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Interview

Die guten Betriebe werden (leider) weniger

SBZ: Herr Poullie, als TV-Experte und als SHK-Dozent monieren Sie einen deutlichen Mangel an fachlich geschulten Handwerkern. Worauf stützt sich Ihre Feststellung?

Detlef Poullie: Das macht sich dadurch bemerkbar, dass vor allem die jüngeren Leute beim Kundendienst unstrukturiert arbeiten und bisweilen nichtdefekte Teile kaputtreden. Weil sie davon ausgehen, dass der Kunde die Fach- und Sachkenntnisse nicht hat. Durch mangelndes Wissen fummelt mancher Monteur die Teile letztlich wirklich kaputt. In den Fernsehsendungen rede ich mit denen immer ganz vernünftig und wesentlich mehr, als vor der Kamera gezeigt werden kann. Ich höre immer den gleichen Tenor bei den Kundendienstlern: Ich gehe auf keinen Weiterbildungslehrgang, ich werde nicht geschult. Was passiert? Da wird ein Ölfeuerungs-Monteur zu einer Gasheizung losgeschickt. Der war jetzt zufälligerweise dran.

SBZ: Das ist aber jetzt übertrieben, oder?

Poullie: Leider nicht. Das passiert wirklich und öfters, als es uns recht sein kann. Bei jeder TV-Sendung telefoniert eine unabhängige Person des Senders herum und bestellt SHK-Monteure ein. Die Firmen werden nicht gesondert ausgesucht, ich bin da außen vor. Es sind in der Regel immer zehn verschiedene Firmen, die besten drei werden gesendet. Also die drei, die am wenigsten Murks gemacht haben. Jetzt können Sie sich denken, wie die anderen sich vor Ort benommen haben. Wenn das gesendet wird, dann macht uns SHKlern niemand mehr die Haustür auf.

SBZ: Also wäre es besser, gar nicht erst solche TV-Beiträge zu unterstützen?

Poullie: Es wird immer Fernsehsendungen geben, in der SHK-Handwerker auf die Probe gestellt werden. Das können wir nicht verhindern. Ich arbeite ja selbst für viele Fernsehproduktionen. Die sagen mir, die Handwerkertests sind eines der beliebtesten Formate, keiner will mehr Kochsendungen sehen. Denn jeder TV-Zuschauer kann sich in der Handwerkersendung wiederfinden. Im Grunde ist das gutes Lehrmaterial für unseren Branchennachwuchs. Man braucht doch nur das Gegenteil von dem zu machen, was in den TV-Beiträgen zu sehen ist. Ich sage zu Berufsschullehrern und in der Meisterschule, nehmt doch die Filme im Unterricht als Anschauungsbeispiele und fragt die Schüler, was hier falsch gelaufen ist.

SBZ: Aber es gibt doch nicht bloß Murks-Kundendienstler?

Poullie: Natürlich nicht, es gibt auch gute Firmen. Firmen, die sehr modern arbeiten und sehr strukturiert auf den Nachwuchs achten – da bringen die Mitarbeiter gute Leistungen. Bei denen stimmt die Stimmung, das Gehalt passt, der Respekt vorm Kunden und untereinander ist vorhanden. Das möchte ich in aller Deutlichkeit betonen. Aber es verfestigt sich der Eindruck, diese Betriebe werden weniger.

SBZ: Woran liegt das?

Poullie: Ein Teil der Chefs nimmt sich heute gar nicht mehr die Zeit, seine Mitarbeiter mit dem benötigten Wissen und dem passenden Werkzeug auszustatten. Ich bin ja immer entsetzt, dass es im 21. Jahrhundert noch Kundendienstler gibt, die mit Eimer, Hammer, Meißel und Rohrzange zum Kunden kommen. Wenn ich frage: Wo ist denn dein Messgerät, wie willst du deine Arbeit quittieren? Dann antwortet der eine, wir haben nur eins und das hat der Chef. Der Nächste sagt, er muss es erst im Betrieb holen und die Messung kostet 45 Euro extra.

SBZ: Aber was können denn Mitarbeiter und Chefs tun, um im Sinne des Verbrauchers ihre Arbeit besser zu machen?

