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4. Deutscher Stirling-Kongress

Der Stirling startet langsam

Inhalt

Nach jahrzehntelanger Entwicklungs­arbeit, vielen Rückschlägen aufgrund konstruktiver, materialtechnischer und fertigungstechnischer Probleme hat zumindest in der 1-kWel-Klasse die Serienproduktion der Stirling-Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungs-Geräte begonnen. Als Vorteile gegenüber den KWK-Geräten mit Verbrennungsmotor vom Typ Dachs, Honda oder Ecopower gelten der geringe Wartungsaufwand durch den Wegfall der Ölschmierung, das gute Teillastverhalten, die niedrigen Emissionswerte und die längere Lebensdauer des Motors. Nachteil ist der gegenüber Geräten mit Verbrennungsmotor und Brennstoffzelle geringere elektrische Wirkungsgrad.

In seinem Einführungsvortrag wies der Moderator des 4. Deutschen Stirling-Kongresses 2012 in Stuttgart, Prof. Dr.-Ing. Bernd Thomas vom Reutlinger Research Institut (RRI), Hochschule Reutlingen, auf das Funktionsprinzip des Stirlingmotors sowie dessen Vor- und Nachteile hin. Zu den Nachteilen zählte er auch das träge Lastwechselverhalten, die hohen Investitionskosten sowie die hohen Anforderungen an die Auslegung und Ausführung. So sei der Gesamtwirkungsgrad (elektrisch und thermisch) von Stirling-Mikro-KWK-Geräten direkt von der Rücklauftemperatur des Heizsystems abhängig. Beim Vergleich des Gesamtwirkungsgrades liege sowohl das Whispergen-Gerät als auch das Cleanergy-Gerät (vormals Solo) an der Spitze, wobei der Wirkungsgrad des Cleanergy-Gerätes mit steigender Rücklauftemperatur stärker abfalle als der anderer Fabrikate. Bei den elektrischen Wirkungsgraden komme das Whispergen-Gerät auf rund 10 %, das Cleanergy-Gerät auf 23 bis 27 % und schneide damit sogar besser ab als das Ecopower-Gerät (Ottomotor) von Vaillant.

Die Ursachen für die großen Unterschiede zwischen den Stirling-KWK-Geräten liegen, so Prof. Thomas, bei der Vorwärmung der Verbrennungsluft. So könne der elektrische Wirkungsgrad von Stirling-Heizgeräten seinen Berechnungen zufolge durch Luftvorwärmung theoretisch von 15 auf 23,4 % gesteigert werden. Allerdings sei der Aufwand relativ hoch, so dass sich das Verfahren nur bei Geräten mit höheren Leistungen lohnt.

Viessmann: Höhere Laufzeiten durch lernfähige Regelung

So gut wie alle Anbieter von Mikro-KWKGeräten auf der Basis des Stirlingmotors propagieren den Einbau ihrer Geräte in Ein- und Zweifamilienhäusern. Aus der Energiewirtschaft kommt verhaltene Kritik an der Werbestrategie der Hersteller, denn die Geräte seien für diese Zielgruppe viel zu groß. So liegt die durchschnittliche elektrische Grundlast eines Einfamilienhauses gerade mal bei 300W, die elektrische Leistung des Stirling-Hauskraftwerkes aber bei 1kW. Bei konventioneller Betriebsweise erreichen Stirlingmotor-KWK-Geräte kaum die notwendige Laufzeit von 3500 Stunden pro Jahr, die als Grenzwert für die Wirtschaftlichkeit gilt.

Viessmann hat deshalb auf der Basis seiner Feldtest-Erfahrungen ein Lade- und Regelungskonzept entwickelt, das die Laufzeit des Vitotwin-300-W-Gerätes von durchschnittlich 3500 Stunden auf rund 5500 Stunden erhöht. Erreicht wird die Laufzeitverlängerung durch die Modulation des Stirlingbrenners auf bis zu 30 % in Abhängigkeit des Ladezustands des Pufferspeichers. Außerdem werde der tägliche Wärmebedarf des Gebäudes über eine systemoptimierte Regelung erfasst und damit die Laufzeiten und die Ladestrategie für den folgenden Tag vorbestimmt, erklärt Stefan Eitzenhöfer von Viessmann. Wichtig sei eine ausreichend hohe Speicherkapazität, damit möglichst viel Wärme aus dem Betrieb des Stirlingmotors genutzt werden kann und der eingebaute Zusatzbrenner möglichst wenig einschaltet. Eine höhere Wirtschaftlichkeit werde erreicht, wenn das Vitotwin-Gerät die Grundlast in größeren Gebäuden übernehme. Eitzenhöfer: „Bei Viessmann häufen sich die Anfragen, in wieweit unser Gerät die Grundlastversorgung übernehmen kann.“

