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Brandschutz in der Gebäudetechnik

Eine heiße Sache

Inhalt

Das Brandschutzkonzept ist die Basis für die Auswahl geeigneter Brandschutzsysteme an Rohrleitungen der technischen Gebäudeausrüstung. Es wird in der Regel von einem Architekten oder Fachingenieur ausgearbeitet. In diesem Konzept sollten die einzelnen Brandabschnitte und die geforderte Feuerwiderstandsdauer für jedes Bauteil definiert sein. Diese Details ergeben sich, wie in Teil 1 dieser dreiteiligen Artikelserie beschrieben, aus der Einordnung eines zu planenden Gebäudes in die entsprechende Gebäudeklasse nach der Musterbauordnung (MBO). Ein durchgängiges Brandschutzkonzept bezieht neben den Baukonstruktionen auch Installationen wie Ver- und Entsorgungsleitungen der technischen Gebäudeausrüstung ein. Denn Rohrleitungen und ihre Durchführungen durch Decken und Wände sind, unsachgemäß ausgeführt, brandschutztechnische Schwachstellen. Im Durchführungsbereich können sich Brände von einem Brandabschnitt in den nächsten ausbreiten. Die richtige Rohrabschottung sowie eine fachgerechte Planung und Ausführung sind deshalb entscheidend.

Regelwerke zum Brandschutz an haustechnischen Leitungen

Die Einbaumöglichkeiten von Rohrabschottungen sowie Randbedingungen, die dabei eingehalten werden müssen, sind durch Regelwerke und Verwendbarkeitsnachweise vorgegeben – abgestimmt auf verschiedenste Einsatzzwecke. Für Sanitär-, Heizungs- und Druckluftleitungen aus brennbaren Baustoffen wie Kunststoff und nichtbrennbaren Baustoffen wie Gusseisen, Stahl und Kupfer finden sich diese Vorschriften unter anderem in der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) wieder. Regeln zur brandschutztechnischen Ausrüstung von Lüftungsleitungen sind in der Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR) beschrieben. Grundsätzlich müssen Rohrabschottungen die gleiche Feuerwiderstandsdauer nachweisen wie die Bauteile, die von haustechnischen Leitungen durchdrungen werden. Für Rohrdurchführungen in Sondergebäuden mit hohen brandschutz- und sicherheitstechnischen Anforderungen schreibt die MBO umfangreichere und explizite Brandschutzmaßnahmen vor.

Um die Wirksamkeit der Abschottungen für Rohrleitungen im Zusammenhang mit brandschutzklassifizierten Bauteilen nachzuweisen, müssen in der Regel normgerechte Brandprüfungen durchgeführt werden. Bestätigt wird die Verwendbarkeit mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (ABZ) oder einem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis (ABP) – die Abschottung erhält dann eine entsprechende R-Klassifizierung. Die ABP und ABZ, die sich je auf ein spezielles Produkt beziehen, werden durch Materialprüfungsanstalten oder vom Deutschen Institut für Bautechnik (DiBt) ausgestellt. Sie liefern Planern und Installateuren den Nachweis der Vorschriftenkonformität des Produkts sowie detaillierte Hinweise und Vorgaben zu den Einsatzzwecken der Rohrabschottungen, genauso wie zu deren Einbau. Zur Verfügung gestellt werden diese Verwendbarkeitsnachweise von den Herstellern der Brandschutzsysteme. Neben den R-klassifizierten Abschottungen können auch sogenannte Erleichterungslösungen nach MLAR, Abschnitt 4.2 und 4.3, angewendet werden.

Fokus: Rohrabschottungen

Grundvoraussetzung einer wirkungsvollen Rohrabschottung für nichtbrennbare Rohrleitungen ist es, dass sie die Wärmeübertragung über das Rohr in den nächsten Brandabschnitt begrenzt. So verhindert sie die Gefahr eines Sekundärbrandes. Gleichzeitig ist es notwendig, die Längenausdehnung des Rohres im Fall einer Überhitzung zu ermöglichen. Anderenfalls könnten die Kräfte, die sich dabei entwickeln, den verspachtelten oder vergossenen Ringspalt zwischen Rohrabschottung und Bauteil beschädigen und so eine Brand- oder Rauchübertragung zulassen. Rohrabschottungen für nichtbrennbare Rohrleitungen wie die geprüften Missel-Brandschutz-Dämm-Manschetten MSA4-R90 oder BSM-R90 bestehen deshalb aus ­einem hitzebeständigen, nicht brennbaren Spezialvlies der Baustoffklasse A1. Die innenliegende Gleitfolie sorgt für eine Verschiebbarkeit der Manschetten entlang der Rohrachse. Damit kann das Brandschutzsystem nach den Vorgaben der ABP und ABZ einfach und richtig im Bauteil positioniert werden. Gleichzeitig ermöglicht die Gleitfolie, dass sich das Rohr bei einer hitzebedingten Längen­ausdehnung im Brandfall in der Brandschutz-Dämm-Manschette verschieben kann. Ein reißfestes Gittergewebe auf der Außenseite der Rohrabschottung schützt vor Beschädigungen und sichert so die Funktion der Dämmung. Neben einem sicheren Brandschutz werden durch den Aufbau aller Missel-Brandschutz-Produkte auch die Anforderungen an den Schall- und Wärmeschutz erfüllt. Klettverschlüsse an den Brandschutz-Dämm-Manschetten ermöglichen eine Montage ohne Hilfsmittel.

