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Ganzheitliche Heizungsmodernisierung, Teil 1

Nicht nur an den Kesseltausch denken

Inhalt

Energieeffizientes Bauen und Modernisieren ist längst kein Geheimtipp mehr, sondern beschäftigt immer mehr Bauherren und Hausbesitzer. Das Hauptanliegen einer energetischen Gebäudesanierung ist die Reduzierung der Jahres-Betriebskosten, die sich zu weit mehr als 80 % aus dem Endenergiebedarf zur Trinkwasser­erwärmung und Wärmeübertragung an den Wohnraum (einschließlich sämtlicher Verluste) zusammensetzt. Es geht also um ein sehr umfangreiches Marktpotenzial von der anlagentechnischen Optimierung bis hin zur vollständigen Erneuerung bzw. Erweiterung der Heizungsanlage, inklusive Wärmeerzeuger, Heizflächen, Ventile, Einzelraumregelung etc.

Gebäude und Anlagentechnik

Zu bedenken ist, dass jeder Eingriff in den ­Anlagenbestand, also auch eine Kesselauswechslung, den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) genügen müssen. Also, warum nicht auch gleich die gesamte Anlage unter die Lupe nehmen? Oft sind die geforderten energetischen Standards nach EnEV nur mithilfe der entsprechenden Anlagentechnik zu erreichen. Die Anforderungen in diesem Bereich sind allerdings komplexer, da auch das Gebäude selbst energetisch optimiert wird und diese Prozesse bzw. Veränderungen dann aufeinander abgestimmt werden müssen. Dies gilt z.B. bei einer durchgeführten Dämmmaßnahme an der Gebäudehülle, wodurch sich die Transmissions-Wärmeverluste und somit auch der Wärmebedarf der Räume reduziert.

Die energetische Optimierung der umschließenden (thermischen) Gebäudehülle wird erst dann konsequent umgesetzt, wenn gleichzeitig die Anlagentechnik entsprechend angepasst wird (z.B. niedrigere Systemtemperaturen, regelungstechnischer Abgleich der Wärmeübertragung an den Raum). Nur bei dieser ganzheitlichen Betrachtung ergibt sich die maximal mögliche Endenergieeinsparung einer bauseitigen Maßnahme.

Fachmann und Vertrauensperson

Der größte Teil von Hausbesitzern sucht in erster Linie Möglichkeiten die Betriebskosten zu reduzieren. Ein kleinerer Teil hat aber durchaus Interesse daran, die Schadstoff­emissionen zu reduzieren und wendet sich dabei oft von den fossilen Energieträgern ab. Für die Hausbesitzer sind aber noch weitere Themen interessant: die Abhängigkeit von einem undurchsichtigen Energiemarkt zu reduzieren und die künftige Brennstoffversorgung zu sichern.

Zudem macht sich die Erkenntnis immer breiter, dass die kostengünstigste Energie diejenige ist, die erst gar nicht benötigt wird. Die fachliche Umsetzung bedeutet: Optimierung des Bedarfs und Reduzierung der Verluste.

Das sich massiv wandelnde Bewusstsein im effizienteren, intelligenteren Umgang mit Ener­gie, die Vielfalt der erneuerbaren Energieträger und die Anforderungen der EnEV verlangen gerade vom SHK-Fachhandwerk eine große Bereitschaft über den eigenen Tellerrand hinweg zu blicken. Der Handwerker muss seinem Kunden als Vertrauensperson und Fachmann zugleich zur Seite zu stehen – und zwar mit Blick auf die Gesamtheit der individuellen Modernisierungswünsche. Dazu gehört z.B. beim Einbau einer solarthermischen Anlage zur Trinkwassererwärmung auch, das Thema Trinkwasserhygiene aktiv anzusprechen. Oder die anstehende Heizkesselerneuerung wird vom Handwerker zu einer umfassenden Diagnose (mit Handlungsvorschlägen) des gesamten Heizsystems, inklusive Heizkörper, Reglungstechnik etc., genutzt. Sehr empfehlenswert ist für den SHK-Handwerker zudem, sich ein umfangreiches Basiswissen zur EnEV und zum aktuellen Stand der Technik anzueignen.

Umbau und Wartung nutzen

Interessante Ansatzmöglichkeiten für den Heizungsfachmann, um die nachhaltige Heizungsmodernisierung ins Gespräch zu bringen, bieten Umbaumaßnahmen zur Wohnraumerweiterung oder Dachausbauten. Denn hier muss meist zwangsläufig in die Heizungsanlage eingegriffen werden. Warum also nicht die günstige Gelegenheit zur Überprüfung der Gesamtanlage nutzen, wenn man zwei oder drei neue Heizkörper bei einem Dachausbau installieren soll? Im Grunde ist es unprofessionell, es nicht zu tun. Und oft trifft man hier auf aufgeschlossene, investitionsbereite Hausbesitzer, die ihr ge­samtes Gebäude für die Zukunft fit machen wollen, die also eine langfristige Sicht der Dinge haben.