Im Hinblick auf die BAFA-Förderung – seit 1. April 2012 liegt der Fördersatz für KWK-Anlagen mit 1kWel bei 1500 Euro – hat Viessmann „förderrelevante Messtechnik“ in das Gerät integriert, das heißt, Strom-, Gas- und Wärmeverbrauch und damit auch die Geräteenergieeffizienz können direkt im Gerät ­abgelesen bzw. abgerufen werden. Im Vorfeld möglicher Smart-Grid-Funktionen habe Viessmann bereits Vorkehrungen getroffen, das Stirlinggerät auf Anforderung stromgeführt zu betreiben. Auch könne der Nutzer das Gerät bei einem abzusehenden höheren Eigenstrombedarf durch Haushaltsgeräte manuell zuschalten. Offen blieb, wie schnell das Stirling-Heizgerät nach dem Einschalten die volle elektrische Leistung erreicht.

Aus Sicht von Eitzenhöfer hat das Stirlingmotor-Heizgerät gute Chancen, sich im künftigen Wettbewerb in der Mikro-KWK-Geräteklasse sowohl gegen den Verbrennungsmotor als auch gegen die Brennstoffzelle zu behaupten. „Das Teillastverhalten des Stirlingmotors ist gut und der Gesamtwirkungsgrad des Gerätes ist höher als bei solchen mit Verbrennungsmotor und Brennstoffzelle. Außerdem sind die Wartungskosten beim Stirling niedriger“, betont Eitzenhöfer. Mittelfristig sehe er bei den Stirling-Geräten noch Entwicklungspotenzial beim elektrischen Wirkungsgrad, zum Beispiel durch Luftvorwärmung.

Remeha: Stirling-Gerät besser als Grundlastkessel einsetzen

DeDietrich Remeha positioniert sein Mikro-KWK-Gerät Evita primär als Ersatz für Heizkessel in energetisch nicht sanierten Ein- und Zweifamilienhäusern, bekommt jedoch verstärkt Anfragen, ob das Gerät auch für den Dauerbetrieb zur Grundlastversorgung in größeren Gebäuden geeignet sei, berichtet Jürgen Jahn, DeDietrich Remeha, Emsdetten. Aktuell gehe rund 95 % des Geräteabsatzes in die Modernisierung. Mit 85 % sei das Einfamilienhaus noch der entscheidende Absatzmarkt. Der Rest gehe in Zwei- bis Sechsfamilienhäuser, davon ein Teil über Contracting. Remeha verkaufte bisher 550 Geräte und strebt für das Jahr 2012 die Produktion von 1000 Geräten an. Jahn: „Derzeit übersteigt die Nachfrage unsere Produktion.“ Um die Installation zu vereinfachen und das verschleißfördernde Takten zu unterbinden bietet Remeha fünf Systempakete an, darunter eines mit Kombispeicher (Trinkwasser­erwärmer und Pufferspeicher) sowie eines mit Systempufferspeicher zur Systemtrennung (für Mehrfamilienhäuser). „Ein Pufferspeicher war beim Evita-Gerät zunächst nicht zwingend vorgeschrieben“, räumt Jürgen Jahn ein. „Ursprünglich sei davon ausgegangen worden, dass die Modulation des Stirlingmotor-Brenners zur Leistungsanpassung an die Heizungsanlage für einen störungsfreien Betrieb ausreiche. Die Praxis hätte aber gezeigt, dass ein Pufferspeicher zu längeren Betriebszeiten führt und damit das unerwünschte, weil verschleißfördernde Takten reduziert.

Für Installateure nicht unwichtig ist der Hinweis auf das Geräuschproblem. So soll das Stirling-Heizgerät – Geräuschpegel 46dB(A) in 1m Abstand – nicht unmittelbar an einer Wand zum Schlafzimmer befestigt werden. „Das Schallproblem war für den Hersteller eine Herausforderung“, gibt Jahn freimütig zu. Deshalb ist der Stirlingmotor komplett in Federn gelagert.

