Kaum in einem anderen Bereich der Haustechnik war der technologische Fortschritt so rasant wie in der Wärmeerzeugung. Moderne Komponenten reagieren wesentlich empfindlicher auf Heizwasser, das mit Mineralien, insbesondere Kalk versehen ist. Die kompakt gewordenen Wärmeübertragungsflächen, die zwecks Leistungssteigerung verringerten Wandstärken und die höheren Heizflächenbelastungen verlangen heute einfach eine kontrollierte und aufbereitete Heizwasserqualität. So definiert die neue VDI 2035, Blatt 2 folgende Richtwerte
Das Neue an dieser Richtlinie ist, dass nunmehr zwei mögliche Typen von Heizungswasser aufgeführt werden. Liegt die salzhaltige Betriebsweise vor, so gilt seit 2009 ein fünfmal geringerer Grenzwert für den gelösten Sauerstoff im Systemwasser. Mit der hier vorgestellten Praxisstudie hat der Verfasser untersucht, ob Heizungsanlagen heute tendenziell salzhaltig oder salzarm betrieben werden und ob die empfohlen Sauerstoffkonzentrationen eingehalten werden können.
Um die Kernaussage der Untersuchung vorwegzunehmen: Eine Überzahl der Systeme ist der salzhaltigen Fahrweise zuzuordnen und sie erfüllen aus diesem Grund den tieferen den Richtwert für den Sauerstoffgehalt nicht.
Technische Lösungen
Um die Matrix der Richtwerte Sauerstoff und Leitfähigkeit nach VDI 2035 zu erfüllen, ergeben sich technisch zwei Möglichkeiten zur Beeinflussung der Heizungswasserqualität:
- Senken des Sauerstoffgehaltes oder
- Entfernen der Salze im Heizwasser.
Absenken der Sauerstoffkonzentration: Um den gelösten Sauerstoff aus dem Systemwasser zu entfernen gibt es eine Reihe physikalischer und chemischer Methoden. Gerade im bereits sauerstoffarmen Heizwasser gelangen physikalische Methoden an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, wenn es darum geht ein Quäntchen an Restsauerstoff bis auf unter 0,02 mg/l zu entgasen. Chemische Wasserzusätze wären diesbezüglich effektiver, aber sie eignen sich infolge des Kontroll- und Wartungsaufwandes nur bedingt für Wohnbauten. So lesen wir in der VDI 2035 auch: „Bei allen Anlagen, bei denen eine Behandlung des Füll- und Ergänzungswassers bzw. des Heizwassers erfolgt, sind die Leitfähigkeit und der pH-Wert nach Herstellerangaben, mindestens jedoch einmal jährlich, zu messen und zu dokumentieren „ und „eine Wasserbehandlung durch Zugabe von Chemikalien soll auf Ausnahmen beschränkt sein“. So verbleibt zur Erfüllung der Richtlinie in vielen Fällen noch die Absenkung des Salzgehaltes im Systemwasser, denn die salzarme Betriebsweise erlaubt einen höheren Sauerstoffgehalt über 0,02 bis 0,1 mg/l.
Senken des Salzgehaltes: Bei der Entsalzung des Heizwassers handelt es sich um eine einmalige Wasserbehandlung. Technisch gesehen ist das Verfahren einfach in der Anwendung geworden. Es gibt heute eine Auswahl von Produkten zur Entsalzung von Heizwasser auf dem Markt. So kann beispielsweise auch mit einer Druckerhöhungspumpe das Heizungswasser im Bypass über eine Demineralisierungseinheit geführt werden, ohne dass das System erneut entlüftet werden muss. In 59 % der untersuchten Heizungsanlagen hätte diese einfache Massnahme gereicht, um das Verhältnis Sauerstoff/Leitfähigkeit im Sinne der VDI 2035 unter die Grenzwerte zu bewegen.
