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Horizontale Geothermiesysteme

Erdwärme aus dem Körbchen

Bei der Geothermie werden horizontale geothermische Nutzungssysteme zur oberflächennahen Geothermie von vertikalen Systemen unterschieden: Horizontale Systeme wie Erdkollektoren, Erdregister, Erdwärmekörbe oder Grabenkollektoren werden bis zu einer Tiefe von 5 m, vertikale Systeme wie Energiepfähle und Erdwärmesonden werden je nach erforderlichem Wärmebedarf in Tiefen von 10 m (Pfähle) und bis 250 m (Sonden) eingebracht. Bei der Auswahl eines Systems ist zunächst der Wärme- und/oder Kältebedarf des Gebäudes entscheidend. Daneben gilt es, einige Rahmenbedingungen vor der Entscheidung zu prüfen.

Neben der Art des Untergrundes (Körnung, Dichte) spielt insbesondere der Feuchtegehalt (Wärmeleitfähigkeit) eine Rolle. Besonders geeignet sind alle wassergesättigten Böden, bei denen spezifische Entzugsleistungen von bis zu 40 W/m2 erreicht werden können. Ungeeignet sind dagegen trockene, nichtbindige Böden wie Sand oder Kies. Bei Pfahlanlagen oder Erdsondenanlagen mit über 30 kW Entzugsleistung werden Thermal Response Tests zur Ermittlung der effektiven thermischen Leitfähigkeit des Bodens vor Ort vorgenommen, um genaue Daten für eine Auslegung und Simulation zu erhalten.

Die Hydrologie spielt eine wichtige Rolle. Grundwasser führt dem Rohr in der Erde permanent Wärme zu oder transportiert diese im Kühlfall ab. Deshalb ist auch die Höhe des Grundwasserspiegels zu beachten. Bei der hydraulischen Leitfähigkeit wird der Untergrund aus Locker- oder Festgestein nach Poren- und Trennfugendurchlässigkeit unterschieden. Bei Lockergestein (Porengrundwasserleiter) ist vor allem die Korngröße und Kornverteilung und bei Festgestein die Häufigkeit und Öffnungsweite der Trennfugen entscheidend für die hydraulische Leitfähigkeit. Ebenso spielen klimatische Verhältnisse in der Region eine große Rolle bei der Regeneration der geothermischen Anlage. Eine gute Durchfeuchtung durch versickerndes Regenwasser verbessert die Leistungsfähigkeit oberflächennaher Anlagen. Basis für die Planung und Auslegung der Anlagen ist die VDI 4640. Berücksichtigt werden dabei für Deutschland 15 Klimazonen der DIN 4710.

Sonden scheitern oft schon an der Genehmigungspraxis

Die Genehmigungsverfahren sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Gemeinsam ist allen Ländern, dass in den Wasserschutzzonen I und II generell nicht gebohrt werden darf und in der Zone III nur mit großen Auflagen. In diesen Zonen scheidet dann die Erdsonde als Energiequelle häufig schon aus. In fast allen Ländern ist der Bau von geothermischen Anlagen zumindest meldepflichtig. Ansprechpartner sind dafür zumeist die unteren Wasserbehörden. Bei Bohrungen ab 100 m gilt in Deutschland das Bergrecht. Dann sind zusätzlich Genehmigungen bei den Bergbauämtern einzuholen.

Einige Kommunen beschränken auch die Bohrtiefe auf beispielsweise 60 m. Damit werden möglicherweise mehr Bohrungen notwendig, um den Wärmebedarf zu decken. Es ist deshalb zu empfehlen, vor der Auftragserteilung einer Bohrung eine Anfrage an die untere Wasserbehörde zu stellen. Die Installation horizontaler geothermischer Systeme wie Erdwärmekörbe oder Erdkollektoren ist in den meisten Kommunen melde-, aber nicht genehmigungspflichtig. Auskunft erteilt dazu die untere Wasserbehörde.

Kriterien für die Auswahl des Kollektorsystems

Nicht nur die geologischen und genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen sind für die Auswahl eines Systems relevant. Häufiger stellt sich, vor allem bei Bestandsgebäuden, die Frage nach der Grundstücksgröße und der Lage. Große Grundstücke mit möglichst wenig Neigung sind ideal für Horizontal­kollektoren. Ein Horizontalkollektor benötigt die 1,5- bis 2-fache Kollektorfläche im Verhältnis zur Fläche, die temperiert werden soll. Bei einer Fläche von 150 m2 zum Heizen/Kühlen wären also 225 bis 300 m2 Kollektorfläche notwendig.

