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Befestigungen und Rohrdurchführungen

Sicher für den Fall des Falles

Die Anforderungen des vorbeugenden baulichen Brandschutzes sollen sicherstellen, dass Flucht- und Rettungswege im Brandfall das gefahrlose Verlassen eines Gebäudes ermöglichen. In Deutschland ist der Brandschutz Ländersache, jedes Bundesland erlässt seine eigene Landesbauordnung (LBO). Um aber die Anforderungen an den baulichen Brandschutz bundesweit zu vereinheitlichen, entstand 2002 die Musterbauordnung (MBO). Als Empfehlung ohne Gesetzescharakter dient sie, ergänzt von der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) 2005, den Ländern als Vorlage für Länderbauordnungen. So steht für jeden Handwerksbetrieb vor Ausführungsbeginn die Aufgabe an, sich mit den baurechtlichen Anforderungen im jeweils betroffenen Bundesland zu beschäftigen.

Klassifiziert ist das A und O

Ob und welche Brandschutzanforderungen an ein Gebäude bestehen, bestimmt die MBO. Sie legt in Gebäudeklassen (GK) fest, welche Gebäude brandschutztechnisch bedeutsam sind und welche Feuerwiderstandsdauern in ihnen verbaute Bauteile einhalten müssen (Bild 1 und 2). Brandschutztechnisch bedeutsam nach MBO sind alle Gebäude mit mehr als drei Vollgeschossen oder zwei Nutzungseinheiten und Sonderbauten wie Hotels, Schulen und Krankenhäuser. Zudem legt sie fest, dass für Sonderbauten ein Brandschutzkonzept zu erstellen ist. Das vom Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz, der gleichzeitig Sachverständiger oder Architekt sein kann, erstellte Brandschutzkonzept enthält die auf das jeweilige Gebäude abgestimmten Angaben. Es zeigt die – dann als „klassifiziert“ geltenden – Flucht- und Rettungswege sowie Brandwände. Architekt oder Bauherr informieren den Installateur anhand des Konzepts, wo sich Flucht- und Rettungswege oder Räume von Brandwand zu Brandwand, die so genannten Brandabschnitte, befinden. Dann weiß der Installateur auch, welche Rohre und Kabel durch ­eine Brandwand zu führen und abzuschotten sind. Der Fachplaner des jeweiligen Gebäudes verantwortet, dass die Vorgaben des vorbeugenden baulichen Brandschutzes eingehalten werden. Fehlt der, gehen die Funktion der Fachplanung, und damit die Fachbauleitung inklusive aller Haftungsrisiken, auf den ausführenden Installateur über.

Flucht- und Rettungswege im Mittelpunkt

Wie sich Befestigungen im Brandfall verhalten, ist besonders für Flucht- und Rettungswege von Bedeutung. Die verschiedenen Komponenten müssen entsprechend lange Zeit Widerstand leisten, um ausreichend vor einer Feuer- und Rauchgasausbreitung zu „schützen“ und reibungslose Rettungsmaßnahmen zu ermöglichen. Schutzziele von 30 Minuten (feuerhemmend), 60 Minuten (hoch feuerhemmend) und 90 Minuten (feuerbeständig) gibt die MBO hier vor (Bild 3). Welche Voraussetzungen an eine brandsichere Verlegung von Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswege sowie eine Durchführung durch klassifizierte Wände und Decken gestellt werden, legt die Leitungsanlagen-Richtlinie (LAR) fest: Nach der aktuell gültigen LAR 2005 gilt für Flucht- und Rettungswege ein Schutzziel von mindestens 30 Minuten.

Installationen brandschutz­gerecht ausführen

Elektrische Leitungsanlagen dürfen nur offen in Flucht- und Rettungswegen verlegt werden, dienen sie für den Betrieb des jeweiligen Flucht- und Rettungsweges, zum Beispiel für Beleuchtungszwecke.

