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Deckenkühlung in Wohngebäuden

Die Wärmeübergabe in Innenräumen kann zwei zentrale Funktionen in Bezug auf den Raum übernehmen: im Winter als Wärmesenke (Wärmeeintrag) und im Sommer als Wärmequelle (Wärmeaustrag). Zentralen Einfluss darauf haben die klimatischen Bedingungen der Jahreszeiten, die internen Lasten des Gebäudes sowie die Komfortansprüche der Nutzer. Die zentrale Kenngröße ist hierbei die Innenraumtemperatur.

Als Wärmeträgermedium wird bei der Flächenheizung/-kühlung Wasser genutzt. Es ermöglicht die beiden grundlegenden Funktionsweisen innerhalb ein und desselben Systems: Heizen im Winter (Übertemperatur) und Kühlen im Sommer (Untertemperatur).

Kühlen mit der Flächenheizung

Die Systeme der Flächenheizung/-kühlung verfügen über integrierte Regeleinheiten, die abhängig von den Anforderungen der Nutzer und des Gebäudes zwischen den Funktionen Kühlen und Heizen unterscheiden. Die Umkehrung des Wärmestroms erfolgt mithilfe einer zentralen Umschalteinrichtung. Voraussetzung für die Aktivierung der Kühlfunktionen ist dabei eine passive oder aktive Wärmesenke, welche die aus dem Raum abgeführte Wärme aufnehmen kann (siehe SBZ-Tipp gegenüber).

Die Wärmesenke bzw. der Kaltwassererzeuger (reversible Wärmepumpe) ist analog zu einem Wärmeerzeuger für die notwendige Vorlauftemperatur verantwortlich. Während Flächenheizungen mit einer maximalen Vorlauftemperatur von 35 °C (Übertemperatur) betrieben werden, sollte diese für die Flächenkühlung nicht weniger als 16 °C (Untertemperatur) betragen. Eine niedrigere Vorlauftemperatur könnte Taupunktunterschreitungen provozieren und so Tauwasserausfall in und an Bauteilen verursachen.

Aus diesem Grund ist der Taupunktwächter die wichtigste sicherheitstechnische Einrichtung für den Kühlbetrieb einer Flächenheizung/-kühlung. Taupunktwächter sind sensorgestützte Bauteile, die entweder als Zubehör für die Kühlfunktion ergänzt werden oder bereits in der Regeleinheit des Systems integriert sind. Bei reversiblen Wärmepumpen ist zu prüfen, ob der Taupunktwächter für den Kühlbetrieb bereits installiert ist.

Kühlleistung nicht gleich Heizleistung

Grundsätzlich gilt, dass die Kühlleistung nicht 1:1 von der Heizleistung abgeleitet werden kann. Dies liegt daran, dass sich die Wärmeübergänge von der Umschließungsfläche auf den Raum und umgekehrt physikalisch anders verhalten. In den Anwendungen Boden und Wand ist die Heizleistung deutlich höher als die Kühlleistung. Bei der Deckenkühlung kehrt sich dies um, da die Wärme der Raumluft direkt zum Deckenbereich strebt. Dort besteht im Kühlfall eine Untertemperatur (Wärmesenke), was den Wärmeübergang zusätzlich unterstützt (siehe Infokasten auf der nächsten Seite).

Ein weiterer Grund für die unterschiedlichen Leistungen ist die im Kühlfall geringere Spreizung (z. B. 16 °C VL / 22 °C RL). Somit wird bei gleichem Volumenstrom eine geringere Leistung generiert. Aus diesem Grund sind die Kühlleistungen stets geringer als die Heizleistung. Ob die Leistung einer Vollkühlung, die einen möglichst engen Verlegeabstand fordert, bei maximaler Auslegung ausreichend ist, um die geforderte Kühllast nach VDI 2078 „Berechnung der thermischen Lasten und Raumtemperaturen (Auslegung Kühllast und Jahressimulation)“ zu erbringen, ist objektspezifisch zu prüfen.

Im Gegensatz zum Heizbetrieb lassen sich im Kühlbetrieb zwei Leistungsbereiche unterscheiden. Diese sind vom Auslegungsschwerpunkt des Systems der Flächenheizung/-kühlung abhängig und werden im Folgenden beschrieben. Bereits im Beratungsgespräch bzw. während der Konzeptplanung sollten die Rahmenbedingungen dahingehend geklärt werden, welcher der beiden Leistungsbereiche für die Kühlung gewählt wird. Nur so kann eine den Kundenanforderungen entsprechende Planungsgrundlage festgelegt werden.

Leistungsbereich Ankühlung

Die Ankühlleistung resultiert aus der Auslegung der Flächenheizung/-kühlung nach Heizlast (DIN EN 12 831 „Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast“). Danach richten sich auch der Verlegeabstand und der Volumenstrom. Sie bilden den Rahmen für die Leistungsfähigkeit der Kühlfunktion. Deshalb kann bei der Ankühlung im Sommer nicht immer eine maximale Raumtemperatur (gemäß Kühllast) sichergestellt werden.

