SBZ: Herr Stöhr, man sagt der EC Nord oft einen elitären Charakter nach. Welche Zugangsvoraussetzungen müssen Mitglieder bei Ihnen erfüllen?
Stöhr: Grundsätzlich werden neue Mitglieder in erster Linie auf Empfehlungen bereits bestehender Mitglieder aufgenommen. Das bietet uns die beste Möglichkeit das Gesamtimage der Kooperation auf einem hohen Niveau zu halten.
Dieses Image zahlt sich für uns letztendlich sowohl bei Herstellern als auch im Großhandel und vor allen Dingen auch bei unseren Kunden aus. Unsere Mitglieder müssen hohen Bonitätsansprüchen genügen, mindestens 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und einen erstklassigen Ruf im Markt haben. Wir wollen kein Bonusclub sein, sondern eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die zusammen eine größere Marktmacht besitzen und daraus Vorteile für ihr Alltagsgeschäft ziehen. Die liegen jedoch nicht unbedingt im finanziellen, sondern vor allen Dingen auch im Service-Bereich. Weil alle Mitglieder auch gleichzeitig Gesellschafter der EC Nord sind, hat jeder auch ein Vetorecht bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds.
SBZ: Der Blick auf Ihre Landkarte mit den bestehenden Mitgliedern zeigt, dass Sie vor allen Dingen in der Nordhälfte Deutschlands aktiv sind. Wie sieht Ihre Wachstums-Strategie für die nächsten Jahre aus?
Stöhr: Wir sind derzeit mit mehr als 100 Mitgliedern auf einem Status angelangt, den unsere Serviceorganisation mit dem Qualitätslevel umsetzen kann, den wir uns zum Maßstab gesetzt haben. Deswegen werden wir jetzt schrittweise die Zentralorganisation zusammen mit weiteren Mitgliedern Hand in Hand verstärken und ausbauen. Derzeit wollen wir uns in erster Linie auf die weißen Flecken unserer Landkarte in Nord- und Westdeutschland konzentrieren.
SBZ: Mit der Einkaufskooperation konzentrieren Sie sich bei Ihren Industriepartnern ganz auf den dreistufigen Vertriebsweg. Worin liegen hierfür die Gründe?
Stöhr: Unsere Mitglieder sind Fachhandwerksunternehmen mit durchschnittlich 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die fast durchweg bundesweit tätig sind. Ohne den Großhandel hätten wir keine Chance unsere Kunden entsprechend den Marktanforderungen bedienen zu können.
Die Branche diskutiert nun schon seit rund 30 Jahren über das Thema Zwei- oder Dreistufigkeit. Immer wieder wurde der dreistufige Vertriebsweg für tot erklärt. Doch heute ist der Großhandel stärker denn je im Markt aufgestellt. Sicher existieren einige Hersteller, die den zweistufigen Vertriebsweg sehr erfolgreich umsetzen. Das macht auch bei bestimmten Produkten und Lösungsstrategien einen Sinn. Wir sind jedoch aufgrund unserer Alltagsanforderungen klar für den dreistufigen Vertriebsweg aufgestellt.
Als einzige Einkaufskooperation in Deutschland arbeiten wir beispielsweise sehr eng mit der GC-Gruppe zusammen und profitieren hier von einem bundesweiten Service. Hat ein Mitglied aus dem Emsland am nächsten Tag eine Baustelle in Kiel, muss auch dort um 6.00 Uhr pünktlich die Ware vor Ort sein. Ich bezweifle, dass wir solche Anforderungen mit einer Vielzahl an zweistufigen Lieferanten genauso umsetzen könnten. Genauso eng arbeiten wir auch mit Richter + Frenzel sowie der Wiedemann-Gruppe zusammen.
SBZ: Auch die Aufnahme von Herstellern bzw. Lieferanten läuft bei Ihnen nach einem vorgegebenen Schema ab. Wie kann man sich die Aufnahme eines Lieferanten bei Ihnen vorstellen?
Stöhr: Bei der EC Nord werden alle Dinge, die die Gemeinschaft betreffen, in Kompetenzteams beschlossen. Stellt das Kompetenzteam „Einkauf“ eine Lücke in einer Warengruppe fest oder sind Mitglieder mit einem Lieferanten unzufrieden, erfolgt eine Neuorientierung. Dieser Prozess beginnt mit einer Sortimentsabfrage bei allen Mitgliedern für die betreffende Warengruppe.
Entschließen wir uns für eine Zusammenarbeit, dann bedeutet das für uns in der Regel eine langfristige Bindung. Häufige Wechsel machen für uns keinen Sinn, weil unsere Mitglieder zu rund 70 % im Objektgeschäft tätig sind. Gerade bei längerfristigen Projekten kann dann nicht von heute auf morgen auf andere Marken umgestellt werden.
Diese Dominanz im Objektgeschäft ist für unsere Mitglieder aber weder erwünscht noch beabsichtigt. Für uns haben Mitglieder, die ihren Schwerpunkt im Endkundenmarkt gesetzt haben genau die gleiche Bedeutung und Wertigkeit.
SBZ: Welche Rolle spielt Ihre Marke Celseo? Ist es Ihr Ziel hier eine bundesweite Organisation zu gründen, die als Fachhandwerksverbund agiert?
