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Rechtsfragen zur privaten Nutzung


Den betrieblichen Bedürfnissen zur schnellen Kommunikation nach innen und außen einerseits, stehen Un­sicherheiten und Probleme zur Abgrenzung zwischen Erlaubtem und Verbotenem andererseits entgegen. Das bestehende Defizit an gesetzlichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen kann durch die eine erst in den „Kinderschuhen“ steckende Rechtsprechung nicht geheilt werden. Die Verleitung, den ­betrieblichen Internetanschluss für den pri­vaten E-Mail-Verkehr, das private Internet-banking, eBay-Auktionen, die Planung des Wochenendes zu nutzen oder sich die (Arbeits-)Zeit mit Internetspielen oder Chatten zu vertreiben, hat die Gerichte bereits nachhaltig beschäftigt. Spätestens dann, wenn betriebliche PC-Anlagen lahm gelegt werden, weil ein Virus aus dem Internet geladen wurde oder strafrechtlich relevante Aktionen via Internet stattfinden, sehen sich Firmen veranlasst, das Thema Internet zu regeln.

Abgrenzung dienstlicher von privater Nutzung

Arbeitsrechtlich gesehen gehört die Gestaltung des Umgangs mit dem Internet im Betrieb in den Bereich der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Allein er bestimmt, in welchem Maße und zu welchen Bedingungen Arbeitnehmer einen Internetzugang erhalten und diesen nutzen können. Allerdings hat der Arbeitgeber bereits bei der Einrichtung des Internetzugangs erste Pflichten zu beachten. In einer Firma mit Betriebsrat tangiert dieser Schritt Mitbestimmungsrechte. Der Arbeit­geber ist hier gehalten, den Betriebsrat über die Einführung des Internets zu unterrichten. Hintergrund für diese Regelung ist der Umstand, dass die üblichen Internetprogramme zur Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers geeignet sind. Verlauf oder Chronik des Besuchs von Internetseiten werden auf dem Browser in der Regel gespeichert. Einen generellen Anspruch des Arbeitnehmers zur Nutzung des Internets gibt es nicht, schon gar nicht zur privaten Nutzung. Sofern der Arbeitgeber einen Rahmen für die betrieb­liche Nutzung des Internets vorgegeben hat, könnte die Abgrenzung zur privaten Nutzung Probleme aufwerfen. Eine betriebliche Nutzung ist immer dann gegeben, wenn ein spezifischer Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Arbeitnehmers besteht. Der Arbeitnehmer muss also den Willen haben, dass der Gang ins Internet seiner Arbeit zugute kommt. Auf diese Absicht des Arbeitnehmers kommt es an. Ob dann im Einzelfall die Internetnutzung erfolgreich und wirklich zweckmäßig war, ist nicht entscheidend. Ist ein dienstlicher Bezug nicht ersichtlich, handelt es sich um private Nutzung. Es gibt jedoch Grenzfälle, in denen die Nutzung zwar einen privaten Charakter trägt, aber möglicherweise dienstlich veranlasst ist. Hier könnte man zum Beispiel die E-Mail des Arbeitnehmers an seine Ehefrau einordnen, in der er ihr mitteilt, dass es wegen einer dienstlichen Angelegenheit heute später werden wird. Zur dienst­lichen Nutzung des Internets gehören demnach auch private E-Mails, die durch die dienstliche Tätigkeit des Arbeitnehmers veranlasst werden. Ebenso wie bei der Führung von privaten Telefonaten am Arbeitsplatz, hat der Arbeitgeber hier Rücksicht auf die ­privaten Belange des Arbeitnehmers zu ­nehmen.

