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Ungesunde Entwicklungen durch Subventionen

Uneinheitlicher Ausblick für die Solarbranche

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Großer Andrang herrschte auf dem Forum Solarpraxis: Der jährliche Branchentreff lockte über 700 Experten aus Industrie, Finanzwesen und Politik nach Berlin, um über die aktuelle Lage auf dem Photovoltaik- und dem Solarthermiemarkt zu diskutieren.

Für Sonnenstrom gehört Deutschland weiterhin zu den weltweit attraktivsten Märkten. Die Gesamtleistung der im Jahr 2010 ­installierten PV-Anlagen schätzt Günther Cramer, Präsident des Bundesverbandes für Solarwirtschaft (BSW) auf 8 GW. Die Förderung bleibt trotz der Kürzung weiterhin attraktiv, da die Preise für Solarmodule deutlich gesunken sind. „Damit bleibt Deutschland international mit Abstand Spitzenreiter“, so Cramer. Für dieses Jahr rechnet er mit einem Rückgang der Neu-Installationen auf 5 bis 6 GW. Andere Experten, wie Stefan de Haan vom Marktforscher Isuppli, sind da optimistischer: Er geht von einem Zubau von 9 GW in 2011 aus. Der Großteil seiner Kollegen ging allerdings von einem leichten – aber verkraftbaren – Rückgang auf 6 GW aus.

Kostenreduktion ist das oberste Ziel

Aus politischer Sicht wird der Photovoltaik ihr Erfolg immer mehr zum Verhängnis. Die Stromversorger machen die erneuerbaren Energien für die steigenden Strompreise verantwortlich: Die EEG-Umlage, mit der umweltfreundlicher Strom finanziert wird, steige zu stark, so die Argumentation. Der BSW reagierte auf die öffentliche Kritik an den steigenden Kosten mit dem Wegweiser Solarwirtschaft. Das Papier, das die Unternehmensberatungen Roland Berger und Prognos für den BSW erstellten, nennt als oberstes Ziel die Senkung der Systempreise bis 2020 um mehr als 50 %. „Kostenreduktion ist das zentrale Moment für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche“, sagte Cramer. „Wir rechnen in 2020 mit Systempreisen zwischen 1,32 und 1,50 Euro pro W. Das entspricht im Verhältnis zu heute einer Halbierung.“ Die Systempreise beinhalten alle Kosten aus der Sicht des Endgebrauchers, also Module, weitere Komponenten, Montage und Inbetriebnahme.

Trotz des zunehmenden politischen Gegenwinds rechnet niemand mit einem Einbruch des deutschen PV-Marktes. Mit der drastischen Preissenkung für Solaranlagen möchte die Branche sicherstellen, dass Solarstrom sich auch weiterhin rentiert. Außerdem wehrt sich die Branche damit auch gegen die asiatische Konkurrenz, die mit Kampfpreisen den deutschen Markt flutet. Die Preise für Module von deutschen Firmen liegen bei rund 1,80 bis 2 Euro pro Watt, chinesische Marken sind rund 20 Eurocent günstiger. Zu den Preisdifferenzen meint York zu Putlitz, Vorstandschef des deutschen Modulherstellers Aleo Solar: „Qualität hat seinen Preis und die höheren Preise für deutsche Produkte sind gerechtfertigt.“

Eigenverbrauch als Chance für weiteres Wachstum

Ein Marktsegment, das im kommenden Jahr an Bedeutung gewinnen könnte, ist der Eigenverbrauch. Grundlage ist eine Sonderregelung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), welche Anlagenbetreibern einen Bonus zahlt, wenn sie den erzeugten Solarstrom selbst verbrauchen. Berücksichtigt man die Ersparnis an Stromkosten, so liegt der Vorteil des Eigenverbrauchs – ausgehend von einem Netto-Strompreis von 20 Cent – bei bis 8 Cent pro kWh. Insbesondere für gewerbliche Verbraucher kann der Eigenverbrauch von Solarstrom Vorteile mit sich bringen, erläuterte Christian Sauer vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Gerade Bürogebäude oder Geschäfte hätten einen konstanten Stromverbrauch in den Tagesstunden, in denen eine PV-Anlage auch Strom liefert. Laut den Berechnungen seines Instituts könnten solche Betriebe einen Eigenverbrauchs-Anteil von etwa 60 % erreichen und somit deutlich höhere Erträge erzielen, als bei der Einspeisung ins Netz.