Poullie: Spezialisieren, ganz klar. Handwerker können wegen des riesengroßen Markts nicht mehr alle Produkte in- und auswendig kennen. Sie müssen sich konzentrieren, auf wenige Produkte oder Hersteller. So lässt sich viel leichter erreichen, dass die eigenen Leute fit sind in dem, was sie tun. Außerdem möchte ich jedem Unternehmer nahelegen, viel öfter die Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse miteinzubinden. Viele Betriebe halten ihre Angestellten ja eher wie unmündige Arbeiter. Aber wer lernt, zunehmend Verantwortung zu übernehmen und selbst Entscheidungen mit zu treffen, der ist schließlich auch motivierter und denkt mehr im Sinne des Kunden – und das wirkt sich letztlich auch positiv auf das Image und den Umsatz seines Unternehmens aus.

SBZ: Image und Arbeitsplatzsicherung, reicht das denn allein als Anreiz?

Poillie: Ich traue mich ja fast nicht, das Modell gegenüber den SBZ-Lesern anzusprechen. Aber beteiligt doch die Mitarbeiter am Gewinn am Ende des Jahres. Gebt ihnen doch mal ein zusätzliches Gehalt, weil es wirtschaftlich gut gelaufen ist. Jede Reklamation schmälert dabei natürlich dementsprechend den Bonus. Das schafft einen tollen Anreiz, gute Arbeit abzuliefern.

SBZ: Ist diese Art der Mitarbeiterführung eine Generationenfrage?

Poullie: Junge Meister, die sich früher bei mir beschwert haben, weil der Chef sie schikaniert hat, die verhalten sich heute leider nicht viel besser. Die machen im gleichen Stil weiter. Echte Mitarbeiterbeteiligung sieht anders aus. Ich denke, hier muss der Impuls von außen in die Unternehmen hineingetragen werden.

SBZ: Welchen Teil können Berufsschulen beitragen, um das Bildungs- und Leistungsniveau im SHK-Handwerk auf einen zeitgemäßen Stand anzuheben?

Poullie: Ach, in den Berufsschulen sieht es auch nicht besser aus. Wenn Sie heute die jungen Leute mit Fragen konfrontieren, die mal vor vielen Jahren aktuell waren, dann frage ich mich, trauen die sich überhaupt noch, mal nach zeitgemäßem Wissen zu fragen? Die bilden doch gar keine modernen Mitarbeiter mehr aus. Da bin ich sehr traurig darüber, zumal die jungen Leute meist motiviert sind. Sonst hätten die sich gar nicht erst für die SHK-Branche entschieden.

SBZ: Entsteht dadurch eine Abwärtsspirale, die auch die richtig guten Handwerksbetriebe runterziehen kann?

Poullie: Ja klar, die werden mit runtergezogen. Wenn ich einem Berufsschullehrer sage, Sie haben doch die Möglichkeit, den Lehrplan zu entrümpeln. Das kontrolliert doch keiner, ob Sie jetzt über Niedertemperatur gesprochen haben oder nicht. Aber nein, der macht Niedertemperatur. Da fehlt mir jedes Verständnis. Sobald jemand moderne Ansichten hat und zeitgemäße Strukturen verlangt, digitale Arbeitsansätze und moderne Werkzeuge – was ja eigentlich Grundbedingung für eine gute Ausbildung und für gute Mitarbeiter sein sollte –, dann rennen Sie bisweilen gegen Wände. Und der Betrieb und seine Kunden müssen es ausbaden.

Wissen Sie, ich verlange eigentlich eine Bildungspolizei. Wir müssen unabhängige Fachleute haben, die wirklich hinschauen, was die Lehrpläne benötigen und was sie tatsächlich enthalten – und wer da eigentlich vor den Klassen steht. Ich frage mich immer häufiger, wird die SHK-Branche, so wie sie sich heute zeigt – mit der Digitalisierung, mit erneuerbaren Energien usw. – in einem handlungsorientierten Unterricht überhaupt abgebildet? Meine Erfahrung zeigt mir, eher nicht.

SBZ: Welchen Beitrag können oder müssen eigentlich Berufsschullehrer leisten, damit der SHK-Nachwuchs besser vorbereitet und motiviert ist?