Stillschweigende Duldung des Arbeitgebers

Umstritten ist die Natur von E-Mails an Kollegen oder Kunden, die einen rein privaten Inhalt aufweisen. Hier sollte man darauf abstellen, ob der Arbeitgeber einen dienstlichen Nutzen aus der entsprechenden E-Mail ziehen kann. Das wäre z.B. zu bejahen, wenn diese der Verbesserung der Kollegialität oder des Images des Arbeitgebers bei einem Kunden dient. Die Rechtsfolgen einer privaten Nutzung des Internets, die über eine dienstliche Veranlassung hinausgeht, ergeben sich aus den zuvor getroffenen Festlegungen des Arbeitgebers. Ist die private Internetnutzung gestattet oder geduldet, hat der Arbeitnehmer in diesem Rahmen keine Sanktionen zu befürchten. Eine erlaubte private Nutzung des Internets kann weder eine Abmahnung, noch eine Kündigung rechtfertigen. Dabei kommt es auf die ausdrückliche Erklärung einer Erlaubnis nicht an. Die Gestattung der privaten Nutzung des Internets kann auch konkludent erfolgen, etwa wenn der Arbeitgeber weiß, dass das betriebliche Internet auch privat genutzt wird und hiergegen nicht einschreitet, also die private Nutzung stillschweigend duldet. Die Bewertung des vorausgesetzten Einverständnisses zur Internetnutzung wird analog zu privaten Telefonaten am Arbeitsplatz vorzunehmen sein. Ist beispielsweise privates Telefonieren gestattet, so wird der Arbeitnehmer davon ausgehen können, dass in vergleichbarem Umfang auch die private Internetnutzung möglich ist. Dies gilt jedenfalls wohl dann, wenn für die private ­Internetnutzung dem Arbeitgeber keine zusätzlichen Kosten entstehen.

In der Internetnutzung lauernde Gefahren

Manche Gerichte gehen davon aus, dass die private Internetnutzung ohne ausdrück­liches Verbot berechtigt sei, sofern sie nicht größere Teile der Arbeitszeit in Anspruch nimmt und keine spürbare Kostenbelastung für den Arbeitgeber auslöst. Diese Auffassung verkennt jedoch die unterschied­lichen Risiken des Arbeitgebers. In der Internetnutzung lauern verschiedenste Gefahren: Zum Beispiel bergen „Dialer“-Programme hohe Kostenrisiken. Viren, Würmer und ­Trojanische Pferde können großen Schaden anrichten und für den Betrieb wichtige ­Arbeitsabläufe für lange Zeit lahm legen, ­Daten können ausspioniert werden, Speicherkapazitäten und Bearbeitungsgeschwindigkeiten negativ beeinträchtigt werden. Alle diese Risiken werden durch den Umstand verschärft, dass sich die gefürchteten Programme aus dem Internet eben ohne den Willen des Benutzers selbstständig auf dem Rechner installieren. Die private Nutzung kann aber auch durch betriebliche Übung ­arbeitsrechtlicher Vertragsbestandteil werden. Eine betriebliche Übung liegt vor, wenn der Arbeitgeber wiederholt über einen längeren Zeitraum, der Richtwert liegt hier bei mindestens sechs Monaten, die private Internetnutzung in deren Kenntnis toleriert. Zudem müssen weitere Umstände hinzutreten, aus denen der Arbeitnehmer entnehmen kann, dass ihm diese Vergünstigung auf Dauer ­eingeräumt wird. Die große Gefahr der ­betrieblichen Übung besteht darin, dass die duldende Gestattung der privaten Internetnutzung den bisherigen Arbeitsvertrag ändert und der Arbeitgeber diese Änderung schwer beseitigen kann. Hier entsteht die normative Kraft des Faktischen. Der Gefahr, in eine zumindest quasi-vertragliche Bindung hinsichtlich der privaten Internetnutzung zu geraten, begegnet der Arbeitgeber mit einem ausdrücklichen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt der Erlaubnis einer etwaigen privaten Internetnutzung. Anderenfalls entsteht eine vertragsfeste (oder vertragsfest ­gewordene) Nutzungserlaubnis, die nur durch eine Änderungsvereinbarung oder – wenn sich der Arbeitnehmer hierauf nicht einlässt – durch eine Änderungskündigung beseitigt werden kann. Eine private Nutzung kann auch begrenzt oder teilweise gestattet sein, indem der Arbeitnehmer grundsätzlich den betrieblichen Internetzugang privat nutzen darf, hierbei aber bestimmte Einschränkungen oder Vorgaben zu beachten hat. So kann die Nutzung zeitlich z.B. außerhalb der betrieblichen Arbeitszeiten, also in den Arbeitspausen oder in der Freizeit erlaubt sein, inhaltlich durch die Erlaubnis zur Ver­sendung und den Empfang privater E-Mails oder kostenmäßig beschränkt werden. Zur Regelung der betrieblichen und privaten ­Internetnutzung durch den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz stehen die üblichen Mittel zur Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses – die individuelle vertragliche Nebenabrede und die Betriebsvereinbarung – zur Verfügung, wobei hier inhaltlich dem Arbeitgeber keinerlei Grenzen gesetzt sind.

