Die Energieberatung ist ein wesentliches Element für eine Investitionsentscheidung an Gebäuden oder in Unternehmen sowie der Förderstrategie Energieeffizienz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).
Das BMWi hat zwei Richtlinien geändert, die zum 1. Dezember 2017 in Kraft traten. Gleichzeitig wurden sie über 2019 hinaus bis zum 31. Dezember 2022 verlängert:
- „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan)“
- „Energieberatung Mittelstand“.
Beide Richtlinien sind am 7. November 2017 im Bundesanzeiger erschienen. Die wesentliche Änderung besteht in der Erweiterung des Kreises der antragsberechtigten Energieberater. Die innerhalb dieser Förderprogramme verlangte objektive und neutrale Energieberatung kann nun jeder ausführen, der die geforderte Qualifikation als Energieberater vorweist, eine objektive und neutrale Energieberatung durchführt und dafür die Haftung übernimmt. Zudem wurde die bisherige „Vor-Ort-Beratung“ in „Energieberatung für Wohngebäude“ umbenannt.
Beratung als Element der Förderstrategie Energieeffizienz
Die Förderung von Energieberatung und Investitionen in Energieeffizienz sind integraler Bestandteil der Energie- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung. Die Förderung wurde in den letzten Jahren finanziell insgesamt deutlich aufgestockt. Es bestehen jedoch noch große Potenziale, die Förderung zielorientierter und effektiver auszurichten. Mit der Förderstrategie des BMWi „Energieeffizienz und Wärme aus erneuerbaren Energien“ soll bis zum Jahr 2020 die Förderung reformiert und so auch transparenter und übersichtlicher werden. Dies betrifft sowohl die Beratungs- als auch die Investitionsprogramme. Zudem soll damit die Bekanntheit dieser Förderprogramme erhöht werden.
Mit der Erweiterung des Kreises der antragsberechtigten Energieberater wird nun ein Schritt der Förderstrategie umgesetzt. Denn eine hochqualifizierte Beratung ist wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Erschließung von Effizienzpotenzialen sowie zur Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes.
Die Energiewende braucht die Energieberatung
Energieberatung steht an der strategisch wichtigen Schnittstelle zum Energieverbraucher. Für den Energieverbraucher, ganz gleich ob Bürgerin, Bürger oder Unternehmen, ist auf den ersten Blick und ohne einschlägige Kenntnisse oft nicht erkennbar, welche konkreten Effizienz- und Einsparpotenziale im Betrieb oder Gebäude bestehen, mit welchen Kosten eine Umsetzung verbunden ist und wie diese ggf. finanziert oder gefördert werden kann. Fehlt eine umfassende Beratung, werden regelmäßig – zum Teil aus Unkenntnis – höherwertige, umfassendere und systematisch aufgebaute Investitionen nicht geplant und umgesetzt.
Aber auch bei der Planung und Durchführung von Einzelmaßnahmen fehlt häufig der Blick für einen systemischen Sanierungsansatz und eine klare, langfristige Sanierungsstrategie. Die Gesamtschau des Gebäudes/Unternehmens und der Weg zur Klimaneutralität ist aber das Ziel der geförderten Energieberatung. Energieberatung hilft dem Verbraucher, die richtige Entscheidung zu treffen und Fehlinvestitionen zu vermeiden.
Der Energieberater unterstützt den Verbraucher in diesem Prozess. Denn mit der Energieberatung werden konzeptionelle Fragen beantwortet sowie Maßnahmen mit Kostenschätzung empfohlen. Eine fachlich qualifizierte Energieberatung ist somit idealerweise die Grundlage für nachfolgende Energieeffizienzinvestitionen. Hierbei sollen auch die individuellen Bedürfnisse des Verbrauchers mit berücksichtigt werden.
