Neben der zivilrechtlichen Haftung treffen den Geschäftsführer auch strafrechtliche Risiken. Er kann sich nach dem allgemeinen Strafrecht, wegen Verletzung von Straftatbeständen, die sich an die GmbH richten oder wegen Straftatbeständen, die nur ihn als Geschäftsführer speziell betreffen, strafbar machen. Zudem kann er auch nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz zur Verantwortung gezogen werden. Eine Bestrafung erfolgt jedoch nur, wenn ein gesetzlich geregelter Straftat- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht ist. Grundsätzlich wird nur vorsätzliches Handeln bestraft, es sei denn, der Gesetzgeber hat ausdrücklich fahrlässiges Handeln unter Strafe gestellt. Straf- oder bußgeldbewehrt kann dabei nicht nur ein Tun, sondern auch ein Unterlassen sein, wenn seitens des Geschäftsführers eine Pflicht zum Handeln bestand. Grundsätzlich kann sich der Geschäftsführer nicht darauf berufen, dass er eine bestimmte Strafvorschrift nicht gekannt habe. Denn es wird erwartet, dass er sich über die Rechtslage und die branchentypischen Vorschriften informiert. Ein Irrtum des Geschäftsführers ist in der Regel aufgrund der hohen Informationspflichten vermeidbar, sodass die Strafe nicht entfällt.
Sonderdelikte bezüglich des Unternehmens
Die GmbH selbst kann als juristische Person nicht bestraft werden, da Straftaten nur von Menschen begangen werden können. Über §14 StGB wird deshalb der Geschäftsführer strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, auch wenn sich bestimmte Straftatbestände an das Unternehmen richten. Von besonderer Bedeutung sind die Bankrottdelikte. Eine Strafbarkeit wegen Bankrotts gemäß §283 StGB setzt neben der Krise der Gesellschaft voraus, dass der Geschäftsführer eine Bankrotthandlung vornimmt. Dazu gehören Handlungen wie:
• Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen
• Verheimlichen von Vermögensgegenständen
• Verlust- oder Spekulationsgeschäfte sowie unwirtschaftliche Ausgaben
• Gefährdung von Warenkrediten
• Vortäuschen von Rechten
• Verstoß gegen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten.
Strafbar sind diese Handlungen, wenn sie in der Krise begangen werden oder wenn durch die Handlung die Gesellschaft erst in die Krise fällt. Eine Krise liegt nach dem Gesetz bei einer Überschuldung der Gesellschaft oder einer drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit vor. Selbst wenn keine Krise verursacht bzw. besteht, wird die Verletzung der Pflichten zur Buchführung und zur Bilanzierung gemäß § 283bStGB unter Strafe gestellt. Ergänzend stellt § 283cStGB die Gläubigerbegünstigung unter Strafe. Eine Gläubigerbegünstigung liegt vor, wenn der Geschäftsführer vorsätzlich dem Gläubiger einen Vorteil verschafft, den dieser nicht oder noch nicht beanspruchen kann. Besteht Zahlungsunfähigkeit darf keiner der Gläubiger bevorzugt befriedigt werden. Eine Strafbarkeit wegen Bankrotts oder Gläubigerbegünstigung ist nur möglich, wenn die Gesellschaft die Zahlungen eingestellt hat oder das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgewiesen worden ist. Wurde die Krise überwunden, kann der Geschäftsführer nicht wegen Bankrott oder Gläubigerbegünstigung bestraft werden. Jedoch kann er sich dann wegen Untreue oder Unterschlagung strafbar gemacht haben. Kein Sonderdelikt ist die Schuldnerbegünstigung gemäß § 283 StGB. Der Geschäftsführer kann sich jedoch als Anstifter oder Gehilfe der Schuldnerbegünstigung strafbar gemacht haben. Eine Schuldnerbegünstigung liegt immer dann vor, wenn Außenstehende Dritte (bzw. die Ehegattin des Geschäftsführers) Bankrotthandlungen vornehmen, um der Gesellschaft zu helfen.
Spezielle Sonderdelikte für den Geschäftsführer
Bei den Sonderdelikten für den Geschäftsführer ist dieser speziell der Adressat der Strafvorschrift. Ein Straftatbestand, der sich direkt an ihn richtet, ist die Verletzung von Buchführungspflichten (§ 283 b StGB), da er gemäß § 41 GmbH zur Buchführung verpflichtet ist. Das Vorliegen einer Krise bedarf es bei der Verletzung von Buchführungspflichten nicht. Im GmbH-Gesetz selbst sind einige Straftatbestände gesetzlich geregelt. Macht der Geschäftsführer bei der Gründung der Gesellschaft oder Kapitalerhöhung falsche Angaben kann er gemäß § 82 GmbHG bestraft werden. Strafbar sind:
• falsche Angaben zur Erlangung der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister
• die Vorlage eines falschen Sachgründungsberichts
• falsche Angaben zur Kapitalerhöhung
• falsche Angaben zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
• falsche Versicherung über Bestellungshindernisse
• falsche Versicherung über Kapitalherabsetzung
• falsche Angaben über die Geschäftslage.
