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Werkskundendienste einbinden

Koalitionär oder ­Konkurrent?

SBZ: Auch Werkskundendienste werden in Unternehmen mittlerweile an ihren Zahlen gemessen. Kann dies nicht zu Konflikten beim Kunden vor Ort führen, wenn dort weiteres Auftragspotenzial gesehen und übernommen wird?

Christmann: Die Frage lässt sich recht einfach beantworten: Am Ende des Tages ist der Fachhandwerker für uns der wichtigste Kunde. Und zwar nicht nur der, der letztendlich unsere Produkte kauft, sondern der auch mehr als zwei Drittel aller Aufträge an den Werkskundendienst erteilt. Dieses Bild dürfte sich bei allen großen Herstellern der Branche ähneln. Ich stimme Ihnen natürlich zu, dass auch der Werkskundendienst anhand seines finanziellen Ergebnisses beurteilt wird. Wir sehen darin aber eher eine Chance für uns als aktiven Partner des Fachhandwerkers, indem wir ihm Unterstützung bei Aufträgen bieten, die für ihn oft nur mit erheblichem Aufwand zu leisten sind. Das können auf der einen Seite Aufgaben sein, für die erheblicher Trainingsbedarf erforderlich ist. Auf der anderen Seite dreht es sich aber auch um die Inbetriebnahme und Wartung äußerst komplexer Anlagentechnik, die in den vergangenen Jahren einen immer größeren Anteil am Tagesgeschäft ausmacht. Der einzelne Gas-Wärmeerzeuger wird eher die Ausnahme als die Regel. Wir vermarkten uns an dieser Stelle gegenüber dem Fachhandwerk als Problemlöser mit einem Rundum-sorglos-Paket.

SBZ: Um welche Produktbereiche dreht es sich dabei insbesondere?

Christmann: Zum einen ist es das äußerst wachstumsstarke Feld der BHKW-Technologie. Wir bieten hier als einer der wenigen Hersteller im Markt ein umfangreiches Produktprogramm vom Mikro-BHKW bis zum BHKW mit 20 kW elektrischer Leistung für große Gebäude. Dementsprechend unterscheiden sich hier sowohl die Planung als auch Installation und Inbetriebnahme. Und letztendlich ist die Kraft-Wärme-Kopplung eine Technologie, die bislang – im Vergleich zur gesamten Zielgruppe – recht wenig Fachhandwerksunternehmen in ihrem Portfolio haben – trotz der Trainingsanstrengungen aller großen Hersteller. Deswegen beauftragen uns hier viele Fachpartner ganz bewusst, einfach weil sie derzeit noch nicht über das Know-how verfügen, aber dennoch an diesem Wachstumsmarkt teilnehmen ­wollen.

Darüber hinaus dreht sich dann viel um Anlagen, in denen viele Komponenten hoch effizient zusammenarbeiten müssen. Dabei kann es sich um mehrere Wärmeerzeuger, Kaskaden oder die Kombination von Photovoltaik mit der Heiztechnik handeln. Beim ­typischen Brennwertgerät ist die Bereitschaft der Fachhandwerker geringer, hier Aufträge an Werkskundendienste zu erteilen, weil dies zu ihrem angestammten Geschäft gehört, das sie tagtäglich ausführen – das aber ohne ergänzende Komponenten wie beispielsweise Solaranlagen deutlich weniger wird. Aber auch hier haben wir Fachhandwerksunternehmen, die ganz bewusst ausschließlich ­installieren beziehungsweise austauschen. Sowohl die ­Inbetriebnahme als auch die kontinuierliche Wartung wird dann an uns übertragen. Dabei handelt es sich einfach um Geschäftsmodelle, für die wir ebenso Unterstützung bieten.

SBZ: Sieht der Fachhandwerker den Werkskundendienst zunehmend als personelle Unterstützung oder doch noch eher als Urlaubsvertretung?

