Seit der Aufnahme von Wärmepumpen im Marktanreizprogramm (MAP) [1] beschäftigen sich Wärmepumpenbefürworter und -gegner, Anbieter und Interessenten stärker mit Jahresarbeitszahlen – ist doch eine Fachunternehmererklärung mit Angabe der Jahresarbeitszahl Voraussetzung für die Förderung.
MAP: Genormte JAZ-Berechnung
Beim Beantragen der MAP-Förderzuschüsse beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für effiziente Wärmepumpen ist auf der Fachunternehmererklärung eine jederzeit reproduzierbar berechnete Jahresarbeitszahl nach VDI 4650-12) auszuweisen und nicht für die tatsächlich erreichte Jahresarbeitszahl eine Prognose oder eine Garantie abzugeben. Zudem ist die Jahresarbeitszahl momentan auch nur auf die Raumheizung und nicht auf Raumheizung und Trinkwassererwärmung zu beziehen.
Im MAP sind zwar auch kombinierte Anlagen förderfähig, die Trinkwassererwärmung bleibt energetisch aber unberücksichtigt, weil kein Berechnungsverfahren existiert (vgl. [2]). Der ausführende Fachunternehmer muss für die Fachunternehmererklärung mit dem überschlägigen Verfahren aus VDI 4650-1 die Jahresarbeitszahl ohne Trinkwassererwärmung, ohne Heizstabeinsatz (für die Trinkwassererwärmung) und ohne konkrete Randbedingungen wie Klimadaten ermitteln.
Keine Wirtschaftlichkeitsprognose
Da Größen wie die technischen Daten der Wärmepumpen, Heizwassertemperaturen und die Leistung der Umwälzpumpe eingehen, ist das VDI-4650-1-Verfahren durchaus analog zum Energiebedarfsausweis als Qualitätskontrolle geeignet, darf jedoch nicht mit einer Simulationsrechnung für die konkreten Randbedingungen verwechselt werden. Denn einige in dem VDI-4650-1-Verfahren benötigte Größen, beispielsweise die Erdreichtemperatur bei Wärmeentzug, können eigentlich nur durch eine Simulationsrechnung gewonnen werden. Tatsächlich werden sie jedoch unabhängig von der Quellenauslegung und der Laufzeit beispielsweise mit 0 °C angesetzt.
Problematisch ist, dass die Berechnungen nach VDI 4650-1 von Handwerkern und Kunden teilweise mit einer tatsächlichen Prognose für die Wirtschaftlichkeit verwechselt werden. Dass der Einbau von Messtechnik (Zähler für Strom und Wärmemenge) zur Kontrolle im MAP vorgeschrieben ist, verstärkt diese Illusion zusätzlich.
Bis Ende des Jahres 2008 ist eine Übereinstimmung zwischen Prognose nach VDI 4650 und den Messergebnissen sehr unwahrscheinlich, da besonders im Neubaubereich die nicht berücksichtigte Trinkwassererwärmung aufgrund ihrer höheren Temperaturanforderungen die tatsächlich erreichte Jahresarbeitszahl thermodynamisch bedingt verschlechtert. Erst ab dem 1. Januar 2009 eingehende Förderanträge sollen auch die Trinkwassererwärmung einbeziehen, sodass dies bereits jetzt bei der Angebotserstellung bzw. Anlagenauswahl berücksichtigt werden sollte. Zwar liegt noch keine diesbezügliche Änderung des MAP vor, das am 1. Januar 2009 in Kraft tretende EEWärmeG [3] regelt es aber in den Fördervoraussetzungen.
Praxisbeispiel mit Zahlen
Selbstredend ist ein Interesse des Verbrauchers an realistischen Qualitätskriterien für seine Kaufentscheidung verständlich. Auch weil die Messungen der Jahresarbeitszahl in realisierten Anlagen nicht immer die Werbeaussagen der Hersteller widerspiegeln. Was spricht darum gegen eine Jahresarbeitszahlgarantie durch den Anbieter? Betriebsergebnisse von Wärmepumpen sind stark von den gewählten Randbedingungen abhängig, vor allem von der gewünschten Heizwasser- und der Quellentemperatur. Und nicht immer liegt die Verantwortung für diese Randbedingungen beim Fachunternehmer.