Folgen einer unerlaubten Internetnutzung

Die arbeitsrechtlichen Konsequenzen privater oder missbräuchlicher Internetnutzung hängen wesentlich von der Regelungslage im Betrieb bzw. Unternehmen ab. Während in einigen Unternehmen überhaupt keine Fest­legungen hierzu existieren, haben andere Unternehmen sehr detaillierte Regelungen mit präzisen Handlungsanweisungen für Arbeitnehmer getroffen. Ist dem Arbeitnehmer jede private Nutzung ausdrücklich verboten, rechtfertigt eine Zuwiderhandlung stets eine Abmahnung oder ist kündigungsrelevant. Für den Arbeitgeber stellt sich die Frage, wie er auf Verstöße des Arbeitnehmers gegen ein Verbot der privaten Internetnutzung richtig und damit durchsetzbar reagiert. Hierzu steht dem Arbeitgeber grundsätzlich das vollständige arbeitsrechtliche Instrumentarium zur Verfügung. Welches arbeitrechtliche Mittel vom Arbeitgeber angewandt wird, sollte jedoch von der Art und Schwere des Verstoßes abhängen. Bei bloßen Lappalien ohne Auswirkungen auf betriebliche Abläufe sollte es der Arbeitgeber bei einer mündlichen Ermahnung des Arbeitnehmers bewenden lassen. Liegt mit der privaten Internetnutzung z.B. durch extensives Surfen zulasten der Arbeitszeit eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vor, ist vor einer beabsichtigten Kündigung dringend anzuraten, zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Grundsätzlich kommt zur Ahndung unerlaubter Internetnutzung eine verhaltensbedingte Kündigung nur nach erfolgter und erfolglos gebliebenen Abmahnung in Betracht. Die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten aufzeigen und ihm Gelegenheit geben, dieses zukünftig abzustellen. Dem Arbeitnehmer soll dabei deutlich gemacht werden, dass er im Wiederholungsfalle der arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen muss.

Hinweis- und Warnfunktion der Abmahnung

Gerade weil hier in der Praxis eine erhebliche Grauzone zwischen erlaubter und unerlaubter Internetnutzung festzustellen ist, kommt einer klaren Grenzziehung durch die Hinweis- und Warnfunktion der Abmahnung im Einzelfall entscheidende Bedeutung zu. Auf eine Abmahnung vor der verhaltensbedingten Kündigung kann nur dann verzichtet werden, wenn ein wichtiger Grund oder besondere Umstände vorliegen, aus denen ersichtlich ist, dass der Arbeitnehmer auch im Falle einer Abmahnung nicht gewillt ist, sich vertrags­gerecht zu verhalten und seine vertraglichen Verpflichtungen auch weiterhin verletzen wird, oder wenn eine solche Schwere des Fehlverhaltens vorliegt, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer strafbare Handlungen oder in extremen Fällen wie pornografische Nutzung oder Tätigkeiten mit rechtextremen Hintergrund begangen hat. In diesen Fällen steht das Arbeitsverhältnis auch durch eine fristlose Kündigung auf dem Spiel, wenn private Nutzung des Internets durch den Arbeitgeber gestattet war. Neben den arbeitsrechtlichen Konsequenzen treffen den Arbeitnehmer bei unerlaubtem Verhalten und Eintritt eines wirtschaftlichen Schadens auch zivilrechtliche Ansprüche des Arbeitgebers.

Ansätze der Rechtsprechung

Die bisher bekannte Rechtsprechung der ­Arbeitsgerichte zur Frage der meist fristlosen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB bei privater Internetnutzung am Arbeitsplatz orientiert sich an der schon seit längerem bestehenden Recht­sprechung zur privaten Telefonnutzung am Arbeitsplatz.

