Mit rund 90 % Marktanteil ist Windows das weltweit am häufigsten eingesetzte Betriebssystem von Desktop-PCs – weit vor Mac OS X, Linux und anderen. Bei mobilen Computern dominieren dagegen Google Android und Apple iOS mit jeweils etwa 45 % den Markt, während Windows mit gerade mal 2 % praktisch keine Rolle spielt.
Das will Hersteller Microsoft mit Windows 10 ändern. Das neue Betriebssystem ist außer auf Desktop-Computern und Notebooks auch auf Tablet-PCs, Convertibles, Smartphones und anderen Rechnerkategorien lauffähig. Es bildet somit eine einheitliche Plattform, die dennoch unterschiedliche Geräteeigenschaften berücksichtigt.
Bei Smartphones passt sich beispielsweise die grafische Benutzeroberfläche automatisch an. Bei Convertibles erkennt Windows 10, ob eine Tastatur angeschlossen ist und wechselt selbstständig zwischen Touch- und Tastatur-Bedienung. Mit Windows 10 kann man somit durchgängig auf Daten und Programme oder Apps mit gleichem Erscheinungsbild und gleichen Funktionen zugreifen – unabhängig von der eingesetzten Hardware.
Per Datensynchronisation über Microsofts Cloud-Dienste ist es ferner möglich, eine am Büro-PC begonnene Projektarbeit nahtlos in der Bahn auf dem Tablet-PC fortzusetzen und auf der Baustelle zu präsentieren, ohne Dateien transferieren oder sich bedientechnisch umstellen zu müssen. Auch IT-Techniker haben es einfacher: Sie können mit einheitlichen Werkzeugen und Verfahren die komplette stationäre und mobile IT des Unternehmens kontrollieren.
Softwareentwickler können im neu gestalteten Windows App-Store Programme anbieten, die auf allen Endgeräten laufen. Anwender müssen kostenpflichtige Windows-10-Apps nur einmal erwerben und können sie dann auf allen Plattformen nutzen.
Neuerungen im Detail
Windows 10 verknüpft die Startmenü-Bedienung von Windows 7 mit den Windows-8-Kacheln, die in das neue Startmenü integriert sind. Während die linke Menüleiste die meistgenutzten Programme, den Datei-Manager, die Systemsteuerung und den Aus-Schalter enthält, besteht die rechte Menüleiste aus App-Kacheln, die man individuell anordnen und in ihrer Größe verändern kann. Vorinstalliert sind z. B. Kalender-, E-Mail- und Foto-Apps. Über das Suchfeld kann man sowohl den Computer nach Dateien durchsuchen als auch das Internet nach Begriffen per integrierter Suchmaschine Bing.
Auch die App-Bedienung ist einfacher geworden. Wie schon beim 8.1-Update, kann der Anwender Apps über die Titelleiste beenden, an die Taskbar heften sowie zwischen Apps und Programmen wechseln. Windows 10 bietet zusätzlich die Möglichkeit, Apps im Fenstermodus parallel mit herkömmlicher Anwendungssoftware zu betreiben und die App-Fenstergröße zu verändern.
Neu ist auch die Möglichkeit, mehrere Desktops zu nutzen. Damit lassen sich beispielsweise unterschiedliche Projekte oder geschäftliche und private Dokumente noch einfacher getrennt bearbeiten, wobei Anwendungen per Drag-and-drop zwischen den Desktops verschoben werden können.
Die schon aus Windows 8.1 bekannte Suchfunktion wird in Windows 10 durch den Personal Assistant „Cortana“ ergänzt, der sich wahlweise über Tastatur- oder Spracheingaben steuern lässt. Cortana erheitert den Anwender auf Nachfrage nicht nur mit Witzen, sondern ist auch bei Suchanfragen behilflich, ermöglicht eine sprachgesteuerte Menünavigation und erinnert rechtzeitig an Termine.
Damit Cortana den Anwender optimal auch bei anderen Aufgaben unterstützen kann, muss die digitale Assistentin allerdings zunächst einiges über den Anwender und sein Umfeld erfahren. Cortana ist lernfähig und verwertet vom Anwender eingegebene persönliche Daten ebenso wie auf dem Rechner gespeicherte Daten oder eingehende E-Mails, sofern dies gewünscht wird.