Remeha bietet das Paket Evita-Gerät mit 400-Liter-Pufferspeicher zum Listenpreis von 11950 Euro an; die aktuellen Handwerker­angebote lägen bei 17000 bis 19000 Euro. Für die jährliche Pflichtwartung werden etwa 250 Euro veranschlagt. Remeha gibt die Lebensdauer des Motors mit etwa 40000 Stunden an; im Vergleich dazu geht Viessmann bei seinem Stirling-Gerät von 50000 Stunden aus. Wird das Stirlingmotor-Gerät zur Abdeckung der Grundlast eines Mehrfamilienhauses eingesetzt, wäre bei 8000 Betriebsstunden pro Jahr nach fünf Jahren ein Motoraustausch notwendig. Über dessen voraussichtliche Kosten wurden keine Angaben gemacht, nur so viel: Die Produktionskosten für den Stirlingmotor sollen – je nach den erreichbaren Stückzahlen – zwischen 2000 und 3000 Euro liegen.

Senertec: Weiterhin ein sanfter Markteintritt

Wie bereitet ein Unternehmen aus dem Mikro-KWK-Bereich den Markteintritt für ein Stirlingmotor-Heizgerät vor, das europaweit rund 28000 Mikro-KWK-Anlagen vom Typ Dachs verkauft hat? Zitat: „Ganz sanft, mit 200 Anlagen in diesem Jahr und dann jedes Jahr ein bisschen mehr.“ Jochen Senft vom Dachs-Hersteller Senertec in Schweinfurt empfiehlt, den Markt für die Kleinst-KWK-Geräte vom Typ Stirling behutsam aufzubereiten, um Imageschäden durch falsche Planung und mangelhafte Installationen von vornherein zu vermeiden. Das gelte insbesondere für die Dimensionierung und Einbindung eines Pufferspeichers. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass so ein System ohne Pufferspeicher nicht funktioniert.“ Mehr noch: Den Stirling Dachs gibt es nicht als Wandgerät, sondern nur als Komplettsystem mit Befestigung und Einhausung am Pufferspeicher – auch ein dezenter Hinweis auf das offensichtlich ernstzunehmende Schallproblem. Senertec gibt die Schallemission nach DIN 45635-01 mit 45dB(A) an, das entspricht in etwa der Lautstärke eines Kühlschrankes. Im Gegensatz zum Wettbewerb verwendet Senertec nicht die vom Hersteller des Stirlingmotors mitgelieferte Regelung, sondern die des Dachs-Gerätes. Die Regelstrategie sei so konzipiert, dass dem Brenner des Stirlingmotors bei der Wärmeversorgung so lange Priorität eingeräumt wird, bis auf der Heizseite eine Unterversorgung eintritt. Erst nach Ablauf eines Zeitgliedes geht der Zusatzbrenner in Betrieb. Mit diesem Trick könnten die Laufzeiten des Stirlingmotors erheblich verlängert werden. Im Gegensatz zu Viessmann verzichtet Senertec auf eine modulierende Fahrweise. Senft: „Die Modulation des Stirlingmotors hat sich aus unserer Sicht als nicht vorteilhaft erwiesen.“

Als Beweis für die Richtigkeit dieser Regelstrategie präsentierte Senft die Ergebnisse ­eines Feldtests in einem Einfamilienhaus, Baujahr 1995, mit einem Heizwärmebedarf von 28000kWh/a, einem Gasverbrauch von 35000kWh/a und einem Stromverbrauch von 7500kWh/a. Durch die Optimierung von Speicherladestrategie und Regellogik habe der Stirlingmotor rund 88 % (4392 Brennerstunden bei 1697 Brennerstarts) der Heizarbeit geleistet, der Spitzenlastbrenner nur 12 % (179 Brennerstunden, 367 Starts). Der Strombezug reduzierte sich um 33 %.

