Die Basis für den Verwendbarkeitsnachweis bei Rohrabschottungen bilden das Prüfzeugnis (allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis abP) oder die Zulassung (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung abZ), ggf. die Zustimmung im Einzelfall (ZiE). Sind Abweichungen davon abzusehen, sollte dies rechtzeitig bewertet werden. Dann können beispielsweise Möglichkeiten der nicht wesentlichen Abweichung genutzt werden. Hierbei ist, wie im zweiten Teil dieser Beitragsreihe ausgeführt, eine korrekte Dokumentation wichtig, um auch später die Verwendbarkeit der Abschottung belegen zu können. Dabei spielt die Übereinstimmungsbestätigung/-erklärung eine zentrale Rolle.
Die richtige Dokumentation der Übereinstimmungsbestätigung /-erklärung für Rohrdurchführungen hat für Bauherren, Betreiber und Investoren eine enorme Tragweite. Wird nach Verwendbarkeitsnachweis gearbeitet und dies entsprechend bescheinigt, so muss dies in der Bauakte hinterlegt werden. Die Bauakte sollte dann entsprechend der Lebensdauer des Gebäudes aufbewahrt werden. So kann dauerhaft nachgewiesen werden, auf welcher Basis die Abschottungen erstellt wurden.
Kein Bestandsschutz im Brandschutz
Wie wichtig die dauerhafte lückenlose Dokumentation über ein Gebäudeleben hinweg ist, wird deutlich, wenn man die Grenzen des Bestandsschutzes bei Brandschutzmaßnahmen betrachtet:
- Es gibt bei Gefahr für Leib und Leben beim Brandschutz im Bestand keinen Bestandsschutz.
- Es gibt bei wesentlichen Eingriffen ins Gebäude, wie bauantragspflichtige Umbauten oder Änderungen der Statik, keinen Bestandsschutz.
- Es gibt keinen Bestandsschutz, wenn die anerkannten Regeln der Technik (aRdT) zum Zeitpunkt der Erstellung des Gebäudes oder der Anlagen nicht eingehalten wurden.
Mit der Übereinstimmungsbestätigung/-erklärung lässt sich aber die Einhaltung der angewendeten aRdT nachvollziehen und dokumentieren. Dies erspart ein langes Suchen in den Archiven der Bauämter nach alten Verordnungen und Gesetzen.
Wie stellt sich aber die Situation dar, wenn mit Abweichungen vom Verwendbarkeitsnachweis gearbeitet wurde und diese nicht ausreichend dokumentiert sowie im Rahmen der Erstellung der Übereinstimmungsbestätigung/-erklärung bewertet und bescheinigt worden sind? Die Antwort ist für Eigentümer und Nutzer, da sie für die Einhaltung des Brandschutzes in dem Objekt verantwortlich sind, denkbar unerfreulich: Für nicht bewertete und nicht bestätigte Abweichungen gibt es aus juristischer Sicht keine Grundlage für eine Verwendung. Es liegt also ein Baumangel vor, der nicht mehr geheilt werden kann, aber zwingend behoben werden muss!
In der Praxis sind mittlerweile viele Brandschutzsachverständige für Investoren und potenzielle Käufer tätig, um solche Mängel aufzudecken, die dann zu erheblichen Preisminderungen führen können. Ebenso nutzen Mieter und Betreiber diese Lücken, um Mietpreise neu zu verhandeln. Die hierbei eingeschlagene Richtung ist für die Gebäudeeigentümer schmerzlich, wäre aber meist bei richtiger Dokumentation ohne Mehrkosten vermeidbar gewesen. Richtige Planung und Dokumentation zahlt sich also auf Dauer aus.