Ein neues Surferlebnis verspricht Windows 10 mit Microsoft Edge. Damit lassen sich Inhalte im Web nicht nur schneller und mithilfe der Sprachassistentin Cortana bequemer recherchieren, sondern auch einfacher lesen und individuell kommentieren. Ist Cortana aktiviert, kann man sich unbekannte Begriffe erklären lassen, ohne dass man die Seite verlassen muss. Nützlich ist auch die Möglichkeit, auf Webseiten Notizen, Handskizzen oder Markierungen einzufügen und diese bürointern oder an Projektpartner weiterzuleiten. Eine neue Lesemodus-Funktion ermöglicht die Anzeige von Webinhalten ohne Abbildungen oder Werbung, ohne dass ein Werbeblocker installiert werden muss.
Neue Sicherheitsfunktionen sollen Windows-10-Anwender noch besser vor IT-Kriminalität und Datendiebstahl schützen. Dazu gehört unter anderem ein zweistufiges Authentifizierungssystem. Weiterhin vorhanden ist eine Bitlocker-Verschlüsselung von Laufwerken, ohne dass sich der Anwender zusätzliche Passwörter merken muss. IT-Verantwortliche können festlegen, welche Anwendungen oder Anwender auf verschlüsselte Daten zugreifen können. Letztere lassen sich zusätzlich durch ein Kopierverbot auf externe Speichermedien wie USB-Sticks schützen und im Falle eines Geräteverlusts löschen. Für zusätzliche Sicherheit sorgen der Virenscanner Windows Defender sowie die Windows Firewall.
Parallel zu Windows 10 ist auch das neue Office 2016, Nachfolger von Office 2013, mit den Programmen Word, Excel, PowerPoint, One Note, Outlook, Publisher und Access sowohl als Kauf- als auch als Abonnementversion erhältlich. Es ist sowohl für Windows-Betriebssysteme (ab Windows 7) als auch für Mac OS und Android auf Smartphones und Tablets ausgelegt. Zu den Neuerungen zählen erweiterte Funktionen für die gemeinsame Arbeit an Dokumenten, eine komfortablere Bedienung sowie mehr Datensicherheit. Das auf Windows 10 basierende Netzwerkserver-Betriebssystem Windows Server 2016, Nachfolger des Windows Server 2012 R2, soll erst im Laufe des Jahres 2016 ausgeliefert werden.
Windows 10 im SHK- und TGA-Bereich
Im SHK- und TGA-Bereich ist Windows 10 schon angekommen, wie eine Recherche und Umfrage unter Softwareanbietern ergab. Danach laufen die meisten aktuellen CAD-, AVA-, BMSP-, Berechnungs- oder Simulationsprogramme bereits offiziell oder inoffiziell unter dem neuen Betriebssystem. Als besondere Windows-10-Vorteile hervorgehoben haben Softwarehersteller die flexible Nutzung von Software sowie das gleiche Erscheinungsbild von Apps auf allen Endgeräten.
Interesse an eigenen App-Entwicklungen haben einige Anbieter bekundet, vor allem als Viewer und für die Vor-Ort-Erfassung von Projektdaten. Auch die flexible Bedienung per Tastatur und Maus sowie die intuitivere Finger- oder Sprachsteuerung von Apps sehen Branchensoftware-Hersteller als Vorteil, vor allem unterwegs oder auf Baustellen. Bei komplexen Programmen favorisieren die Softwarehäuser weiterhin Tastatur und Maus als Standard-Eingabegeräte – bei 3D-CAD-Programmen gegebenenfalls ergänzt durch eine 3D-Maus.
Auch für interne oder externe Projektbesprechungen eröffnet Windows 10 neue Möglichkeiten – etwa das neue, großformatige Display Microsoft Surface Hub für Videokonferenzen mit interaktiver Whiteboard-Funktion. Unter dem Strich wird Windows 10 von den Softwareanbietern als Impulsgeber gesehen, der durchaus neue Entwicklungen anstoßen kann. Dazu zählt beispielsweise auch das neue Windows Holographic. Das ist eine Windows-10-Entwicklungsplattform für Augmented-Reality-Anwendungen. Damit können Windows-10-Anwendungen mit Augmented-Reality(AR)-Funktionen erweitert werden.