Christmann: Unsere hauptsächliche Funk­tion ist die Problemlösung. Sei es, dass es sich wie beschrieben um komplexe Anlagentechnik, neue Technologien oder die Abdeckung von Bedarfsspitzen im Personalbereich handelt. Wir müssen uns letztendlich auch das große Feld anschauen, das in einem SHK-Fachhandwerksunternehmen verantwortet wird. Dabei dreht es sich ja leider nicht nur um die Wärme- und/oder Stromerzeugung, sondern auch um alle Aufgaben aus den Bereichen Sanitär und Bad. Auch hier muss das Personal entsprechend fit sein. Das lässt sich in kleineren Betrieben kaum noch umsetzen. Hat der Fachhandwerker dann noch zwei oder sogar drei Marken in der Wärmeerzeugung, die er installiert, dann ist das kaum noch zu stemmen. Der Fachhandwerker sieht uns dann als zuverlässigen Problemlöser, wo er hinter einen Auftrag wirklich einen Haken machen kann und sein Kunde zufrieden sein wird.

Und natürlich geht es auch um das Thema Kapazität. Wir merken das beispielsweise an unseren steigenden Anrufzahlen zwischen Weihnachten und Silvester. Das ist nicht witterungsbedingt, sondern die Personaldecke in den Fachhandwerksunternehmen ist durch die Urlaubssaison einfach dünner. Oft spüren wir auch, wenn es viele Neu-Installationen sowohl im Bad- als auch Heizungsbereich gibt, dass dann einfach zu wenig Mitarbeiter sich um das Thema Wartung kümmern können und wir damit beauftragt werden.

SBZ: Worauf legen Fachhandwerker denn bei der Beauftragung eines Werkskundendienstes besonderen Wert? Wie lässt sich das Vertrauen erreichen und halten?

Christmann: Wir haben zu diesem Thema bereits zahlreiche Untersuchungen und Marktbefragungen – teils durch neutrale Institute – beauftragt, weil es genau die zentralen Fragen sind, die wir immer wieder neu beantworten müssen, um erfolgreich agieren zu können. Die zentralen Werte, die wir immer wieder vermitteln, sind Zuverlässigkeit und Kompetenz. Wenn ein Fachhandwerker einen Kunden in unsere Hände übergibt, muss er einfach zu 100% sicher sein, dass die beauftragten Jobs genauso sicher und zuverlässig erledigt werden, als wenn er es selber gemacht hätte. Ganz wichtig ist dabei die Information über den Stand der Dinge der Arbeiten von unserem Werkskundendienst an den beauftragenden Fachhandwerker. Das schafft ein positives Gefühl: „Es läuft alles und ich muss mich um nichts kümmern“. Deswegen informieren unsere Techniker immer direkt nach Abschluss des Jobs oder geben Zwischenstände bei aufwendigeren Tätigkeiten mobil weiter – und zwar genauso wie es der Fachhandwerker wünscht – per SMS, E-Mail oder Anruf.

In unserer Branche hat gerade bei den führenden Herstellern die Dienstleistung gegen­über dem Fachhandwerk einen sehr hohen Stellenwert – anders als in der sonst oft so bezeichneten „Servicewüste Deutschland“. Es ist eines der wichtigsten Teile des Markenversprechens. Natürlich zählt dazu auch das Produkt. Aber hier wird bei einer großen Marke wie Vaillant einfach erwartet, dass die Qualität stimmt. Die Differenzierung wird in der Heizungsbranche dann oft ­tatsächlich über die Qualität der Dienstleistungen erreicht. Aus unseren Umfragen ­wissen wir, dass dies in weiteren Ländern ­Europas durchaus anders gesehen und bewertet wird.

SBZ: Haben aus Ihrer Sicht denn Neu- oder Quereinsteiger in die Branche überhaupt die Möglichkeit zum Markteintritt ohne einen gut funktionierenden Werkskundendienst?