Mit dem individuellen Sanierungsfahrplan werden nicht nur die baulichen Ausgangsmerkmale des Gebäudes, sondern auch die Wünsche, Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten des Hauseigentümers bzw. Unternehmers berücksichtigt. Seit Juli 2017 wird der individuelle Sanierungsfahrplan in der „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan)“ gefördert (s. Beitrag „Individueller Sanierungsfahrplan startet“ in „Der Gebäude-Energieberater“ 05-2017). Die o Förderprogramme für die Energieberatung haben sich über den Zeitraum ihrer Wirksamkeit zu einer Messlatte für die am Markt verfügbaren (nicht bzw. von Dritten geförderten) Energieberatungsangebote entwickelt. Der Bund ist in der Pflicht, Qualität, Umfang und Marktdurchdringung der programmgeförderten Beratungen ständig zu überprüfen wie auch aktuelle (europäische) Entwicklungen bei der Programmgestaltung zu berücksichtigen.
Die Stagnation der Antragszahlen dauert an
An die geförderte Energieberatung werden seit jeher hohe Ansprüche und Erwartungen gestellt. Diese betreffen sowohl die Qualifikation der Berater als auch die Qualität der Beratungsberichte.
Ende 2014 wurden die Förderbeträge in der „Energieberatung für Wohngebäude“ (EBW) deutlich erhöht, um die täglichen Auseinandersetzungen mit komplexen und fachlich schwierigen Sachverhalten anzuerkennen und auch den Ansprüchen an die sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Energieberater Rechnung zu tragen. Die Anhebung der Fördersätze hatte jedoch keine Auswirkungen auf die Beratungszahlen. So stagnieren die Antragszahlen in der „Energieberatung für Wohngebäude“ seit 2014 bei rund 8000 bis 9000 Anträgen pro Jahr, in der „Energieberatung Mittelstand“ (EBM) bei etwas über 2000 (Detail-)Energieberatungen pro Jahr. Bis Ende September 2017 waren nur rund 1600 zugelassene Energieberater in der „Energieberatung für Wohngebäude“ aktiv. Von diesen wurden in diesem Zeitraum rund 6200 qualifizierte Energieberatungen durchgeführt.
Derzeit sind als Energieberater Fachleute wie Architekten, Ingenieure und bestimmte Handwerker (ohne eigenen Betrieb) zugelassen, die kein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Umsetzung von Energieeffizienzinvestitionen haben. Ausgeschlossen werden Branchen, die ein wirtschaftliches Interesse an der Umsetzung von Maßnahmen vermuten lassen, wie Handwerker, Hersteller oder Energieversorger.
Angesichts der rund 18 Millionen Wohngebäude in Deutschland, davon rund 14 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser, besteht aber ein enormes Potenzial für energetische Sanierungen mit einer vorausgehenden qualifizierten Energieberatung.
Welche Beratung ist in der Praxis die wirksamste?
Im Zuge der Erarbeitung der Förderstrategie Energieeffizienz stellte sich daher die Frage, welche Art der Beratung die wirksamste ist. Zu unterscheiden ist zwischen folgenden Formen:
- personenbezogene unabhängige Energieberatung (bisheriger Status quo der Beratungsprogramme)
- vorhabensbezogene unabhängige Energieberatung (wer berät, führt nicht aus)
- Energieberatung in neutraler/objektiver Weise (durch Eigenerklärung).
Die personenbezogene Unabhängigkeit hat – trotz der erheblichen finanziellen Anpassungen in beiden Förderprogrammen Ende 2014 – nicht zu mehr qualifizierten Energieberatungen geführt. Angesichts dieser Entwicklung in der geförderten Energieberatung hat das BMWi den Faden zur „Definition der Unabhängigkeit der Energieberatung“ bei der Erstellung der Förderstrategie wieder aufgenommen und hier akuten Handlungsbedarf gesehen, um die Schlagkraft der geförderten Energieberatung wieder zu erhöhen.
