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Das fehlende Puzzleteil

  • Hybride Systeme mit Wärmepumpen schaffen einen leichteren Übergang von konventionellen zu regenerativen Heizungen. Auch im Bewusstsein der Kunden.
  • Gerade im Altbestand mit seinen Millionen Gas- und Ölheizungen lässt sich auf diesem Weg schneller eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreichen.
  • Um an die entsprechenden Fördergelder der jüngsten Gesetzgebung (GEG und BEG) zu gelangen, muss immer genau gerechnet werden.
  • Hybridwärmepumpen können ein Puzzle­teil sein, um den Weg zu ebnen hin zu einem mehrheitlich erneuerbar beheizten Deutschland. Es ist ein ungeheurer Kraftakt, den bisher in weiten Teilen konventionell beheizten Gebäudebestand mehr und mehr in Richtung regenerativer Heizungssysteme zu bewegen. Zu dem schwierigen Unterfangen gibt es keine Alternative. Die Auswirkungen der schleichenden Erderwärmung werden zunehmend spürbar. Verbrenner sollten wirklich nur noch da neu eingesetzt werden, wo es eben gar nicht anders geht. Und Bestandsanlagen sollten nur noch so wenig CO2 wie möglich ausstoßen. Oder andersherum gesagt: Gas und Öl nur noch dann verbrennen, wenn eine Heizung auf Basis regenerativer Energien ökologisch und/oder ökonomisch einfach keinen Sinn ergibt.

    Leichterer Übergang von konventionell zu regenerativ

    Technische Gesichtspunkte stellen dabei noch nicht mal eine allzu hohe Hürde dar. Die Herausforderung liegt eher darin, in Deutschland die bisher stark durch Gas und Öl geprägte Denkweise der Verbraucher bzw. Heizungskunden zu drehen. Der Abschied vom Vertrauten fällt schwer, das ist allzu menschlich. Angebote im Stile von „entweder Gas oder Wärmepumpe“ haben in der Vergangenheit deshalb kaum dazu beigetragen, diesen Wechsel zu erleichtern. Im Gegenteil, der Absatz an Gas- und Ölgeräten hat im vergangenen Jahr einen schier unglaublichen Boom erlebt. Die Wärmepumpe konnte verkaufsseitig ebenfalls die Erwartungen erfüllen, die branchenweit in sie gesetzt wurden. Aber für 2024 sieht es düster aus.

    Diesen Übergang von konventionell auf regenerativ gestalten Hybridwärmepumpen harmonischer. Wärmepumpen also, die in ein mindestens bivalentes System eingebunden sind und dort die Hauptlast abdecken. Bloß bei Spitzenbedarf wird auf zuschaltbare Gas- oder Ölgeräte zurückgegriffen. Das wäre ein probates Mittel, um zögerliche oder gar wärmepumpentechnisch verunsicherte Kunden zu adressieren. Solche Wärmepumpe-Gasbrennwert-Hybridsysteme tauchen zunehmend im Portfolio der großen Heizungshersteller auf.

    Wer in eine Hybridheizung investiert, wettet auf günstige Gas- oder Ölpreise.

    Hauke Hagen, Stiebel Eltron

    Bild: Stiebel Eltron

    Altanlagen können effizienter betrieben werden

    Das gewaltige Potenzial dieses Vorgehens wird vor allem im Gebäudebestand sichtbar. Millionen alter Gas- und Ölheizungen ließen sich auf diesem Weg – also in Kombination mit einer neuen Wärmepumpe – zu unterm Strich deutlich regenerativeren Heizungssystemen erweitern. Heizungshersteller wie Brötje zum Beispiel arbeiten daran, Lösungen zu entwickeln, die auf genau diesen Vorteil abzielen. Die alte Heizungsanlagen mit neuen Wärmepumpensystemen auf handwerklich einfache, aber regelungstechnisch effiziente Weise miteinander verknüpfen. „Hybride Heizungen verbinden die Vorteile mehrerer Wärmequellen im selben Objekt. Mit dieser Brückentechnologie können viele Immobilien CO2-Ausstoß sowie Brennstoffkosten spürbar und zeitnah reduzieren“, sagt Marcus Bernhardt (Produktmarketing-Manager Brötje). Sinkender Brennstoffverbrauch und mehr Marktunabhängigkeit würden zudem laufende Kosten mindern. Gerade speziell im Mehrfamilienhaus böten Hybridsysteme außerdem eine höhere Versorgungssicherheit. Der Faktor Zeit ist in seinen Augen ganz entscheidend: „Um die ökologisch wie gesetzlich nötigen Emissionseinsparungen zu erreichen, müssen wir aber schnell handeln.“