Rohrleitungen wie Abwasserrohre aus Kunststoff brennen im Brandfall ab. Feuer und Rauch können durch die frei werdende Öffnung ungehindert auf den angrenzenden Brandabschnitt übergreifen. In solchen Brandsituationen verschließen Rohrabschottungen für brennbare Rohrleitungen, wie die Brandschutz-Dämm-Manschette BSM-KR, durch ein spezielles Blähmaterial das entstehende Loch in Decke oder Wand und verhindern damit die Übertragung von Feuer und Rauch in den angrenzenden Brandabschnitt. Wie alle Rohrabschottungen von Missel wirkt auch die BSM-KR zusätzlich körperschallentkoppelnd und verfügt über eine reißfeste Gittergewebeoberfläche zum Schutz vor Beschädigungen.

Systemgeprüfte Abschottungen

Brandschutz-Dämm-Manschetten mit R-Klas­sifizierung für Sanitär- und Heizungsleitungen werden besonders häufig in Gebäuden mit hohen brandschutz- und sicherheitstechnischen Anforderungen benötigt – wenn Rohrleitungen durch klassifizierte Wände und Decken geführt werden müssen. Beispielsweise ist dies bei großen Mehrfamilienhäusern, Krankenhäusern, Seniorenresidenzen, Hochhäusern, öffentlichen Gebäuden und Flughafengebäuden notwendig. Einzelheiten dazu finden sich in der MBO, den Bauordnungen der Bundesländer (LBO) sowie Sonderbauordnungen. R90-klassifizierte Manschetten können selbstverständlich auch in allen Bauteilen mit geringeren Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer eingebaut werden.

Die Verwendbarkeitsnachweise von R90-Manschetten enthalten Angaben zum Material der Rohre, den Rohrdurchmessern und den Bauteildicken, für die sie geeignet sind. Darüber hinaus finden sich darin Hinweise zu den erforderlichen Baulängen der Rohrabschottungen sowie zu den Mindestabständen zwischen mehreren Abschottungen. Im ABP der Missel-Brandschutz-Dämm-Manschetten BSM-R90 zur Abschottung von Heizungs-, Trinkwasser-, Abwasser- und Gasleitungen ist beispielsweise dokumentiert, dass zu Abschottungen des gleichen Fabrikats oder dem Missel-Produkt MSA4-R90 kein Abstand eingehalten werden muss. Die Rohrleitungen dürfen dabei aus Gusseisen (bis 160 mm Durchmesser), Stahl (bis 139 mm Durchmesser) und Kupfer (bis 76 mm Durchmesser) bestehen. Um die F90-Anforderung entsprechend ABP zu erfüllen, müssen Massivwände, durch die Leitungen geführt werden, mindestens 100mm dick sein; Massivdecken mindestens 150 mm. Auch der Abstand zu Abschottungen anderer Hersteller ist in den Verwendbarkeitsnachweisen der Produkte definiert. Fehlen die Angaben zu den Mindestabständen in den ABP oder ABZ, ist ein Abstand gemäß MLAR von mindestens 50 mm einzuhalten. Verbleibende Öffnungen in klassifizierten Bauteilen müssen nach der Montage der Rohrabschottungen mit nichtbrennbaren und formstabilen Baustoffen, wie etwa Beton, verschlossen werden.