Nachhaltig interessierte Hausbesitzer beginnen übrigens schon frühzeitig, sich über die künftige Wärmeversorgung Gedanken zu machen. Sie wollen ein Modernisierungskonzept in der Tasche zu haben, bevor der Kesselaustausch notwendig wird. Deshalb ist die Heizungsmodernisierung meist kein schnelles Geschäft für den Handwerker, sondern ein nachhaltiges Auftragspotenzial. Und dieses verlangt eine konsequente und zukunftsorientierte Kundenbetreuung, die durch gezielte Marketingmaßnahmen schon bei der Wartung von Heizungsanlagen beginnen muss. Der Kunde darf bei der jährlichen Heizungswartung nicht das Gefühl haben, dass ihn dies Geld kostet. Im Gegenteil: Er soll sich freuen, dass der Kundendienstmonteur kommt und dafür sorgt, dass seine Anlage möglichst schadstoffarm und energieeffizient läuft. Zu einem aufmerksamen, ganzheitlichen Service gehört z.B. auch, dass der Monteur den Kunden darauf aufmerksam macht, dass die Umwälzpumpe zuviel Strom verbraucht, oder dass die Warmwasser-Zirkulationspumpe im Dauerbetrieb läuft. Auf dieser Basis entsteht dann ein Vertrauen zwischen Kunden und Handwerksbetrieb, das eine exzellente Basis für künftige, auch größere Investitionen ist.

Neue EnEV seit dem 1. 10. 2007

Seit dem Jahre 2002 gilt die Energieeinsparverordnung (EnEV) und setzt energetische Maßstäbe nicht nur für den Altbau, sondern auch für die Modernisierung von Wohngebäuden. Inhaltlicher Gedanke dieser Verordnung ist die Zusammenlegung der Wärmeschutzverordnung (WSchV vom 16.8.1994) einerseits und der ehemaligen Heizungsanlagenverordnung (HeizAnlV vom 4.5.1998) andererseits. Dies geschah aus der Erkenntnis heraus, dass der energetische Standard eines Gebäudes sowohl durch die Gebäudehülle in Verbindung mit der integrierten Anlagentechnik definiert wird. Zentrale Forderung ist die Unterschreitung der maximal zulässigen Werte wie beispielsweise des Primärenergiebedarfs (siehe Infokasten).

Die erste EnEV-Novelle trat am 18.11.2004 in Kraft (EnEV 2004). Nach langen Debatten und Verhandlungen ist nun am 1.10.2007 die aktuelle Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2007) in Kraft getreten. Sie verschärft nicht nur den energetischen Standard, sondern macht zudem Energieausweise künftig auch für Bestandsgebäude zur Pflicht. Die Energieeinsparverordnung stützt sich auch auf europäische Regelungen, bzw. auf deutsche Normen, die entsprechend dem Stand der Technik überarbeitet oder ergänzt werden. Zwei wesentliche Normen zur EnEV sind die DIN 4108 (Grund­lagen zum Wärme-, Feuchte- und Schlagregenschutz) und die DIN 4701 Teil 10. In der DIN 4108 sind die Anforderungen und Vorgaben für die Nachweise enthalten. Die DIN V 4701 Teil 10 wird benötigt, wenn man ermitteln möchte, ob ein Gebäude inklusive der installierten Anlagentechnik den in der EnEV vorgegebenen Primärenergie-Grenzwert einhält.

Reizvolle EnEV-Anforderungen

Der energetische Standard der Gebäudehülle wird wesentlich definiert durch den Wärmeschutz und die Luftdichtigkeit des Gebäudes. Es gilt, die thermische Hülle als Grundlage des Transmissions-Wärmeverlustes zu optimieren und somit auch die Raumheizlast zu reduzieren. Voraussetzung hierfür ist die richtige Abgrenzung der thermischen Hülle, also der Umschließungsfläche des beheizten Gebäudevolumens. Hierbei ist z.B. zu klären, ob der Keller und der Spitzboden vollständig oder nur teilweise beheizt werden sollen. Durch die Festlegung der thermischen Hülle werden diese Grenzen eindeutig definiert.

Grundsätzlich gilt es, das Gebäude im Gesamtkontext zu sehen und entsprechend zu behandeln. Die Anforderungen der EnEV werden besonders in der Modernisierung durch Förderprogramme und Zuschüsse für den Hausbesitzer reizvoll (z.B. KfW-Förderprogramme: https://www.kfw.de/kfw.de.html).

