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Oberflächennahe Geothermie und Erdwärmepumpentechnik

Die Effizienz lässt zu wünschen übrig

Das Interesse am 5. Biberacher Geothermietag war mit rund 160 Teilnehmern sehr groß. Zudem meldete der Bundesverband Geothermie neue Rekordzahlen: So stieg die Anzahl der installierten Erdwärmepumpen von 27000 in 2007 auf rund 40000 in 2008, meldet.

Ernsthafte Probleme in Planung und Ausführung

Doch wo viel Licht ist, ist starker Schatten. Gleich zu Beginn der Tagung setzte es aus dem Auditorium harsche Kritik von Udo Pasler, Referat 22, Umweltministerium Baden-Württemberg, der die Situation in der Praxis auf den Punkt brachte: „Die Qualität in der Ausführung bleibt auf der Strecke“. Und weiter: „Die Effizienz der Geothermie lässt zu wünschen übrig.“ Es gäbe ernsthafte Probleme in Planung und Ausführung, eine Qualitätsoffensive der Industrie sei unbedingt notwendig.

Diese Phase hat die schweizerische Wärmepumpenbranche bereits hinter sich. Peter Hubacher, Leiter Ressort Qualitätssicherung bei der Fördergemeinschaft Wärmepumpe Schweiz (FWS) und allseits bekannt als „Wärmepumpendoktor“, kennt die Eigenheiten des Wärmepumpenmarktes in Zeiten großer Nachfrage. So sei typisch, dass die Hersteller von Wärmepumpen mit steigender Nachfrage mit Innovationen sparen. So gäbe es seit dem Jahr 2000 – dem Beginn des Wärmepumpenbooms in der Schweiz – praktisch keine Effizienzverbesserungen mehr. Auch werde zu wenig geplant und berechnet und zu viel geschätzt. Deshalb seien auch viele Erdwärmepumpen-Anlagen mit Erdsonden überdimensioniert. Oft werden für ein Einfamilienhaus zwei Sonden gebohrt, obwohl eine reichen würde. Dies ­führe neben höheren Investitionskosten zu einem dauerhaft höheren Stromverbrauch bei der Solepumpe. So läge der Anteil der Solekreispumpen an der elektrischen Leistungsaufnahme bei den untersuchten Erdwärmepumpen bei rund 13%.

Wärmepumpen zu groß, die ­Hydraulik zu komplex

Insgesamt werde das Energieeinsparpotenzial einer exakteren Auslegung von Sonden und Solepumpe unterschätzt, betont Hubacher. Bei einer Feldanalyse von 250 Klein-Wärmepumpen sei man auf sehr viele unzufriedene Wärmepumpen-Betreiber gestoßen. Meistens seien Wärmepumpen zu groß dimensioniert und die Hydraulik zu komplex. Bei manchen Anlagen seien die Jahresbetriebszeiten zu lang, so dass sich das Erdreich nicht ausreichend regenerieren könne. Als positiv erwähnt Hubacher die niedrigen Wartungskosten der untersuchten Anlagen. Für Service und Wartung gaben die Betreiber pro Jahr im Durchschnitt 18,50 Schweizer Franken aus. Allerdings müsse ab dem achten Betriebsjahr mit höheren Reparaturkosten gerechnet werden. Wichtig für die Qualitätsverbesserung sei eine souveräne Fehlerbewältigung und ein umfassendes Fortbildungsangebot, z.B. für Bohrmeister.

Hubacher geht davon aus, dass künftig verstärkt Luft-Wasser-Wärmepumpen nachgefragt werden, da viele alte konventionelle Heizungsanlagen saniert werden müssten. Sinnvoll sei es, zuerst das Gebäude wärmetechnisch zu sanieren und erst dann zur Wärmepumpe zu wechseln.

Oft wird geschludert bis der Doktor kommen muss

Das mangelhafte Qualitätsbewusstsein der Wärmepumpen-Akteure war auch Thema der anschließenden Diskussion. „Es hapert hinten und vorn“, so ein Diskussionsbeitrag. Bruno Loringer, zuständiger Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg für die Qualifizierungskampagne Erneuerbare Energien und Mitinitiator der Baden-Württemberg-Variante des „Wärmepumpendoktors“, wies auf „schwere Krankheitsfälle“ bei den Wärmepumpen hin, die dann der Wärmepumpendoktor zu therapieren ­habe. Typisch für Problemanlagen sei die „geschätzte Sondenauslegung“ sowie ein allgemein niedriger Qualitätsstandard bei der Ausführung der Geothermie-Anlage. Es sei deshalb wichtig, die planerischen Vorgaben so zu verändern, dass qualitativ höherwertige Anlagen entstehen. Außerdem müsse die Industrie ein eigenes Qualitätsmanagement für geothermische Wärmepumpen­anlagen aufbauen.