Um dies mit konkreten Zahlen zu untermauern, wurden Simulationsrechnungen mit der Planungs-, Optimierungs- und Simulationssoftware WP-OPT durchgeführt und dabei verschiedene Parameter variiert. Ausgangspunkt ist eine sorgfältig geplante Anlage mit folgenden Randbedingungen:
– Auslegung der Fußbodenheizung mit 35/28 °C und hydraulischer Abgleich
– der Trinkwarmwasserbedarf wurde vom Bauherrn mit 150 l/d und 48 °C angegeben
– es wurde ein Speicher mit einem sehr großen innenliegenden Wärmeübertrager im unteren Bereich gewählt
– Heizwärmebedarf des Gebäudes: 10428 kWh/a
– Wärmebedarf für Trinkwassererwärmung: 2747 kWh/a
– simulierte Quellentemperatur: –0,1 °C (Horizontalabsorber 250 m²)
– Sole/Wasser-Wärmepumpe mit 9,2 kW und einer Leistungszahl von 4,49 bei B0/W35
Damit ergeben sich folgende Ergebnisse:
– Jahresarbeitszahl nach VDI 4650-12: 4,40
– Jahresarbeitszahl mit Simulation WP-OPT: 4,21
– Stromverbrauch mit Simulation (Kompressor, Soleumwälzpumpe, Regelung): 3129 kWh/a
Abweichungen bei einer Messung der Jahresarbeitszahl in der tatsächlichen Anlage können außer klimatischen Schwankungen sehr vielseitige Ursachen haben, von denen einige mit ihren Auswirkungen in Bild 2 beschrieben werden.
Hohe JAZ = kleine Betriebskosten?
Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass die Jahresarbeitszahl allein noch keine Aussage über die Betriebskosten gestattet. Beispielsweise verschlechtert sich die Jahresarbeitszahl während einer Austrocknungsphase (Mehrbedarf um 15 % angenommen) nur minimal, weil die JAZ-verringernde Trinkwassererwärmung bei der höheren Heizlast geringer eingeht. Allerdings steigen die Betriebskosten in diesem Fall prozentual sehr deutlich: von 534 auf 619 Euro/a. Deshalb muss zusätzlich auch stets der Stromverbrauch betrachtet werden.
Die Palette an Möglichkeiten zur Abweichung von der prognostizierten Jahresarbeitszahl kann gegenüber Bild 1 noch fortgeführt aber für einige Einflüsse rechnerisch nur schwer erfasst werden. Dazu gehören u.a.:
- Reglungsfehler
- Wegzirkulieren des Trinkwarmwassers und Nacherhitzung mit thermostatisch gesteuertem Heizstab
- zusätzlicher Stromverbrauch durch passive Kühlung (Umwälzpumpen, Regelung)
- Möglich, aber sehr selten, sind auch Fälle wie Kältemittelmangel des Gerätes oder schlecht verfüllte Sonden.
- Relativ gering ist der Einfluss der Erdsondenart. Im gerechneten Beispiel liefern 250 m² Flachabsorber und zwei Sonden à 62 m die gleiche Jahresarbeitszahl. Die Vorteile vertikaler Sonden liegen vor allem im Komfortgewinn durch passive Kühlung und im geringen Flächenbedarf.
Insgesamt unterstreichen die Simulationsergebnisse, dass die Randbedingungen im Vorfeld genau definiert werden müssen, unter denen eine Jahresarbeitszahl prognostiziert werden soll. Will man eine hohe Genauigkeit erreichen, muss individuell vorgegangen werden. Dies wäre jedoch für einen Fördermittelgeber wegen des hohen Aufwands und der Manipulationsmöglichkeiten inakzeptabel. Unter Umständen stehen auch normative Randbedingungen und die Bedürfnisse der Nutzer in einem gewissen Konflikt: Das Modell eines Herstellers, Verbrauchswerte bei einer Festeinstellung der Heizungsanlage zu garantieren, wurde vor mehreren Jahren seitens der Verbraucher nicht akzeptiert. Die meisten Kunden wollten nicht mit 20 °C Raumtemperatur leben.