Flucht- und Rettungswege ohne klassifizierte Unterdecke: Laufen keine Elektroleitungen im Flucht- und Rettungsweg, sind Befestigungen oder Rohr- und Lüftungsleitungen nicht brennbar auszuführen. Weitere Anforderungen bestehen nicht (Bild 4).

Flucht- und Rettungswege mit klassifizierten Unterdecken: Seit einigen Jahren werden innerhalb von Fluchtwegen vermehrt Leitungsanlagen oberhalb von brandschutztechnisch klassifizierten Unterdecken installiert. Im Brandfall dürfen zwischen Decke und Unterdecke verlaufende Kabel-, Lüftungs- und Rohrleitungen für die ausgelegte Feuerwiderstandsdauer von zum Beispiel 30 Minuten nicht mechanisch belastet werden. Das stellen speziell zugelassene und brandgeprüfte Schienen, Rohrschellen und Zubehör wie Gewindestäbe, Muttern oder Scheiben sicher. Zudem dürfen ausschließlich Dübel mit Zulassung verwendet werden (Bild 5 und 6). Zu beachten sind dabei die vom Hersteller angegebenen Materialien wie Dübel, die nur für die Verwendung in Beton zugelassen sind. Aber auch Maximalabstände und Bohrtiefen (zum Beispiel für Einschlaganker doppelte Bohrtiefe oder mindestens 60 Millimeter nach LAR) müssen beachtet werden. Welche Produkte für welche Branddauer brandgeprüft sind und wie sie einzusetzen sind, geben die Verwendbarkeitsnachweise der Hersteller an (Bild 7).

„R“ statt „F“ für Rohrdurch­führungen

Geht es um Durchbrüche durch Decken und Wände, sind Abschottungen gefragt. Hier gilt: Bei Rohrdurchführungen und -abschottungen bezeichnet „R“ die Feuerwiderstandsklasse nach DIN 4102 und „EI“ nach DIN EN 13501-2. Ein brandsicheres und rauchgasdichtes Abschottungsprodukt muss in Bezug auf die einzelnen Rohrtypen von einer Materialprüfungsanstalt (MPA) geprüft oder vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassen werden. Ausnahmen, die keiner ausdrücklichen Zulassung des DIBt bedürfen, sind Abschottungsprodukte nach den „Erleichterungen der MLAR, Absatz 4.3“ und werden mit dem Buchstaben „F“ bezeichnet.

Im Brandfall muss eine Abschottung perfekt funktionieren. Wie hoch die Anforderungen für einen optimalen Schutz sind, verdeutlicht beispielsweise die BIS Pacifyre MK II Brandschutzmanschette: Grundsätzlich ist die Innwandmanschette auf Abschottungen bis zu einem Rohraußendurchmesser von 200 mm geprüft und zugelassen. Hinsichtlich der unterschiedlichen Werkstoffe der Rohrleitungen und der Rohrhersteller ist jedoch weiter zu unterscheiden. Beispielsweise sind Abschottungen von gängigen Ver- und Entsorgungsrohren mit dem Werkstoff PE-HD nur bis zu einem maximalen Rohraußendurchmesser von 140 mm erlaubt. PVC- und PP-Rohre können hingegen bis 200 mm verschlossen werden. Zudem sind Durchbrüche und Restspalte, entsprechend ihrer Größe und Beschaffenheit, mit extra dafür zugelassenen Produkten brandsicher und rauchgasdicht zu verschließen. Im Falle der genannten Manschette beispielsweise mit dem Brandschutzschaum Tangit FP 550 und FP 800 Brandschutzmörtel.