Der Vorschlag einer vorhabensbezogenen Unabhängigkeit hat sich als nicht praxistauglich erwiesen. Größere Unternehmen, wie z. B. Energieversorger, könnten Beratung und Verkauf von Energie durch verschiedene unternehmerische Einheiten durchführen, der Handwerksbetrieb aber kann das nicht. Er wäre deutlich im Nachteil. Zudem dürfte sich ein Handwerksmeister, der die Wahl hat zwischen einer geförderten Beratung oder der Durchführung einer Investitionsmaßnahme, für die Baumaßnahme entscheiden. Zu einem Anstieg der Energieberatungen wird dies eher nicht führen. Viele Verbraucher wünschen sich darüber hinaus die Leistungen aus einer Hand. Auch ließe sich diese Möglichkeit nicht administrieren. Nach der Zahlung des Zuschusses ist das Verwaltungsverfahren abgeschlossen. Es ist daher nicht möglich, nach Jahren zu prüfen, ob der Berater die Maßnahmen nicht doch umgesetzt hat.
Es müssen jedoch deutlich mehr qualifizierte Energieberatungen am Markt stattfinden, damit hochwertigere Maßnahmen umgesetzt werden. Dies ist nur möglich, wenn alle entsprechend qualifizierten Fachleute aller Branchen hier tätig werden und bestehende Kundenkontakte genutzt werden können. Die Förderung wird an die Qualität und die Neutralität sowie die Objektivität der Beratung geknüpft.
Kriterium der Unabhängigkeit wurde neu geregelt
All diese Entwicklungen und Erfahrungen waren die Grundlage für die Entscheidung, den qualifizierten Beraterkreis zu erweitern, um die Energieberatung in der energetischen Sanierung zu stärken. Die Zulassungsvoraussetzungen wurden zum 1. Dezember 2017 so geändert, dass künftig alle qualifizierten Fachleute in der geförderten vertieften Energieberatung tätig sein können, die die jeweiligen Mindestanforderungen an die fachliche Qualifikation erfüllen. Diese Neuregelung verbessert die Voraussetzungen für höhere Beratungszahlen, denn Verbraucher können künftig aus einem deutlich größeren Angebot ihren qualifizierten Energieberater wählen.
Die Beratung muss allerdings auch weiterhin objektiv und neutral sowie mit hoher Qualität erfolgen. Zudem muss der Beratungssuchende transparent über die berufliche Tätigkeit des Energieberaters informiert werden. Grundlagen der Qualitätssicherung in den Beratungsprogrammen bleiben daher:
- die fachliche Qualifikation (Grundqualifikation und Weiterbildung) (s. Infokasten),
- die Qualitätssicherung der Beratungsberichte durch Stichprobenkontrollen sowie
- das Verbot der Annahme von Provisionen und anderen geldwerten Vorteilen.
Um Objektivität, Transparenz und Qualität des Beratungsprozesses auch künftig zu gewährleisten, werden die folgenden Anforderungen zur Durchführung der Beratung gestellt:
- Wirtschaftliche Neutralität der Energieberater durch Eigenerklärung zur Hersteller-, Anbieter-, Produkt- und Vertriebsneutralität
- Transparenz und Orientierungshilfe für den Energieverbraucher durch Selbstauskunft über seine berufliche Tätigkeit (Herkunft) in der Energieeffizienz-Expertenliste (EEE-Liste)
- Haftpflichtversicherung über Beraterleistungen durch Selbstauskunft über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung.
Infos zur Energieberatung für Wohngebäude
Nachfolgend eine Übersicht über weitere wichtige Änderungen und Fakten sowie Klarstellungen zur bisherigen Richtlinie:
- Neben dem Namen des Förderprogramms und der Erweiterung des Energieberaterkreises gibt es eine weitere Änderung, die den Energieberatern mehr Flexibilität verschaffen soll: So wird der Zeitraum, der zur Durchführung der Energieberatung zur Verfügung steht (Bewilligungszeitraum) von bislang sechs auf neun Monate verlängert. Außerdem haben die Berater anschließend noch drei Monate Zeit, um die Unterlagen für den Verwendungsnachweis beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) einzureichen.