Ein Erdwärmekorb hat schon einen deutlich geringeren Platzbedarf. Zu rechnen ist mit etwa 30 m2 pro Korb inklusive des umschließenden Erdreichs und Abstandsflächen. Der Vorteil: Selbst Einfamilienhäuser mit relativ kleiner Grundstücksfläche können ohne aufwendige Bohrgenehmigung mit geothermischer Energie heizen und kühlen.

Auch die Rohrqualität hat Einfluss auf den Flächenbedarf. Kollektorrohre aus hochwertigem, hochdruckvernetzem Kunststoff PE-Xa müssen nicht eingesandet werden. Dies reduziert nicht nur Kosten und Zeit bei der Verfüllung, sondern erhöht auch gleichzeitig die Energieeffizienz des Kollektors, denn das Erdreich hat in aller Regel einen deutlich höheren Wärmeleitwert als Sand. Damit kann die Kollektorfläche gegenüber Lösungen mit anderen Rohren reduziert werden.

Die Fläche über Horizontalkollektoren und Erdwärmekörben sollte möglichst nicht überbaut werden. Eine Regeneration des Erdreichs ist sonst weitgehend ausgeschlossen. Parkplatzflächen oder Gehwege können aber mit wasserdurchlässigen Rasengittersteinen ausgeführt werden. Eine Bepflanzung der Flächen ist problemlos möglich. Bäume oder Sträucher mit tiefen Wurzeln sind dabei jedoch nicht geeignet. Die Wurzeln könnten das Kollektorrohr zerstören und sie würden außerdem auch zu einer Beschattung der Anlage führen, was die Regeneration erschwert. Es müssen also ausreichend freie Flächen wie Rasen zur Verfügung stehen.

Die betrachteten Systeme unterscheiden sich im Verlegeaufwand ganz erheblich. Horizontalkollektoren werden mit einem Bagger eingebracht. Dazu werden entweder Gräben gezogen, in denen die Rohre verlegt werden, oder es wird direkt eine größere Grundstücksfläche vollständig beräumt und die Anlage ähnlich einer Fußbodenheizung als Fläche eingebracht. Dabei ist auf ausreichenden Platz zur Zwischenlagerung der großen Aushubmenge zu achten.

Möglich ist auch eine Verlegung im Pflug- oder Fräsverfahren, wobei die Zwischenlagerung des Aushubes weitgehend entfällt. Dies rechnet sich aber nur bei größeren Flächen, da die Maschinen selbst auch einen großen Platzbedarf zum Arbeiten benötigen. Bei Erdwärmekörben ist ein Aushub von 3 m Durchmesser und einer Tiefe von 4 bis 5 m notwendig. Auch dabei sind einige Kubikmeter Aushub zwischenzulagern.

Bei der Sondenbohrung muss das Grundstück mit einem schweren Bohrgerät befahren werden können. Dazu hat in der Bauphase genügend Platz zur Verfügung zu stehen.

Kühlbetrieb ist bei der Planung von Anfang an zu berücksichtigen

Eines der wichtigsten Entscheidungskriterien ist die geplante Nutzungsart der Anlage: Grundsätzlich wird zwischen den Nutzungsarten Heizbetrieb, Kühlbetrieb (aktiv), Kühlbetrieb (passiv) oder Heizen und Kühlen im Dualbetrieb, aber auch Wärme- und Kältespeicherung unterschieden. Die Wärmepumpe muss dann zum Kühlen geeignet sein, oder es ist eine zusätzliche Station zur passiven Kühlung (Free Cooling) zu installieren.

Da in Einfamilienhäusern meist nur Anlagen mit weniger als 30 kW installiert werden, können alle Nutzungsarten verwendet werden. Für jede der beschriebenen Nutzungs­arten ist eine Flächentemperierung zur Wärmeübertragung empfehlenswert, im Kühlfall istsie sogar unbedingt notwendig. Im Neubau lässt sich die Flächentemperierung problemlos einplanen, in Bestandsgebäuden kann diese nachgerüstet werden. Der Markt bietet hierfür Renovationssysteme für Fußboden, Wand und Decke an: beispielsweise Trockenbausysteme wie Uponor Siccus und Nassbausysteme wie Uponor Minitec mit besonders geringen Aufbauhöhen.

Viele Neubauten haben heute nur noch einen geringen Heizwärmebedarf in den Wintermonaten. Durch die starke Dämmung der Gebäudehülle entweicht kaum Wärme. Das ist im Winter ein großer Nutzen, kann allerdings in den Übergangszeiten und im Sommer als unbehaglich empfunden werden. Neben solaren Lasten durch großflächige Verglasung bringen Bewohner, Computer, Großbildfernseher, Beleuchtung und andere elektrisch betriebene Geräte innere Wärmelasten in das Gebäude, die natürlich wieder abgeführt werden müssen.

