Brennstoffzellen stellen für die Heiztechnik einen Technologiesprung dar und die Geräte stehen erst seit Kurzem in den Verkaufsregalen. So ist es nicht überraschend, wenn die ersten Kunden, die sich für ein Brennstoffzellenheizgerät begeistern, eher als technikaffin zu bezeichnen sind: Die Brüder Martin und Werner Klein haben für sich in Ehningen, rund 30 km süd-westlich von Stuttgart, ein Haus mit drei Wohnungen gebaut und sich für eine Brennstoffzellen-Heizung entschieden.
Unterkellert ist das Haus nicht, weil es in einem hochwassergefährdeten Gebiet steht, wie Martin Klein erklärt. Deshalb sind Hauswirtschafts- und Lagerräume sowie der Haustechnikraum mit der Strom erzeugenden Heizung auf ebener Erde. Er selbst bewohnt den zweiten Stock und ist im Juli 2016 eingezogen. Sein Bruder Werner bewohnt seit Mai 2016 mit seiner Familie den ersten Stock. Die dritte Wohnung unterm Dach soll demnächst fertiggestellt und vermietet werden. Die Brennstoffzellen-Heizung war zum Zeitpunkt des Besuchs vor Ort etwa vier Monate in Betrieb.
Für Heizungsbauer ist bei diesem Projekt vor allem die Vorgeschichte interessant, die zum Verkauf dieser Technologie führte, und insbesondere auch die Argumente, mit denen sich potenzielle Kunden überzeugen lassen. Am Anfang stand die Entscheidung von Claus Kissel, Inhaber und Geschäftsführer der Kissel GmbH aus Ehningen, die Brennstoffzellen-Heizung in das Portfolio aufzunehmen. Damit rundet er sein Angebot ab. So stand als erster Schritt eine zweitägige Schulung für ihn und einen seiner Mitarbeiter bei Viessmann in Allendorf (Eder) an. Nach einigen Umstellungen im Betrieb ging es dann an die Vermarktung.
Brennstoffzelle als Alternative in Betracht ziehen
Der Kontakt zu den Kleins entstand, als ihr Rohbau schon weit fortgeschritten war. Mit den Daten des Planers erschienen die Brüder in den Ausstellungsräumen der Firma Kissel und wollten sich in Sachen Heiztechnik beraten lassen. Das Haus mit etwa 400 m² Wohnfläche und 50 m² zu beheizenden Wirtschaftsräumen hat eine Heizlast von 13,77 kW. Die Dämmschicht beträgt 150 mm und die Fenster haben Dreifachverglasung. Um den regenerativen Anteil der Heizung abzudecken, wurde zunächst eine Lösung mit Solaranlage diskutiert. Da die Wohnung im Dachgeschoss einige Gauben und Dachfester bekommen sollte, wurde die Idee jedoch wieder verworfen, denn die Module müssen sich mit den Fenstern den Platz teilen. Auch hatten die Bauherren Bedenken wegen der Gewerkeschnittstelle zwischen Dachdecker und Solaranlagenbauer. So kam Kissel auch nicht mit einer Lösung zum Zug, die er sonst gerne favorisiert, nämlich einer Kombination aus Photovoltaik (PV) und Wärmepumpe. Hier wird der selbst produzierte Strom mit der Wärmepumpe in Wärme umgewandelt und im Pufferspeicher eingelagert. Das sichert einen hohen regenerativen Anteil der Wärmeversorgung und einen hohen Eigenverbrauch des PV-Stroms.
Modulierende Heizleistung bis 20 kW
Das Beratungsgespräch führte als nächstes zum Thema Kraft-Wärme-Kopplung. Als Vorteil sahen die Bauherren, dass sich die gesamte Haustechnik auf einem Raum konzentrieren lässt, denn Platz ist auch bei privaten Bauherren eine wichtige Ressource. Ziel war es, möglichst viel Strom selbst zu erzeugen und selbst zu verbrauchen. Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Stirling-Motor hätte dieses Ziel nicht erreicht, denn die Geräte dieser Bauart liefern etwa 1 kW elektrische Leistung und in der Regel 6 bis 7 kW thermische Leistung, die bei einer Heizlast von knapp 14 kW nur bei sehr niedrigen Außentemperaturen komplett abgenommen wird. Und nur der Warmwasserbedarf gewährleistet hier keine langen Betriebszeiten, die für den sinnvollen Betrieb solcher Anlagen notwendig sind. Stirling BHKWs sind deshalb vor allem für Altbauten mit hohem Heizwärmebedarf eine Lösung. Als optimaler Weg erschien den beiden Ingenieuren dann das Brennstoffzellen-Heizgerät Vitovalor 300-P von Viessmann, eine Kombination aus Brennstoffzelle und konventionellem Gas-Brennwertkessel. Die Brennstoffzelle liefert 750 W elektrische und 1 kW thermische Leistung. Das sind Größenordnungen, die bereits in Einfamilienhäusern verbraucht werden und zu entsprechend hohen Laufleistungen führen – erst Recht, wenn zusätzlich ein Batteriespeicher für elektrischen Strom eingeplant ist.