Stöhr: In einer Beiratssitzung diskutierten wir vor mehreren Jahren über die Dominanz des Objektgeschäfts. Wir schauten uns die Zahlen an, wieviel wir bei Endkunden umsetzen, und die Ergebnisse waren beachtlich. Gleichzeitig kam die Frage auf, ob die EC Nord ihren Mitgliedern nicht auch in puncto Vertrieb und Marketing helfen könnte.
Letztendlich liefen alle Überlegungen auf eine gemeinsame Dachmarke hinaus. Dann haben wir überprüft, was unsere Mitglieder aktuell im Marketing unternehmen. Das Ergebnis war ernüchternd. So gab es beispielsweise nur wenige wirklich gute Webauftritte. Mit externer Hilfe haben wir dann eine Marke kreiert, die ein zu uns passendes Markenbild und Markenversprechen transportiert.
Jedes unserer Mitglieder ist für sich genommen in seiner Region erfolgreich und hat sich dort eine eigene Marke aufgebaut. Doch was ist bei überregionalen und bundesweiten Einsätzen? Ähnlich wie große Bauunternehmen wollen wir die Gemeinschaft stärken, um für jeden Einzelnen das bestmögliche Ergebnis auch bei Einsätzen in ganz Deutschland herbeizuführen.
SBZ: Wie kann man sich diese Marke vorstellen? Geben Ihre Mitglieder – immerhin schon größere mittelständische Unternehmen – tatsächlich ihren eigenen Auftritt zugunsten der gemeinsamen Marke auf?
Stöhr: Nein, niemand sollte seinen Namen aufgeben, mit dem er regional bekannt geworden ist. Alle Mitglieder, die sich dazu entschlossen haben tragen aber den gemeinsamen Namen Celseo als Marke – mit dem Zusatz ihres eigenen Firmennamens. Weil dies mit einem schrittweisen, kompletten Wechsel des Corporate Design verbunden ist, ist der Schritt dahin schon außergewöhnlich für ein eingesessenes Unternehmen.
Mittlerweile sind mehr als die Hälfte unserer Mitglieder diesen Weg gegangen und sehen ihn als äußerst positiv in seiner Außenwirkung. Auch unsere Partner auf Hersteller- und Großhandelsseite unterstützen und bestärken uns, weil sie die Potenziale sehen, die dieser Markenverbund bietet. Mittlerweile verfügen wir über das gesamte Instrumentarium der Kommunikation – vom gemeinsamen Corporate Design bei Fahrzeugen und Geschäftspapieren über Broschüren und Kinospots bis zum Webauftritt. Dieses Dienstleistungspaket wird von allen Mitgliedern aktiv genutzt und zügig weiter ausgebaut.
SBZ: Trotz dieser Vorteile, die Sie beschreiben: Die wenigsten Fachhandwerksunternehmen sind in Einkaufskooperationen gemeinschaftlich organisiert. Worin liegen Ihrer Ansicht nach die Gründe dafür?
Stöhr: Ein Grund dafür ist sicher eine eher konservative Grundhaltung des Fachhandwerks. Das ist nicht negativ, denn viele Fachhandwerker sind einfach der Meinung, dass sie durch ihre Arbeit überzeugen müssen und nicht durch ihr Marketing oder durch eine Gemeinschaft im Rücken. Auch das ist sicher grundsätzlich richtig und es wird bestimmt auch immer eine Nische geben, in der sich Fachhandwerker auf diese Art rein lokal profilieren können. Wir alle haben uns aber die Frage gestellt, was in der Zukunft passiert. Die Entwicklung der Gesellschaft, unser Wertesystem, die allgegenwärtige Transparenz, die noch lange nicht die Spitze erreicht hat, die Aufgeklärtheit des Endkunden – all das sind Argumente, die zeigen, dass wir erst am Beginn eines massiven Wandels des Marktes stehen.
Die schlechteste Variante, um auf diese Herausforderungen zu reagieren, wäre weiterzumachen wie bisher. Wir sind überzeugt, dass sowohl eine starke Gemeinschaft über die EC Nord als auch das Marken-Netzwerk für das Fachhandwerk Celseo die beste Grundlage sein wird, um auch unter den neuen Bedingungen erfolgreich im Markt agieren zu können.
SBZ: Herr Stöhr, vielen Dank für das Gespräch.
zur Sache
Ja oder Nein zur Kooperation?
Dass eine Einkaufsgemeinschaft wie EC Nord den Markt beeinflussen kann, zeigt die neue Kooperation mit der RWE und Viessmann in Sachen Contracting, über die wir in der SBZ 21/2010 bereits berichteten. Hier profitiert die Gemeinschaft von der Vertriebsstärke einer RWE und eines Viessmanns sicher erheblich, wodurch die Koop das Potenzial hat, einen erheblichen Teil des Marktes für Contracting abzuschöpfen – auch und vor allem Großprojekte, die ein kleinerer oder mittlerer Betrieb allein kaum bewältigen könnte.
Ob einem Handwerksbetrieb nun der Gedanke an wie auch immer geartete Gemeinschaften gefällt oder nicht, es ist auf jeden Fall wichtig für das eigene Unternehmen diesen Markt zu beobachten und dann zur richtigen Zeit Entscheidungen zu treffen. Wer sich dagegen entscheiden will, muss eine starke Eigenmarke mit Alleinstellungsmerkmalen aufbauen, wie Bernd Stöhr es auch im Interview sagt, oder er muss billig sein – was bei entsprechend optimierten Abläufen ebenfalls profitabel ist, wie viele Billiganbieter in anderen Branchen beweisen.