Hessisches Landesarbeitsgericht

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat sich zur Frage einer fristlosen Kündigung wegen Versendung privater E-Mails vom Arbeitsplatz aus geäußert. Auf ein entsprechendes Verbot muss klar und ausdrücklich hingewiesen werden. Dieser Hinweis ging an einen Arbeitgeber, der eine Arbeitnehmerin fristlos gekündigt hatte, die eine private E-Mail versandt hatte. Trotz eines internen Vermerks, dass private E-Mails nicht versandt werden sollten, da hierdurch Viren ins System gelangen könnten, zusammen mit der Formulierung „…eine fristlose Kündigung ist die Folge…“, sah das Hessische Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung des Arbeitgebers als nicht gerechtfertigt an. Das Landesarbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass eine Kündigung ­ohne Abmahnung vorliegend nicht zulässig ist. Die Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin sei nicht so schwer, dass eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Trotz der Virengefahr, die private E-Mails beinhalten, liegt keine Gefahrsteigerung vor, die eine Abmahnung entbehrlich macht. Zudem wurde auf die Konsequenzen des Versendens von privaten E-Mails, nämlich die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnissen, nicht deutlich genug hingewiesen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei einer teilweisen Gestattung der Nutzung oder einer begrenzten Nutzungserlaubnis eine erhebliche Grauzone zwischen erlaubter und unerlaubter Nutzung besteht. Ob eine Kündigung gerechtfertigt ist, lässt sich in diesem Bereich nur für den konkreten Einzelfall feststellen. Allenfalls allgemein kann man sagen, dass eine nicht mehr sozialtypische oder sozialadäquate Nutzung vertragswidrig wäre, eine fristlose Kündigung nur in einem schweren Fall in Frage kommt.

Arbeitsgericht Wesel

Im einem vom Arbeitsgericht Wesel entschiedenen Fall hatte eine Arbeitnehmerin binnen eines Jahres insgesamt 80 bis 100 Stunden privat im Internet gesurft. Dies entspricht bei Zugrundelegung einer 40-Stunden-Woche mindestens zwei Arbeitswochen. Das Arbeitsgericht erachtete die Kündigung dennoch als unwirksam, da ein ausdrückliches Verbot der Internetnutzung nicht vorlag und der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin nicht ­abgemahnt hatte. Nach Auffassung des ­Gerichtes ist auch bei einer Nutzung des ­Internets für private Zwecke für 80 bis 100 Stunden binnen eines Jahres nicht ein Ausmaß erreicht, dass eine Abmahnung hätte entbehrlich werden lassen können. Im Urteil heißt es darüber hinaus: „Überdies wird die private Internetnutzung von einem Großteil der Arbeitnehmer oft als bloße Spielerei oder zumindest als Kavaliersdelikt empfunden. Dass dies seitens des Arbeitgebers nicht so bewertet wird, hat er dem Arbeitnehmer ...durch eine Abmahnung deutlich zu machen.“

Arbeitsgericht Düsseldorf

Keinen Erfolg allerdings hatte die Klage eines Arbeitnehmers gegen eine fristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf. Obwohl eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bestand, dass der Internetzugang nur für dienstliche und geschäftliche Zwecke verwendet werden darf und das Speichern von Daten gesetzwidrigen, rechtsradikalen oder pornographischen Inhalts auf jeden Fall unzulässig sei, hatte der Arbeitnehmer 10 % seiner Internetnutzungszeit mit dem Herunterladen von pornographischen Dateien verbracht. Hier hatte das Arbeitsgericht die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB als zulässig erachtet. Das Arbeitsgericht bewertete insbesondere das Verhalten des Arbeitnehmers negativ, dass dieser gegen die ausdrücklichen Internetnutzungsvereinbarung in erheblichen Umfang verstoßen hatte, obwohl ihm die Konsequenzen in einer entsprechenden Vereinbarung deutlich aufgezeigt worden waren. Da die Folgen somit für den Arbeitnehmer auf der Hand lagen und die Verstöße erheblich waren, bedurfte es keiner Abmahnung, so dass die fristlose Kündigung wirksam war.

