Die Leipziger Messe blickt auf eine über 100-jährige Tradition zurück – und genauso lange ist Buderus als Aussteller vertreten. Als „Internationale Baufach-Ausstellung mit Sonderausstellungen Leipzig 1913“ (IBA) öffnete die damals weltweit größte Messe dieser Art ihre Pforten. Damit begann die Geschichte der heutigen Alten Messe. Insgesamt mehr als 3000 Aussteller nutzten die Gelegenheit, ihre Produkte der Öffentlichkeit vorzustellen, 4 Millionen Besucher wurden gezählt. Das 100-jährige Jubiläum wurde mit einer Sonderausgabe der Leipziger Blätter, Geländeführungen und einer Ausstellung sowie der Produktion eines Dokumentarfilms gewürdigt, der im ersten Halbjahr 2014 präsentiert werden soll.
Für Buderus war die IBA in Leipzig eine willkommene Gelegenheit, das Sortiment an Zentralheizungsprodukten einem breiten Publikum zu präsentieren – schließlich war das Unternehmen vor Ort bereits vertreten. Denn schon ein Jahr nachdem die Buderus’schen Eisenwerke in Wetzlar 1911 die Buderus’sche Werkshandelsgesellschaft gegründet hatten, eröffneten die Verantwortlichen eine Zweigniederlassung in Leipzig. Das Verkaufsprogramm bestand zuerst aus Zentralheizungsprodukten des Buderus-Werks in Lollar bei Gießen. 1861 hatte Buderus dort das Eisenwerk an der Main-Weser-Bahn übernommenen, 1895 war in Lollar die industrielle Serienproduktion von gusseisernen Kesselgliedern in Deutschland angelaufen. Das Gebiet der neuen Niederlassung Leipzig umfasste neben dem Königreich Sachsen auch die preußische Provinz Sachsen sowie Thüringen und den Landkreis Blankenburg am Harz.
Die IBA 1913 war eine einmalige Gelegenheit für Buderus
Buderus hatte der IBA 1913 mit ihrem Anspruch „Welt-Ausstellung für Bau- und Wohnwesen“ von Anfang an große Bedeutung beigemessen. Das wird nicht nur an dem repräsentativen Stand in der großen Maschinenhalle, sondern auch an der anspruchsvollen Produkt- und Unternehmensbroschüre deutlich. Die Graphische Kunstanstalt Dr. Trenkler & Co. in Leipzig-Stötteritz hatte die Broschüre entworfen.
Der pavillonartig gestaltete Stand von Buderus auf der IBA 1913 befand sich in der Maschinenhalle I. Die Halle in Eisenkonstruktion mit 5300m2 Grundfläche wurde in der Sonderausgabe des Anzeigers für Berg-, Hütten- und Maschinenwesen als „imposantes Schaustück“ bezeichnet. Buderus legte an dem Stand mit der Nummer 736 den Schwerpunkt auf Heizkessel. Gezeigt wurden der Lollar-Normalkessel und der Lollar-Kleinkessel jeweils als Niederdruckdampf- und als Warmwasser-Ausführung. Außerdem stellte Buderus den Lollar-Großkessel für größere Gebäude aus, der seit Herbst 1911 hergestellt wurde. Abgerundet wurde die Ausstellung durch einen Brikettkessel, der erst seit Anfang 1913 auf dem Markt war und als Niederdruckdampf-Brikettkessel sowie als Warmwasser-Brikettkessel lieferbar war. Für die Region Leipzig mit ihren großen Braunkohlevorkommen und der damals voll entwickelten Braunkohlenbrikettierung war der neue Lollar-Brikettkessel von Buderus das richtige Produkt zur richtigen Zeit. Gegen Ende der Ausstellung erhielt Buderus die „Goldene Medaille der Stadt Leipzig“.
Kleine Bauartikel-Ausstellung war die Initialzündung
Vorgänger der IBA war die kleine, aber sehr erfolgreiche Allgemeine Bauartikel-Ausstellung im Jahr 1909. Anlässlich der Hauptversammlung des Zentralverbandes Deutscher Zementwaren- und Kunststeinfabrikanten beschloss Richard Möckel, Begründer der Verbandszeitschrift „Baumaterialien-Markt“, 1913 eine internationale Baufachausstellung zu veranstalten. Die künftige Ausstellung sollte alle Gebiete der Bau- und Baustoffindustrie sowie des Bau- und Wohnwesens umfassen und in möglichst großzügiger Weise die Fortschritte in der Technik präsentieren. Zudem wollten die Veranstalter auch die modernen Anwendungsarten und Möglichkeiten eines jeden Baustoffes zeigen. Dazu war noch nie Gelegenheit, weil auf den zahlreichen Industrie- und Gewerbeausstellungen sowie auf den Weltausstellungen diese Branchen immer nur am Rande vorgestellt wurden.