- Die Förderbeträge für die „Energieberatung für Wohngebäude“ bleiben erhalten. Die Zuschüsse betragen bei Wohngebäuden weiterhin 60 % der förderfähigen Beratungskosten (maximal 800 Euro für Ein- oder Zweifamilienhäuser, 1100 Euro für Mehrfamilienhäuser).
- Bei einer Energieberatung von Wohngebäuden gibt es, anders als zuvor, Wahlfreiheit für den Kunden zwischen der Darstellung einer Komplettsanierung in einem Zug oder einer Schritt-für-Schritt-Sanierung über einen längeren Zeitraum mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen.
- Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung im Energieberatungsbericht wird nur für den ersten Sanierungsschritt gefordert (ohne zwingende Einbeziehung der Förderung). Die Investitionsförderung durch die KfW (CO2-Gebäudesanierungsprogramm) oder das Bafa (Marktanreizprogramm zum Einsatz erneuerbarer Energien) können jedoch optional über den individuellen Sanierungsfahrplan einbezogen werden.
- Seit November 2016 wird eine einmalige Nachbesserung eines nicht ausreichenden Energieberatungsberichts zugelassen, der sonst widerrufen worden wäre.
- Auch einige verwaltungstechnische Eckdaten sprechen für die Attraktivität des Förderprogramms. Die Widerrufsquote wegen nicht richtlinienkonformer Energieberatungsberichte etwa ist seit 2010 von rund 10 % auf rund 1 % (Stand Oktober 2017) gesunken. Nach Vorlage der vollständigen Verwendungsnachweise beim BAFA dauert es in der „Energieberatung für Wohngebäude“ in der Regel zwei Wochen, bis der Zuschuss auf dem Konto des Energieberaters eingegangen ist.
Änderungen in der Energieberatung Mittelstand
In der „Energieberatung Mittelstand“ wurde die Umsetzungsbegleitung seit 2015 in lediglich rund 150 Anträgen jährlich in Anspruch genommen. Zudem wurden die vom BMWi an die Umsetzungsbegleitung gestellten Anforderungen nicht in vollem Maße erfüllt. Die Förderung der Umsetzungsbegleitung wird daher nicht fortgeführt.
Die Förderung von 80 % der förderfähigen Ausgaben wird beibehalten. Durch den Wegfall der bislang integrierten Förderung der Umsetzungsbegleitung wird die Zuschusshöhe für Unternehmen mit Energiekosten höher als 10 000 Euro pro Jahr von 8000 Euro auf 6000 Euro reduziert.
Auswirkungen auf die Listung in der EEE-Liste
Die Zulassung der Energieberater erfolgt weiterhin über das Bafa nach eingehender Überprüfung der erforderlichen Qualifikationsanforderungen.
Zugelassene Energieberater können sich in die Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes (EEE-Liste) eintragen. Um die Transparenz für den Energieverbraucher zu erhöhen, wird sie jetzt um Angaben des Energieberaters über seine berufliche Tätigkeit ergänzt.
Gutachten zu den Qualifikationsanforderungen
Die Zulassungsregeln für Energieberater tragen möglicherweise nicht allen vielfältigen Wegen der Qualifizierung zum Energieberater Rechnung. Daher hat sich das BMWi entschieden, eine einheitliche Qualifikationsprüfung für Energieberater entwickeln zu lassen, die die bisherigen Zulassungsanforderungen in den Förderprogrammen erweitern soll. Bestehende und bewährte Prüfungen sollen berücksichtigt werden.
Diese Qualitätsmaßstäbe sollen sich dann auch für die nicht geförderte Beratung etablieren. Dies wäre ein wichtiger Schritt zu einem bundeseinheitlichen Qualifikationsniveau für Energieberater und zu mehr Transparenz für den Energieverbraucher. Das Projekt startet Ende dieses Jahres und läuft über mehrere Jahre.