Bei der Zertifizierung geht Senertec ähnliche Wege wie der Wettbewerb: Ohne Dachs-Stirling-Training kein Marktpartnervertrag und damit auch kein Stirling-Gerät. Auch die jährlichen Wartungsarbeiten werden dezidiert vorgegeben. Für das dritte bis fünfte Betriebsjahr oder bis zu 20000 kWh Stromproduktion bietet Senertec ein Sicherheitspaket für derzeit 490 Euro an, das wichtige teure Bauteile wie den Stirlingmotor mit abdeckt, jedoch keine typischen Verschleißteile. Fragen zur Wirtschaftlichkeit des Stirling-Gerätes wurden eher ausweichend beantwortet. Je nach Gebäude seien 400 bis 800 Euro Energiekosteneinsparung möglich. Eine Gelddruckmaschine dürfe man nicht erwarten. „Kunden wollen so eine Anlage, unabhängig von der Wirtschaftlichkeit“, sagte Senft. Bei der heutigen Senertec-Kundschaft dominiere bei der Kaufentscheidung eher das Bauchgefühl.

Whispergen: Fertigungskapazität für 30000 Geräte pro Jahr

Wer bisher das Stirling-Mikro-KWK-Gerät als Nischenprodukt eingeschätzt hatte – Stichwort sanfter Markteintritt – bekommt spätestens bei den von Alexander Zimmermann, EHE (Efficiency Home Energy s.L.), Tolosa, Spanien, genannten Zahlen und Fakten einen ganz anderen Eindruck. Der Markt sei bereits in Bewegung. EHE verfüge über Fertigungsgebäude mit 2700 m2 Produktions- und Lagerfläche und es sei eine Verdoppelung der Fläche geplant, womit eine Fertigungskapazität von 30000 Geräten/Jahr zur Verfügung stehe. Aufgrund von Langzeittests über 100000 Stunden sei inzwischen eine Gerätelebensdauer von zehn Jahren nachgewiesen, so Zimmermann. EHE ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Whispertech Limited, Neuseeland, und Mondragon Cooperative Corporation (MCC) im gleichnamigen Ort im spanischen Baskenland. Hinter MCC verbirgt sich die siebtgrößte Industriegruppe Spaniens mit mehr als 100 eigenständigen Unternehmen.

In Deutschland wird das Whispergen-Gerät (1 kW elektrisch, 8kW thermisch, 30 kW thermische Spitzenlast) mit einem speziell für das Mikro-KWK-Gerät entwickelten Pufferspeicher angeboten. Dadurch könne die Wärme- und Stromerzeugung entkoppelt, gleichzeitig der Eigenverbrauch an Strom optimiert oder das Gerät in ein virtuelles Kraftwerk eingebunden werden. Die Daten aus 1000 installierten Whispergen-Geräten ergeben folgende Durchschnittswerte:

  • 2700 Betriebsstunden des Stirlingmotors pro Jahr
  • Drei Stunden durchschnittliche Laufzeit pro Start
  • Laufzeitverhältnis Stirlingmotor zu Zusatzbrenner 80:20
  • Geeignet für Objekte mit einem Jahreswärmebedarf von 33000 bis 35000 kWh
  • Thermische Spitzenlasten bis 7 kW schafft der Stirlingbrenner allein, mit Pufferspeicher 10 kW über die Dauer von bis zu zwei Stunden und 20 kW mit Pufferspeicher und Zusatzbrenner über die Dauer von bis zu zwei Stunden.

Durch den Verzicht auf Nachtabsenkung könne in vielen Fällen die Spitzenlast am Morgen verhindert und damit die Laufzeit des Stirlingmotors (ohne Zusatzbrenner) verlängert werden. Entwicklungspotenzial sieht Zimmermann bei der Verbesserung der elektrischen Effizienz, der Weiterentwicklung der Regelung sowie der Erweiterung der Systempalette mit speziell ausgewählten Pufferspeichern.