Das Gas-Brennwertgerät, das ebenfalls im Gehäuse des Brennstoffzellen-Heizgerätes untergebracht ist, liefert modulierend 19 kW, womit das Gerät also insgesamt eine Heizleistung von maximal 20 kW erbringt, für kurzfristig großen Warmwasserbedarf stehen 30 kW Boosterleistung zur Verfügung. Das ist für das Haus der Kleins eine passende Größe, bei der auch im Winter noch genügend Heizleistung für die Warmwassererzeugung übrig bleibt. Im Gerät sind hierfür zwei Speicher integriert: Ein Warmwasserspeicher mit 46 l Inhalt und ein Heizwasserspeicher mit 170 l Inhalt, der mit konstant 67 °C warmem Wasser gespeist wird. Das Trinkwasser wird über einen wendelförmigen Wärmeübertrager im Heizwasserspeicher für den kleineren Vorratsbehälter aufgewärmt. Wer aufgrund seines Bedarfs an Heizwärme und Trinkwarmwasser einen größeren Pufferbehälter braucht, für den sind im Gerät bereits entsprechende Anschlüsse vorbereitet, sodass ein zusätzlicher Pufferbehälter leicht zu installieren ist.
Dem Bedarf der Kleins kommt auch die Betriebsweise des Vitovalor 300-P entgegen. Dieser könne pro Tag, wie Kissel ausführt, maximal 20 Stunden Wärme und Strom liefern. Dann braucht das Gerät etwa 4 Stunden Pause, die sich in eine Stunde Herunterfahren, zwei Stunden Regeneration und eine Stunde Hochfahren aufteilt. Von Vorteil sei die selbstlernende Regelung, die Betriebszeiten an den Bedarf der Bewohner anpasst. So liefert die Brennstoffzellen-Heizung zu der Zeit, wenn die Familie aufsteht, volle Leistung und sie fährt spätestens dann herunter, wenn es keinen Bedarf mehr für Strom gibt. Diese Regelstrategie dürfte sicher auch bei den meisten anderen Haushalten zu optimalen Laufzeiten führen.
Kraft-Wärme-Kopplung läuft auch leise
Ein weiterer Punkt aus dem Beratungsgespräch mit den Kleins ist erwähnenswert: Die beiden Ingenieure hatten gewisse Bedenken, sich ein BHKW mit schallentkoppeltem Verbrennungsmotor ins Haus zu stellen. Die Brennstoffzellen-Heizung garantiert nun einen ruhigen Betrieb, da in ihr lediglich chemische und elektrische Prozesse ablaufen. Jedenfalls formulierte Kissel nach dem Gespräch ein Angebot und bekam auch den Zuschlag für die Heiztechnik. Vom Land gab es auch noch etwas dazu – in diesem Fall aus dem Förderprogramm „Wärmewende im Heizungskeller“, mit dem das Land Baden-Württemberg seinerzeit die Kraft-Wärme-Kopplung auf der Basis von Brennstoffzellen-Technologie förderte.
Neben dem Brennstoffzellen-Heizgerät installierten Kissels Mitarbeiter auch die Wärmeverteilung im Haus. Dafür richteten die Installateure drei Heizkreise ein. Einer davon ist für die Heizkörper im Erdgeschoss und die anderen beiden für die Fußbodenheizungen in den drei Wohnungen. Eine Besonderheit sind die unterschiedlichen Temperaturlevels für die Heizkreise der Fußbodenheizung: Die Bäder werden dabei separat mit einer etwas höheren Temperatur versorgt, was den thermischen Komfort im Bad erhöht. Zudem lassen sich die Bäder in der Übergangszeit separat versorgen, wenn in den übrigen Wohnräumen noch keine Heizenergie gebraucht wird.