Praxisfreundlich: die ­Erleichterungen der MLAR

Die MLAR erlaubt im Abschnitt 4.2 und 4.3 Erleichterungen für die Ausführung von ­Abschottungen. Erleichterte Rohrdurchführungen sind sogenannte Ersatzlösungen für klassifizierte Rohrdurchführungen, die in der Praxis zu gleichwertigen und ebenso sicheren Ergebnissen führen wie systemgeprüfte Rohrabschottungen. Angewendet werden können sie, wenn das Brandschutzkonzept keine ­systemgeprüften Rohrabschottungen vorschreibt. Entsprechend den Erleichterungen der MLAR müssen etwa F90-Wände mit einer mindestens 80 mm dicken, nichtbrennbaren Wandkonstruktion ausgeführt werden. In diesem Fall können für Rohrleitungen aus nichtbrennbaren Materialien bis 160mm und brennbare Rohrleitungen bis 32mm Außendurchmesser sogenannte Ersatzlösungen angewendet werden. Der verbleibende Spalt zwischen Rohrabschottung und Wand muss, wie auch bei klassifizierten Abschottungen, nach der Montage mit nichtbrennbaren Baustoffen vollständig ausgefüllt werden. Für Rohrdurchführungen nach den Erleichterungen der MLAR sind vorgegebene Mindestabstände zu angrenzenden Bauteilen oder ­anderen Abschottungen einzuhalten. Beispielsweise richtet sich der Mindestabstand zwischen nebeneinander liegenden Rohrleitungen im Durchführungsbereich nach dem Außendurchmesser des größeren Rohres.

Ein weiteres wichtiges Detail für die Anwendung der Erleichterungslösungen ist, dass eine eventuell benötigte weiterführende Dämmung zum Wärme- oder Schallschutz auf den ersten 500mm vor und nach der Durchführung speziellen Anforderungen entsprechen muss. Ersatzlösungen nach der MLAR gibt es auch für F30- und F60-Wände oder Decken, wenn die Bauteile, durch die Rohrleitungen geführt werden, eine bestimmte Mindeststärke nicht unterschreiten. Bei F30-Wänden etwa sind mindestens 60 mm vorgeschrieben.

Positiv auf die Kosten wirkt sich aus, dass solche Abschottungen weder eine Brandprüfung für einzelne Einbausituationen benötigen noch eine klassifizierte Zulassung nach ABP oder ABZ. Sie müssen aus nichtbrenn­baren Baustoffen bestehen und einen Schmelzpunkt über 1000 °C besitzen. Die Einhaltung dieser Anforderung ist vom Hersteller nachzuweisen. Missel bietet beispielsweise die Brandschutz-Dämm-Manschetten BSM-S, BSM-S 13, MSA4-BSM an. Diese sind mit einem Klettverschlusssystem und innenliegender Gleitfolie einfach zu montieren. Die geringe Dämmdicke der Manschetten von 4mm ermöglicht kleine Kernlochbohrungen.

Abschottungen richtig auswählen und einbauen

Die Entscheidung, welche Abschottung verwendet wird – R-klassifiziert oder Erleichterungslösung –, trägt in erster Linie die planende Kraft am Bau. Um diese Entscheidung treffen zu können, muss ganzheitlich gedacht werden. In der Regel hat der Fachplaner den Überblick über das Brandschutzkonzept und die notwendigen Maßnahmen für die Umsetzung. In Situationen, in denen die Planung auch durch die ausführenden Betriebe erfolgt, übernehmen diese die Entscheidung für das Abschottungssystem. Oft sind es der fehlende Platz im Bereich der Durchführungen sowie Unsicherheiten beim Thema Brandschutz, die dem Einsatz von Erleichterungslösungen im Weg stehen. Dabei haben diese nichts mit einer verminderten ­Qualität im Vergleich zu R-klassifizierten Rohrdurchführungen zu tun. Es sind lediglich die Einbaubedingungen, die beide voneinander unterscheiden.

Unabhängig davon, wer die Planung des technischen Brandschutzes übernimmt, alle an der Umsetzung Beteiligten haften im Falle eines Schadens. Deshalb ist es wichtig, dass untereinander Absprachen erfolgen und bei Unklarheiten gegebenenfalls auch der Planer des Brandschutzkonzeptes sowie der prüfende Fachingenieur einbezogen werden. So lassen sich Kosten in beträchtlicher Höhe vermeiden, die durch eventuelle Nacharbeiten entstehen können – und noch wichtiger, die Schutzziele der MBO werden erreicht.

