Es ist keine Studie nötig, um diese Aussage zu treffen: Frauen sind im SHK-Handwerk deutlich unterrepräsentiert – gemeint sind vor allem Anlagenmechanikerinnen. Bis vor ein paar Jahren noch galt jede Frau im Blaumann (!) als Exotin. Aktuelle Schätzungen wollen gerade mal eine Installateurin unter hundert Kollegen ausgemacht haben. Wenn alles so bleibt, wird sich daran nur schleichend etwas ändern, wie ein Blick auf zurückliegende Ausbildungsjahrgänge und bestandene Abschlussprüfungen zeigt. Bezogen auf den hohen Fachkräftebedarf werden hier Jahr für Jahr ca. 50 Prozent aller Schulabgänger – nämlich die weibliche Hälfte – kaum beachtet. Da ist viel Potenzial zu heben. Und das nicht nur aus personeller Sicht. Frauen können dem männerdominierten SHK-Handwerk deutlich mehr geben, als nur eine Lösung zu sein, um den Bedarf an zusätzlichen Mitarbeitenden zu decken. Jeder Betrieb kann auf mehreren Ebenen davon profitieren. Besseres Betriebsklima, höflicherer Umgang mit Kunden, strukturiertes Vorgehen, genaues und gewissenhaftes Arbeiten – die Vorteile leuchten ein und auf.
Für diese SBZ-Ausgabe hat die Redaktion SHK-Unternehmen besucht, in denen Anlagenmechanikerinnen arbeiten – oder als solche ausgebildet werden. Ziel war herauszufinden, warum es manche Frauen ins SHK-Handwerk zieht und warum so viele eben nicht. Am Ende all‘ der Gespräche stand vor allem eine Erkenntnis: Frauen machen einen richtig guten Job!
Vorteile statt Vorurteile
Es ist leicht, Gründe zu skizzieren, warum sich so wenig Damen berufen fühlen, ins SHK-Handwerk zu gehen. Klar ist, von Seiten des Elternhauses (oder ganz allgemein des Lebensumfelds) wurde und wird Sanitär- und Heizungstechnik selten als annehmbares Betätigungsfeld für die Heranwachsenden angesehen (zu ruppig, zu schmutzig etc. pp.). Noch weniger übrigens, als wenn es um Jungs geht. Umgekehrt verhält es sich leider auch so, dass die SHK-Branche sich in den vergangenen Jahren nicht gerade dadurch
hervorgetan hat, dass sie gezielt dauerhaft und deutlich sichtbar Nachwuchswerbung in Richtung „junge Frauen“ aufgebaut hat. Andere Handwerkszweige sind deutlich weiter, Tischler zum Beispiel oder auch Maler. Mittlerweile ist Bewegung in die Sache gekommen, die SHK-Nachwuchsinitiative „Zeit zu Starten“ (www.zeitzustarten.de / Zentralverband SHK) zeigt auf, wie auch Frauen im SHK-Handwerk eine berufliche Heimat finden können.
Ein Stück weit geht es darum, dass Schulabgängerinnen sich angesprochen fühlen und Gemeinsamkeiten mit dem Berufsbild entdecken. Darum arbeitet die Kampagne auch mit weiblichen Testimonials in Imagevideos und weiteren Social-Media-Aktivitäten. „Junge Frauen sichtbar zu machen, das ist bei der Nachwuchswerbung ganz wichtig“, sagt Birgit Jünger (Referatsleiterin Marketing im Zentralverband SHK). Dabei geht es nicht alleine darum, Kandidatinnen von den Vorzügen einer Ausbildung zu überzeugen, letztlich werden indirekt auch die Eltern angesprochen. Mit dem Ziel, die Vorurteile gegenüber dem SHK-Handwerk nach und nach zu verdrängen. Aber: „Machen wir uns nix vor, da bohren wir dicke Bretter!“
Dennoch gilt für SHK-Unternehmer: Nutzen Sie das gestiegene Image des SHK-Handwerks, um aktiv in Richtung Schulabgängerinnen für Nachwuchs zu werben. Nie waren die Zeiten besser, Frauen (und deren Eltern) fürs SHK-Handwerk zu begeistern.
