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Gut sortiert ist halb gewonnen

Mails, Werbeprospekte, Mitteilungen von Verbänden oder Lieferanten, Angebote, Fachlektüre ... Was tun mit der Informationsschwemme, bevor sie uns über den Kopf wächst? Schnelles Löschen von Mails oder der Wurf in der Papierkorb von Print-Informationen ist nicht immer die richtige Lösung, denn es könnte etwas Wichtiges dabei verloren gehen. Auf der anderen Seite ist ein Leserückstand zu vermeiden, damit sich Papiere auf dem Schreibtisch nicht stapeln und der Posteingang im Computer nicht überquillt. Abhilfe schafft ein systematischer Umgang mit Informationen.

Das richtige Lesetempo

Je mehr sich angehäuft hat, desto schneller liest man, um mit der vielen Lektüre fertig zu werden. Es ist wie beim Autofahren, wo man nach einem Stau am liebsten mit dem Tempo zulegt, um verlorene Zeit gutzumachen. Schnellleser sparen zwar Zeit, übersehen aber Textstellen und vergessen Inhalte schnell. Außerdem nehmen wir bei höherer Lesegeschwindigkeit Texte nur oberflächlich auf, sodass wir gegebenenfalls zweimal lesen müssen – dann verpufft der Zeitgewinn. Je wichtiger der Text ist, desto geringer sollte also das Lesetempo sein. Denn nur die Inhalte, über die wir beim Lesen nachdenken und die wir in geringerem Tempo aufnehmen, landen im Langzeitgedächtnis. Allerdings muss nicht alles gespeichert werden. Rationell lesen bedeutet daher nicht, möglichst viel in kurzer Zeit zu lesen oder sich möglichst alles zu merken, sondern das individuelle und dem jeweiligen Thema angemessene Tempo zu finden, um den Lesestoff optimal zu verarbeiten.

Was optimale Verarbeitung bedeutet, hängt primär vom Leseziel ab: Wollen Sie sich einen allgemeinen Überblick zu einem Sachverhalt verschaffen oder suchen Sie spezielle Detailinformationen? Brauchen Sie bestimmte Daten, um eine Entscheidung zu treffen? Möchten Sie sich in ein Thema vertieft einarbeiten, etwa um sich weiterzubilden? Stehen Sie unter Zeitdruck? Müssen Sie die Informationen aufbereiten und an andere weitergeben? Nach diesen Gesichtspunkten sollten Sie das Lesetempo und auch den Lesemoment auswählen. Denn unterschiedliche Ziele erfordern ein unterschiedliches Maß an Konzentration, das uns mehr oder weniger sensibel für Störungen macht.

Lektüre nach Wichtigkeit sortieren

Um den Informations-Input in den Griff zu bekommen, gilt es, zuallererst mithilfe von selektivem Lesen möglichst zeitsparend und sicher Wichtiges vom Unwichtigem zu trennen und anschließend das Wichtige nach Prioritäten zu sortieren. Selektives Lesen bedeutet demnach, beim ersten Überfliegen der Information eine Bewertung nach Wichtigkeit vorzunehmen. Teilen Sie die Texte in Muss-, Kann- und Plus-Informationen ein.

  • Muss-Informationen sind sehr wichtig und erfordern schnelles Handeln, z. B. Anfragen, Reklamationen oder Terminaufträge.
  • Kann-Informationen sind zwar nicht unwichtig, erfordern aber keine unmittelbare Erledigung. Sie können später genauer gelesen und bearbeitet werden, da kein sofortiger Handlungsbedarf besteht.
  • Plus-Informationen können bei Bedarf abgerufen werden. Sie erweitern eine Information durch zusätzliche Details.

Nach der ersten Bewertung und Sortierung müssen die Informationen so abgelegt oder gekennzeichnet werden, dass man sie bei Bedarf schnell wiederfindet. Dafür eignet sich das ABC-System. Hier werden Informationen nach Prioritäten sortiert: A-Prio heißt, die E-Mail ist wichtig und muss sofort bearbeitet werden; B-Prio bedeutet, dass die E-Mail zwar wichtig ist, aber nicht eilig. Die Nachricht wird dann am besten gleich mit Termin in die Wiedervorlage im Outlook-Kalender übertragen. Nachrichten mit C-Prio sind weder wichtig noch eilig und können unter „Allgemeines“ oder thematisch abgespeichert werden. Manche Inhalte mit C-Prio werden erst später interessant und landen dann bei B oder A. In einem guten Ablagesystem findet man sie leichter, wenn sie aktuell werden.

