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Nicht nur vom Heizungsverkauf profitieren

Häufig suchen Kommunen, Industrie, Gewerbe, Wohnungsbau und Sozialeinrichtungen nicht nur nach einer technischen Lösung für den maroden Anlagenbestand in ihren Liegenschaften. Sie würden vielmehr am liebsten das ganze Bündel „Querschnittstechnik“ an eine verlässliche Fachfirma übergeben, um sich mehr um ihr Kerngeschäft kümmern zu können oder sich einfach Ärger vom Leib zu halten. Genau hier setzen Effizienzdienstleistungen an: Der Dienstleister plant und installiert die Anlagen und sorgt danach für den optimierten Betrieb einschließlich der Instandhaltung. Bei Bedarf bringt er auch noch die Finanzierung mit.

Marktsegment mit großem Umsatzpotenzial

Im Januar 2017 veröffentlichte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eine Marktstudie (Prognos, Ifeu, TMS Emnid 2017) zu Energieeffizienzdienstleistungen: Sie bezifferte das Marktvolumen für Contracting im Jahr 2015 auf rund 7,2 bis 8,4 Milliarden Euro. Als wichtigste Zielgruppen identifizierte das Bafa die Immobilienwirtschaft, die öffentliche Hand sowie gewerbliche Unternehmen. Zu den klassischen Contractoren gehören Stadtwerke und andere Energieversorger sowie auf Contracting spezialisierte Unternehmen (rund 82 % der Anbieter). Doch auch Handwerksunternehmen, Ingenieurbüros und Energieberater bieten Contracting-Leistungen an (rund 7 % der Anbieter). Vom Marktvolumen entfallen rund 84 % auf Energieliefer-Contracting (ELC) und 9 % auf Energiespar-Contracting (ESC) (Verband für Wärmelieferung), der Rest umfasst Finanzierungs- oder Betriebsführungs-Contracting.

Effizienzdienstleistungen auf mehreren Ebenen interessant

Effizienzdienstleistungen passen – besser als der klassische Anlageneinbau – insbesondere zu den Bedürfnissen finanzschwacher Eigentümer oder solchen ohne technische Fachkompetenz. Denn die Energieeinsparungen der neuen Anlage sind oft nicht so hoch wie erhofft, da die vollständige Betriebsverantwortung mit Abnahme der Anlagen an den – oft unkundigen – Gebäudeeigentümer übergeht. Binden Heizungsspezialisten die Option Contracting in ihr Angebot ein, können sie über langfristige Verträge Instandhaltungsleistungen, regelmäßiges Energiecontrolling und Fernüberwachung verkaufen.

Das hat auch einen weiteren Vorteil: Heizungsbauer steigen tiefer in den Betrieb der Anlagen ein und lernen so noch besser, wie welche Fabrikate laufen und welche Einsparungen sie durch die einzelnen Anlagen tatsächlich realisieren können. Diese zusätzliche Fachkompetenz ist wiederum bei neuen Projekten lohnend. Verbrauchscontrolling, Fernüberwachung etc. erfolgen zunehmend digital und dürften auch ein attraktives Argument für junge Fachkräfte sein, sich als SHK-Handwerker ausbilden zu lassen.

Hinzu kommt: Betriebe, die bereits jetzt mit einschlägigen Effizienzdienstleistern zusammenarbeiten oder die Leistung selbst anbieten, verkaufen hochwertige Technik und erzielen dafür gute Erlöse. Wer seine Kunden längerfristig bindet, kann darüber hinaus regelmäßig Serviceleistungen verkaufen. Die Kunden bezahlen die Rechnungen dafür in der Regel zügig.

Warum jetzt den Einstieg in das neue Geschäftsfeld wagen?

Das Contracting-Geschäfstfeld bietet, wie erwähnt, zahlreiche Nutzenvorteile. Dazu gehören vor allem:

  • aus Sicht des Kunden:
    • moderne Anlagentechnik
    • Rundum-sorglos-Paket und damit Konzentration auf Kernaufgaben
    • wirtschaftliches Maßnahmenpaket
    • Investition und Finanzierung kann über Contractor laufen
    • Versorgungssicherheit
  • aus Sicht des Handwerksbetriebs:
    • langfristige Kundenbindung
    • Wissensvorsprung
    • Verkauf von Qualitätstechnik
    • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
    • Verkauf von neuen Serviceleistungen
    • Einstieg schrittweise möglich.