An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass die Entsalzung des Heizungswassers durch Ionentausch zwar geeignet ist die Leitfähigkeit in den Sollbereich zu bringen und die Toleranz gegenüber gelöstem Sauerstoff zu erhöhen, aber selbst keine Maßnahme zur pH-Wert Korrektur darstellt.
Wasserkonditionierung bei tiefem Salzgehalt
Hat sich ein Anlagenbetreiber einmal auf die salzarme Betriebsweise festgelegt, so ist er in der Auswahl der Methoden zur weiteren Wasserkonditionierung eingeschränkt. Chemikalien zur Sauerstoffbindung und Alkalisierung führen oft zu einer Erhöhung des Salzgehaltes. Die VDI 2035 erwähnt: „Zu beachten ist, dass die Leitfähigkeit nicht allein durch das Füllwasser bestimmt wird. Zusätze zum Heizwasser (z.B. Sauerstoffbindemittel... Korrosionsinhibitoren...) führen zur Erhöhung der Leitfähigkeit...“
Im salzarmen Betrieb von Heizungsanlagen gewinnt darum das altbewährte Konditionierungsverfahren auf Basis von Opferanoden wieder an Bedeutung. Die Alkalisierung erfolgt dabei durch die Abgabe von Magnesiumhydroxid, dessen Löslichkeit mit zunehmendem pH-Wert abnimmt. Im vollentsalzten Wasser genügen geringste Mengen des alkalischen Salzes um eine selbstregulierte, nach oben begrenzte pH-Wert Konditionierung sicherzustellen. Es findet keine permanente Aufsalzung statt.
Auch die elektrochemische Sauerstoffbindung durch eine Opferanode belastet das Wasser nicht mit unerwünschten Salzen. Denn im Unterschied zur rein chemischen Wasserbehandlung wird hier der Wirkstoff in Form eines festen Depots (Anode) und nicht als flüssiger Vorrat zugegeben. So bezeichnet die Schweizer Richtlinie 97-1 der Wärme und Klima-Ingenieure SWKI dieses Verfahren auch als „technisch gute und ökologische Lösung“.
Fazit
Mit der Schaffung der Kategorie des salzarmen Heizwassers weist die neue VDI 2035 den Heizungsbauern den Weg, wie moderne Komponenten der Heizungstechnik werterhaltend betrieben werden können. Die Empfehlungen werden in der Praxis jedoch noch nicht genügend beachtet, wie die Studie zeigt. Von den untersuchten Heizungsanlagen liefen 89 % außerhalb der Sollwerte für die Wasserqualität. Es wird interessant sein zu beobachten, wie die Industrie darauf reagiert. An den technischen Möglichkeiten, das Wasser gemäß der Richtlinie salzarm aufzubereiten liegt es nicht.
INFO
Angaben zur Datenerhebung
Die Daten wurden über die Beobachtungsperiode von einem Jahr erhoben. Die zu untersuchende Grundgesamtheit beinhaltet alle wasserführenden Heizungsanlagen (der Schweiz). Um den Einfluss allfälliger Störvariablen zu verringern, wurden aus der Jahresproduktion des Labors von ca. 1000 Analysen mit Sauerstoffbestimmung vor Ort zufällig 250 Datenpaare für Sauerstoff und elektrische Leitfähigkeit entnommen. Die Studie nimmt nicht in Anspruch statistisch repräsentativ zu sein. Die Zuverlässigkeit der Kernaussage wird jedoch durch die gute Kongruenz der untersuchten Datenpaare unterstützt.
Zur Verfügung gestellt wurden die Daten von der Firma, D. Weiss & Co., 8046 Zürich, einem etablierten Labor für Heizwasseranalysen vor Ort.
Die Untersuchungsmethode für Sauerstoff erfolgte nach ASTM D5543 und Leitfähigkeit nach ASTM D1125.
Autor
Manuel Rickenbach ist Geschäftsführer und Inhaber der Elysator Engineering AG, CH-8832 Wollerau, Tel. 0041 (44) 78 61-2 12, Fax 0041 (44) 78 61-2 42, E-Mail: manuel.rickenbach@elysator.ch