Landesarbeitsgericht Hannover

Ebenso sah es das Landesarbeitsgericht ­Hannover. Lädt der Arbeitnehmer trotz ausdrücklichen Verbotes der privaten Internetnutzung pornographisches Material über den betrieblichen Internetzugang herunter, ist eine außerordentliche Kündigung sehr wohl auch ohne Abmahnung zulässig. Der Arbeitnehmer hatte im vorliegenden Fall porno­graphische Bild- und Videodateien in einem großem Umfang auf seinem betrieblichen Computer gespeichert und zwar nachweisbar während seiner Arbeitszeit. Das Landes­arbeitsgericht sah gleichzeitig mehrere schwerwiegende Pflichtverletzungen, die in ihrer Summe eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigten, nämlich das ­private Nutzen des ihm zur Verfügung gestellten dienstlichen PC am Arbeitsplatz, das private Nutzen des PC während der Arbeitszeit, das Herunterladen einer erheb­lichen Menge pornographischen Bildermate­rials aus Internet und dessen Speicherung auf dem Datenträger des Arbeitgebers und das Nutzen des ihm gewährten Internetzugangs zum Einrichten einer Internetseite mit sexuellem Inhalt, ohne dass dies mit ­Wissen und Wollen des Beklagten geschah. Das Landes­arbeitsgericht hat des Weiteren angenommen, dass der Festplatteninhalt des betrieblichen Rechners des Arbeit­nehmers, der im Eigentum des Arbeitgebers stand, im Verfahren problemlos verwertet werden durfte. Nach der Auffassung des ­Landesarbeitsgerichtes kommt es zudem ­darauf an, dass es sich bei dem Computer des Arbeitnehmers um einen dienstlichen Rechner und nicht um einen für private ­Zwecke handelte.

Bundesarbeitsgericht

Das Bundarbeitsgerichts (BAG) hat mit seiner Entscheidung vom 7.7.2005 (2 AZR 581/04) klare Regeln zum Surfen am Arbeitsplatz aufgestellt. Damit hat ein Arbeitgeber einen Maßstab, um gegen die unberechtigte Nutzung des Internets während der Arbeitszeit vorzugehen. Ein Pflichtverstoß stellt danach schon allein die untersagte private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit dar, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht, welche eine Hauptleistungspflicht darstellt, verletzt. Das BAG nimmt des Weiteren einen Pflichtverstoß an, wenn dem Arbeitgeber dadurch zusätzliche Kosten entstehen, weil der Arbeitnehmer die Betriebsmittel in unberechtigter Weise in Anspruch genommen hat. Als Pflichtverletzung kommen nach Auffassung des BAG bei einer privaten Nutzung des Internets allgemein auch das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme (unbefugter Download) in Betracht. Insbesondere sei damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierung oder anderer Störungen des betrieblichen- Betriebssystems verbunden, andererseits könne es bei der Rückverfolgung von Daten zu Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen, beispielsweise wenn strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden. Somit konkretisieren sich die rechtlichen Anforderungen an arbeitsvertragliche Verletzungen, die den Bestand der Arbeitsverhältnisses gefährden, auf drei wesentliche Punkte:

• das Risiko durch das Herunterladen von Dateien in erheblichem Umfang

• die zusätzlich entstehenden Kosten

• die Tatsache, dass der Arbeitnehmer, wenn er privat im Internet surft, eben nicht arbeitet, sondern seinen Freizeitinteressen nachgeht.

Das Bundesarbeitsgericht geht weiterhin davon aus, dass aus einer möglichen Berechtigung zur privaten Nutzung des Internets noch nicht folgt, dass der Arbeitnehmer das Internet intensiv während der Arbeitszeit nutzen darf. Auch bei einem vollständigen Verzicht des Arbeitgebers auf eine Regelung oder bei (teilweiser) Gestattung der privaten Nutzung gilt für den Arbeitnehmer der Grundsatz, dass die private Internetnutzung keine Reduzierung der Arbeitszeit mit sich bringen darf. Je ausgedehnter dies missachtet wird, umso weniger kann der Arbeitnehmer damit rechnen, dass der Arbeitgeber dies sanktionslos akzeptiert. Auch ermächtigt der vollständige Verzicht des Arbeitgebers auf eine Regelung oder die (teilweise) Gestattung der privaten Internetnutzung niemals zur Vornahme strafbarer Handlungen z.B., indem Dateien mit pornographischen Inhalten verbreitet werden.

