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Kalkulation im SHK-Handwerk

Die Vollkostenrechnung ist sinnvoll

Die Vorteile der Vollkostenrechnung gegenüber der Deckungsbeitragsrechnung zeigen sich durch zwei Sachverhalte:

1. Die Beurteilungsgrenze verschiebt sich auf Null. Also während sich der Handwerksunternehmer merken muss, dass der aktuell erforderliche Deckungsbeitrag z.B. bei 20,38 € liegt, hat er es bei der Vollkostenrechnung einfacher. Denn dort gilt: unter 0 € ist es ein „Verlust“ (korrekt ausgedrückt: die vorhandenen Kosten werden nicht abdeckt), über 0 € ergibt sich ein „Gewinn“ und bei genau 0 € läuft der Betrieb kostendeckend.

2. Mit unserer Art der „gewichteten“ Vollkostenrechnung erhält man eine gerechte Baustellenbeurteilung, während sie bei der klassischen Deckungsbeitragsrechnung von den jeweils eingesetzten Mitarbeitern abhängt. Das soll im Folgenden bewiesen werden.

1. Die Beurteilungsgrenze ­verschiebt sich

Die gesamten Kosten eines Betriebes sind in Bild 1 dargestellt. Im Handwerk beruht die Leistung überwiegend auf dem direkten Arbeitseinsatz. Man kann das Material in der Regel nicht ohne den Einbau verkaufen. Deshalb werden die Kosten und auch die Gewinne üblicherweise auf die produktiven Arbeitsstunden bezogen.

Kalkulation mit Deckungsbeitrag:

Üblicherweise wird mit durchschnittlichen Lohnselbstkosten je Stunde kalkuliert. Zur Beurteilung werden dann alle Fixkosten durch die Anzahl der produktiven Stunden geteilt, um den durchschnittlich erforderlichen Deckungsbeitrag zu ermitteln. Wenn nun eine Kalkulation mit den Lohnselbstkosten durchgeführt wird, so muss als Ertrag je Stunde mindestens dieser Deckungsbeitrag je Stunde übrig bleiben, damit sich der Auftrag lohnt.

Beispiel: Betragen die durchschnittlichen Lohnselbstkosten 25 € und der erforderliche Deckungsbeitrag 26 €, dann müssen bei der Vor- bzw. Nachkalkulation mindestens 26 € übrig bleiben. Liegt der Betrag darüber, befindet man sich in der Gewinnzone, darunter im Verlustbereich.

Kalkulation mit Vollkosten

Wird bei der Kalkulation statt mit den Selbstkosten (25 €) mit dem Vollkostensatz gearbeitet (also 25 € + 26 € = 51 €), dann verschiebt sich die Beurteilungsgrenze. Bleiben als Ertrag je Stunde 0 € übrig, dann hat der Auftrag exakt ausgereicht, um den Betrieb am Laufen zu halten. Positive Werte bedeuten einen Gewinn, negative einen Verlust.

Durch das Arbeiten mit Vollkosten verschiebt sich zunächst also nur die Beurteilungsgrenze, doch ein Ergebnis mit Null, positivem Wert oder negativem Wert kann für den Handwerksunternehmer wesentlich deutlicher wahrnehmbar sein.

Es mag zunächst so aussehen, als sei es egal, ob man auf die 26-€-Grenze achtet oder direkt den Nullpunkt sieht. Diese Betrachtungsweise ändert sich, wenn z.B. der erforderliche Deckungsbeitrag von 26 € auf 26,73 € steigt, weil z.B. ein Mitarbeiter lange ausgefallen ist oder sich die Kosten durch einen neuen Werkstattwagen erhöht haben. Bei der Arbeit mit Vollkosten muss nun in die Kalkulation nur der neue Vollkostensatz eingegeben werden und die Grenze liegt weiterhin beim Nullpunkt. Bei der Deckungsbeitragsrechnung dagegen muss der Unternehmer zur Beurteilung nun auf den Wert 26,73 € achten. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man bedenkt, wie sehr der Mensch ein Gewohnheitstier ist.

Ein großer Vorteil der Vollkostenrechnung ist, dass man auch vor Ort auf der Baustelle schnell überschlägig kalkulieren kann. Wer lange im Geschäft ist, kennt in etwa die Material-Einkaufspreise und den Arbeitsaufwand in Stunden. Um dem Kunden einen Preis zu nennen, müssen nur die Stunden mit dem Vollkostensatz multipliziert und der Materialeinkauf hinzuaddiert werden.

Wichtiger Hinweis: Ihre Preise und damit Ihre Erfolgschance, einen Auftrag zu erhalten, ändern sich dadurch nicht. Statt der Lohnselbstkosten setzen Sie Ihre Vollkosten ein. Der erzielbare Verrechnungssatz und die Abdeckung eines Lohnkostenanteils durch den Materialzuschlag läuft genauso wie bei der Deckungsbeitragsrechnung.