Teil- und Komplettsanierungen
So weit also die Situation, wenn brandschutzrelevante Installationen im Bestand zur Diskussion stehen, die unverändert weiter betrieben werden sollen (Bild 1). Wie aber stellt sich die Situation dar, wenn bei Reparatur- oder Sanierungsarbeiten in eben diesem Bestand nicht komplette Leitungsstränge ausgetauscht oder saniert werden (sodass qualifizierte Brandschutzmaßnahmen normgerecht umsetzbar sind), sondern beispielsweise im Geschosswohnungsbau mit Decken- oder Schachtabschottungsprinzip nur auf einer Etage Rohrleitungen ersetzt werden? Der bestehende Deckendurchbruch bzw. Schacht wird dabei nicht angetastet, das ursprüngliche Brandschutzsystem bleibt also unberührt.
Bei einer solchen, für den Installateur jeden Tag üblichen Aufgabenstellung sind zunächst einmal keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Erkennt der Installateur allerdings, dass das ursprüngliche Brandschutzsystem nicht korrekt oder unvollständig eingebaut wurde (zum Beispiel bei fehlendem Deckenverguss und / oder vorhandener Restöffnung), dann muss er seiner Hinweispflicht in jedem Falle schriftlich nachkommen. Das Verschließen der nichtqualifizierten Schachtwand, hinter der sich dann Brandschutzmängel verbergen, ist unzulässig. Kommt es zum Schadensfall, kann dem Installateur sogar eine Mitschuld angerechnet werden. Es ist also stets eine gewissenhafte Prüfung der Vorleistungen notwendig.
Bleibt es nicht bei der Erneuerung auf der Etage ohne Eingriff in die Schachtabschottung, werden also komplette Rohrleitungsstränge ausgetauscht, sind diese nach den aktuell geltenden Vorgaben abzuschotten. Bei einer Komplettsanierung ist das mit den auf Nullabstand geprüften Systemen von Viega einfach zu realisieren. Sollen in dem Schacht allerdings nicht brennbare und mit dem System Rockwool Conlit abgeschottete Leitungen erhalten bleiben, ist zu klären, ob die Abschottungssysteme untereinander kompatibel geprüft worden sind (Bild 2).
Sonderdecken im Bestand
Die Teilerneuerung oder Neubelegung von Schachtkonstruktionen nach dem Deckenabschottungsprinzip wirft weitere Fragen auf, wenn es sich um Durchführungen durch Sonderdecken handelt. Rohr- und Kabelabschottungen werden bei den Prüfstellen und Prüfämtern nämlich generell an Porenbetondecken gemäß DIN 4223 bzw. an Beton- oder Stahlbetondecken nach DIN 1045 geprüft. Diese Deckenkonstruktionen sind typisch für aktuelle Neubauten.
Was ist jedoch zu tun beim Erstellen von Leitungsabschottungen in Bestandsgebäuden in Verbindung mit Sonderdecken, beispielsweise Holzbalkendecken oder eine der ca. 2500 bekannten Sonderdeckenformen? Diese Konstruktionen sind in aller Regel keine DIN-Decke oder der Nachweis dafür kann nicht mehr erbracht werden. Fachplaner und Installateure können sich dann an der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) für Durchführungen in Sonderdecken/Holzbalkendecken orientieren, denn die MLAR unterscheidet nicht zwischen Beton- und Porenbetondecken oder anderen Deckenaufbauten.
Unter Punkt 4.3.1 verweist die MLAR 2005 stattdessen nur auf feuerbeständige Bauteile mit einer Abschottungsdicke von 80 mm, hochfeuerhemmende Bauteile mit einer Abschottungsdicke von 70 mm und feuerhemmende Bauteile mit einer Abschottungsdicke von 60 mm. Die Abschottungsmöglichkeiten und die notwendigen Abstände ergeben sich dann aus der MLAR Punkt 4.3.1 für einzelne Leitungen ohne Dämmung in gemeinsamen Durchbrüchen für mehrere Leitungen bzw. aus MLAR Punkt 4.3.3 für einzelne Rohrleitungen mit Dämmung in Durchbrüchen oder Bohröffnungen. Viega-Versorgungsleitungen lassen sich effizient nach den Erleichterungen der Leitungsanlagen-Richtlinie abschotten.