Überwachungsrechte des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber darf die betriebliche Nutzung des Internets in seinem Unter­nehmen überwachen. Er muss bei der Überwachung aber die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer achten und gegebenenfalls den Betriebsrat einbeziehen. Die Registrierung angewählter Internetadressen oder E-Mail-Adressen oder -Betreffs ist zulässig. Wenn der Arbeit­geber die private Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses ausdrücklich, konkludent oder durch betriebliche Übung gestattet, finden die gesetzlichen Vorschriften über die Tele­kommunikation Anwendung. Hierbei hat der Arbeitgeber das Fernmeldegeheimnis gem. §88 Abs. 3 TKG und hinsichtlich der Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung § 3 TDSV zu beachten. Anderenfalls drohen ein Beweisverwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess sowie strafrechtliche Konsequenzen. Ein Zugriff auf den Inhalt ­privater E-Mail ist tabu, solange kein kon­kreter Verdacht – und zwar gegründet auf konkrete Indizien oder Beweise – auf Ver­stöße gegen Arbeitnehmerpflichten im Umgang mit dem Internet vorliegt. Anders sieht die Sache aus, wenn überwiegende Interessen des Arbeit­gebers vorliegen, insbesondere ein begründeter Verdacht auf strafbare Handlungen, z.B. der Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Die Überwachung und die Regelung für die Auswertung von Missbrauchsfällen kann vertraglich geregelt werden.

Gestaltung betrieblicher Festlegungen

Ein Verbot der privaten Internetnutzung bietet zwar rechtlich gerade im Hinblick auf arbeitsrechtliche Konsequenzen Klarheit, jedoch ist die Sinnhaftigkeit von Sanktionen zu hinterfragen. Statt eines restriktiven Totalverbotes ist vielmehr eine auch für den Arbeitnehmer nachvollziehbare Regelung zu empfehlen. Diese soll klare Grenzen bei der Internetnutzung aufzeigen und dem Arbeitnehmer die Folgen möglicher Verstöße gegen diese Regelung vor Augen führen. Für welche inhaltliche Gestaltung sich der Arbeitgeber schließlich entscheidet, hängt von der Art des Betriebes und vor allem der vorhandenen technischen Ausrüstung ab. Empfehlenswert sind zeitliche Grenzen der Nutzung des Internets. Dabei könnte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Pausen und die Zeit nach Dienstschluss verweisen, da sich ein Nachholen oder Anhängen von Arbeitszeit, die mit privatem Internetsurfen verbracht wird, in der Praxis als problematisch herausstellt. Weiter sollte eine zeitliche Grenze hinsichtlich der Nutzungsdauer gesetzt werden. Die zeitliche Beschränkung kann auch dann sinnvoll sein, wenn eine Über­lastung des betrieblichen Internetzugangs zu bestimmten Zeiten droht oder eine zeitweilige volle Konzentration auf die betrieblichen Abläufe erforderlich ist. Ohne eine explizite Regelung, wäre man im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung auf die mitunter unkalkulierbare Ansicht eines Einzelrichters angewiesen. Darzulegen und zu beweisen hätte der Arbeitgeber, ob eine zeitlich erhebliche private Nutzung des Internets vorliegt, ob und wenn ja gegen welche betriebliche Interessen diese verstößt und hierin ein Abmahngrund oder ein außerordentlicher Kündigungsgrund zu sehen ist. In der Regel wäre eine zeitlich übermäßige und somit erhebliche private Internetnutzung dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr annehmen konnte, dass diese auch vom Einverständnis des Arbeitgebers gedeckt sei. Ebenfalls praktisch sinnvoll ist die Festlegung materieller Grenzen der Internetnutzung. Vor allem zu nennen ­wäre hier ein Verbot zum Aufruf von Webseiten, die strafbare Inhalte verbreiten. Jedoch sollte auch daran gedacht werden, den Besuch von Webseiten mit pornographischen, politisch-anstößigem oder gewaltverherrlichenden, rassistischen oder kriminellen Inhalten zu verbieten. Auch kann ein Verbot des Downloads von Dateien ab einer bestimmten Daten­menge sinnvoll sein, weil diese zu viel Speicherkapazität in Anspruch nehmen.

