Die Kasse soll klingeln – aber das Geld eintreiben zu müssen, empfinden viele Selbstständige als lästig. Oft fürchten sie, dass säumige Kunden schlecht über sie reden, wenn sie zu offensiv auftreten – und schicken häufig nur ein paar Mahnungen. Kommt dann immer noch kein Geld, buchen sogar manche die Forderung kommentarlos aus, um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Doch wohin soll das führen, wenn Kunden mit zu Unrecht zurückbehaltenen Geldern unbehelligt bleiben? Und was werden Kunden weitererzählen, wenn sie die Erfahrung machen, dass man bei bestimmten Unternehmen damit durchkommt, wenn man Rechnungen beharrlich ignoriert?
Das Gespräch mit dem Kunden suchen
In vielen Unternehmen wird automatisch eine Mahnung verschickt, sobald der Betrag überfällig ist. Nachdem die erste Frist verstrichen ist, kommt die nächste Mahnung. Und nach geraumer Zeit wieder die nächste. In der letzten werden oft rechtliche Schritte angekündigt, die einige dann auch unternehmen. Doch was spricht dagegen, von sich aus das direkte Gespräch zu suchen? Natürlich könnte man als Gläubiger sagen, dass doch gefälligst der säumige Zahler den Dialog zu suchen hat. Aber aus Wertschätzung dem Kunden gegenüber ist ein Anruf in jedem Fall angebracht und bringt meist Aufschluss darüber, was hinter den versäumten Zahlungen steckt. Außerdem ist ein persönliches Gespräch in jedem Fall eine bessere Basis für eine zukünftige Zusammenarbeit als ein paar automatisierte und trocken formulierte Mahnungen. So könnte beispielsweise ein Außendienstmitarbeiter am Telefon oder beim persönlichen Besuch Folgendes sagen, um das Gespräch auf Augenhöhe zu eröffnen: „In meiner Vertreterpost war ein Hinweis aus unserer Buchhaltung, dass die letzte Rechnung noch nicht bezahlt worden ist. Was soll ich meinen Kollegen in der Buchhaltung sagen, damit diese beruhigt einen Haken an die Sache machen können?“
Den Kunden in die Lösungsfindung einbeziehen
Wenn Sie einen Ratenplan erstellen, der dem Kunden die Zahlung ermöglichen soll, ist es immer besser, dass dieser zuerst einen Vorschlag macht. Denn so wird der Kunde in die moralische Pflicht genommen, sich an den Ratenplan zu halten. Schließlich ist es seine Lösung gewesen – nicht die des Anbieters. Und er kann dann nicht mehr in die Opferrolle verfallen mit dem Einwand: „Ja, ich hatte mir einen ganz anderen Zahlungsrhythmus vorgestellt.“ Außerdem ist es wichtig, sich vor dem Gespräch konkrete Ziele zu setzen, welche Alternativen den Kunden bestenfalls angeboten werden können. Bauen Sie aber unbedingt Verbindlichkeit auf. Sollte der Kunde sagen: „Ja, ich werde versuchen, die Raten zu zahlen“, bleiben Sie konsequent und machen Sie die Verpflichtung für den Kunden deutlich: „Ich möchte nicht, dass Sie es versuchen, sondern ich möchte, dass wir heute eine Lösung finden, an die Sie sich auch halten. Ist das, was wir hier besprochen haben, für Sie umsetzbar?“
Schriftverkehr passender formulieren
Formulierungen wie „Wenn sich unsere Mahnung mit Ihrer Zahlung gekreuzt hat, dann bitten wir Sie, dieses Schreiben als gegenstandslos zu erachten“ sind altmodisch. Besser sind Formulierungen mit etwas Pfiff, beispielsweise: „Haben Sie bereits gezahlt? Dann: vielen Dank!“ Auch ist zu überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, immer drei Mahnungen zu schreiben – und diese auch noch in der Betreffzeile durchzunummerieren. Denn ein Profischuldner geht davon aus, dass nach der ersten Mahnung auch irgendwann die zweite und die dritte Mahnung im Briefkasten liegt – und sitzt zumindest vorerst die Sache aus. Vielleicht ist im ersten Zug ein freundlicher Anruf, dann eine schriftliche Erinnerung und letztlich eine erste und letzte Mahnung wirksamer. Um Ausreden wie „Ich habe Ihre Rechnung nicht mehr“ vorzubeugen, können Sie eine Kopie der fälligen Rechnung verschicken. Je nachdem, wie die Beziehung zum Kunden ist, würde hier auch ein Post-it mit der Botschaft „Kleine Erinnerung, noch nicht beglichen“ oder ein Anschreiben dem Kunden helfen, leichter zu erkennen, um was es geht.
Zahlungsbedingungen müssen eindeutig sein
Interessanterweise schreiben viele Rechnungssteller allgemeine Formulierungen wie „Zahlbar innerhalb von zehn Tagen“ oder „Sofortige Zahlung netto Kasse“. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, ist es besser, gleich ein konkretes Datum in die Rechnung zu schreiben, wann diese fällig ist. Beispielsweise: „Bitte zahlen Sie den fälligen Betrag bis zum 30.11.2016.“ Denn wenn das Fälligkeitsdatum nicht eindeutig bestimmbar ist, ist der Kunde auch noch nicht eindeutig in Verzug. Darüber hinaus muss es auch eine ganz klare Linie geben, wann ein Inkassounternehmen beauftragt wird. Hier sollte durchaus genau geprüft werden, wie die Konditionen sind. Mittlerweile gibt es auch Dienstleister, die eine gewisse Pauschale nehmen – und erst dann die Restgebühr, wenn der Kunde auch wirklich zahlt.
Natürlich ist es für alle Beteiligten unschön, wenn überfällige Gelder eingetrieben werden müssen – und es eventuell zum Lieferstopp und Kundenverlust kommt. Aber letztlich können Unternehmen nur dann überleben, wenn sie nicht nur gute Preise anbieten und in der Verhandlung durchsetzen, sondern sie auch bezahlt bekommen. Statt sich also selbst über klamme Kunden zu ärgern, sollten diese im Zweifelsfalle lieber an den Mitbewerber abgegeben werden.
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Autor
Oliver Schumacher ist Sprechwissenschaftler und Betriebswirt aus Lingen/Ems. Er hält Vorträge, gibt Verkaufstrainings und schreibt Bücher zum Thema. info@oliver-schumacher.de www.oliver-schumacher.de