Stirling DK: Dezentrale Anlagen mit bis zu 300kWel

Stirlingmotoren gelten als energetische Allesfresser, zumindest wenn der Brennstoff gasförmig ist. Die Direktbefeuerung mit festen Bio-Brennstoffen hat sich weniger bewährt. Die Veraschung der Wärmeübertrager bei direkter Verbrennung führte in der Vergangenheit zu hohen Wartungskosten, die Effizienz ging nach unten und Ausfälle häuften sich. Stirling DK, Lynby/Dänemark, entschied sich als Hersteller von Stirlinganlagen bis 300 kWel deshalb, die Direktverbrennung von Bio-Brennstoffen zugunsten einer abgestimmten Kombination von Stirlingmotor mit einem Gegenstrom-Vergaser zu ersetzen sowie nur noch Komplett- oder OEM-Anlagen zu liefern. Damit hat das Unternehmen nicht nur das Emissions- und Reinigungsproblem im Griff, sondern auch die ­Arbeitsgastemperatur. Bei Anlagen mit direkter Verbrennung waren die Wärmeübertrager nach 300 Stunden total verascht, bei Anlagen mit Gegenstromvergaser sind die Wärmeübertrager des Stirlingmotors auch nach 4000 Betriebsstunden noch sauber. Ein Beispiel aus der Praxis: Bei einer Hackschnitzel-Anlage mit Gegenstromvergasung – geplante Feuerungsleistung 200 kW – wurden bei einer tatsächlichen Leistung der Gegenstrom-Vergaser-Feuerung von 225 kW eine ausgekoppelte Wärmeleistung von 165 kW und eine elektrische Leistung von 35 kW bei einem elektrischen Wirkungsgrad von 15,5 % gemessen. Die Staubemission der Anlage lag bei 3, CO- und NOX-Emission bei je 3. Aktuell sind 16 solcher Anlagen in Betrieb mit elektrischen Leistungen von 35, 70 und 140 kW. Durch den modularen Aufbau können elektrische Leistungen von bis zu 300 kW erzeugt werden. Die Anlagen befinden sich in England, Dänemark, Ita­lien und Deutschland. Auch Stirling DK verfolgt eine langsame Markteinführung, um Erfahrungen aus den laufenden Anlagen in die neuen Projekte einfließen zu lassen.

Cleanergy: Solo-Stirling weiterentwickelt

Der Vortrag von Andreas Baumüller von der Cleanergy AB, Göteborg/Schweden, machte klar, dass es sich bei den Stirlingmotor-KWK-Geräten um keine Zwischenprodukte bis zur Marktreife von Brennstoffzellen-Heizgeräten handelt, sondern um eine eigenständige Technologie mit hohem Innovationspotenzial. Bei der Cleanergy-Geräteserie handelt es sich um die Weiterentwicklung des bekannten Solo-Stirlingmotors, der auf der Grundlage einer schwedischen Entwicklung aus den 1970er- Jahren ab 2003 von der Solo Kleinmotoren GmbH, Sindelfingen, bzw. von der Solo Stirling Motor, Sindelfingen, in einer Kleinserie (150 Maschinen) gebaut wurde, darunter auch eine Variante als Kältemaschine. Trotz exzellenter Leistungs- und Emissionswerte – die Maschinen entsprachen schon damals den Anforderungen des „Blauen Engels“ – und mehr als 2 Millionen Betriebsstunden, scheiterte Solo an Material- und Fertigungsproblemen und damit an der Vermarktung des Stirling-Aggregates. Nach einem weiteren (erfolglosen) Anlauf der schweizerischen Investorengruppe Swiss Stirling Systems AG kaufte 2008 die Cleanergy AB die Rechte an der Entwicklung und fokussierte den Neustart auf eine kosteneffiziente Produktion und höhere Stückzahlen. Aktuell wird ein Stirlingmotor-Gerät mit 9 kWel für Brenngase und ein Stirlingmotor-Aggregat für konzentrierende Solaranlagen mit 10 kWel angeboten. ­Eine Besonderheit im Produktportfolio von Cleanergy ist ein Off-Grid-Stromaggregat auf der Basis von Erdgas für die Versorgung von Infrastruktureinrichtungen entlang den russischen Ferngasleitungen. Derzeit wird pro Tag ein Stirlingmotor-Aggregat gefertigt; die Kapazität des Werkes liegt in der jetzigen Ausbaustufe bei 1000 Geräten pro Jahr.

Der entscheidende Unterschied des Clean­ergy-Stirlingmotor-Aggregates zu den Geräten des Wettbewerbs ist die Fähigkeit zur Modulation der elektrischen Leistung zwischen 2 und 9kW mit entsprechenden variablen Wärmeleistungen zwischen 8 und 25 kW. Anders als bei den Kleinst-Stirlinggeräten kann die Leistungsanpassung im Minutenbereich erfolgen. Der elektrische Wirkungsgrad der Maschine liegt durch die integrierte Luftvorwärmung bei 24,5 %, bezogen auf eine Vorlauftemperatur von 50°C. Das Stirling-Modul für konzentrierenden Solarbetrieb leistet bei einer Konzentratorfläche von 40 bis 55 m2 und einer Konzentration von 500 bis 1000 kW/m2 2 bis 10 kWel. Wie es heißt, sind die ersten Tests mit einem chinesischen Solar-Konzentrator-Anbieter erfolgreich verlaufen. In Deutschland werden die Cleanergy-Stirlingmotor-Aggregate von der Sanevo Home Energy GmbH & Co. KG, Offenbach, angeboten, die auch die Geräte von Whispergen und Bluegen (Brennstoffzellen-Heizgerät) im Programm führt.