Alltag und Ausbildung
Je mehr Frauen die Branche beschäftigt, desto sichtbarer wird: das funktioniert. Dieses „das funktioniert“ gilt übrigens nicht nur für die Betrachtung von außen. Auch innerhalb des Handwerks herrscht mancherorts noch die Meinung vor, Mädchen hätten auf der Baustelle nichts verloren. Liebe SBZ-Leser, wenn Sie bisher auch so gedacht haben: Bitte überdenken Sie Ihre Einstellung! Klischeebehaftete Rollenbilder – hier das starke Geschlecht, dort das schwache Geschlecht – sind im Jahr 2023 überholt. Niemand muss mehr eine 80 Kilo schwere Stahlwanne allein eine Treppe hochwuchten. Es gibt technische Hilfsmittel, das kann alles im Vorfeld geplant werden. Schaut man zum Beispiel nach Köln, ist schon eine deutliche Entwicklung zu erkennen: „Frauen haben es heutzutage deutlich leichter in unseren Betrieben als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Sie werden angenommen von ihren Kollegen und sind willkommen“, findet Jörg Wermes, Geschäftsführer der Innung Köln. Er spricht von einem spürbaren Sinneswandel.
Der kommt nicht von allein. Gerade für den persönlichen Umgang untereinander – also unter Kolleginnen und Kollegen – empfiehlt es sich, klare Regeln aufzusetzen. Das kann eine wertschätzende Ansprache sein, aber auch Vorgaben hinsichtlich der Bekleidung umfassen – was gerade im Sommer ein ausschlaggebender Punkt ist. Wenn an dieser Stelle von Sinneswandel die Rede ist, müssen wir uns auch dem Begriff „Gendern“ zuwenden. Auf die Frage, wie und in welcher Form sollte über und mit Frauen im Handwerk gesprochen werden, hat Antonella Menrath eine klare Antwort: „Ich mache eine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin, ich werde Installateurin.“ Auf den Zusatz „-in“ möchte sie auf keinen Fall verzichten, männerdominierte Branche hin oder her.
Unterm Strich steht die Erkenntnis: Der Alltag im SHK-Handwerk ist beileibe kein Hinderungsgrund mehr, auf Frauen zu verzichten, er wirkt auch nicht mehr so abschreckend, wie noch vor einigen Jahren. Wenn man auf Ausbildung, Berufsschule und ÜBAs (überbetriebliche Ausbildung) zu sprechen kommt, sollten Betriebsinhaber (und Inhaberinnen) noch mehr ins Nachdenken kommen. Durch die Bank gehen Frauen überwiegend deutlich engagierter zu Werke (aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel). Einen Grund dafür hat Jörg Wermes ausgemacht: „Sie legen meist eine strukturiertere Herangehensweise an den Tag und sie haben sich vor Ausbildungsbeginn intensiver mit dem Berufsbild auseinandergesetzt. Das ist ein Prozess, der zur Entscheidung für den Beruf führt.“ Dieser Wille trägt sie durch die Lehre. In Wermes Kölner Innung gab es beispielsweise bei der Abschlussprüfung in den zurückliegenden Jahren jedes Jahr eine Frau, die auf den ersten drei Plätze gelandet ist.
Das heißt: Handwerksbetriebe ziehen einen hohen Nutzen aus Frauen in ihren Reihen, fachlich wie menschlich. Das sollte Mann nicht unterschätzen.
Die neuen Gesichter der Branche
Das dem so ist, ist als großer Erfolg zu werten. Darüber kann und muss mehr in der Öffentlichkeit gesprochen werden. Und, wen wundert’s, es sind gerade wieder die Frauen, die auch in diesem Punkt vorangehen. Wer sich auf den gängigen Social-Media-Kanälen umschaut, der wird feststellen: es sind Frauen, die derzeit das Gesicht des SHK-Handwerks in der Öffentlichkeit prägen. Sandra Hunke, Antonella Menrath, Theresa Tauchert, Madita Brauer – alle betreiben letztlich Imagewerbung auf der großen, digitalen Bühne. Mit etwas Glück setzt dadurch ein sich selbst verstärkender Effekt ein: Je mehr Frauen aus dem SHK-Handwerk sichtbar werden, bei desto mehr Schulabgängerinnen (oder generell Frauen) wird das Interesse geweckt. Für SHK-Unternehmer gilt: Nutzen Sie diesen Umstand doch einfach lokal vor Ort. Wenn Sie schon eine Frau in Ihrem Team haben, gehen Sie gemeinsam mit ihr die Nachwuchswerbung an.
Schlussendlich führt kein Weg an Frauen vorbei. Der Beruf Anlagenmechaniker/-in SHK ist so anspruchsvoll – aber deshalb auch so interessant – es werden handwerkliche Fertigkeiten verlangt, aber eben auch fähige Köpfe. „Diese Kombination bringen Frauen, die sich für uns entscheiden, eigentlich direkt mit“, sagt Jörg Wermes. Deshalb falle es ihnen leichter, dem theoretischen Stoff zu folgen und sich die handwerklichen Fertigkeiten anzueignen. Azubis, die können und wollen – Ausbilderherz, was willst du mehr?
Frauen haben es heutzutage deutlich leichter in unseren Betrieben als noch vor zehn oder zwanzig Jahren.