Unabhängiger Betrieb von Kessel und Brennstoffzelle
Die Inbetriebnahme des Brennwertkessels erfolgte dann vorab bereits im Herbst, um den Bau und insbesondere den Estrich normgerecht mit den entsprechenden Heizprogrammen zu trocknen. So konnte der Innenausbau über den Winter mit einer funktionierenden Heizung erfolgen. Anfang Mai, als Werner Klein mit seiner Familie einzog, nahm Kissel dann auch die Brennstoffzelle in Betrieb. Zwischenzeitlich lassen sich auch erste Betriebsdaten auswerten. Im Mai erzeugte die Brennstoffzelle 193 kWh elektrischen Strom. Umgerechnet mit der elektrischen Leistung von 750 W ergeben sich daraus 257 Stunden Betriebsdauer. Maximal kann die Maschine 20 Stunden pro Tag Strom liefern, womit sich ein Ausnutzungsgrad von 41 % ergibt. Da im Mai nur eine von drei Wohnungen bewohnt war, wird sich bei Vollbelegung eine erheblich höhere Auslastung der Brennstoffzelle ergeben.
Für eine Woche im Hochsommer Ende August sind die Betriebszeiten vom Gerätedisplay dargestellt. Die Außentemperaturen lagen zu der Zeit bei etwa 30 °C. Das Display mit der Historie zeigt die Stromproduktion an den einzelnen Wochentagen an, die zwischen 3 und 5,5 kWh liegt. Umgerechnet in Betriebszeiten ergeben sich 4 bis 7,3 Stunden. Da die Wärmeleistung der Brennstoffzelle 1 kW beträgt, lassen sich die Betriebszeiten auf eine fiktive Menge Badewasser umrechnen. Wird eine zur Erwärmung erforderliche Temperaturdifferenz von 30 K (von 10 bis 40 °C) zugrunde gelegt, ergeben sich 114 bis 157 l Badewasser.
Im Haus der Kleins ist die Regelung so eingestellt, dass die Anlage möglichst viel Strom zur Deckung des Eigenbedarfs produziert. Dennoch bleibt ein Teil davon übrig, der in das Netz eingespeist wird. Hierfür ist das Haus extra mit einem bidirektionalen Zähler ausgestattet.
Regenerativen Anteil leichter erfüllen
Die Brennstoffzelle ist der nächste große Schritt in der Heiztechnik, der sich jetzt im Markt etablieren soll. Doch der Verweis auf fortschrittliche Technik allein reicht sicher nicht für die erforderlichen großen Stückzahlen aus. Das Projekt in Ehningen zeigt, dass es weitere Vorteile gibt, mit denen sich Kunden gewinnen lassen. Triebfeder sind Vorgaben der EnEV, die sich mit regenerativen Anteilen an der Energieversorgung leichter erfüllen lassen, wenn der Bauherr keine überproportional dicken Dämmschichten am Haus haben möchte. Die bereits vorliegenden Betriebsdaten der vorgestellten Anlage in Ehningen und die Diskussion der Messwerte zeigen, dass Stromproduktion und Wärmeleistung für gut gedämmte Ein- und Zweifamilienhäuser sinnvoll austariert sind, sodass sich die für den wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen hohen Laufleistungen realisieren lassen.
Checkliste
Argumente für Brennstoffzellen-Heizgeräte
- Brennstoffzellen-Heizgeräte sind ein Technologiesprung in Sachen Effizienz und deshalb an sich fortschrittliche Produkte, mit denen sich Heizungsbauer entsprechend positionieren können.
- Mit Brennstoffzellen-Heizgeräten lässt sich über die Stromerzeugung der geplante Anteil regenerativer Energien an der Hausversorgung abdecken.
- Platzsparende Lösung, weil nur ein Gerät im Heizungsraum steht.
- Keine Konkurrenz um knappe Dachflächen zwischen Solartechnik, Dachfenstern und Gauben, vor allem wenn dort großzügig verglaste Flächen geplant sind.
- Kraft-Wärme-Kopplung ohne zusätzliche Schwingungsquellen im Haus, weil in der Brennstoffzelle nur chemische und elektrische Prozesse ablaufen.
- Das Verhältnis zwischen Wärme- und Stromerzeugung ist so austariert, dass sich auch in Häusern mit hohem Dämmstandard lange Laufzeiten ergeben.
- Bei Kombination mit einem Batteriespeicher ergibt sich ein hohes Maß an Autarkie bei der Stromversorgung.
- Es gibt Förderprogramme wie seit Anfang August 2016 das Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE) des Bundeswirtschaftsministeriums, das Brennstoffzellen-Heizgeräte mit elektrischen Leistungen von 0,25 bis 5 kW über einen leistungsabhängigen Festbetrag fördert.
Autor
Dr.-Ing. Uwe Bolz ist Berater für Öffentlichkeitsarbeit bei der Agentur id pool, 70376 Stuttgart, Telefon (07 11) 95 46 45-65, bolz@id-pool.de