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DIN 1946-6 vereinfacht Planung und Anwendung

Mehr Varianz und Praxisnähe

Die aktuelle DIN 1946-6:2019-12 (im Folgenden vereinfacht als „neue“ oder „überarbeitete“ DIN 1946-6 bzw. Lüftungsnorm bezeichnet) trägt dieser Rolle Rechnung, indem sie einige wichtige Änderungen mit sich bringt – Änderungen, welche zehn Jahre nach der letzten Überarbeitung längst überfällig waren und die aktuellen Entwicklungen einbeziehen, sowohl in der Bauweise von Gebäuden als auch in der Lüftungstechnik. Im Folgenden soll nun erörtert werden, was sich für zentrale Lüftungssysteme durch die neue DIN 1946-6 ändert.

Bereits im Jahr 2013 begann die Überprüfung der seit 2009 geltenden, alten DIN 1946-6, welche sich als Teil der Norm zur Raumlufttechnik explizit mit der Wohnungslüftung befasst. Der zuständige Normenausschuss hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Norm so zu überarbeiten, dass dadurch zwei wichtige Prozesse unterstützt werden: erstens eine höhere Akzeptanz der Wohnraumlüftung am Markt und zweitens die Transformation der Norm von einer aktuell noch reinen Planungsempfehlung hin zu einer verpflichtenden Regelung. Hierfür sollte die alte Fassung möglichst nicht verschärft und zudem vereinfacht werden.

Undichtigkeiten berücksichtigt

Eine Neuerung betrifft die Berechnung der Infiltration, also des natürlichen Luftaustauschs über Undichtigkeiten. Hier wurde durch einen intelligenten Handgriff die Berechnung erheblich vereinfacht. Der neu geschaffene Volumenstromkoeffizient ersetzt Faktoren wie Wohnungstyp, Temperaturdifferenz und Windgeschwindigkeit, was die Berechnung des Infiltrationswertes auf das Produkt der Variablen Volumen, Volumenstromkoeffizient und Blower-Door-Wert beschränkt.

Viel wichtiger für die Hersteller von Komfortlüftungsgeräten ist aber, dass durch die Neufassung der DIN 1946-6 die Infiltration für die Auslegung der lüftungstechnischen Maßnahme bei Zu- / Abluftsystemen nicht mehr angerechnet wird. Bei der Freien Lüftung, kombinierten Lüftungssystemen und reinen Zu- bzw. Abluftsystemen bleibt die Infiltration weiterhin anrechenbar (Bild 2).

Bild 2: Methoden der Lüftung.

Bild: Zehnder

Bild 2: Methoden der Lüftung.

Volumenströme reduziert

Bei der Festlegung der Außenluftvolumenströme wurden die Werte zur Nennlüftung zum Zwecke der Gesundheit nach unten korrigiert. Wie Bild 3 zeigt, sind die Unterschiede aber minimal und auch erst ab einer Fläche von ca. 100 m2 wirklich messbar.

Bild 3: Die Werte zur sogenannten Nennlüftung wurden nach ­unten angepasst.

Bild: Zehnder

Bild 3: Die Werte zur sogenannten Nennlüftung wurden nach ­unten angepasst.

Zehnder hat dies mit den jeweils eingesetzten Lüftungsgerätegrößen abgeglichen und konnte hier eine im Vorhinein häufig geäußerte Befürchtung widerlegen: Große Lüftungsgeräte können auch weiter problemlos abgesetzt und installiert werden, da der Unterschied zwischen neuer und alter Nennlüftung zu gering ist, um bestimmte Gerätegrößen überflüssig zu machen. Tatsächlich wird eine kleinere Gerätegröße nur bei einer Fläche der Nutzungseinheit von 130 m2 nötig, wo die neue Nennlüftung bei 125 m3/h und damit 11 m3/h unter dem Wert der alten DIN 1946-6 liegt.

Bild 4: Geforderte Abluftmengen je nach Raumart.

Bild: Zehnder

Bild 4: Geforderte Abluftmengen je nach Raumart.

Auch bei den Abluftmengen in Ablufträumen wurden mit der neuen DIN 1946-6 Anpassungen vorgenommen. Zum einen reduziert sich der Abluftvolumenstrom für die Nennlüftung, je nach Nutzungsart des Raumes, zum Teil erheblich (Bild 4).

Die neue Norm schlägt zudem vor, in wenig genutzten und damit emissionsarmen Ablufträumen den Volumenstrom noch weiter zu reduzieren, jedoch maximal um 50 % und unter Beachtung des Feuchteschutzes und der Gesamtvolumenstromanforderung. In Hausarbeitsräumen, bei denen es sich um einen reinen Technikraum handelt, und selten genutzten Duschräumen darf die Nennlüftung somit sogar nochmals auf 10 bzw. 20 m3/h halbiert werden.