Macht der Geschäftsführer eine der zuvor genannten falschen Angaben bzw. Versicherungen, kann er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe verurteilt werden. Des Weiteren kann sich der Geschäftsführer nach § 84GmbHG wegen unterlassener Verlustanzeige und Insolvenzverschleppung strafbar machen, wobei diese nur durch sein bloßes Untätigbleiben begründet werden kann. Bereits im Vorfeld der Insolvenz ist der Geschäftsführer verpflichtet den Gesellschaftern einen Verlust der Hälfte ihres Stammkapitals anzuzeigen. Diesbezüglich hat er eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Damit soll den Gesellschaftern ermöglicht werden, über den Werdegang der Gesellschaft und deren Geschäfte zu entscheiden. Verletzt der Geschäftsführer diese Verpflichtung, kann er mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Dabei kann auch eine fahrlässige Nichtanzeige des Verlustes bestraft werden. Werden die Geschäfte durch den Geschäftsführer trotz Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (Insolvenzreife) fortgeführt, kann dies eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung nach sich ziehen. Dem Geschäftsführer obliegt eine Geheimhaltungspflicht, sodass er Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbaren darf. Die Verletzung von Geheimhaltungspflichten wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet. Offenbart der Geschäftsführer ein Geheimnis gegen Entgelt, erhöht sich die Strafe.
Folgen für den Geschäftsführer
Verstößt der Geschäftsführer gegen eine der zuvor genannten Strafnormen, droht ihm Freiheits- oder Geldstrafe. Wird er wegen eines Bankrottdelikts im Sinne der §§ 283 bis 283 d StGB bestraft, wird gegen ihn ein Berufsverbot als Geschäftsführer für die Dauer von fünf Jahren verhängt. Wird diese Handlung zivilrechtlich noch als unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB festgestellt, kann der Geschäftsführer in einem von ihm selbst angestrengten Insolvenzverfahren über sein eigenes Vermögen dafür nicht restschuldbefreit werden.
Ordnungswidrigkeitenrecht
Ordnungswidrigkeiten können ebenfalls nicht von der GmbH, sondern nur von Personen begangen werden. Nach § 9 OWiG wird deshalb der Geschäftsführer verantwortlich gemacht. Der wichtigste Ordnungswidrigkeitentatbestand ist § 130 OWiG, der einen Verstoß gegen Aufsichtsmaßnahmen enthält. Ein vorwerfbarer Verstoß gegen eine Aufsichtspflicht kann nur geahndet werden, wenn im Unternehmen eine mit Strafe oder Geldbuße bedrohte Zuwiderhandlung begangen wurde, durch die gegen Pflichten verstoßen wurde, die den Geschäftsführer als solchen treffen und die von ihm bei Aufsicht verhindert oder erschwert worden wären. Die einzelnen Aufsichtsmaßnahmen sind im Gesetz nicht geregelt. Zu den Aufsichtmaßnahmen gehören:
• sorgfältige Auswahl des Personals bei der Einstellung
• Instruktion und Aufklärung des Personals über die gesetzlichen Vorschriften, die im Unternehmen zu beachten sind
• Überwachung und Kontrolle des Personals (Stichproben entsprechend der Gefahrgeneigtheit der Arbeiten)
• Überprüfung Zustand sachlicher Betriebsmittel
Kann der Geschäftsführer aufgrund der Größe des Betriebes die Aufsicht selbst nicht durchführen, hat er eine entsprechende Aufsichtsperson zu bestellen, wobei bei der Auswahl eine gesteigerte Sorgfaltspflicht besteht. Zu beachten ist auch § 30OWiG, nachdem eine Geldbuße auch gegen die GmbH verhängt werden kann, wobei diese Vorschrift eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass nur Personen bestraft werden können, darstellt. Wegen des Verbots der Doppelbestrafung kann jedoch nur die GmbH oder der Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen werden. Aus § 130 IIIOWiG kann eine strafbedrohte Pflichtverletzung mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. Ist die begangene Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, dann bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße.
Steuerrechtliche Sanktionen
Nach § 34 I AO ist der Geschäftsführer für die Erfüllung der steuerrechtlichen Verpflichtungen der GmbH verantwortlich. Schuldner der Steuern ist die GmbH, jedoch kann der Geschäftsführer gemäß § 69 AO als Haftender in Anspruch genommen werden.