Fakt ist: Wer jetzt in dieses Geschäftsfeld einsteigt, gehört zu den Vorreitern. Auch wenn derzeit bei den meisten Betrieben die Auftragslage sehr zufriedenstellend ist, so wird in Zukunft der Anlagenbetrieb eine immer wichtigere Rolle spielen. Das zeigen auch neue Förderprogramme wie „Einsparzähler“ oder „Step up“, bei denen es nicht mehr um den Anschub von Investitionen, sondern um die tatsächlichen Energieeinsparungen geht.

Das Kompetenzzentrum Contracting der KEA unterstützt interessierte Heizungsbauer dabei, das Geschäftsfeld Effizienzdienstleistungen (für kleine und mittlere Gebäude) aufzubauen, Kooperationen einzugehen sowie Pilotprojekte in Baden-Württemberg zu initiieren.

Mit kleineren Projekten den Einstieg wagen

Durch EnEV, EEWärmeG, EWärmeG, KWKG und andere Regelwerke werden die technischen und administrativen Anforderungen immer komplexer. Zum Einstieg können interessierte Handwerksbetriebe beispielsweise alle Anmeldungen bei Blockheizkraftwerken (BHKW) übernehmen, die Einregulierung der Anlagen sowie einen 24-Stunden-Service in Kombination mit einem Störfallmanagement. Zudem können sie die Anlagen warten und instand setzen. Viele Hersteller bieten schon Fernüberwachungssysteme für ihre Anlagen an, sodass hier erste Betriebserfahrungen gesammelt werden können. Wenn diese Leistungen pauschal vergütet werden, trägt der Handwerksunternehmer zunächst kaum Risiken.

Ein weiterer Weg ist die Kooperation auf Augenhöhe mit Effizienzdienstleistern wie Unternehmen aus der TGA-Branche, Planungsbüros, Energiegenossenschaften oder Versorgern. Der Dienstleister trägt die Investitions-, Finanzierungs- und Effizienzrisiken, der Handwerksbetrieb kann schrittweise Know-how aufbauen.

SHK-Betriebe, die selbst als Effizienzdienstleister auftreten wollen, können mit kleineren Projekten starten. So kann sich etwa ein Pumpen-Contracting lohnen, bei dem die Vertragslaufzeiten häufig recht kurz sind. BHKW-Spezialisten können in die Wärme- und Stromlieferung einsteigen, bis hin zu Mieterstrommodellen. Und auch Lüftungsexperten können erfolgreich Einspar-Contracting-Projekte anbieten.

Welches Modell sich am besten eignet, hängt insbesondere von der Spezialisierung des Fachbetriebs und den Kundenwünschen ab. Fachbetriebe können sich die Flexibilität des Modells Contracting zunutze machen, denn die Leistungen werden entweder im Komplettpaket oder aber in Teilpaketen angeboten. So bringen Kunden häufig die Finanzierung selbst mit und der Dienstleister kümmert sich um die restlichen Leistungen. Die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg hat hierfür den Begriff „Contracting4KMU“ geprägt: Im Fokus der Projekte stehen KMU-Contractoren für kleine und mittlere Industrie- und Gewerbebetriebe, Wohngebäude, Sozialeinrichtungen und Liegenschaften der öffentlichen Hand mit zunächst überschaubaren Maßnahmenpaketen.

Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis

Erste Projekte wurden schon auf den Weg gebracht. So hat die Firma Kachel, Heilbronn, bei der Firma Bauer Thermoforming aus Talheim neue Lüftungs- und Heizungsanlagen eingebaut inklusive Abwärmenutzung der vorhandenen Drucklufterzeuger. Effizienzdienstleister ist in diesem Beispiel die energeno Heilbronn, die mit dem Kunden die Einsparungen über eine feste Rate abrechnet. Oder die Firma Lava Energy, Stuttgart: Sie hat in einer 730 m2 großen Wohn- und Gewerbeimmobilie ein BHKW, eine Spitzenlasttherme und eine Frischwasserstation installiert und liefert nun Strom sowie Wärme an die Kunden. Hier wurde also ein Mieterstromprojekt umgesetzt.