Die Einteilung nach Prioritäten ist gerade bei großer Arbeitsmenge eine wesentliche Entlastung. Nicht alles muss sofort bearbeitet werden. Sehr eilige E-Mails im Posteingang, die Sie nicht umgehend beantworten können, können Sie zunächst markieren, sodass die Dringlichkeit auch später noch erkennbar ist. Bearbeiten Sie keinesfalls das zuerst, was am meisten Spaß macht, sondern gehen Sie nach Prioritäten vor. Dadurch behalten Sie den Blick für das Wesentliche.

Systematische Bearbeitung beim ersten Lesen

Um Texte optisch zu strukturieren, wichtige Informationen kenntlich zu machen und besser im Gedächtnis zu behalten, sollten relevante Textstellen durch Markierungen oder handschriftliche Randbemerkungen hervorgehoben werden. Dies reduziert zwar das Lesetempo, erleichtert aber die weitere Bearbeitung enorm. Denn Markierungen helfen, die entscheidenden Details später schneller wiederzufinden. Für Markierungen empfehlen sich bekannte Zeichen: Ausrufezeichen für „wichtig“, Haken für „einverstanden“, Fragezeichen für „noch zu klären“. Einen Bearbeitungstermin kennzeichnet man durch die Datumsangabe, die automatisch die Dringlichkeit vorgibt. Wenn alle Mitarbeiter die gleichen Markierungen verwenden, trägt das zur Optimierung der Prozesse bei.

Lesebremsen ausschalten

Im Büro sind Unterbrechungen häufig. Sie sind Lesebremsen und kosten zusätzliche Energie, denn nach einer Unterbrechung braucht man die doppelte Energie, um sich wieder in den Text einzulesen. Bei schwieriger Lektüre oder beim gezielten schnellen Lesen (speed reading), das eine höhere Konzentration erfordert, können schon leichte Geräusche als störend empfunden werden. Daher empfiehlt es sich, in störanfälligen Zeiten nur leichte Text zu lesen und die komplexere Lektüre auf die ruhigeren frühen Morgenstunden oder auf späte Bürozeiten zu verlegen, wenn keine Störungen mehr zu erwarten sind. Dies setzt allerdings voraus, dass man dann nicht zu müde ist. Denn Müdigkeit führt zu Rücksprüngen der Augen zu Textstellen, die sie bereits aufgenommen haben. Dies passiert auch bei mangelnder Konzentration, bei zu schneller Informationsaufnahme oder bei anspruchsvollen Inhalten, z. B. langen Schachtelsätzen und unbekannten Fachbegriffen. Dann müssen wir den Lesefluss unterbrechen, Worte und Satzteile zweimal lesen, um den Sinn zu verstehen.

Informationsaufnahme verbessern

Hier bieten sich verschiedene Maßnahmen zur Abhilfe an:

Frische Luft und gute Beleuchtung sind Grundvoraussetzungen für effektives Lesen. Bei Ermüdung kann eine kurze Lichtpause helfen. Dazu hält man die zu Schalen geformten Handflächen vor die Augen und dichtet alle Ritzen nach außen mit den Händen ab. Dann werden die Augen weit geöffnet, man schaut eine Minute ins Schwarze. Tiefe und ruhige Atmung in einer angenehmen Sitzposition fördert die Entspannung der Augen. Alternativ hilft es auch, kurz die Augen zu schließen oder aus dem Fenster in den Himmel zu schauen, damit die Augen den Dauerfokus auf Lesedistanz lockern und einen Moment lang in die Ferne blicken und auf diese Art entspannen können.

Auch Abwechslung in der Körperhaltung fördert die Informationsaufnahme. Dafür eignet sich ein Stehpult, um gelegentlich im Stehen zu lesen. Vielleser berichten von guten Erfahrungen mit kurzen Lektüren (10 bis 15 Minuten) an einem solchen Stehpult. Beim Stehen ändern sich Kreislauf und Atmung und Ermüdung wird vorgebeugt. Geht die Konzentration gegen null, ist eine Pause besser, als ein Weiterlesen zu erzwingen. Manche schwören auch auf einen Schokoriegel oder ein Stück Kuchen – schließlich ist Zucker Nahrung fürs Gehirn. Gesundheitsbewusste können wahlweise auch zu Trockenfrüchten oder Studentenfutter greifen.

Info

Zahlen und Fakten

Im Leistungshoch erhöht sich die Lesefreude um bis zu 50 %.

Kurze verständliche Texte ermöglichen ein um 30 % höheres Lesetempo.

Ab ca. 30 Minuten Lesen am Stück sinkt die Aufmerksamkeit um ca. 15 %.

Lesezeiten sollten möglichst nicht unterbrochen werden.

Autor

Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent. Er lebt in Heidelberg. Telefon (0 62 21) 80 48 82, Rolf.Leicher@T-Online.de