Da, wie oben angesprochen, weiterhin trotzdem meist die gleiche Gerätegröße wie nach der alten Norm installiert wird, kann das Lüftungsgerät so auf einer geringeren Lüftungsdrehzahlstufe betrieben werden. ­Dadurch können Energiekosten deutlich reduziert werden. Außerdem liefert die überarbeitete DIN 1946-6 erstmals eine Deckelung der gesamten Außenluftvolumenströme: Der aus der Nutzfläche ermittelte Volumenstrom darf maximal um den Faktor 1,2 überschritten werden. Das wirkt sich vor allem positiv auf Objekte mit vielen Ablufträumen aus, wo die Summe der Abluftvolumenströme pro Raum diesen Faktor zum Teil weit übersteigen kann.

Eine interessante, zusätzliche Regel findet sich lediglich in einer Fußnote wieder: Wird ein Raum zum Trocknen von Wäsche genutzt, sollten hier mindestens 40 m3/h veranschlagt werden. Betrachtet man die Tatsache, dass bei einer frischen Wäscheladung aus der Waschmaschine zwischen 2 und 3 l Feuchtigkeit anfallen, ist dies eine durchaus sinnvolle und praxisnahe Regelung. Während die Aufteilungsfaktoren der einzelnen Zulufträume gleich geblieben sind, gibt es auch beim Thema Zuluft zumindest eine wichtige Neuerung: In Schlafräumen und Kinderzimmern darf die Nennlüftung nicht unter 15 m3/h je Person ausgelegt werden.

Neue Kategorien bei Dämmung

Einen weiteren wichtigen Teil bei den Änderungen für zentrale Lüftungssysteme durch die neue DIN 1946-6 nimmt das Thema Dämmung ein. Hier wurde den in den letzten zehn Jahren erheblich verbesserten Dämmmaterialien und damit auch erhöhten Dämmstandards Rechnung getragen.

Dies kristallisiert sich in einem angepassten Lambda-Wert, der die Wärmeleitfähigkeit angibt, von 0,038 statt vormals 0,045 W/(m*K) heraus und hat dementsprechend geringere Dämmdicken zur Folge. Hier wurden drei neue Kategorien eingeführt: die Wärmedämmung zur Kondensatvermeidung W-K, die Wärmedämmung zur Vermeidung von Energieverlusten W-E und die individuell berechnete Wärmedämmung W-I.

Besonders folgenreiche Änderungen betreffen die Kategorie W-K. Luftleitungen bis 3 m Länge benötigen nun lediglich eine Mindestdämmung von 20 mm. Hiervon bleiben Zu- und Abluftleitungen innerhalb der thermischen Gebäudehülle ausgenommen, bei denen weiterhin keine Wärmedämmung nötig ist. Außenluftleitungen, die früher pauschal mit 60 mm gedämmt sein mussten, brauchen nun nur noch ein Drittel der Dämmdicke. Dadurch lässt sich einiges an Material und auch Platz einsparen.

Leitungen, welche länger als 3 m sind, fallen automatisch unter die Kategorie W-E. Selbst dort benötigt man für Außenluftleitungen bis 2 m Länge innerhalb der thermischen Gebäudehülle nur noch eine 32 mm dicke Dämmung. Die Berechnung für die Wärmedämmung zur Energieverlustvermeidung wird nun, neben der generellen Senkung der benötigten Dämmstärken, in vier statt drei Temperaturkategorien eingeteilt, was insgesamt eine nähere Orientierung an der Praxis darstellt und Pauschalisierungen weiter vermeidet.

Hygiene nach drei Kategorien

Des Weiteren hat für die neue Fassung der DIN 1946-6 endlich ein Abgleich mit der VDI 6022 stattgefunden, was die Anforderungen an die hygienische Ausführung von Wohnungslüftungssystemen betrifft. Genau genommen besteht dieser Brückenschlag zwischen Norm und Richtlinie bereits seit 2018, als eine neue Fassung der VDI 6022 veröffentlicht wurde.

Vorbehalte seitens des Normenausschusses und von Lüftungsherstellern gegenüber der Hygienerichtlinie waren vor allem in der Tatsache begründet, dass deren Anwendung die Kosten einer komfortablen Wohnraumlüftung um rund 1000 Euro erhöht hätte – ein für die meisten Endanwender nicht nachvollziehbarer und daher auch nicht hinnehmbarer Zusatzaufwand.

In der aktualisierten Lüftungsnorm gibt es nun drei Kategorien von hygienischen Anforderungen an die Qualität der Zuluft: ohne Filter (O) sowie Grundanforderungen (G) und Hygieneanforderungen (H), jeweils mit Filter. Je nach Art der Lüftungstechnischen Maßnahme müssen hier dann unterschiedliche Filterklassen installiert werden, welche nun auch gemäß der aktuellen, international gültigen DIN EN ISO 16890 aufgeführt sind: Die Installation eines zentralen Lüftungssystems nach Hygienekategorie O ist nicht zulässig. In den Kategorien G und H werden für die Abluft jeweils Filter der Klasse G 2 (ISO Coarse ≥ 30 %) und für die Außenluft G 3 (ISO Coarse ≥ 45 %) (nach Kategorie G) und ISO ePM1 ≥ 50 % bzw. F 7-Filter (nach H) gefordert.