Der Haftung kann sich der Geschäftsführer nicht entziehen, indem er einer anderen Person Geschäftsführungsbefugnisse einräumt oder dieser eine Vollmacht erteilt. Ist der bestellte Geschäftsführer lediglich „Strohmann“, so haftet sowohl der vorgeschobene Strohmann als auch der eigentliche Geschäftsführer. Der Geschäftsführer haftet für alle gegen die GmbH gerichteten steuerrechtlichen Ansprüche, insbesondere auch für Säumniszuschläge. Zu beachten ist dabei jedoch, dass er gemäß § 69 AO lediglich für Steuerschulden aus der Zeit, in der er Geschäftsführer war in Anspruch genommen werden kann. Für den Zeitpunkt der Festlegung des Austritts des Geschäftsführers ist der Zeitpunkt der Abberufung oder der Zugang der Niederlegungserklärung maßgeblich. Auch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH endet der Zeitraum der Inanspruchnahme des Geschäftsführers, da damit seine Verfügungsgewalt endet. Bei Verdacht eines Steuervergehens ermittelt das Finanzamt selbstständig, wobei es die Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft abgeben kann. Sofern die Ermittlungen des Finanzamtes Anlass zur Erhebung einer öffentlichen Klage geben, beantragt es den Erlass eines Strafbefehls beim Amtsgericht oder gibt die Akten an die Staatsanwaltschaft ab. Liegt ein hinreichender Tatverdacht eines Steuervergehens vor, klagt die Staatsanwaltschaft den Geschäftsführer an. Zu den wichtigsten Steuerdelikten gehören:
• die Steuerhinterziehung
• die Steuerverkürzung
• die Steuergefährdung
• die Gefährdung von Abzugssteuern
Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Geschäftsführer die Finanzbehörden über steuerrechtliche Tatsachen unrichtig oder unvollständig unterrichtet. Ausreichend ist auch, wenn er die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen im Unklaren lässt. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung kann nur vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen des Geschäftsführers, erfolgen. Die Steuerhinterziehung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. In besonders schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Die Steuerverkürzung unterscheidet sich von der Steuerhinterziehung dahingehend, dass leichtfertiges Handeln ausreicht. Die Steuerverkürzung ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbuße bis zu 50000 Euro geahndet werden kann. Einer Steuergefährdung macht sich der Geschäftsführer strafbar, wenn er unrichtige Belege, buchungs- und aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorgänge nicht oder unrichtig verbucht und dadurch ermöglicht wird, Steuern zu verkürzen oder Steuervorteile zu erlangen. Bei der Steuergefährdung handelt es sich ebenfalls um eine Ordnungswidrigkeit, die vorsätzlich oder leichtfertig begangen werden kann. Die Höhe der Geldbuße kann bis 5000 Euro betragen. Bei der Gefährdung von Abzugssteuern, kommt der Geschäftsführer seinen Verpflichtungen Steuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen nicht oder nicht vollständig nach. Auch bei der Gefährdung von Abzugssteuern kann vorsätzlich oder leichtfertig begangen und mit einer Geldbuße bis 5000 Euro geahndet werden. Sollte der Geschäftsführer eine Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung begangen haben, sollte über eine Selbstanzeige beim zuständigen Finanzamt nachgedacht werden, da dann unter Umständen Strafmilderung oder Straffreiheit erlangt werden kann. Grund dafür ist, dass der Geschäftsführer aus eigener Motivation unrichtige oder unvollständige Angaben ergänzt bzw. berichtigt. Straffreiheit kann jedoch bei der Selbstanzeige nur gewährt werden, wenn die hinterzogenen Steuern gegenüber dem Finanzamt beglichen werden.
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die am meisten verbreitete Gesellschaftsform in Deutschland. Nicht zuletzt deshalb, weil immer noch viele Einzelunternehmer glauben, mit der Gründung einer GmbH sei ihr Privatvermögen dem Zugriff der Gesellschafter und Gläubiger entzogen und die Haftung auf das Stammkapital der GmbH beschränkt. Doch diverse gesetzliche Regelungen und jüngere Urteile der Rechtsprechung deuten in eine ganz andere Richtung. Danach können Gesellschafter und Gläubiger in einer akuten Unternehmenskrise – und selbst im Routinegeschäft – den Geschäftsführer unter bestimmten Umständen auch persönlich in die Pflicht nehmen.
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Unser Autor Rechtsanwalt Michael Kühn ist Partner der RA-Kanzlei Neudel, Kühn & Schreiber, Neuhofstraße 23, 04849 Bad Düben, Telefon (03 42 43) 28 85, Telefax (03 42 43) 2 88 66, E-Mail: kuehn@ra-nks.de. Die Tätigkeitsschwerpunkte seiner juristischen Arbeit liegen im Insolvenz- und Arbeitsrecht