2. Gerechte Baustellenbeurteilung durch gewichtete Vollkosten

An dieser Stelle muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass der Vollkostensatz nicht nur für die Vorkalkulation zum Einsatz kommen soll, sondern gerade auch zur Nachkalkulation. Bei der Baustellenbeurteilung geht es darum, im Nachhinein zu vergleichen, ob sich das Projekt wie geplant gerechnet hat. Diese Analyse ist wichtig, weil man daraus für die Kalkulation der nächsten Aufträge lernen kann, es besser zu machen.

Beispiel zur Baustellenbeurteilung

Der Autor behauptet, dass die Beurteilung einer Baustelle bei der klassischen Deckungsbeitragsrechnung oft nicht stimmt. Um dies zu beweisen, wird nachfolgend ein fiktives Baustellenbeispiel betrachtet (Bild 2). Unter der Voraussetzung, dass der Zeitansatz passt, wird sich diese Baustelle rechnen. Bei der Nachkalkulation werden drei verschiedene Varianten durchgerechnet (Bild 3). Zu beachten ist dabei, dass bei allen Beispielen die geplanten Lohnkosten verbraucht werden. Alle Mitarbeiter arbeiten also genau so lange, bis der Lohn aufgebraucht ist. Wenn der Ansatz der durchschnittlichen Lohnkosten richtig ist, ist dies eine praxisgerechte Vorgehensweise. Der Einfachheit halber arbeiten immer zwei Leute mit dem gleichen Zeitvolumen. Bei Herrn Müller handelt es sich um einen erfahrenen Mitarbeiter und bei Herrn Jung um einen Jungmonteur. Der Chef wird von den Selbstkosten her mit den gleichen Kosten wie dem erfahrenen Herrn Müller betrachtet.

Ergebnis: Bis auf kleine Rundungsabweichungen sind in allen drei Beispielen im Bild 3 die gleichen Lohnkosten angefallen. Obwohl sich die Baustelle von der Vorkalkulation her lohnte, sind der Deckungsbeitrag pro Stunde und der Ertrag je Stunde abhängig von den Mitarbeitern, die auf der Baustelle eingesetzt wurden. Und dies, obwohl jeweils die gleichen Lohnkosten angefallen sind, die Werte der Vorkalkulation also ziemlich genau erreicht wurden.

Nachkalkulation mit ­gewichteten Vollkosten

Die Ursache der großen Abweichungen im obigen Beispiel liegt darin, dass bei der klassischen Methode jeder Mitarbeiter den gleichen Deckungsbeitrag erwirtschaften muss. Doch kann es denn sein, dass ein Helfer oder Jungmonteur je Stunde genauso viel Geld erwirtschaften kann wie ein hoch bezahlter Obermonteur? Die herkömmliche Kalkulationsmethode geht davon aus. Die Fixkosten werden einfach durch die produktiven Stunden geteilt und diesen Wert hat jeder als Deckungsbeitrag zu erwirtschaften.

Wenn dies stimmen würde, könnte man eine Baustelle nur mit Helfern abwickeln und der Betrieb stände gut da. Letzten Endes lassen sich die unterschiedlichen Stundenlöhne in der Regel auf eine unterschiedliche Leistungsfähigkeit zurückführen. Ein Helfer mit gering bewerteten Arbeiten hat keine Chance, den gleichen Deckungsbeitrag (DB) zu erwirtschaften wie ein qualifizierter Mitarbeiter. Deshalb soll der zu erwirtschaftende DB auf die Mitarbeiter unterschiedlich verteilt werden. So soll ein Lehrling einen geringeren DB erwirtschaften müssen als ein Monteur. Als ersten Ansatz soll der DB einfach aufgrund der Höhe des Lohnes festgelegt werden. Beispiel: Wenn ein Helfer 10 € je Stunde bekommt und ein Monteur 15 €, dann soll der zu erwirtschaftende DB im Verhältnis 10:15 oder 2:3 aufgeteilt werden. Man teilt also den erforderlichen DB durch Fünf und nimmt den Wert für den Helfer mal zwei und den Wert des Monteurs mal drei. Zu diesen Werten rechnet man jeweils den Selbstkostensatz dazu und erhält so einen unterschiedlichen Vollkostensatz je Mitarbeiter bezogen auf dessen Leistungsfähigkeit.

Unterschiedliche Deckungsbeiträge je Monteur

In der Praxis ist es nicht ganz so einfach, weil ggf. unterschiedliche Produktivstunden geleistet werden, mehr Mitarbeiter vorhanden sind usw. Auch ein persönlicher Bewertungsfaktor kann erforderlich sein, wenn die Höhe des Lohnes nicht mit der Leistungsfähigkeit einhergeht. Mögliche Ursachen:

- Ein Mitarbeiter bekommt aufgrund seines Alters und seiner Betriebszugehörigkeit einen hohen Stundenlohn, obwohl er nicht (mehr) so leistungsfähig ist.