Im Vorfeld einer Heizungsmodernisierung gilt es also, die aktuellen EnEV-Bestimmungen zu kennen und den anlagentechnischen Bestand eines Gebäudes detailliert aufzunehmen, zu dokumentieren und zu bewerten. Nur dann kann der SHK-Fachhandwerker seinem Kunden ein nachhaltiges Konzept zur Umsetzung nach dessen individuellen Bedürfnissen vor­legen. Dieses Konzept sollte auch einen Mo­der­nisie­rungs(zeit)plan beinhalten.

Der 2. Teil dieser Serie vermittelt Hilfestellungen zur Bestandsaufnahme der Anlagentechnik und deren Bewertung im Rahmen der gesamten Gebäudesubstanz – Ziel ist eine nachhaltige Heizungsmodernisierung.

Energiebedarf in Wohngebäuden

Wichtige Begriffe kurz erklärt

Heizwärmebedarf

Der Heizwärmebedarf ist der gesamte Wärmebedarf eines Wohngebäudes zur konstanten Temperierung der Raumluft­innentemperatur und wird als Heizwärmebedarf in kWh/a bezeichnet. Er errechnet sich aus Transmissions- und Lüftungs-Wärmeverluste sowie aus den solaren und internen Gewinnen.

Der Heizwärmebedarf ist jedoch nicht mit der Heizlast zu verwechseln, die einen Leistungsbereich im konkreten Auslegungsfall in Abhängigkeit der Klimazone, definiert. Er ist wechselhaft, da er in unmittelbarem Verhältnis zur Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenlufttemperatur steht.

Die Heizlast (DIN EN 12831) verdeut­licht die Spitzenlast als maximale Nenn-Wärmeleistung des Wärmeerzeugers in kW als Leistungsangabe. Multipliziert man diesen Wert mit den Jahres-Betriebsstunden, erhält man den Heizwärmebedarf in kWh/a.

Nutzenergiebedarf

Der Nutzenergiebedarf erfasst die Wärme­übertragung an den Raum und zusätzlich auch die Energie zur Trinkwassererwärmung (kWh/a). Die Namensgebung signalisiert schon einen deutlichen Bezug zu den individuellen Nutzerbedürfnissen.

Der Heizwärmebedarf ist dagegen unabhängig vom Nutzer und ausschließlich vom energetischen Standard der Gebäudehülle abhängig.

Endenergiebedarf

Als Endenergiebedarf (kWh/a) gilt der Nutzenergiebedarf für Heizung und Warmwasser einschließlich der Verluste, die durch Wärmeerzeugung und -verteilung innerhalb eines Jahres entstehen. Berücksichtigt werden auch die für den Betrieb der Anlagentechnik notwendige Hilfsenergie (i.d.R. elektrische Verbraucher wie Heizungs-Umwälzpumpen, Regelungstechnik, usw.)

Die Endenergie wird an der Schnittstelle „Gebäudehülle” übergeben und bezeichnet die Energiemenge, die dem Vebraucher geliefert und tatsächlich bezahlt werden muss (Strom, Heizöl, Erdgas, Pellets usw.)

Primärenergiebedarf

Als Primärenergiebedarf wird der Bedarf an endlichen Ressourcen bezeichnet, der notwendig ist, um den notwendigen Energiebedarf für Heizung und Warmwasser ­ in kWh/a bereitzustellen. Eingeschlossen sind also auch die Energiemengen der (vorgeschalteten) Prozessketten außerhalb des Gebäudes. Dazu gehören die ­Energiemengen die für die Gewinnung, der Umwandlung und der Verteilung des jeweils eingesetzten Energieträgers benötigt werden.

Da bei der Primärenergie der gesamte Energieaufwand für die Wärmeversorgung des Gebäudes einbezogen ist, dient sie als Beurteilungsgröße für die Umweltwirkung des Energieeinsatzes und ist einer der zentralen Kennwerte der Energieeinsparverordnung.

Hilfsenergie

Die Hilfsenergie ist Inhalt der Endenergie und umfasst sämtliche elektrische Verbraucher, die zur Funktion der gesamten Anlagentechnik notwendig ist. Eine Reduktion der notwendigen Hilfsenergie reduziert den Endenergiebedarf und folglich auch den Primärenergiebedarf.