Ein weiterer Vorteil des Eigenverbrauchs: „Der Betreiber erreicht für die Dauer von ­ 20 Jahren eine relative Unabhängigkeit von Strompreisschwankungen“, erklärte Kai Imolauer von der Anwaltskanzlei Rödl & Partner. Ein Argument, das angesichts stetig steigender Energiepreise nicht unterschätzt werden sollte. Einige Hersteller hätten bereits Konzepte zur Speicherung entwickelt. „Noch sind die Lösungen zu teuer, aber die Richtung stimmt. Ein Ziel der Photovoltaik ist ja, dass Strom dezentral produziert und auch verbraucht werden soll.“

Förderstopp legte Geschäft mit der Solarthermie lahm

Starke Verunsicherung und überwiegend Pessimismus, war hingegen bei den Teilnehmern aus dem Bereich der Solarthermie zu spüren. Die Branche kämpfte 2010 im zweiten Jahr in Folge mit einer rückläufigen Marktentwicklung. „Bei Solarkollektoren verzeichnen wir einen Rückgang von 25 %“, sagte Helmut Jäger, Geschäftsführer der Solvis GmbH und stellvertretender Vorsitzender des BSW. „Wir hoffen, dass die Talsohle damit erreicht ist.“

Zentrales Thema für die Solarthermie-Experten war der Förderstopp, der das Geschäft von Mai bis Anfang Juli lahmgelegt hatte. Als „politisch vollkommen unsinnig“ bezeichnete Jäger diesen Beschluss der Regierung. „Es war abzusehen, dass der Stopp in der Öffentlichkeit nicht durchzuhalten ist.“ Er habe zu Verunsicherung und einer spürbaren Abwartehaltung bei den Verbrauchern geführt.

Carsten Kuhlmann, Sprecher für Solarthermie beim BDH, rechnete vor, dass die ausbleibende Förderung den Anbietern Aufträge von etwa 150000 m2 Kollektorfläche kostete. „Diese Löcher im Absatz kann man nicht aufholen. Das ist für das gesamte Jahr verloren.“ Daneben gebe es aber auch weitere Gründe für die Marktflaute. Etwa der niedrige Ölpreis, der wenig Anlass zu außerplanmäßigen Modernisierungen im Heizungskeller bietet.

Zur Konkurrenzsituation zwischen PV und Solarthermie

Zudem gehe auch der derzeitige PV-Boom zu Lasten der Solarthermie, sagte Andreas Lücke, Geschäftsführer des Bundesindustrieverbandes Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). „Verbraucher können das Geld nur ein Mal in die Hand nehmen. Wer eine PV-Anlage installiert, investiert nicht zusätzlich in die Heizungsmodernisierung.“ Dabei brauche sich die Solarthermie gar nicht hinter der großen Schwester Photovoltaik verstecken, betont Timo Leukefeld, Geschäftsführer der Soli Fer Solardach GmbH in Freiberg. Solarthermische Anlagen kämen auf höhere Wirkungsgrade als jede PV-Anlage und daher auch auf eine bessere Wirtschaftlichkeit. „Wir müssen solche Argumente im Verkauf nur stärker aufgreifen. Da können wir noch viel von der Photovoltaik lernen“, so Leukefeld.

Als potenzielle Wachstumsmärkte nannte er die solare Sanierung im Wohnungsbau. Mieter stünden bei sanierten Wohnungen mit relativ geringen Warmmieten Schlange. Und beim Denkmalschutz sei ins Dach inte­grierte Solarthermie ein wahrer Problemlöser, da bei geschützten Häusern nicht gedämmt werden dürfe.

„Generell gibt es auch Anzeichen für eine Belebung des Marktes, sodass wir davon ausgehen, dass wir in diesem Jahr eine positive Entwicklung haben werden“, erklärte BDH-Vertreter Andreas Lücke. Er geht davon aus, dass es in diesem Jahr keinen weiteren Stopp bei den Fördermitteln geben wird. Eine deutliche Belebung scheint derzeit jedoch nicht in Sicht.

So zeigen die Vorzeichen für solare Wärme und solare Energie für dieses Jahr in umgekehrte Richtungen. Während die Photovol­taik ihr Rekordjahr kaum wiederholen wird, kann es für die Solarthermie eigentlich nur nach oben gehen.

Autor

Rouben Bathke ist Redakteur beim ­EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (02 28) 3 69 44-87, r.bathke@europressedienst.com , https://www.europressedienst.com/

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