Ein oftmals gefordertes Berufsbild des Energieberaters lässt sich aus Gründen der Heterogenität des Anwendungsbereiches, des Titelschutzes zur Schaffung eines neuen Berufsbildes (Zuständigkeit der Länder) und der Liberalisierung insbesondere auf europäischer Ebene nicht umsetzen.
Ausblick
Das BMWi wird die Auswirkungen der Erweiterung des Kreises der antragsberechtigten Energieberater sowie der seit Sommer dieses Jahres geförderten individuellen Sanierungsfahrpläne kurz- und mittelfristig sehr genau beobachten und ggf. nachsteuern.
Die Umsetzung der Förderstrategie ist ein kontinuierlicher Prozess, der weiterhin in Zusammenarbeit mit allen relevanten Verbänden und Akteuren wie Energieberatern und Verbrauchern vom Bund begleitet und unterstützt wird.
Kurzinterview
„Beratungsberichte müssen auch weiterhin neutral erstellt werden.“
SBZ: Seit Juli 2017 kann man für den individuellen Sanierungsfahrplan eine Förderung über die „Energieberatung für Wohngebäude“ bekommen, er ist aber keine Pflicht. Wird sich daran etwas ändern?
Thorsten Herdan: Der individuelle Sanierungsfahrplan wird mit der Neuregelung der Zulassungsvoraussetzungen für Energieberater nicht verpflichtend. Dennoch ist es unser erklärtes Ziel, den Sanierungsfahrplan sehr schnell zu verbreiten und in die Anwendung zu bringen. Daraus können wir alle nur lernen. Bereits heute ist geprüfte Software für den Sanierungsfahrplan – wenn auch nur von einer begrenzten Anbieterzahl – auf dem Markt verfügbar. In den kommenden Monaten wird die Zahl der Anbieter kontinuierlich steigen. Parallel begleiten wir intensiv den Einführungsprozess der individuellen Sanierungsfahrpläne mit einem Pilotprojekt, um deren Praxistauglichkeit, Konzept und Methodik weiterzuentwickeln. Wir planen weiterhin, eine Schnittstelle zum Datenaustausch zwischen den verschiedenen Softwareversionen zu schaffen.
Nach der Etablierung des Sanierungsfahrplans als Beratungsinstrument werden wir prüfen, ob und in welcher Weise der Sanierungsfahrplan verpflichtend angewandt werden muss, um den Sanierungsstau durch individuell und im Zeitverlauf sinnvolle Sanierungsschritte endlich auflösen zu können.
SBZ: Die Richtlinien zur „Energieberatung für Wohngebäude“ und „Energieberatung Mittelstand“ haben bisher ausgeschlossen, dass ein Berater für eine geförderte Beratung Provision erhalten darf. Ändert sich daran etwas durch die neue Richtlinie?
Herdan: Nein, das Provisionsverbot bleibt bestehen. Auch die neuen Richtlinienfassungen schreiben vor, dass der Energieberater von einem Dritten, der ein wirtschaftliches Interesse an der Umsetzung der vom Energieberater empfohlenen Maßnahmen haben kann, weder eine Provision noch einen sonstigen geldwerten Vorteil fordern oder annehmen darf. Dabei wird klargestellt, dass gewöhnliche Lohnzahlungen, die der Energieberater von seinem Arbeitgeber erhält, nicht als geldwerter Vorteil betrachtet werden, weil sie keinen Zusammenhang mit einer Investitionsentscheidung des Beratenen aufweisen.
SBZ: Hat die Änderung der Unabhängigkeitsanforderung in der „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan)“ auch sofortige oder zukünftige Auswirkungen auf die KfW-Förderprogramme?
Herdan: Die Änderung der Unabhängigkeitsanforderungen hat keine Auswirkungen auf die Förderung im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms. Bei der Wohngebäudeförderung ist verpflichtend, einen in der Energieeffizienz-Expertenliste für Wohngebäude gelisteten Sachverständigen einzubinden, der die jeweils geltenden Qualifikationsanforderungen erfüllen muss.