    Diese Herangehensweise steht branchenweit jedoch erst am Anfang. Im Jahr 2023 wurden ca. 12.000 Hybridwärmepumpen abgesetzt. Die Zahlen hat der BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie) veröffentlicht. Demnach liegt der Zuwachs bei rund 12 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Statistik betrachtet vor allem den Verkauf der Systeme an den Großhandel bzw. ans Handwerk (bei zweistufigen Akteuren), jedoch nicht die Anzahl der tatsächlich installierten und in Betrieb genommenen Heizungen. Demgegenüber stehen 356.000 Heizungswärmepumpen und mehr als 900.000 Gas- und Ölgeräte. Dennoch wird der Hybridtechnologie eine große Zukunft prophezeit.

    Das sehen manche Anbieter von „reinrassigen“ Wärmepumpensystemen naturgemäß etwas anders. Aus deren Reihen sind meist Argumente vernehmbar, die eine „Zusatzheizung“ in Form von Öl- oder Gas-Brennwertgerät als überflüssig ansehen. „Hybridheizungen sind ökonomisch und ökologisch selten eine sinnvolle Entscheidung. Wer in eine Hybridheizung investiert, wettet mit seiner ‚Übergangslösung‘ auf günstige Gas- oder Ölpreise – bis 2039. Wer will das Risiko angesichts der steigenden CO2-Abgabe und Netzentgelte (immer weniger Schultern tragen die Netzkosten) eingehen?“ Das fragt beispielsweise Hauke Hagen (Leiter Produktmanagement Stiebel Eltron). Die Fortschritte in der Luft/Wasser-Wärmepumpenentwicklung ermöglichten mittlerweile hohe Vorlauftemperaturen und Wirkungsgrade auch bei niedrigen Außentemperaturen. Auch die Idee, einen bestehenden Gaskessel mit einer kleinen Wärmepumpe zu ergänzen, birgt Tücken, sagt er: „Fällt die Gasheizung aus, muss in eine neue fossile Anlage oder eine größere Wärmepumpe investiert werden. Einziges Argument wäre, dass mittelfristig eine energetische Sanierung des Gebäudes geplant ist, sodass die im Moment noch zu kleine Wärmepumpe dann in der Lage sein wird, den Wärmebedarf allein zu decken.“

    Hybride Heizungen verbinden die ­Vorteile mehrerer Wärmequellen im selben Objekt.

    Marcus Bernhardt, Brötje

    Bild: Brötje

    Genau rechnen, um die Förderung zu erhalten

    Ein Knackpunkt ist, Kosten für eine Hybridheizung zu vermitteln. Kunden müssen verstehen, dass Hybridheizungen die guten Eigenschaften aus zwei Heiztechniken zusammenführen. Sie sorgen für genügend Wärme und Warmwasser, klar. Aber moderne Regelungen erkennen automatisch, wann welche Art der Energieerzeugung quasi tagesaktuell am effizientesten ist – und halten die Heizkosten auf diese Weise niedrig. Ob und wann sich eine Hybridheizung rechnet, hängt von weiteren Faktoren ab. Die gute Nachricht aber ist: Für Hybridheizungen mit erneuerbarer Energie gibt es attraktive Förderungen, wie die Initiative „co2online“ informiert. Durch die KfW-Bank gibt es eine Grundförderung von 30 % und zwei Boni, wodurch sich maximal 70 % der Investitionskosten bezuschussen lassen. Zum einen wird zur Grundförderung ein Klima-Geschwindigkeitsbonus addiert, wenn der Investor im entsprechenden Haus oder einer der Wohnungen lebt. Ein weiterer Bonus steht Eigentümern zu, die im Haus oder der Wohnung leben und ein vergleichsweise geringes Einkommen haben. Der Einkommensbonus kann ebenfalls zur Grundförderung addiert werden. Die Förderung lässt sich mit Zuschüssen und/oder zinsgünstigen Krediten der KfW und eventuell weiterer regionaler Fördergeber kombinieren.