Die passive Kühlung gilt als energieeffizienteste Form der Kühlung von Gebäuden und ist in aller Regel nur mit einer geothermischen Anlage möglich. Hersteller wie Uponor bieten dazu komplette Lösungen an, beispielsweise mit Erdwärmekörben und einer Pumpengruppe. Mit einer Umwälzpumpe, einem kompakten Wärmetauscher, einem 3-Wege-Mischventil einer Steuer- und Regeleinheit nimmt die Pumpengruppe Kälte der geothermischen Kältequelle auf.

Selbst in den Sommermonaten erwärmt sich das Erdreich um den Erdwärmekorb in 2 bis 3 m Tiefe nur auf etwa 12 bis 13 °C. Die im Erdwärmekorb zirkulierende Sole nimmt diese Kälte auf und kühlt über den Wärmetauscher das Wasser im Flächenheizsystem auf die benötigte Temperatur. Dabei wird die nach ISO 7730 empfohlene Oberflächentemperatur des Fußbodens von 20 °C nicht unterschritten. So steigert die passive Kühlung das Wohlbefinden der Bewohner und den Wohnwert des Gebäudes.

Dieses System ist auch bei den meisten ­älteren Anlagen, die mit Kesselanlagen betrieben werden, nachrüstbar. Voraussetzung ist eine Flächenheizung, die mit einer entsprechenden Regelung für den Kühlfall und einer Taupunktüberwachung ausgerüstet ist oder nachgerüstet werden kann. Die passive Kühlung des Gebäudes über eine geothermische Anlage spart im Vergleich zu einem System mit aktiver Kühlfunktion Betriebskosten ein. Gegenüber Klima-Splitgeräten benötigt diese Lösung nur rund 3 % der Stromkosten. Zudem werden elektrisch betriebene Kühl-/Lüftungsgeräte von vielen Menschen wegen der Geräusch- und Zugentwicklung als unangenehm empfunden.

Die Frage nach der richtigen Wärmequelle kann nicht pauschal beantwortet werden. Aber überall dort, wo Boden und Grundstück den Einsatz von Erdwärmekörben zulassen, sind diese eine interessante Alternative zur Erdsonde. Geothermieanlagen haben in aller Regel eine lange Nutzungsdauer. Einmal installiert, verrichten sie viele Jahre ihre Arbeit. Sie stehen also auch noch weiter zur Verfügung, wenn die erste Wärmepumpe ausgetauscht werden muss. Zudem eignen sie sich für die kostengünstige passive Kühlung, die insbesondere im mitteleuropäischen Markt an Bedeutung gewinnt. Die Investition ist also ein großes Stück Zukunftssicherheit.

INFO

Geothermiemarkt

Der GtV – Bundesverband Geothermie e.V. teilt folgende Zahlen zur Größe des Markts mit: Insgesamt sind in Deutschland demnach etwa 265000 Anlagen für die oberflächennahe Geothermie in Betrieb. Allein in 2011 wurden 24400 Anlagen neu installiert.

http://www.geothermie.de

Checkliste

Kriterien zur Systemwahl

Erdwärmekörbe

  • wirtschaftliche und energetisch ­effektive Lösung
  • geringer Grundflächenbedarf bei gleichzeitig großer Nutzung des ­Erdreichvolumens
  • durch geringe Einbautiefe ohne Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft
  • Möglichkeit zur passiven Kühlung (< 30 kW)

Horizontalkollektoren

  • geringe Investitionskosten
  • einfache Installation
  • geeignet für kleinere Anwendungen
  • durch geringe Einbautiefe keine Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft

Bohrung

  • geringer Platzbedarf
  • aktive und passive Kühlung möglich
  • ganzjährig gleichmäßiges Temperaturniveau
  • höherer Genehmigungsaufwand

INFO

Bodenqualitäten vor Ort

Nicht alle Böden sind gleichermaßen zur geothermischen Nutzung geeignet. Informationen zu den geothermischen ­Eigenschaften des Bodens bieten die Online-Geoportale der Länder, die örtlichen Bauämter oder auch örtliche Geologen. Häufig hilft auch einfach die Frage bei Anwohnern, die bereits eine geothermische Anlage betreiben. Sollen Erdwärmekörbe oder Horizontalkollektoren verlegt werden, bringt bei einem Neubau im Zweifelsfall ein Blick in die ausgehobene Baugrube die erforderlichen Informationen.

http://www.geoportal.de

Autor

Dipl.-Ing. (FH) ­Markus Steiner ist Manager Business Development CE bei der Uponor GmbH, 97437 Haßfurt, Telefon (0 95 21) 6 90-0, https://www.uponor.com/de-de, markus.steiner@uponor.com,

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