Brandschutz bei Sanierung und Umbau

Bei Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen ist es häufig notwendig, Baukonstruktionen nachträglich zu ertüchtigen, um den technischen Brandschutz vorschriftsmäßig auszuführen – etwa wenn es sich um einen Altbau mit Geschosstrenndecken aus Holz handelt. Gleiches gilt, wenn Rohrleitungen wohnungsübergreifend in einen anderen Brandabschnitt führen, der nicht saniert wird. Können die Leitungen dabei nicht in ­einem sicheren Installationsschacht geführt werden, müssen die Bauteile, durch die haustechnische Leitungen gelegt werden sollen, brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Wenn beispielsweise Leitungen der technischen Gebäudeausrüstung durch klassifizierte Bauteile in eine nicht zu sanierende Wohnung laufen, ist es oft nicht möglich, die Abschottungen weit genug durch Wand oder Decke zu führen. Der Verbund aus Abschottung und Bauteil erfüllt in diesem Fall nicht die brandschutztechnischen Anforderungen, weil die wirksame Bauteildicke unterschritten wird. Ein möglicher Lösungsansatz ist, Wand oder Decke im Bereich der Durchführung auf die vorgeschriebene Bauteildicke zu verstärken. Das sorgt dafür, dass die Abschottungen in der wirksamen Länge eingebaut werden können. Der Brandschutz zur nebenan- oder darüberliegenden Wohnung ist damit gewährleistet.

Einzelzulassung: wenn Standards nicht greifen

In der Praxis können Einbausituationen auftreten, die sich weder in Regelwerken wie MBO, MLAR, M-LüAR noch in den ABP oder ABZ wiederfinden. Dann sind Einzelfall-Lösungen gefragt. Als erstes muss der für den Brandschutz verantwortliche Architekt oder Fachingenieur entscheiden, ob eine sichere Brandschutzlösung durch eine unwesentliche oder gar eine wesentliche Abweichung von den Verwendbarkeitsnachweisen erreicht werden kann. Unwesentliche Abweichungen können laut Bauordnung durch ­sogenannte Kompensationsmaßnahmen gelöst werden und erfordern keine Zustimmung der obersten Bauaufsichtsbehörde. Ein Beispiel dazu aus der Praxis: Das ABZ schreibt für bestimmte Rohrleitungen einen Mindestabstand von 20 mm bei einer Deckendicke von 150 mm vor. Die Leitungen können aber nur mit einem Abstand von 10mm durch eine 220mm dicke Decke geführt werden. In diesem Fall kompensiert die größere Deckendicke die Gefahren, die sich aus dem geringeren Abstand der Rohrleitungen ergeben. Die Schutzziele werden wirkungsvoll erreicht.

Bei wesentlichen Abweichungen muss der brandschutzbeauftragte Architekt oder Fachingenieur zwingend eine entsprechende Zustimmung im Einzelfall von der obersten Baubehörde einholen. Das kann erforderlich sein, wenn Rohre mit unzulässigen Durchmessern oder aus nicht geprüften Materialien bei der Führung durch klassifizierte Bauteile eine ­sichere Abschottung nicht zulassen.

Europäische und deutsche ­Zulassung

Europa wächst zusammen. So sollen auch die Regelungen zur Prüfung und Ausführung des Brandschutzes an Rohrleitungen der technischen Gebäudeausrüstung europaweit harmonisiert werden. Entsprechende Prüfverfahren und die dazugehörigen Zulassungen, sogenannte European Technical Approval (ETA), kommen heute schon in einigen europäischen Ländern zur Anwendung. Im Bereich der Rohrabschottungen gelten jedoch für den deutschen Markt weiterhin die deutschen Verwendbarkeitsnachweise in Form von ABZ oder ABP. Die europäische Norm ist hierzulande bisher für Rohrabschottungen baurechtlich nicht eingeführt. Rohrabschottungen mit einer gültigen ETA sind deshalb in Deutschland momentan nicht zulässig; Hersteller müssen die Verwendbarkeit über eine ABZ nachweisen lassen oder der Verarbeiter muss eine Zustimmung im Einzelfall bei der obersten Baubehörde beantragen.

Resümee und Ausblick

Das Thema des technischen Brandschutzes bei Rohrleitungen ist sicher komplex. Doch Regelwerke und Fachveröffentlichungen zeigen Planern und Installateuren ganz konkrete Einbausituationen und geben klare Hinweise zur sachgemäßen Montage. Bei darüber hinausreichenden Fragen sind die technischen Hotlines der Hersteller von Brandschutzsystemen eine große Hilfe.

Was bei Brandschutzmaßnahmen und Rohrabschottungen in Schächten zu beachten ist, lesen Sie im dritten Teil der Artikelserie in der nächsten SBZ. Darin klären wir auch, wie der Brandschutz an Rohrleitungen in Holzbalkendecken, leichten Trennwänden, Treppenräumen und Systemböden sicher umgesetzt wird.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Daniel Graba ist Leiter Forschung und Entwicklung der Kolektor Missel Insulations GmbH in 70736 Fellbach, Telefon (07 11) 53 08-0, http://www.missel.com