- Aufgrund von Facharbeitermangel schleppt man jemanden durch, dessen Leistung nicht seinem Stundenlohn entspricht.

- Ein Mitarbeiter ist sehr leistungsfähig, bekommt aber nicht den entsprechenden Lohn, weil er sich nicht traut nach der Lohnerhöhung zu fragen oder weil er die formale Qualifikation nicht besitzt (z.B. nur „angelernter“ Monteur).

Das Softwarehaus Label hat eine Excel-Tabelle entwickelt, mit deren Hilfe sich die unterschiedlichen Deckungsbeiträge je Monteur ermitteln lassen. Darin fließen ein: der Stundenlohn, die Anzahl der produktiven Stunden, der persönliche Bewertungsfaktor und die abzudeckenden Betriebskosten. Diese Tabelle kann kostenlos angefordert werden (E-Mail: info@label-software.de, Stichwort „Vollkostenkalkulation“).

Nun wird die gleiche Baustelle wie oben mit gewichteten Vollkosten gerechnet (Bild 4). Und auch hier arbeiten die Mitarbeiter wieder so lange, bis die Lohnkosten, die nun als durchschnittliche Vollkosten angesetzt sind, verbraucht sind (Bild 5).

Gerechte Baustellenbeurteilung

Mit diesem Beispiel wurde gezeigt, dass die Beurteilung einer Baustelle bei der Rechnung mit gewichteten Vollkosten fast unabhängig von den ausführenden Mitarbeitern ist, während bei der ‚normalen’ Deckungsbeitragsrechnung große Streuungen auftreten. Betont werden soll nochmal, dass der Unternehmer bei beiden Methoden letztlich das gleiche Geld verdient hat. Es geht nur um die Beurteilung der Baustelle.

Die Beispiele mit der geringen Abweichung passen übrigens nur deshalb so gut, weil man sich dicht an der Mindestdeckung bewegt. Sobald die Baustelle mehr Ertrag bringt, egal ob über Lohn oder Material, treten auch bei der neuen Methode etwas größere Abweichungen auf. Die Abweichungen sind aber wesentlich geringer, als sie bei der im Beispiel1 gezeigten Methode ohne unterschiedliche Deckungsbeiträge sind.

Auf Risikoabdeckung achten

Kalkulatoren neigen dazu, an eine gesetzte Grenze heranzugehen, um den Auftrag zu erhalten. Wenn nun viele Aufträge mit Gewinn Null durchlaufen, dann reicht oft ein geringes Problem aus, um den Betrieb in Existenznot zu bringen. Es ist deshalb dringend erforderlich, nicht mit den tatsächlichen Mindest-Deckungsbeiträgen und den daraus abgeleiteten Vollkosten zu kalkulieren, sondern einen Anteil für „Wagnis und Gewinn“ bzw. für „unvorhergesehene Widrigkeiten“ einzukalkulieren. Dieser Anteil muss auf der Kostenseite ähnlich betrachtet werden, wie z.B. eine Betriebsversicherung. Wichtig: Dieser Anteil darf nicht zu hoch angesetzt werden, da sonst die Auftragslage darunter leiden würde.

Anpassung bei Badausstellung

Wie bereits erwähnt, ist die beschriebene Vorgehensweise nur für Handwerksbetriebe sinnvoll. Ein Kunde von uns mit einer großen Badausstellung hatte das Problem, dass in dieser Abteilung die Fixkosten vergleichsweise hoch waren und sich deshalb nicht so einfach auf den ganzen Betrieb verteilen ließen. Denn damit wäre der Kundendienstbereich immer defizitär gewesen.

Gelöst wurde das Problem wie folgt: Die Vollkostensätze für die Monteure, die für den Badausstellungsbereich arbeiten, wurden viel höher angesetzt, als für die im Kundendienst. Den Vollkostensatz je Monteur hat man also für die Abteilungen unterschiedlich ermittelt und fließt dementsprechend auch in die Nachkalkulation je Abteilung unterschiedlich ein. Fazit dazu: Betriebe, die neben dem Handwerk einen Fachmarkt oder eine Bäderausstellung betreiben, müssen dies unbedingt mit unterschiedlichen Vollkostensätzen berücksichtigen. Dies gilt allerdings auch für die klassische Deckungsbeitragsrechnung.

In einer der nächsten SBZ-Ausgaben berichtet die Firma BGK Haustechnik aus Bad Oeynhausen über ihre Erfahrungen mit der Vollkostenrechnung.

Weitere Informationen

Unser Autor Dipl.-Ing. Ge­rald Bax ist Geschäftsführer der Label Software Gerald Bax GmbH, 33607 Bielefeld, Telefon (05 21) 5 24 19 60, Telefax (05 21) 13 76 80, E-Mail: info@label-software.de

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