Wichtig ist, dass die Feuerwiderstandsfähigkeit des durchdrungenen Bauteils nicht geschwächt werden darf. Beim Durchführen der Rohrleitungen durch Holzbalkendecken muss also sichergestellt werden, dass beispielsweise vorhandene Schüttung nicht durch Bohrungen aus der Decke ausläuft und sich so Hohlräume ausbilden. Gegebenenfalls sind dann zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen oder die Hohlräume entsprechend neu zu füllen, um die Qualität der Ursprungsdecke wieder herzustellen.
Werden die vorgenannten Punkte berücksichtigt und komplett umgesetzt, handelt es sich im Ergebnis aber um eine Brandschutzdurchführung nach den Erleichterungen der Leitungsanlagen-Richtlinie.
Komplexe Installationen / Nullabstand
Für komplexe Installationen durch Sonderdecken oder Holzdecken im Bestand ist die Einhaltung der Brandschutzvorgaben auch auf Nullabstand unproblematisch, wenn Viega Versorgungsleitungen installiert und diese nach den Viega-Verwendbarkeitsnachweisen (P-2400/003/15-MPA BS, P-MPA-E-09-005) abgeschottet werden. Dann ist im Bereich der Durchdringung ein Deckenstück aus Beton oder Mörtel in der entsprechend erforderlichen Deckenstärke (meist 150 mm) einzubringen. Der Hersteller empfiehlt dabei eine Verfüllung von 100 mm, umlaufend um die Außenkante der Brandschutzprodukte.
Auch die in den Viega-Verwendbarkeitsnachweisen beschriebenen Fremdsysteme können im Nullabstand installiert werden. Bei größeren Öffnungen ist darauf zu achten, dass die formbeständigen Baustoffe miteinander einen im Brandfall statisch und belastbaren Verbund bilden, zum Beispiel durch das Einfügen von Bewehrungen und gegebenenfalls mit statischem Nachweis. Die Einbindung dieses massiven Deckenstücks in die Sonderdecke ist im Brandschutzkonzept oder im Rahmen der baurechtlich schutzzielorientierten Nachweisführung nach Bauordnung zu berücksichtigen (Bild 3).
Fazit
Beim Arbeiten im Gebäudebestand sollte zunächst das Augenmerk auf die zu durchdringenden Bauteile gerichtet werden. Sind hier Sonderbauteile (im Sinne der Prüfanordnung für abP und abZ) vorhanden, muss ein entsprechender Hinweis an den Planer, den Architekten und den Bauherrn erfolgen. Die Umsetzung von Sonderlösungen für Sonderdecken setzt eine schutzzielorientierte Nachweisführung im Rahmen der Bauordnung voraus.
Werden nur einzelne Stränge getauscht und abgeschottet, dann ist die Verträglichkeit zu den vorhandenen Abschottungen zu prüfen. Im Zweifelsfall ist mit dem Mindestabstand zu den bestehenden Leitungen zu verlegen. Leitungssysteme, die bereits mit Fremdsystemen geprüft wurden, haben hier entscheidende Vorteile. Prinzipiell ist beim Arbeiten an Leitungen auch deren Umfeld zu prüfen, bei mangelhaften Abschottungen besteht eine Hinweispflicht.
Um bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen einen regelkonformen Brandschutz nachweisen zu können, ist eine umfassende Dokumentation erforderlich. Nur so kann das heute verbaute Material und damit die Bauart auch in ferner Zukunft Bestandsschutz genießen.
Info
SBZ-Artikelserie zum Brandschutz
Teil 1: Fachgerechter Umgang mit Verwendbarkeitsnachweisen SBZ 05/16
Teil 2: Auf Nummer sicher gehen SBZ 06/16
Teil 3: abP, abZ, Abweichungen – was ist im Bestand zu beachten? SBZ 07/16
Die gesamte Artikelserie finden Sie auch unter:
Autor
Markus Berger ist Sachverständiger für baulichen und gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS) und Leiter des Kompetenzbereichs Brandschutz bei Viega in 57439 Attendorn. www.viega.de