Realistische JAZ früh ermitteln
Was können nun Anbieter und Kunden tun, um im Vorfeld realistische Jahresarbeitszahlen zu ermitteln? Zu einer qualifizierten Beratung gehört zunächst das Abklären der konkreten Nutzerbedürfnisse: Welche Raumtemperaturen sollen erreicht werden? Wie sind die Wünsche bei der Trinkwarmwasserversorgung? etc. Den Kunden für die Besonderheiten der Wärmepumpe bzw. für ihren kostengünstigen Einsatz bereits im Vorfeld zu sensibilisieren ist damit Pflichtaufgabe der Handwerker, Hersteller und Planer. Erst wenn der künftige Nutzer den Einfluss verschiedener Parameter erkannt hat, wird er auf die Ausführung der baulichen Hülle, die niedrige Einstellung der Heizkurve oder seine Gewohnheiten bei der Nutzung von Trinkwarmwasser achten. Eine Wärmepumpe inklusive Wärmeverteilung muss also nicht nur zum Haus sondern auch zum Kunden passen.
Wenn ein Kunde auf einer Vereinbarung zur Jahresarbeitszahl besteht, ist das prinzipiell in Verbindung mit klar definierten und schriftlich fixierten Randbedingungen sowie durch die Installation einer entsprechenden Aufzeichnungstechnik (für Heizwassertemperaturen) möglich. Denn nur so lassen sich die Ursachen für Abweichungen klar feststellen.
Empfehlenswert ist es auch, den Anlagenbetreiber in die Benutzung der Messtechnik bzw. von Kontrollanzeigen des Gerätes einzuweisen, um Abweichungen zeitnah feststellen zu können.
Eine hohe Jahresarbeitszahl ist wichtig, aber alleine noch keine Garantie dafür, dass die Anlage besonders wirtschaftlich arbeitet und der Nutzer alle Potenziale für niedrige Betriebskosten ausschöpft. Mit einer garantierten Jahresarbeitszahl ist den Kunden deshalb nur sehr bedingt gedient.
Literatur
[1] Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt vom 5. Dezember 2007, ergänzt am 17. Juni 2008, Download auf http://www.bafa.de
[2] VDI 4650-1 Berechnung von Wärmepumpen – Kurzverfahren zur Berechnung der Jahresaufwandszahlen von Wärmepumpenanlagen – Elektro-Wärmepumpen zur Raumheizung, Januar 2003. Im September 2008 ist ein Richtlinienentwurf für VDI 4650-1 vorgelegt worden, der das Verfahren auf die Trinkwassererwärmung erweitert
[3] Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – EEWärmeG) vom 7. August 2008, veröffentlicht am 18. August im Bundesgesetzblatt (Jg. 2008 Teil I Nr. 36, S. 1658).
Unsere Autorin Dipl.-Phys. Christina Hönig ist hauptsächlich auf dem Wärmepumpensektor tätig und dabei auch in der Softwareentwicklung aktiv; WPsoft GbR, 01189 Dresden, https://wp-opt.de/, Telefon (03 51) 4 24 67 12, E-Mail: info@wp-opt.de
Software-Hilfe bei der Wärmepumpenplanung
Ist die preiswertere Luftwärmepumpe statt einer erdgekoppelten Anlage zu empfehlen? Welchen Einfluss haben die Heizstäbe auf die Energiekosten? Wie wirkt sich das gewählte Speicherkonzept bei der Warmwasserbereitung aus? Sollte bei hohen Heizwassertemperaturen auf eine Wärmepumpe verzichtet werden? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert die Auslegungs- und Simulationssoftware WP-OPT.
Praktisch: Warnhinweise bei Planungsfehlern erhöhen die Berechnungssicherheit; anschauliche Reports mit Diagrammen zur Wirtschaftlichkeit unterstützen das Kundengespräch.
Unter https://wp-opt.de/ gibt es eine Demoversion der Software (mit Hilfedatei).