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Heizung und Denkmalschutz

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Historische Kirchen so zu beheizen, dass Bausubstanz und Interieur geschont, zugleich die Kosten aber im überschaubaren Rahmen bleiben, ist eine ganz spezielle Herausforderung. Zum Schutz von historischen Bautechniken, wertvollen Einrichtungsgegenständen oder gar Kunstschätzen muss eine möglichst gleichmäßige Temperaturverteilung in den ausgedehnten und hohen Räumen erzielt werden. Gleichzeitig darf die Luftfeuchtigkeit den Korridor von mindestens 40 bis maximal 70 % nicht verlassen, um nicht die Holzschnitzereien oder die Farben der Wandbilder zu schädigen.

Dennoch bleiben Bauwerke wie beispielsweise die Kirche am Stölpchensee der Gemeinde Wannsee auch ganz schlicht Orte, wo Besucher von Gottesdiensten oder Konzerten behagliche Temperaturen vorfinden sollen. Diese auf konstantem Niveau zu halten, wäre für die Bausubstanz und Kircheneinrichtung zwar optimal, aber bei der doch eher seltenen Nutzung weder wirtschaftlich noch ökologisch vertretbar. Diese komplexe Aufgabenstellung zu lösen und unterm Strich dennoch Energiekosten zu sparen, verlangte Bernd Nehrkorn, in der Gemeinde Wannsee für Bauangelegenheiten zuständig, vom Ingenieurbüro Niehsen-Baumann aus Chemnitz als verantwortliche Fachplaner und von SHK-Fachhandwerker Bernd Sasse aus dem brandenburgischen Woltersdorf. Basierend auf den Berechnungen der TGA-Spezialisten wurde das Heizkonzept dabei auf zwei Säulen gestellt: effiziente Wärmeerzeugung durch neueste Gas-Brennwerttechnik und eine Wärmeverteilung, bei der auch spezielle Bankheizkörper für Kirchen zum Einsatz kommen sollten, die der Heizungsbauer handwerklich herstellen sollte.

Heizungsanlage nach hundert Jahren ausrangiert

Als Wärmeerzeuger tat in der Kirche seit rund hundert Jahren eine Dampfheizung ihre Dienste. Zuverlässigkeit und Betriebskosten waren entsprechend fragwürdig. Bernd Sasse ersetzte diese durch ein kompaktes, wandhängendes Gas-Brennwertgerät Ecotec exclusiv von Vaillant mit bis zu 46 kW Leistung. „Wir suchten von vornherein nach einer Lösung, bei der wir auf die häufig angewandte, aber teure Methode der Zuheizung mit Strom während der Nutzungszeiten verzichten konnten. Der große Modulationsbereich des ohnehin effizienten Gas-Brennwertgeräts machte das möglich“, schildert Sasse seine Vorüberlegungen. Das Gas-Brennwertgerät moduliert von 17 bis 100 % Nennleistung und arbeitet dadurch sowohl bei der Grund- als auch der Volllast mit hoher Effizienz durchweg im Brennwertbereich.

Zwei weitere Anforderungen, die das Heizgerät durch die Besonderheiten des Bauwerks bedingt erfüllen musste, waren die Aufschaltung einer speziellen Kirchen-Heizsteuerung und eine Vorlauftemperatur von 75 °C für die Wärmeverteilung über die Konvektoren und Heizkörper. Denn in dem denkmalgeschützten Gebäude war es nicht erlaubt, eine energiesparende Fußbodenheizung einzubringen. Gerade die Wärmeverteilung stellte die Fachplaner vom Büro Niehsen-Baumann daher vor zusätzliche Herausforderungen.

Um die Kirche in ihrer Ursprünglichkeit zu erhalten, durfte zum Beispiel in den kleinen Zweckräumen neben dem Hauptschiff keine Wand geöffnet und der Boden des Kirchenschiffs schon gar nicht aufgerissen werden. Dabei wäre eine herkömmliche Flächenheizung mit ihrer gleichmäßigen, effizienten Temperaturverteilung ideal gewesen, denn „das A und O ist ein möglichst gleichmäßiges horizontales und vertikales Temperaturniveau“, so Sasse. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Kirchengemeinde erst vor zwei Jahren für rund 250 000 Euro eine neue Mühleisen-Orgel angeschafft hatte. Große Temperatursprünge und -unterschiede im Raum würden das feine Klangbild des Instruments zerstören.