Fazit

Stirlingmotor-Heizgeräte entwickeln sich als eine eigenständige Alternative zu den Mikro-KWK-Geräten mit Verbrennungsmotor oder Brennstoffzellen. Bei den Kleinstgeräten mit 1 kWel und 6 bis 8 kWth hängt die Wirtschaftlichkeit in erster Linie von der Größe des Pufferspeichers, vom Speichermanagement und von der an die Charakteristik des Stirling­motors angepassten Regelungsstrategie ab. Die jetzt vorliegenden Erfahrungen deuten darauf hin, dass sich die Kleinstgeräte weniger für Einfamilienhäuser eignen, sondern eher für die Grundlastversorgung in Mehrfamilienhäuser und kleinen Gewerbebetrieben. Ein Hochkaräter unter den Stirlingmotor-Heizgeräten ist mit Sicherheit der Solo-Stirling, der jetzt von der schwedischen Cleanergy produziert wird. Wie keine andere Mikro-KWK-Bauart lässt sich dieses Gerät beliebig in der Leistungsabgabe variieren, das heißt, das Gerät kann sowohl strom- als auch wärmegeführt dem jeweiligen Bedarf angepasst werden. Das Gerät verdeutlicht durch seinen vergleichsweise hohen elektrischen Wirkungsgrad von 24,5 % auch das enorme Entwicklungspotenzial, das in dieser Motorbauart steckt.

Info

Ohne Zertifikat kein Verkauf

Größte Schwachstelle bei der Markteinführung der Stirling-Geräte ist deren Auslegung durch den Heizungsfachmann und damit die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit. Auch wenn diese Äußerung von den Geräteherstellern so nicht gefallen ist, widerspiegelt sie die Situation auf dem mit vielen Hoffnungen verknüpften Mikro-KWK-Markt. Viessmann hat dazu einen Filter vorgeschaltet: Ohne Zertifizierungsschulung gibt es für den Installateur keine Verkaufsfreigabe. Die Schulungskosten belaufen sich auf 400 Euro pro Teilnehmer und beinhalten:

Vorbereitung mit E-Learning

Ein Tag Schulung zum Thema Verkauf, Auslegung und Wirtschaftlichkeitsberechnung

Ein Tag Aftersales-Schulung mit Montage- und Service-Training

Erstinbetriebnahme zusammen mit dem Viessmann-Kundendienst.

Info

Stirling für die Hosentasche

Das vor knapp 200 Jahren durch den schottischen Geistlichen Robert Stirling erfundene Prinzip ist heute nicht nur in der Raumfahrt und beim Militär ein gängiges Prinzip zur ­Erzeugung von Strom, Wärme oder Kälte, auch bei Wärmebildkameras ist der Stirlingmotor als Kryo-Kühler ein unverzichtbares Standardprodukt. Er lässt sich extrem miniaturisieren und damit in hochpräzise arbeitende Geräte zur Stromgewinnung oder zur Kühlung einsetzen, zum Beispiel in Satelliten, Raumschiffen oder zum Antrieb einer Blutpumpe von Herzunterstützungssystemen. Die Firma AIM Infrarot-Module GmbH in Heilbronn baut auf dem Stirling-Prinzip Kryo-Kühler für Hochleistungs-Infrarotsensoren im Bereich von 0,4 bis 4 W Kälteleistung bei Temperaturen unter 120 K. Weltweit sind rund 400000 solcher Kleinkühler im Einsatz. Hinzu kommen sogenannte HTS-Module zur Kühlung von Hochtemperatur-Superleitsystemen sowie N2-Verflüssiger. Mehr Informa­tionen zu Kryo-Kühlern unter:

Autor

Wolfgang Schmid ist Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, 80751 München, wsm@tele2.de

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