Poullie: Die Frage kann ich ruckzuck beantworten. Ich mache alle zwei Jahre ein Praktikum von einer Woche im Handwerk. Ich habe mehrmals versucht, den einen oder anderen Berufsschullehrer dazu zu animieren, in einen örtlichen Betrieb reinzuschnuppern. Ein paar Tage Kundendienst oder Baustelle, in großen Betrieben auch gerne Buchhaltung und Innendienst. Wissen Sie, was die gesagt haben? Die denken da gar nicht dran, die wollen pünktlich Schluss haben. Das finde ich sehr schade, bei so einem Praktikum würden die miterleben, was draußen tatsächlich passiert und worauf es ankommt.

SBZ: Was kann die SHK-Branche denn tun, um dem Fachkräftemangel und den Folgen daraus entgegenzusteuern?

Poullie: In jedem Fall mal die Berufsbezeichnung ändern. Ich finde, der Anlagenmechaniker SHK müsste Komforttechniker heißen oder Fachmann für Energietechnik. Das hat doch alles mit Energie zu tun – Wasser sparen, Heizungsenergie sparen und so weiter. Das hört sich einfach besser an und weckt eher das Interesse potenziell guter Azubis. Außerdem finde ich, wir bilden die Leute zu schnell weg. Die Phase zwischen der Berufsschule und der Meisterschule ist doch viel zu kurz. Da fehlt der Anreiz, sich erst mal als Geselle zu beweisen.

SBZ: Was würde eine höhere Vergütung erreichen?

Poullie: Eine höhere Ausbildungsvergütung wäre definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bin der Meinung, die Ausbildungsvergütung muss mindestens so steigen wie die Lebenshaltungskosten. Es kann doch nicht sein, dass am Flughafen ein Gepäckkontrolleur für 19 Euro da steht und der hat gerade mal eine sechswöchige Ausbildung hinter sich. SHK-Monteure hingegen sind verantwortlich für die Gesundheit, Leib und Leben und da steht der Tarifvertrag auf gerundet 14 Euro für einen Arbeiter nach dreieinhalb Lehrjahren. Ich habe kürzlich einen Fall erlebt, da weigert sich der Chef einfach, dem Mitarbeiter, der schon 15 Jahre im Betrieb ist, Tariflohn zu bezahlen, obwohl er Innungsmitglied ist. Also ich finde, Innungsbetriebe sollten sich verpflichtet fühlen, wenigstens den Tarif zu bezahlen. Leider sehen manche Betriebsinhaber das anders.

SBZ: Nun ja, das wird kaum ernsthaft alle fachlichen Schwachstellen ausbügeln.

Poullie: Ein entscheidender Knackpunkt ist in meinen Augen die zu kurze Ausbildungszeit. Dreieinhalb Jahren für faktisch zwei Berufe sind doch schon arg knapp bemessen. Und dann erst die Meisterfortbildung. Ich brauche zwölf Monate, um jemanden zum Sanitärmeister auszubilden, und weitere zwölf Monate, um jemanden zum Heizungsbaumeister zu machen. Jetzt habe ich nur noch neun Monate und da ist auch noch CAD dabei. Wir halten doch mittlerweile einen Unterricht ab, da geht es zu wie auf der Autobahn – wir rasen, statt die Themen mit Muße zu vermitteln und sich verfestigen zu lassen. Schauen Sie sich doch bloß Ihre SBZ an – das ist ja eine der führenden SHK-Fachzeitschriften. Wie viele neue Produkte und neue Konzepte/Verfahren Sie darin regelmäßig vorstellen! Das ist alles wichtig, aber für den Einzelnen doch viel zu viel. Ich kann mich da nur wiederholen: Spezialisierung ist das Gebot der Stunde.

SBZ: Was können Chefs denn anbieten, damit sich Monteure gerne und gut weiterqualifizieren?

Poullie: Ich nenne das Motivationsprämie. Wenn sich jemand weiterbildet, hat er gleichzeitig auch Anspruch auf eine Lohnerhöhung. Das reizt erst einmal.

SBZ: Herr Poullie, vielen Dank für das Gespräch und die diskussionswürdigen Ansichten.

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