Luftdurchlassanforderungen konkretisiert

Bei der Anordnung von Außen- und Fortluftdurchlässen gibt es mit der neuen DIN 1946-6 ebenfalls einige wenige Änderungen. Zum einen ist heute die Ansaugung von Außenluft über einen Kellerlichtschacht grundsätzlich verboten. Wenn man bedenkt, wie selten diese Schächte gereinigt werden und welches Risiko dies für die Luftqualität darstellt, ist diese Einschränkung unter Hygieneaspekten durchaus zu begrüßen.

Bild 5: Anhaltswerte für den Mindestabstand zwischen Außen- und ­Fortluftdurchlässen.

Bild: Zehnder

Bild 5: Anhaltswerte für den Mindestabstand zwischen Außen- und ­Fortluftdurchlässen.

Zudem legt die neue Norm erstmals eine Mindesthöhe von 70 cm über dem Erdreich für die Ansaugung fest. Auch die Abstände zwischen Außen- und Fortluftdurchlässen werden nun etwas genauer thematisiert, um Kurzschlüsse zu verhindern. Wie man dies genau umsetzt, wird noch immer offengelassen. Zehnder geht seit jeher von Mindestabständen zwischen 2,0 und 2,5 m aus.

Sollte man den Abstand nicht einhalten können, kann beispielsweise ein Kombi-Außenwandgitter verwendet werden, welches beide Durchlässe in einem kompakten Bauteil vereint, aber aneinander vorbeiführt. Die neue Lüftungsnorm enthält jetzt zumindest Anhaltswerte für die Mindestabstandsmaße (Bild 5).

Zur Veranschaulichung ein kurzes Rechenbeispiel: Geht man von einem Fortluftauslass unterhalb der Außenluftansaugung und einer Luftmenge von 150 m3/h aus, ergibt sich ein vertikaler Abstand von 2 m und ein horizontaler Abstand von 0 m. Auch wenn es sich hier nur um Anhaltswerte handelt, eignen sich diese bereits gut, um in der Praxis einen Kurzschluss von Außen- und Fortluft zu verhindern.

Keller kein Stiefkind mehr

Auch die Kellerlüftung wird in der neuen DIN 1946-6 nun etwas eingehender thematisiert. So hat es diese Thematik im Zuge der Überarbeitung von einer Abhandlung im Beiblatt der Norm in den Anhang geschafft, wodurch der Kellerlüftung nun mehr Beachtung geschenkt wird. Die Auslegung der lüftungstechnischen Maßnahme in Kellerräumen kann nicht pauschal bestimmt werden, sondern ist davon abhängig, wie der entsprechende Raum genutzt wird.

So sollten ungenutzte und unbeheizte Räume wie Heizungskeller oder Abstellräume, zumindest im Sommer, ausdrücklich via Feuchtesensor belüftet werden. Dies garantiert einen optimalen Feuchtewert, da die Lüftungsanlage erst für einen Luftaustausch sorgt, wenn die absolute Luftfeuchtigkeit draußen geringer ist als im Keller.

Bei wenig genutzten, aber beheizbaren Kellerräumen wie beispielsweise einem Gästezimmer oder auch Waschkeller sollte nach reduzierter Lüftung ausgelegt werden, um nicht zu viel Feuchte von außen in den Raum einzubringen. In beheizten Aufenthaltsräumen im Keller sieht die neue Lüftungsnorm hingegen eine Auslegung nach Nennlüftung vor, denn hier besteht im Grunde kein Unterschied zu beispielsweise einem Wohnzimmer im Obergeschoss.

Fazit

Man sieht also, dass sich durch Anpassungen der neuen Lüftungsnorm in Bereichen wie der Außenluftvolumenströme, Abluftmengen, Dämmung von Luftleitungen, Hygieneanforderungen, externen Luftdurchlässen sowie der Kellerlüftung bei der Auslegung von zentralen Komfortlüftungsgeräten durchaus einiges geändert hat. Ob dies letztendlich dazu führen kann, dass aus der Lüftungsnorm eine verpflichtende Regel wird, lässt sich schwer abschätzen. Zu einer höheren Akzeptanz der DIN 1946-6 sollte die Überarbeitung aber allemal beitragen, da hier sichtbar für mehr Praxisnähe, einfachere Planung und leichtere Anwendung gesorgt wurde.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Oliver Geithe 
ist Leiter Produkt­management Heizkörper und Komfortlüftung bei der Zehnder Group Deutschland GmbH, 77933 Lahr.

Bild: Zehnder / Geithe

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