Christmann: Eine Chance dazu besteht natürlich immer. Es gibt ja auch Fachhandwerker, die sich auf bestimmte Marktsegmente konzentrieren und die hierbei so spezialisiert sind, dass sie keine Unterstützung von außen brauchen. Genauso kann hinter den neuen Herstellern beispielsweise auch eine finanzkräftige Gruppe stehen, die entsprechend unterstützt. Was den Markteintritt extrem erschwert, ist aus unserer Sicht das erforderliche hoch qualifizierte Personal. Hier haben wir z.B. bei unserem Werkskundendienst die besten Erfahrungen mit eigenen Mitarbeitern gemacht. In Deutschland fahren teilweise aber auch große Hersteller andere Modelle, in denen sie einerseits auf eigenes Personal und andererseits auf eingekaufte Dienstleister setzen.

Nach unseren Erfahrungen ist die Ausbildung der Mitarbeiter im Werkskundendienst einer der entscheidenden Punkte. Und genau da hält der Markt nur ein begrenztes Kontingent an Personal bereit, das diese Voraussetzungen erfüllt. Wir betreiben hier ein mehrstufiges Modell und stellen ausschließlich erfahrene Mitarbeiter ein, die dann noch eine mehrmonatige Zusatzausbildung erhalten, bevor sie zum ersten mal Kundenkontakt haben. Dann dürfen sie aber erst ein relativ kleines Produktspektrum betreuen und haben dann nach weiterer Erfahrung im Feld die Chance zu weiteren Ausbildungen mit neuen Produkten. Und dann können diese Mitarbeiter immer noch auf die erfahrenen Kollegen an unserer Profi-Hotline zurückgreifen, mit denen sie Aufgabenstellungen besprechen können.

Die Frage ist, ob mir als Fachhandwerker geholfen wird, wenn etwas nicht mehr läuft oder mal schiefgeht. Wie schnell habe ich Unterstützung durch den Hersteller und wie sieht diese aus? In unserer Branche ist Glaubwürdigkeit gefragt. Da schätze ich das Service-Image eines Unternehmens sogar noch etwas höher ein als das Produkt-Image. Für uns und unsere Fachhandwerkspartner hat sich das beschriebene Modell bewährt. Das hat keinen Absolutheitsanspruch für die Branche, aber es trifft genau auf unsere Kunden zu, mit denen wir zusammenarbeiten.

SBZ: Eine abschließende Frage, Herr Christmann. Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Verhältnis von Werkskundendienst und SHK-Fachhandwerkern in den kommenden Jahren entwickeln?

Christmann: Wir rechnen hier mit einem weiteren Zusammenwachsen und einer noch intensiveren Partnerschaft als heute. Dazu können wir uns zahlreiche Modelle vorstellen, die wir derzeit schon mit ausgewählten Fachhandwerkspartnern diskutieren. Alles läuft aber auf eine noch bessere Unterstützung und die Übernahme vollständiger Aufgabenpakete in Kooperation mit den Fachhandwerksunternehmen hinaus. Die Partnerschaft wird künftig noch viel deutlicher gelebt werden – aus den oben genannten Gründen heraus. Denn in den nächsten Jahren werden weitere Aufgaben auf das Fachhandwerk in puncto Vorschriften ­zukommen. Ich denke hier an die Richtlinie Energy ­related Products (ErP), die ja die gesamte ­Branche nachhaltig beeinflussen wird.

Dazu kommen dann eine Förderpolitik und Förderbedingungen, die bereits heute nur noch Experten tagesaktuell überblicken können. Der Endkunde hat aber die berechtigte Forderung an den Fachhandwerker, dass er hier entsprechend Auskunft geben kann. Hier sind dann einfach die Hersteller gefordert. Die Werkskundendienste werden dadurch immer mehr zu einem verlängerten Arm des Fachhandwerks. Das ist auch eine Chance, die sowohl unsere Fachhandwerks­partner als auch wir nutzen können, um der Branche und den Endkunden entscheidenden Mehrwert zu bieten.

SBZ: Herr Christmann, vielen Dank für das interessante Gespräch.

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