Ergebnisse einer zweijährigen Feld-Untersuchung

Kritik an den Werbeaussagen der Wärmepumpen-Hersteller kam von Rigobert Zipfer, der die Ergebnisse einer zweijährigen Untersuchung der lokalen Agenda 21 – Gruppe Energie Lahr – an 33 Wärmepumpenanlagen für Heizung und 5 Wärmepumpen-Anlagen zur Trinkwassererwärmung präsentierte. Während in den Katalogen der Hersteller Jahresarbeitszahlen (JAZ) von 4,0 versprochen werden, lägen die tatsächlich gemessenen Werte oft signifikant tiefer. Nur zwei der untersuchten 33 Wärmepumpen-Anlagen würden den Angaben des Herstellers entsprechen. Ansonsten erreichen in der besagten Untersuchung Erdreich-Wärmepumpen in Kombination mit Fußbodenheizung im Mittel eine JAZ von 3,4; Grundwasser-Wärmepumpen nur noch 3,0. Das Schlusslicht bilden die Luft-Wasser-Wärmepumpen: bei Fußbodenheizung liegt deren JAZ bei 2,8 und bei Radiatorenheizungen bei JAZ = 2,3. Erfolgt die Trinkwassererwärmung über die Wärmepumpe, läge die JAZ im Mittel nochmals um 0,3 Punkte niedriger. Das heißt, bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit integrierter Trinkwasser­erwärmung liegt die JAZ also nur noch bei 2,0. Von Energieeffizienz und Primärenergieeinsparung könne also keine Rede mehr sein.

„Nennenswert energieeffizient“ erst bei JAZ ab 3,5

Im Verständnis der Deutschen Energieagentur Dena und des Energieversorgers RWE seien Elektro-Wärmepumpen bei dem in Deutschland vorhandenen Strom-Mix nur dann als „energieeffizient“ zu bezeichnen, wenn die JAZ bei mindestens 3,0 läge. Wer das Prädikat „nennenswert energieeffizient“ erreichen wolle, müsse eine JAZ von mindestens 3,5 vorweisen. Als Maßnahmen zur Verbesserung der JAZ nannte Zipfer den Verzicht auf einen Pufferspeicher bei Fußbodenheizung, der mit einer Verbesserung der JAZ von 0,1 bis 0,2 zu Buche schlägt. In der Schweiz werden in diesem Fall etwa 0,4 JAZ-Punkte gutgeschrieben.

Aus Sicht der Gruppe „Energie Lahr“ besteht derzeit kein Anlass, aus Klimaschutzgründen die Luft-Wasser-Wärmepumpe zu empfehlen und schon gar nicht mit öffentlichen Mitteln zu fördern. An die Adresse von Wärmepumpen-Herstellern und Fachhandwerkern richtete Zipfer den Appell, mehr als bisher auf die Effizienz von Komponenten zu achten und die Systemtechnik zu optimieren.

Im Auftrag der lokalen Agenda 21 – Gruppe Lahr – und der Ortenauer Energieagentur Offenburg hat das Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Umwelt- und Reinraumtechnik, Offenburg, drei der gemessenen Luft-Wasser-Wärmepumpen auf Schwachstellen untersucht und Verbesserungspotenziale aufgezeigt (Download Ergebnisbericht unter https://stz-euro.de ).

Vielzahl von Leitfäden für oberflächennahe Geothermie

Mit welchen Fallstricken bei geothermischen Wärmepumpenanlagen gerechnet werden muss, verdeutlichte der Vortrag von Dr. Erich Mands, Fa. Umwelt Baugrund Geothermie Geo­technik, Wetzlar. Da Wasser- und Grundwasserschutz Landessache sei, gäbe es in fast jedem Bundesland einen separaten Leitfaden für die oberflächennahe Geothermie. Erschwerend käme hinzu, dass es sich bei den Leitfäden nur um Empfehlungen handele, so dass örtlich mit einem hohen Interpretationsspielraum bei den Genehmigungsbehörden zu rechnen sei.

Allgemein würden die behördlichen Anforderungen und Vorgaben der Genehmigungsstellen an Geothermie-Wärmepumpenanlagen steigen, auch wenn die Hintergründe nicht immer nachvollziehbar seien, sagt Dr. Mands. Beispiele: In Hessen forderten Mitarbeiter einer Wasserbehörde, dass eine Wärmepumpenanlage nur mit Ökostrom betrieben werden darf. In Baden-Württemberg wurde die Begrenzung der Bohrtiefe bei 140m damit begründet, dass die Erdwärmesonde nur bis 14bar druckdicht sei. Auch sei der Einsatz von Frostschutzmitteln im Sondenkreislauf in Baden-Württemberg nicht (mehr) erlaubt, wenn die Anlage in einem Wasserschutzgebiet liegt. In Schleswig-Holstein werde der Bau von Erdsonden-Anlagen durch die Vorgabe, mindestens 6m Abstand zur Grundstücksgrenze und zum nächsten Bohrloch, bei verdichteter Bebauung praktisch unmöglich gemacht, berichtet Dr. Mands.