Regelungen in Betriebs­vereinbarung festlegen

Weiterhin kann der Arbeitgeber verbieten, private E-Mails von einer betrieblichen E-Mail-Adresse aus zu versenden. Mit dieser Maßnahme wird verhindert, dass unan­gebrachte Inhalte aufgrund einer betrieb­lichen Signatur mit dem Arbeitgeber in ­Verbindung gebracht werden. Angesichts der Tatsache, dass der Arbeitnehmer für seine privaten E-Mails problemlos und kostenfrei eine eigene Online-E-Mail-Adresse ­einrichten kann, wird dazu geraten, ein ­entsprechendes Verbot auszusprechen. ­Empfehlenswert wäre auch die Einrichtung eines bestimmten Procedere bei einem begründeten Missbrauchsverdacht der Internet- und E-Mail-Nutzung. Hier könnte ­vereinbart werden, dass vorerst ein Gespräch mit dem Betroffenen geführt wird. Kann ­dadurch der Verdacht nicht ausgeräumt ­werden, wird vereinbart, dass ein Vertreter der Geschäftsleitung und ein Vertreter des Betriebsrates die Verbindungs- und Inhaltsdaten auswerten, soweit dies zur Klärung der Vorwürfe erforderlich ist. Auch Fragen zur Überwachung des E-Mail-Verkehrs können geregelt werden. In diesem Zusammenhang könnte der Arbeitgeber anbieten, für jeden Mitarbeiter eine dienstliche E-Mail-Adresse einzurichten. Regelungsbedürftig ist auch der Umgang mit Zugangspasswörtern. Es kann somit die Verpflichtung mit aufgenommen werden, Passwörter geheim zu halten. Aufgrund der mitunter risikobelasteten Sicherheitsstandards hätte auch der Ausschluss der Übermittlung von vertraulichen Infor­mationen durch E-Mails bzw. deren Verschlüsselung Sinn. Darüber hinaus könnte die Archivierung von E-Mails geregelt werden. All diese Regelungen hätten Platz in einer ­Betriebsvereinbarung, die entweder alle Arbeitnehmer pauschal erfasst oder sich an eine definierte Gruppe von mehreren Arbeit­nehmern richtet. Ein Widerruf der privaten Internetnutzung ist durch Änderung der ­Betriebsvereinbarung möglich. Ein Betriebsrat hätte hier ein mögliches Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Individuelle vertragliche Nebenabreden bieten sich vor allem dann an, wenn der Arbeitgeber zwischen seinen einzelnen Mitarbeitern differenzieren will. Zu beachten ist, dass eine Rücknahme der Gestattung nur mit dem ­Einverständnis des Arbeitnehmers möglich ist, es sei denn, dass ein Widerrufsvorbehalt vereinbart wurde.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der arbeitsrechtliche Umgang mit dem Internet umso einfacher gestaltet, je präziser die betrieblichen Festlegungen oder vertraglichen Absprachen getroffen wurden. Missbrauchsrisiken wachsen proportional zu Regelungsdefiziten. Einen vollständigen Schutz des Arbeitgebers vor einer unangemessenen oder Gefahr verursachenden privaten Nutzung von Internet und E-Mail durch den Arbeitnehmer gibt es nicht. Umso wichtiger ist es daher, eine klare Regelung zu schaffen, die Voraussetzungen und Grenzen der erwünschten Nutzung beinhaltet. Ausdrückliches Verbot oder Gestattung der privaten Internet- und E-Mail-Nutzung vom Arbeitsplatz aus, sollten sich an den konkreten betrieblichen Erfordernissen und Bedürfnissen ausrichten. Ob die private Internetnutzung eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt, ist am Einzelfall zu beurteilen. Die Art der arbeitsrechtlichen Reaktion des Arbeitgebers auf Missbräuche muss sich an der Schwere des Verstoßes orientieren. Grundsätzlich sind Pflichtverletzungen zunächst abzumahnen, bevor Kündigungen ausgesprochen werden.

Weitere Informationen

Unser Autor Rechtsanwalt Veit Schermaul ist seit 2006 in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Dimanski & Partner in 39120 Magdeburg tätig, Telefon (03 91) 6 26 96-57, Telefax (03 91) 6 26 96-53. Die Tätigkeitsschwerpunkte seiner juristischen Arbeit umfassen das Baurecht mit Haustechnikbezug sowie die arbeitsrechtliche Beratung und Vertretung von SHK-Firmen.

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