Ähnliche Projekte gibt es bereits mit BHKW, Biomassekesseln und Lüftungsanlagen. Die Möglichkeiten für weitere Contracting-Anwendungen sind vielfältig: Abwärmetauscher, Kühlanlagen, Kompressoren, Solaranlagen etc. Auch wenn dabei keine Rundum-Sanierungen angestoßen werden, so erleichtert das Contracting4KMU den Schritt zur Umsetzung erster Effizienzmaßnahmen. Denn es hilft beim Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen Eigentümer und Anbieter und legt damit die Basis für eine mittelfristig intensivere Zusammenarbeit. Weitere Vorhaben zur effizienten Nutzung von Energie können dann folgen.

Fazit

Contracting ist ein bewährtes Instrument, um Energieeffizienz voranzubringen. Es lässt sich sowohl für kleine und mittlere als auch für große Liegenschaften anwenden. Heizungsfachleute sind prädestiniert, um in den Effizienzdienstleistungsmarkt einzusteigen, und können dadurch noch besser auf die Kundenwünsche eingehen. Das Kompetenzzentrum Contracting der KEA unterstützt Heizungsbauer auf dem Weg zum Effizienzdienstleister mit vielfältigen kostenlosen Angeboten und steht als Ansprechpartner für konkrete Fragen und Anregungen zur Verfügung.

Info

Leichterer Einstieg ins Energiespar-Contracting

Contracting bedeutet für den Contracting-Nehmer die Finanzierung einer Sanierungsmaßnahme durch einen Dritten, den Contractor. Es beinhaltet das gesamte Leistungsportfolio: von der Planung bis zur energieoptimierten Betriebsführung. Über Jahre hinweg bietet es eine garantierte Energie- und Kosteneffizienz.

Grundlagen des Energiespar-Contractings

Ziel von Energiespar-Contracting-Projekten ist im ersten Schritt die Reduzierung des Energiebedarfs. Es schließen sich die effiziente Bereitstellung von Energie und die Optimierung der Energienutzung an. Der Anbieter oder Contractor identifiziert Einsparpotenziale und plant die energetische Sanierung. In seinem Angebotspaket finden sich z. B. hochwirtschaftliche Maßnahmen wie das Ersetzen alter Anlagen durch neue, effiziente Systeme.

Vertragsgrundlage sind die vom Contractor garantierten Energieeinsparungen. Der Contractor finanziert sich über die nachgewiesenen Einsparungen, die er als Vergütung zur Deckung seiner Kosten erhält.

Chancen und Risiken rasch beurteilen

Doch wie lassen sich die wirtschaftlichen Chancen und Risiken von Energiespar-Contracting-Projekten für den Contractor einfach und schnell beurteilen? Hier kommt ein neues, betriebswirtschaftliches Kalkulationstool ins Spiel, welches als offenes, an die spezifischen betrieblichen Erfordernisse anpassbares Modell in Excel angelegt ist. Erarbeitet hat es die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg.

Das Programm ermittelt den Finanz- und Betriebsaufwand für den Energiedienstleister, zusätzlich die Zahlungsströme sowie die Ertragszahlen – und das über den gesamten Projektzeitraum. Kalkulieren lässt sich ein potenzielles Energiespar-Contracting-Projekt auf Monatsbasis für die ersten drei Jahre und auf Jahresbasis. Das Tool bilanziert Gesamtaufwand und -ertrag des Projektes sowie Kosten und Erlöse. Bei einer Sensitivitätsanalyse werden die verschiedenen Einflussfaktoren analysiert, die auf ein Contracting-Projekt einwirken können. Praktisch ist, dass das Programm individuelle Parameteränderungen zulässt.

Die KEA stellt das Kalkulationsinstrument für eine einmalige Lizenzgebühr von 700 Euro (zzgl. MwSt.) zur Verfügung.

Kontakt: ESC-Tool@kea-bw.de

www.energiekompetenz-bw.de/contracting/aktuell/contracting4kmu

Autor

Dipl.-Ing. Lic. rer. reg. Konstanze Stein arbeitet beim Kompetenzzentrum Contracting der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg. konstanze.stein@kea-bw.de