Nicht nachvollziehbare sowie ­unseriöse Angaben

Nicht nachvollziehbar seien auch die landesspezifischen Vorgaben über Mindest-Bohrdurchmesser. Sie liegen in Baden-Württemberg bei 120mm für die 32-er bzw. 140mm für die 40-er Sonde, in Bayern bei 152mm, in Nordrhein-Westfalen bei 110mm und in Schleswig-Holstein bei 180mm. Die Stadt Stuttgart nehme es besonders genau und schreibe 200mm vor. Im Gegensatz dazu fordern Geologen möglichst kleine Bohrdurchmesser, da damit bei gleicher Bohrtiefe eine höhere Wärmeübertragung erreicht werde, erläutert Dr. Mands. Ebenso sei es im reinen Heizfall effektiver, eine tiefe statt zwei flache Erdwärmesonden zu installieren.

Doch nicht nur die Behörden, auch die Branche selbst trage durch unseriöse Angaben zur Verunsicherung bei. So gäbe es Hersteller von Erdwärmesonden, die eine Entzugsleistung von 140W/m und mehr versprechen – üblich sind 50W/m. Wolle man Kühlsolen in den Erdwärmesonden vermeiden, wie in Wasserschutzgebieten, könne man hier allenfalls mit einer Entzugsleistung von 30 W/m rechnen.

Aus Sicht von Erich Mands wird die zunehmende Reglementierung bei der oberflächennahen Geothermie zu nicht unerheblichen Kostensteigerungen führen, was mittelfristig jedoch die weniger energieeffiziente Luft-Wasser-Wärmepumpe begünstige.

Für Dr. Christian Trapp, Regierungspräsidium Freiburg, sind die strengeren Auflagen der Wasserbehörden eine Reaktion auf die oft schlechte Bohrqualität und den leichtfertigen Umgang mit Schadensfällen. Typisch sei, defekte Bohrungen nicht zu melden, sondern einfach zuzuschütten und an anderer Stelle nochmals zu bohren. Auch sei unklärt wer für unprofessionelle Bohrungen und undichte Sonden in Wasserschutzgebieten hafte. Prob­lematisch seien insbesondere die Inhibitoren in Soleflüssigkeiten zur Vermeidung von Korrosion. Trapp bekräftigte, dass der Schutz des Grundwassers über dem Klimaschutz stehe.

Anlagen exakt planen, solide ausführen und sorgfältig betreiben

Erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen sind eine sinnvolle und wirtschaftliche Möglichkeit zur Einsparung von Energie und zum Klimaschutz. Voraussetzung ist allerdings, dass solche Anlagen exakter geplant, solide ausgeführt und sorgfältig betrieben werden. Vertreter der tangierten Ministerien in Baden-Württemberg haben angekündigt, künftig am Bohrloch genauer hinzuschauen, um das Grundwasser vor unqualifizierten Ausführungen zu schützen. Allerdings müssten auch die Hersteller von Wärmepumpen mehr zur Qualitätssicherung am Bau beitragen. Strengere Auflagen rund ums Bohrloch führen jedoch auch zu Kostensteigerungen, die unweigerlich die Amortisationszeit erdgekoppelter Wärmepumpen erhöhen. Dies werde mittelfristig die Luft-Wasser-Wärmepumpe begünstigen, die jedoch bisher in eingebautem Zustand wenig überzeugende Jahresarbeitszahlen vorweisen kann.

Die Geothermische Vereinigung – Bundesverband Geothermie e.V. bietet im Internet unter http://www.geothermie.de/wissenswelt/gesetze-verordnungen-recht.html u.a. einen Zugriff auf die Länderrichtlinien und Leitfäden der Bundesländer zur oberflächennahen Geothermie.

Die Lokale Agenda-Gruppe 21 Energie in Lahr hat ihren Schlussbericht „Zweijähriger Feldtest Elektro-Wärmepumpe“ als 44-seitiges PDF-Dokument zum Herunterladen unter http://www.agenda-energie-lahr.de/leistungwaermepumpen.html pumpen.html (und dann auf das gelbe Rechteck „Schlussbericht Ergebnisse 2006–2008“ klicken) veröffentlicht.

Weitere Informationen

Unser Autor Wolfgang Schmid ist freier Fachjournalist für technische Gebäudeausrüstung, München; E-Mail: wsm@tele2.de

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