    Wichtig ist, zu wissen: Hybridheizungen mit einer elektrischen Wärmepumpe erfüllen die 65-%-Vorgabe im GEG auch. Besteht die Hybridheizung aus einem Heizkessel, der mit (fossilem) Gas oder Heizöl betrieben wird, und einer elektrischen Wärmepumpe mit einem Leistungsanteil von mindestens 30 %, ist die 65-%-Regelung erfüllt. Bei anderen Kombinationen muss vorab durch Schätzungen ermittelt werden, ob die Regelung damit eingehalten werden kann.

    2023 war ein Rekordjahr für die Wärmepumpe. Letztlich wurden allerdings nur 12.000 Hybridwärmepumpen abgesetzt.

    Bild: BDH

    2023 war ein Rekordjahr für die Wärmepumpe. Letztlich wurden allerdings nur 12.000 Hybridwärmepumpen abgesetzt.
    Im vergangenen Jahr erlebten auch Gas und Öl ein schier unglaubliches Hoch. Trotz Energiewende.

    Bild: BDH

    Im vergangenen Jahr erlebten auch Gas und Öl ein schier unglaubliches Hoch. Trotz Energiewende.
    Im Altbestand gibt es ein hohes Potenzial an alten Gas- und Ölanlagen, die um eine Wärmepumpe erweitert werden können.

    Bild: BDH

    Im Altbestand gibt es ein hohes Potenzial an alten Gas- und Ölanlagen, die um eine Wärmepumpe erweitert werden können.

    Das ist eine Hybridheizung

    Eine Hybridwärmepumpe besteht aus einer Wärmepumpe und einem anderen, auf die Wärmepumpe abgestimmten Wärmeerzeuger. Sie kann in einem Kompaktgerät untergebracht oder aus zwei separaten Heizsystemen zusammengesetzt sein. In diesem sogenannten bivalenten Betrieb übernimmt einer der beiden Wärmeerzeuger bis zu einem vorher definierten Punkt komplett die Beheizung der Räume (gegebenenfalls auch die Warmwasserbereitung). Alternativ können auch beide Heizsysteme parallel laufen. Experten sprechen hierbei vom Bivalenzpunkt, also der Temperaturgrenze, bei der der zweite Wärmeerzeuger zugeschaltet wird. Moderne Hybridwärmepumpen verfügen ab Werk meist über eine intelligente Regelung. Diese wählt automatisch die günstigste und effizienteste Betriebsweise aus. Anlagenbesitzer heizen auf diese Weise nicht nur ökonomischer, sondern auch ökologischer als mit einem monovalenten Heizsystem.

    Vorteile:

  • kombiniert sichere Verfügbarkeit von Wärme, weniger Heizkosten und mehr Klimaschutz
  • zukunftssicher, weil nicht mehr nur von einer Energiequelle abhängig
  • moderne Gas-Brennwertheizungen auch nachträglich leicht mit erneuerbarer Energie zu kombinieren (Renewable-ready)
  • viele Hybridheizungen sind dank modularem Aufbau flexibel und ­individuell erweiterbar
  • es gibt Förderprogramme für Hybridheizungen mit erneuerbarer Energie
  • Nachteile:

  • vergleichsweise höhere Kosten für Kauf und Installation
  • mehr mögliche Fehlerquellen durch komplexes Zusammenspiel der Technik
  • ggf. weiterhin von fossilen Energieträgern abhängig
  • Autor

    Dennis Jäger
    SBZ-Chefredakteur

    Bild: SBZ

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