Um diesen Leistungsunterschied zu verdeutlichen, wurde vom Fachbereich Flächenheizung/-kühlung des BDH der Begriff Ankühlleistung gewählt. Erfahrungsgemäß vermag die Ankühlleistung in einzelnen Räumen durchaus die berechnete Kühllast zu erreichen. Um den Deckungsanteil der Ankühlleistung zu optimieren, sind folgende Parameter zu berücksichtigen:

  • Ausrichtung des Gebäudes bzw. der Räume mit hohem Kühlbedarf
  • Verwendete Baustoffe und -materialien der thermischen Hülle (sommerlicher Hitzeschutz)
  • Anteil transparenter Flächen in der thermischen Hülle (Verschattungsoptionen)
  • Interne Wärmegewinne (Nutzung) während der Kühlperiode

Werden diese Parameter berücksichtigt und entsprechend optimiert, kann die Kühllast schon mit einer Ankühlung in manchen Räumen gedeckt werden.

Leistungsbereich Vollkühlung

Die Vollkühlung bezeichnet die maximale Kühlleistung, welche durch das Flächenkühlsystem erbracht werden kann, um eine definierte Kühllast nach VDI 2078 abzudecken (z. B. in Büro- und Verwaltungsgebäuden). Die Auslegung verfolgt das Ziel, eine definierte Raumtemperatur (z. B. 25 °C) nicht zu überschreiten, wenn die Ankühlleistung dafür absehbar nicht ausreichend ist. Im Zuge dessen wird eine hohe Belegungsdichte angestrebt.

Als Auslegungsgrundlage für die Vollkühlung ist eine Berechnung der Kühllast notwendig. Die Auslegung der Vollkühlung unterscheidet sich grundlegend von der Auslegung nach Heizlast. Hier werden engere Verlegeabstände vorgesehen, woraus entsprechend größere Rohrlängen resultieren. Dies bedeutet in der Regel auch mehrere Wärmeübergabekreise, die dann einen größeren maximalen Massestrom ermöglichen.

Die Leistungsgrenzen der Vollkühlung liegen also nicht, wie bei der Ankühlung, in der Auslegung, sondern in der zur Verfügung stehenden Fläche mit der maximal möglichen Belegungsdichte. Um diesen Leistungsunterschied zu verdeutlichen, wurde vom Fachbereich Flächenheizung/-kühlung des BDH der Begriff Vollkühlleistung gewählt.

Bei der Vollkühlung ist mit einem erhöhten Montage- und Kostenaufwand (engere Verlegeabstände, mehr Wärmeübergabekreise usw.) zu rechnen. Hier ist die Verhältnismäßigkeit zu prüfen und darzustellen. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass ein enger Verlegeabstand auch sehr niedrige Vorlauftemperaturen im Heizfall ermöglicht.

Dies fördert den effizienten Betrieb von Brennwertgeräten sowie Wärmepumpen und ermöglicht zudem einen maximalen Deckungsanteil der solaren Heizungsunterstützung. Dementsprechend kann eine Vollkühlung auch als optimierte Flächenheizung betrachtet werden.

Auslegung nach Heiz- oder Kühllast

Für die Planung und Ausführung einer Flächenkühlung ist von grundlegender Bedeutung, welche maximalen Raumtemperaturen nicht überschritten werden dürfen. Bereits in der Beratung sollten die unterschiedlichen Auswirkungen der beiden Kühlfunktionen Ankühlung und Vollkühlung zur Sprache kommen und deren Leistungsbereiche erläutert werden. Zudem sind die Anforderungen des Bauherren klar zu definieren, also die Kundenwünsche festzuhalten.

Gibt es konkrete Vorgaben zur Raumtemperatur, ist eine Berechnung der Kühllast notwendig. Daraus lässt sich die notwendige Kühlleistung ermitteln, damit im Auslegungsfall die maximale Raumtemperatur nicht überschritten wird. Ist hingegen lediglich eine Komfortsteigerung im Sommer durch Reduzierung der Raumtemperatur um nur wenige Kelvin gewünscht bzw. ausreichend, ist keine Kühllastberechnung notwendig. Die Kühlleistung resultiert hier aus der Auslegung nach Heizlast.

Will man hingegen den möglichen Deckungsanteil der Ankühlleistung an der Kühllast als Entscheidungsgrundlage darstellen, sind beide Berechnungen erforderlich. Es ist also entsprechend den Wünschen des Auftraggebers zu unterscheiden, ob das Gebäude nach Heizlast oder nach Kühllast ausgelegt werden soll.