Das Komitee „Direktorium der Internationalen Baufach-Ausstellung mit Sonderausstellungen Leipzig 1913 e.V.“ bereitete die Messe vor. Das Jahr 1913 war besonders für die Ausstellung geeignet, weil für den 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals vorgesehen war. Außerdem sollte 1913 die erste Hälfte des neuen Leipziger Hauptbahnhofs in Betrieb genommen werden und 1913 fand in der Stadt das 12. Deutsche Turnfest statt.
Das Planungskomitee wählte das Gelände vor dem Völkerschlachtdenkmal als Veranstaltungsort, weil es über die beste Verkehrsanbindung verfügte. Den Wettbewerb zur Gestaltung des Hauptausstellungsgeländes gewannen die Leipziger Architekten Georg Weidenbach und Richard Tschammer, die auch mehrere Bauten auf dem Ausstellungsareal entwarfen. Ende 1911 begannen am südöstlichen Stadtrand von Leipzig die Bauarbeiten für das 400000 m2 große Messeareal, das von der Bahnstrecke Leipzig-Hof durchschnitten wurde.
Neben der Hauptausstellung wurde noch ein kleineres Ausstellungsgelände geschaffen, die sogenannte Gartenvorstadt Leipzig-Marienbrunn. Auf einem rund 37000 m2 großen Baugelände, 400m vom Hauptausstellungsgelände entfernt, wurden 72 Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser errichtet. Die Bandbreite reichte von „kleinen Arbeiterwohnungen“ über „vorbildliche Studentenbuden“ bis hin zu „besseren Wohnungen“.
Schwerpunkt lag auf Industrie und Wissenschaft im Bauwesen
Die Leitidee der IBA, das Bau- und Wohnwesen in möglichst umfassender Weise darzustellen, wurde hauptsächlich in den beiden Abteilungen „Industrie“ und „Wissenschaft“ umgesetzt. Im Bereich Industrie war das Ingenieurbauwesen mit den neuesten Maschinen und technisch aktuellen Ausrüstungsgegenständen vertreten. Im Anhaltischen Staats-Anzeiger vom 4. Mai 1913 heißt es zu der wissenschaftlichen Abteilung, die sich dem Städtebau und Siedlungswesen widmete: „Bis in die feinsten Details der Architektur – Raumkunst und Bauhygiene – werden wir hier geführt.“
Die Stadt Leipzig hatte den Messeverantwortlichen das Areal nur zur vorübergehenden Nutzung überlassen, deshalb wurden die Ausstellungshallen größtenteils in Holzbauweise errichtet. Das Verwaltungsgebäude und teilweise die gastronomischen Betriebe waren feste Bauwerke mit Heizungs- und Küchenanlagen. Nur die Betonhalle sollte auf Dauer erhalten bleiben: Wilhelm Kreis hatte sie in Düsseldorf entworfen, zwei Leipziger Baufirmen führten den Auftrag aus. Die Betonhalle wird im Anhaltischen Staats-Anzeiger vom 4. Mai 1913 als „Prunkstück der Ausstellung“ bezeichnet und der benachbarte Kuppelbau des Stahlwerks-Verbandes und des Vereins deutscher Brückenbau- und Eisenbaufabriken als „vielleicht der interessanteste Bau der ganzen Ausstellung“ vorgestellt.
100 Jahre nach der Premiere waren auf der SHKG Leipzig, der Spezialmesse für Sanitär, Heizung, Klima und Gebäudeautomation, rund 200 Aussteller vertreten, um mit Partnern aus Handwerk, Handel, Planung und Immobilienwirtschaft ins Gespräch zu kommen. Auch der Pionier Buderus präsentierte im Oktober 2013 seine Neuheiten und Weiterentwicklungen.
Autor
Dr. Rainer Haus ist verantwortlich für historische Kommunikation und die Lokalpressearbeit bei Bosch Thermotechnik, 35576 Wetzlar, Telefon (0 64 41) 4 18-17 39, info.thermotechnik@de.bosch.com, https://www.bosch-thermotechnology.com/corporate/de/startseite.html