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Flächenheizung gegen Glatteis

Brücke mit Fußwärmer

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Selbst wenn die Temperaturen noch nicht auf den Gefrierpunkt gesunken waren, schickte das Straßenbauamt schon seine Salzstreuwagen mit ihrer umweltschädlichen Last zur Brücke bei Berkenthin, einem Ort im südlichen Schleswig-Holstein. Die Fahrbahn auf dem Stahlbauwerk drohte zu vereisen, längst bevor die Straße davor und dahinter glatt wurde. Ursache für die kritische Verkehrslage ist das herrschende Mikroklima: Die Brücke quert auf diesem Abschnitt der B 208 den Elbe-Lübeck-Kanal in einer Niederung. Wegen der besonderen Beschaffenheit von Boden und Landschaft treffen hier häufig Kaltluftströmungen auf hohe Luftfeuchtigkeit, was eine stärkere Nebelbildung und Niederschläge zur Folge hat. Fegt dann schneidender Wind – was bei vielen Brücken allein schon für erhöhte Glättebildung sorgt – temperaturabsenkend unter und über das Bauwerk, dann wird der Straßenbelag schnell zum Eisparkett.

Die neue Kanalbrücke wird zum technischen Vorzeigebau

Mit dieser unkalkulierbaren Gefahrenlage ist es jetzt vorbei. Mehr noch: Eine neue Kanalbrücke – errichtet neben der historischen – ist zu einem technischen Vorbild für Brücken geworden, wo ähnliche Witterungs- und Naturbedingungen das Autofahren zum Risiko machen. Im November vergangenen Jahres wurde nach mehr als zweijähriger Planungs- und Bauzeit die erste Brücke in Deutschland freigegeben, deren Fahrbahn mit Erdwärme beheizt wird. Im Sommer wird sie zudem mit derselben Wärmepumpentechnik gekühlt, um zum Beispiel die Spurrillenbildung bei Hitze einzudämmen. Mess- und Steuerungstechnik sorgen bei dieser Konstruktion automatisch für den Einsatz der geothermischen Anlage.

Die zum Heizen der Fahrbahn benötigte Erdwärme kommt bei der Brücke über den Elbe-Lübeck-Kanal aus einem natürlichen Grundwasserspeicher in rund 80m Tiefe. Das Wasser, das über eine Bohrung in den Technikraum unterhalb der Fahrbahn gelangt, hat im Erdreich konstant eine Temperatur von etwa 11 bis 12 °C. Kernstück ist die zweistufige Wärmepumpe von Weishaupt (WWP S 130 I), die über einen Wärmetauscher eine Vorlauftemperatur von maximal 55 °C zur Beheizung der Fahrbahn erzeugt. An heißen Tagen nimmt das Wärmepumpensystem mit seiner installierten passiven Kühlung Hitze aus dem Straßenbelag auf. Damit ist die Fahrbahn weniger anfällig für Schäden. Die Wärmepumpe leistet 130 kW und wird von zwei Weishaupt-Pufferspeichern (WES 500-H) sowie einem Wärmeübertrager unterstützt.

Die Anwendung erfordert spezielle Kunststoffrohre

Eine Herausforderung bedeutete die Herstellung von rund 6000 m Rohrleitungen, die schlangenartig – wie eine Fußbodenheizung – unterhalb des Asphaltbelags liegen. Das Rohrsystem muss extremen Belastungen standhalten, etwa den 240°C beim Verlegen des Gussasphalts, wofür in einem Forschungsprojekt ein mit Aluminium ummantelter Kunststoff entwickelt wurde.

Die intelligente Mess- und Steuerungstechnik überwacht die Temperaturen von Fahrbahn und Umgebung. Sobald die kritische Grenze von 4°C erreicht ist, springt die Heizung an. Bis etwa –5°C soll die Brückenheizung eisfreie Straßenverhältnisse gewährleisten. Sinken die Temperaturen noch weiter, dann werden Brücke und Straße wie gewohnt abgestreut. Jörg Schnittke, Leiter der Niederlassung von Weishaupt in Rostock, hat die erste Belastungsphase der Brückenheizung mitausgewertet und konnte eine Funktionsfähigkeit gemäß Planung melden.

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