Fazit

Über die Deckenflächen können im Wohnungsbau die höchsten Ankühlleistungen erreicht werden. Diese sind in der Regel ausreichend, um die thermische Behaglichkeit in den Sommermonaten deutlich zu steigern. Darüber hinaus kann über die Deckenkühlung mit geringem Mehraufwand auch eine Vollkühlung geleistet werden. Um eine hohe Kühllast abzudecken, können ergänzend auch weitere Flächen, etwa an den Wänden, genutzt werden.

Wenn vom Kunden eine Kühlung gewünscht wird, sollte diese also grundsätzlich klar nach den hier vorgestellten Leistungsbereichen definiert werden. Im Vergleich zu Boden und Wand sind hierfür Deckenflächen deutlich besser geeignet.

Im zweiten Teil dieser Artikelserie ( SBZ 18-19) werden die Bauweisen und -arten von Systemen der Deckenheizung/-kühlung und deren Unterschiede in Montage und Bauablauf vorgestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Modernisierung.

SBz-Tipp

Näheres zur passiven und aktiven Kühlung

Das BDH-Informationsblatt Nr. 37 behandelt die „Wärmeübergabe- und Kühlsysteme in Verbindung mit einer Wärmepumpe“. Dabei wird unter anderem der Unterschied zwischen der passiven Kühlung mittels einer natürlichen Wärmesenke und der aktiven Kühlung mittels einer mechanischen Wärmesenke beschrieben. Ergänzend werden weitere Systembedingungen für den Kühlbetrieb thematisiert, wie etwa die Taupunktüberwachung und Kondensatvermeidung.

Das BDH Informationsblatt ist hier kostenlos verfügbar: www.bdh-koeln.de/service/publikationen

Info

Wärmeübergabe bei der Deckenkühlung

Im Gegensatz zu den Anwendungen an Boden und Wand zeichnet sich die Deckenheizung/-kühlung durch ihre hohe spezifische Kühlleistung (W/m²) aus. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass unter der Decke eine Untertemperatur besteht, die den Wärmeübergang zusätzlich unterstützt. Denn das Temperaturprofil eines Raumes verläuft nahezu vertikal. Erst unmittelbar unter der Decke nimmt die Raumtemperatur merklich zu. Ursächlich dafür sind die folgenden physikalischen Zusammenhänge:

  • Der Dichteunterschied zwischen warmer und kalter Luft fördert das Aufsteigen der Warmluft an die Deckenoberfläche und führt zur Bildung eines Warmluftsees.
  • Verstärkt wird dieser Effekt durch den direkten Strahlungsaustausch von der Oberfläche des Fußbodens zur Decke (z. B. durch passive Solareinstrahlung), der die Luft zusätzlich erwärmt.

SBZ-Tipp

Artikelserie: Deckenkühlung in Wohngebäuden

In unserer Reihe stellen wir in Zusammenarbeit mit dem BDH-Fachbereich „Flächenheizung/-kühlung“ wesentliche Aspekte rund um die Nutzung der Decke für die Kühlung von Wohngebäuden vor. Dabei stehen die folgenden Themen im Mittelpunkt:

  • Teil 1: Die Leistungsbereiche der Flächenkühlung <b>SBZ 16/17-19</b>
  • Teil 2: Übersicht der Systeme zur Deckenheizung/-kühlung <b>SBZ 18-19</b>

Info

Heizen über die Decke

Auch in den Wintermonaten ist die Deckenheizung/-kühlung geeignet, die vollständige Heizlast mit hoher Effizienz abzudecken. Unter der Decke ist eine sehr hohe Belegungsdichte der wirksamen Gesamtfläche möglich. Es gibt in der Regel keine Überbauungen oder blockierten Stellflächen wie auf dem Fußboden.

Daher eröffnen die verschiedenen Bauarten und -weisen nicht nur im Neubau, sondern gerade in der Heizungsmodernisierung und energetischen Ertüchtigung von Gebäuden ein sehr hohes Anwendungspotenzial (siehe auch die dreiteilige SBZ-Serie „Flächenheizung und -kühlung im Bestand“: SBZ 1/2-19, SBZ 3-19 und SBZ 6-19).

Im Heizbetrieb ist die maximale Vorlauftemperatur bei einer Deckenheizung so zu wählen, dass die Oberflächentemperatur von 29 °C bei einer lichten Raumhöhe von 2,6 m (gemäß DIN EN 1264 „Raumflächenintegrierte Heiz- und Kühlsysteme“) nicht überschritten wird. Bei größeren lichten Raumhöhen ist eine höhere Oberflächentemperatur möglich.

Umfangreiche Fachinformationen stellt der BDH hier kostenlos zur Verfügung: www.flaechenheizung-bdh.de/topservice/publikationen/

Autor

Frank Hartmann ist Referent im Fachbereich Flächenheizung/-kühlung des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), frank.hartmann@bdh-koeln.de, Telefon (0 93 81) 71 68 31