Passende und richtige ­Abschottung

Eine verbreitete Brandschutzmaßnahme ist ein Einzelschott, bei dem sich – vor oder in der Wand oder Decke montiert – intumeszierendes Material im Brandfall ausdehnt. Das Material Blähgrafit zum Beispiel dehnt sich bei 160°C auf das Zwanzigfache seines Volumens aus und dichtet das Rohr vollständig ab (Bild 8). Je nach baulichen Gegebenheiten bieten sich weitere Möglichkeiten an:

Brennbare und nicht brennbare Rohre: Die benötigte Größe der Brandschutzmanschette bemisst sich hier nach der jeweiligen Rohr­dimension. Die aus einem oder zwei Teilen bestehende Manschette wird um das Rohr herumgelegt und an Wand oder Decke festgeschraubt oder eingemörtelt. Eine Brandschutzmanschette kann, etwa bei Sanierungen, auch nachträglich montiert werden. Auch bei einem schrägen Rohr gewährleistet eine in der entsprechenden Größe gewählte Manschette optimalen Brandschutz (Bild 9 und 10).

Brennbare Rohre: Als Band auf einer Rolle geliefert, ist eine Brandschutzbandage für fast alle Rohrdimensionen, abhängig von der jeweiligen Allgemeinen baulichen Zulassung, einsetzbar. Je größer die Rohrdimension, desto mehr Lagen sind zu montieren. Allerdings ist eine Bandage ausschließlich für In-Wand-Installationen geeignet und kann nicht nachträglich angebracht werden (Bild 11).

Nicht brennbare Rohre: Die Rohrummantelung ähnelt der Brandschutzbandage, wurde aber für nicht brennbare Rohre bis 200 mm Rohrdurchmesser mit Dämmung entwickelt (Bild 12). Speziell für ungedämmte Gussrohre mit einem seitlichem Abgang auf Kunststoff in Decken entwickelt, ist eine Lage der Brandschutzmatte ausreichend für Rohre bis DN 125. Eine Dämmung oberhalb der Decke ist nicht nötig (Bild 13).

Elektroleitungen

Kabelabschottungen dienen der brandsicheren Verlegung von mit oder ohne Kabelleerrohren verlegten Elektroleitungen in Wand und Decke. Elektroleitungen erhalten eine Abschottung durch Brandschutzschaum oder Kabelmörtel, Leerrohre sind mit Manschetten abzuschotten. Der Vorteil von Brandschutzschaum gegenüber Kabelmörtel: Bei einem Nachverlegen kann der Schaum bequem aufgeschnitten, das neue Kabel verlegt und die entstandene Öffnung anschließend wieder ausgeschäumt werden.

Bei einem Verlegen von Elektroleitungen sind die Spezifikationen der abZ zu beachten. So müssen Leerrohre zum Beispiel mindestens 20 cm aus Wand oder Decke herausragen und rauchdicht verschlossen werden.

Fazit

Es ist jedem Menschen zu wünschen, nie die Wirksamkeit brandgeprüfter Installationen im Ernstfall erleben zu müssen. Um dann aber sicher zu sein, beachten Installateure die Spezifikationen der abZ und abP, auch Verwendbarkeitsnachweise genannt. Bei Sonderfällen wie Ziegelelement-, Porenbeton-, Hohlkammer-, Kappen- oder Holzbalken­decken am besten mit dem vom Architekten oder Bauherren beauftragten Brandschutzsachverständigen abstimmen. Denn eine Lösung ist immer vom Einzelfall abhängig. Dabei beraten auch die Hersteller zum fachgerechten Einbau der passenden Befestigungs- und Abschottungslösung im jeweiligen Einzelfall. Im Detail sind die Montageanleitungen der Hersteller zu beachten.

INFO

Eine Allgemeine bauliche Zulassung (abZ) des Brandschutzprodukts wird benötigt bei Elektroleitungen oder brennbaren Rohren (§ 18 MBO).

Ein Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) des Brandschutzprodukts wird benötigt zur Abschottung nicht brennbarer Rohre aus Kupfer, Stahl, Edelstahl oder Guss (§ 19 MBO).

Autor

Ulrich Resch ist Sachverständiger für gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS), Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz (EIPOS) und Meister SHK. Bei der Walraven GmbH ist er zuständig für Anwendungstechnik und Projekt­management, 95447 Bayreuth, Telefon (09 21) 75 60-0, Mail: ulrich.resch @walraven.de, https://www.walraven.com/nl/