SBZ: Durch die Änderungen können auch Energieversorger – also auch Stadtwerke – die geförderte „Energieberatung für Wohngebäude“ und ebenso die „Energieberatung Mittelstand“ anbieten. In der SHK-Handwerks- und Energieberaterbranche bestehen Bedenken, dass man damit den „Bock zum Gärtner“ macht. Wie sehen Sie das?
Herdan: Ein Gärtner sollte in allererster Linie gärtnern können. Genauso muss der Energieberater energetisch beraten können. Daher haben wir uns bei der Erweiterung der Energieberatung von dem Credo leiten lassen, dass qualifizierte Fachleute aus allen Branchen beraten können, wenn sie die hohen Qualifikationsanforderungen an die Energieberatung erfüllen. Energieberater können nun auch bestehende Geschäfts- oder Kundenkontakte zur Bewerbung einer geförderten Energieberatung nutzen – die Anforderungen an die Beratungsberichte bleiben jedoch für alle gleich und unverändert hoch. Die Beratungsberichte müssen auch weiterhin neutral erstellt werden, umfassend sein und der geforderten Qualität entsprechen. Das Bafa wird dies durch Stichprobenkontrollen prüfen. Zudem stärken wir die Transparenz und die Verantwortung. Jeder Kunde kann sofort erkennen, in welcher Beziehung qualifizierte Energieberater beispielsweise zu einem Energieversorger stehen. Zudem muss der Berater seine unabhängige Beratung sicherstellen und dafür haften.
SBZ: Das BMWi hat die Entwicklung einer ausbildungsunabhängigen Prüfung für Energieberater im Wohngebäudebereich ausgeschrieben. Warum wartet man nicht, bis diese fertig ist und die neuen Berater nur mit bestandener Prüfung zugelassen werden?
Herdan: Die Entwicklung dieser Prüfung und Etablierung am Markt mit allen Voruntersuchungen wird nicht von heute auf morgen erfolgen können. Sie soll diejenigen qualifizierten Fachleute, die über eine hohe Expertise für die Energieberatung verfügen, aber nicht die derzeit vorgegebenen Ausbildungen haben, zu Energieberatern qualifizieren und damit die Anzahl der Energieberater erhöhen. Die Prüfung ist insoweit als Ergänzung der heutigen Zulassungsregeln gedacht und wird den starren, rein ausbildungsbezogenen Ansatz zur Qualifizierung von Energieberatern erweitern. Wir möchten aber nicht die Zeit verstreichen lassen, bis diese zusätzliche Prüfung am Markt etabliert ist, sondern bereits jetzt den Weg der Erweiterung des qualifizierten Energieberaterkreises beschreiten.
Info
Qualifikationsanforderungen
Für die Antragsberechtigung ist die Grundqualifikation nach G§ 21 der EnEV erforderlich und zusätzlich eine Weiterbildung, deren Inhalt und Umfang in der Richtlinie definiert ist. Der zeitliche Mindestumfang hierfür beträgt:
- mindestens 210 Unterrichtseinheiten (UE) in bestimmten vorgeschriebenen Themengebieten.
- 130 UE reichen aus, falls ein Hochschulabschluss in den Fachrichtungen Architektur, Hochbau, Bauingenieurwesen, Technische Gebäudeausrüstung, Physik, Bauphysik, Maschinenbau oder Elektrotechnik oder einer anderen technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung mit einem Ausbildungsschwerpunkt in einem dieser Gebiete vorliegt.
- 70 UE genügen mit einer Zusatzausbildung zum staatlich anerkannten Sachverständigen für (Schall- und) Wärmeschutz.
Autor
Andreas Schüring ist Referent im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) für Energieberatung privater Verbraucher, Mittelstand, Kommunen und gemeinnütziger Organisationen.