Weitere Informationen

Unser Autor Frank Hartmann ist Gas-Wasser-Installateur, Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und ­Energietechniker. Nach mehrjähriger Tätigkeit im Handwerk mit Schwerpunkt Erneuerbare Energien gründete er im Jahre 2002 das „Forum Wohnenergie“ als Dienstleistungszentrum für ­energieeffizientes Bauen und Modernisieren. Die Betätigungsfelder sind: Beratungs- und Planungsleistungen, Publikationen, Weiterbildung- und Qualifizierung. Zur kompetenten Abwicklung verschiedener Maßnahmen (auch im Projektmanagement) kann das „Forum Wohnenergie“ auf ein umfangreiches Netzwerk von Fachkompetenzen zurückgreifen (Energieberater, Ingenieure, Geologen, Architekten usw.).

Forum Wohnenergie, 97509 Zeilitzheim, Telefon (0 93 81) 71 68 31, Telefax (0 93 81) 71 63 30, http://www.forum-wohnenergie.de

Wärmeverluste in Wohngebäuden

• Transmissions-Wärmeverluste: Wärmeverluste die während der Heizperiode durch die Hüllfläche eines Gebäudes von innen nach außen dringen. Abhängig von den Transmissions-Wärmeverlusten ist der Heizwärmebedarf, dessen Aufgabe es ist, die Transmissions-Wärmeverluste auszugleichen.

Maßgeblich für die Transmissions-Wärmeverluste ist die energetische Qualität des Aufbaus der Außen-Mauerwerke (U-Wert) und verhält sich proportional zu deren Optimierung.

• Lüftungs-Wärmeverluste: Wärmeverluste, die durch Undichtigkeiten und Lüftung auftreten sowie durch Luftaustausch verursacht werden. Die Lüftungs-Wärmeverluste stehen folglich auch im unmittelbaren Zusammenhang der Gebäudedichtheit.

• Heizkesselverluste: Wärmeverluste am Kesselkörper als die Summe von Abgas- und Strahlungsverlusten eines Heizungssystems einschließlich Hilfsenergie für Brenner und Steuerung. Besonders groß sind diese Verluste bei mangelhafter Wärmedämmung des Kessels oder fehlenden Teilen am Gehäuse

• Wärmeverteilungsverluste: Wärmeverluste über die Verteilungsverluste der Heizungsanlage einschließlich Hilfsenergien für Umwälzpumpen und Regelung. Sehr hohe Wärmeverteilungsverluste treten auch bei ungenügender Wärmedämmung von Versorgungsleitungen auf. Wärmeverteilungsverluste fallen aber auch in der Trink-Warmwasserverteilung an. Besonders hoch sind diese bei einem unkontrollierten Betrieb der WW-Zirkulationspumpe.

• Bereitstellungsverluste: Wärmeverluste während der Bereitstellung und Speicherung von Wärme sowie Stillstandsverluste der Bereitstellungstechnik. Die meisten Bereitstellungsverluste ergeben sich durch die Vorhaltung von unnötig hohen Temperaturen, die durch unzureichende Regelungstechnik bzw. falsch eingestellte Parameter entstehen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt

Primärenergiebedarf und Primärenergiefaktor

Zur Feststellung des Primärenergiebedarfs ist der Primärenergiefaktor notwendig, der mit dem Endenergiebedarf zu multiplizieren ist. Der Primärenergiefaktor ist somit abhängig vom eingesetzten Brennstoff, bzw. der Art der Wärmeerzeugung überhaupt. Je größer die eingesetzte Energiemenge ist, um eine Kilowattstunde Endenergie bereitzustellen, desto größer ist der Primärenergiefaktor.

Beispiel: Bis in einem Heizkessel ein Liter Heizöl verbrennen kann, um 10 kWh Wärme zu produzieren, wird im Vorfeld schon eine 1 kWh für die Produktion und den Transport verheizt (exklusive Umweltschäden). Für die Bereitstellung von 10 kWh werden also 11 kWh aufgewendet. Somit besitzt Heizöl einen Primärenergiefaktor von 1,1 (11 kWh/10 kWh). Solarenergie oder Wärme aus der Umwelt haben einen entsprechend geringen Primärenergiefaktor bzw. liegen deutlich unter 1,0.

Der Primärenergiefaktor von Strom beträgt 3,0. Folglich ist der Primärenergie­bedarf einer elektrischen Direktheizung 3-fach so groß wie der Endenergiebedarf selbst. Dieses Manko des elektrischen Stroms mit den enormen Verlusten der konventionellen Stromerzeugung und -verteilung wird nicht nur durch den wachsenden Anteil der Erneuerbaren Energien am Strom-Mix gemildert, sondern durch die Nutzung von Umweltwärme mittels Wärmepumpen ab einer Leistungszahl von 3,0 sogar verbessert.

Der Primärenergiefaktor von Strom wurde in der seit 1.10.2007 gültigen EnEV auf 2,7 reduziert. Ebenso verringert wurden aber auch die maximal zulässigen Primärenergiebedarfswerte.

Wichtige Begriffe kurz erklärt

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