Eine kreative Wärmeverteilung

Die Fachplaner fanden dafür eine eigene handwerkliche Lösung: Die Wärmeverteilung ist im Prinzip auf zwei Heizkreise aufgeteilt. Der eine fungiert als Sockelleistenheizung und bedient zusätzlich vier plane Heizflächen im Altarraum. So sei eine Grundtemperatur im Kirchenschiff von 10 °C gesichert – speziell an den mehr als 60 cm starken Außenmauern, die sonst sehr viel Kälte abstrahlen würden. Der zweite Heizkreis versorgt die handwerklich erstellten Heizkörper, die sich unterhalb der Sitzfläche der Kirchenbänke befinden. So etwas gibt es nicht werkseitig vorkonfektioniert, sondern ist die handwerkliche Antwort eines qualifizierten Metallbauers auf die Beschränkung der Denkmalschutzbehörde, keine Flächenheizung einbauen zu dürfen: „Diese mehr als 40 Heizkörper sind alle von Hand und nach Maß gefertigt – funktionieren jetzt aber genauso wie eine Flächenheizung, ohne dass wir in den Boden eingreifen mussten“, schildert Sasse. Die Heizkörper bestehen aus jeweils einem nahtlos gezogenen Stahlrohr mit einem Außendurchmesser von knapp 90 mm. Der Vorlauf ist als Lanze bis zum Ende des Rohres ausgeführt. Als Farbe wurde die zum Interieur passende Farbe RAL 8017 (schokoladenbraun) gewählt.

Vor allem dank der Bankheizkörper haben es jetzt die Besucher der Gottesdienste oder Orgelkonzerte schnell und gleichmäßig warm, denn die zylindrischen Heizkörper strahlen konzentrisch nach vorne und oben ab. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass Kirchenschiff und Altarraum ganz langsam vom Boden aus flächig aufgeheizt werden. Die Auswertung der entsprechend angeordneten Messfühler sorgt für einen entsprechend langsamen Temperaturanstieg, wie er für den Klangerhalt der wertvollen Orgel notwendig ist.

Spezielle Regelung für Kirchengebäude

„Für die Anforderungen in Kirchen und anderen Denkmälern sind Heizungsregelungen, die auf Wohnkomfort ausgerichtet sind, nicht anzuwenden. Dafür gibt es spezielle Kirchensteuerungen“, weiß Sasse. Die Steuerungsparameter in der Kirche am Stölpchensee sind: Temperaturveränderung um höchstens 1 °C pro Stunde, Erhalt der Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 70 %, Aufheizen des Objekts auf 15 °C regelmäßig alle 14 Tage zu den Gottesdiensten und zu einzelnen Sonderveranstaltungen wie Orgelkonzerten.

Kirchensteuerungen für diese speziellen Einsatzzwecke sind am Markt erhältlich. Die eigentliche Herausforderung war, ein ebenso marktgängiges Gas-Brennwertgerät zu finden, das mit einer systemfremden Steuerung kommunizieren kann. „Dank einer offenen Schnittstelle des Ecotec exclusiv war es möglich, diesen Regelkreis herzustellen“, berichtet Sasse.

Letzte Hürde – die Abgasführung

Schwieriger wurde es da schon mit der Luft- und Abgasführung. Die nämlich war vor über hundert Jahren ausgesprochen kreativ unter dem Boden der Sakristei entlang geführt worden – für ein modernes Gas-Brennwertgerät unter Sicherheitsaspekten undenkbar. In enger Abstimmung mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister aber fand sich auch hierzu eine praxisnahe und dennoch dem Denkmalschutz genügende Lösung: Der Querverzug vom Brennwertgerät zum Kamin ist als Rohr-in-Rohr-Variante mit Zulassung im Einzelfall ausgeführt; im Schornstein selbst ist ein 80er-PP-Rohr für die Abgase eingezogen. Die Zuluft erfolgt über den entsprechenden Ringspalt.

Tipp

Linksammlung

Insbesondere auf der Seite von Bäder & Heizungen Sasse finden Sie weitere Fotos von der Montage der Kirchenheizkörper:

www.sasse-bad.de

www.niehsen-baumann.de

www.berlins-alte-dorfkirchen.de

www.vaillant.de

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