschnitten erfolgt dabei direkt an der Wand- oder Deckendurchführung. Welche Brandschutzlösungen dafür genutzt werden dürfen, welche Mindestabstände einzuhalten und wie die Restspalten zu verschließen sind, geben die jeweiligen abP oder abZ der Leitungshersteller vor.
Viele Hürden bei der Brandschutzabnahme
Ein genauer Blick in die Verwendbarkeitsnachweise vieler Rohrleitungshersteller ist allerdings angeraten, damit der Brandschutzabschluss einer Abnahmeprüfung auch tatsächlich standhält. Denn vielfach sind diese verbindlichen Vorgaben gespickt mit Einschränkungen, beispielsweise:
- Geprüfte und zugelassene Brandschutzabschottungen sind oft nur auf wenige Hersteller begrenzt.
- Die Installation auf Nullabstand ist nicht oder nur zu ausgewählten Rohren des herstellereigenen Sortiments geprüft und zugelassen. Bei Abweichungen vom Verwendbarkeitsnachweis gelten automatisch die Mindestabstände der MLAR.
- Der Nullabstand zu anderen Medien, wie Elektro, Abwasser oder Lüftung, ist nicht geprüft und zugelassen.
- Der zulässige Restspalt zwischen Rohrdurchführung und Bauwerk ist in den meisten Verwendbarkeitsnachweisen auf 50 mm festgelegt. Ausgegangen wird dabei von Kernbohrungen, die auf den Durchmesser der jeweiligen Durchführung angepasst sind. Größere Spaltmaße erfordern jedoch eine Wiederherstellung des Durchbruchs in der Qualität des durchdrungenen Bauwerks. Für Decken bedeutet das beispielsweise, den Verschluss inklusive Bewehrung herzustellen.
Um diese Hürden zu nehmen, hat beispielsweise Systemhersteller Viega alle seine Rohrsysteme umfangreichen Brandschutzprüfungen in unterschiedlichsten Kombinationen unterzogen. Als Ergebnis eröffnet das allgemein bauaufsichtliche Prüfzeugnis von Viega P-2400/003/15-MPA BS Fachhandwerkern viele Vereinfachungen beim baulichen Brandschutz, insbesondere bei Wand- und Deckenabschottungen. Dazu zählt der Nullabstand zu allen Viega-Rohrleitungssystemen, und zwar unabhängig von der Frage des Werkstoffs. Darüber hinaus gilt der Nullabstand zugleich zu Rohren und Systemen anderer Hersteller, wie beispielsweise zu Abwasserrohren, oder zu Abschottungen für Elektroleitungen. Details hat Viega in einem entsprechenden Nachschlagewerk zusammengefasst.
Vereinfachungen beim Restspaltverschluss
Gerade der heiße Punkt oft bemängelter Ring- und Restspaltverschlüsse wird durch den Verwendbarkeitsnachweis von Viega für SHK-Fachhandwerker deutlich einfacher. Statt des üblichen Ringspaltmaßes von bis zu 50 mm, wie er für Kernbohrungen typisch ist, dürfen laut dem abP von Viega Rechteckdurchbrüche bis zu einem Restspaltmaß von 170 mm verfüllt werden. Bei Deckendurchbrüchen ist hier das Einbringen einer Bewehrung somit nicht erforderlich. Zur Verfüllung können Mörtel, Beton oder Gips genutzt werden.
Eine weitere häufig notwendige Bauteilöffnung ist der Einbau eines Bodenablaufs. Laut den meisten Verwendbarkeitsnachweisen ist der Restspalt zwischen Decke und Ablaufkörper anschließend mit Mörtel zu verfüllen – in der Regel von unten, was ein Arbeiten über Kopf erfordert und mängelfrei praktisch nicht zu leisten ist. Auch hier bietet Viega eine Vereinfachung: Die „Advantix R 120“-Bad- und Bodenabläufe werden lediglich mit angebauten Halteklammern in der Kernbohrung oder dem eingebrachten, eingegossenen Leerrohr fixiert. Eine Vermörtelung ist nicht erforderlich. Das zugelassene Brandschutzelement, das bei Hitze aufquillt und die Deckenöffnung verschließt, ist bereits in den Ablaufkörper integriert. Der Verwendbarkeitsnachweis für diese Brandschutzabläufe erlaubt zudem sowohl den Anschluss von weiterführenden Metall- wie von Kunststoffleitungen.
Fazit
Die Öffnung eines Bauteils mit Feuerwiderstandsdauer, um beispielsweise Rohre durchzuführen oder Abläufe zu installieren, ist immer eine potenzielle Schwächung des baulichen Brandschutzes. Gemäß der neuen Musterbauordnung bzw. Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie ist das nur zulässig, wenn „eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind“. Solche „Vorkehrungen“ verlangen in der Regel eine abP oder abZ. Hier ist die Verwendbarkeit exakt vorgeschrieben. Abweichungen davon sind nur möglich, wenn sie nicht wesentlich sind und müssen dokumentiert werden. Verantwortlich dafür ist der Hersteller der Rohrdurchführung, also in den meisten Fällen der SHK-Fachhandwerker. Das gilt auch, wenn weitere Nachunternehmer an der „Herstellung“ der Rohrdurchführung beteiligt sind, zum Beispiel beim Verfüllen von Rest- und Ringspalten. Damit eine Brandschutzabnahme erfolgreich ist, sollte der SHK-Fachhandwerker daher die Verwendbarkeitsnachweise der Hersteller vor der Produktwahl sorgfältig studieren und über die geeignete Systemauswahl schon im Vorfeld dafür sorgen, dass er idealerweise das gesamte Gewerk abnahmesicher in der eigenen Hand behält. Weitere Informationen unter
Literatur
- Musterbauordnung (MBO) in der geänderten Fassung vom 13.05.2016; § 40(1)
- Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) in der Fassung vom 10.02.2015, Redaktionsstand 05.04.2016; Abs. 4.1.1
- „Anwendungstechnik für den baulichen Brandschutz“, kostenloser Download unter <a href="https://www.viega.de/de/homepage.html/brandschutz" target="_blank">www.viega.de/brandschutz</a> oder telefonisch zu bestellen unter Tel. (0  27  22) 6  10.
Autor
Markus Berger ist Sachverständiger für baulichen und gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS) und Leiter des Kompetenzbereichs Brandschutz bei Viega in 57439 Attendorn. www.viega.de