Praktisch vorgestellt hat Microsoft die Technik am Beispiel der auf Windows Holographic basierenden Datenbrille HoloLens und diversen AR-Anwendungen. Das sprach-, gesten- und augengesteuerte, hochauflösende Head-up-Display kann 3D-Objekte in die reale Umgebung projizieren, also beispielsweise auch das geplante Haustechnik-Netz in einen gerade fertiggestellten Rohbau. Der aktuelle BIM- und 3D-Trend könnte der Technik Rückenwind verleihen. Ob Windows Holographic im Bau- und TGA-Bereich Anklang findet, bleibt aber abzuwarten. Weitere Informationen: www.microsoft.com/microsoft-hololens/en-us
Kritik an Windows 10
Kritisch wird von Datenschützern vor allem die „Datensammelwut“ von Windows 10 gesehen. Einige der von Windows 10 erhobenen Daten sind zwar im Sinne des Anwenders und notwendig – etwa um bestimmte Funktionen des digitalen Assistenten Cortana zu ermöglichen. Andere dienen eher Microsoft, etwa für Statistik- und Fehlerauswertungen, z. B. wenn bei Abstürzen Daten an Microsoft übertragen werden.
Ausgewertet werden zum Beispiel Name, Alter, Geschlecht, Standort, teilweise auch aufgerufene Webseiten oder Suchbegriffe. Wer die Sammlung, Auswertung und potenziell mögliche Weitergabe seiner Daten nicht wünscht, muss die Datenschutzeinstellungen von Windows 10 überprüfen und entsprechend anpassen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Expressinstallation verwendet wurde, denn damit räumt man dem Betriebssystem weitgreifende Rechte ein.
Eine weitere Kritik gilt dem neuen Update- und Upgrade-Verfahren. Bisher war es möglich, einzelne Windows-Updates von der Installation auszuschließen, respektive einzelne Updates zu überspringen. Bei dem für Privatanwender, kleine und mittlere Unternehmen konzipierten Windows 10 Pro können Anwender die Installation von Updates zwar zeitlich aufschieben, aber nicht verhindern.
Dies soll Sicherheitsrisiken minimieren und die Softwarepflege vereinfachen. Zugleich wird aber der Anwender ein Stück weit entmündigt. Microsoft zufolge ist Windows 10 die letzte Windows-Version, die der herkömmlichen Versionierung folgt. In Zukunft soll es keine neuen Upgrade-Versionen mehr geben. Stattdessen setzt das Unternehmen auf „Windows-as-a-service“. Im Rahmen dieser Dienstleistung erhalten Windows-10-Anwender nicht nur Fehlerbehebungen und Sicherheits-Updates, sondern auch neue Funktionen. Diese werden künftig nicht mehr gesammelt und in einer neuen Windows-Version veröffentlicht, sondern sobald sie fertig sind.
Windows-10-Rechner unterscheiden sich dann künftig nur noch durch die installierten Updates, nicht durch die Hauptversion. Windows-as-a-service bedeutet zwar nicht, dass Anwender Abonnement-Gebühren für das Betriebssystem zahlen müssen. Abo-Modelle gibt es allerdings bereits zum Beispiel für Office mit Office 365 und ähnliches ist für Windows 10 zumindest längerfristig nicht auszuschließen.
Kritik wird auch am Windows-10-Upgradeverfahren geübt: So kann es passieren, dass die 6 GB große Upgrade-Datei auch ohne ausdrückliche Genehmigung des Anwenders heruntergeladen wird. Wer das Gratis-Upgrade vorerst nicht in Anspruch nehmen will, kann unter https://support.microsoft.com/en-us/kb/3080351 nachlesen, wie das Gratis-Upgrade explizit verhindert werden kann.
Jetzt umsteigen oder abwarten?
Fast alle aktuellen Anwendungsprogramme sind inzwischen „Windows-10-ready“. Vor einem eventuellen Umstieg sollte man dennoch sicherheitshalber beim Hersteller oder Händler der eigenen Anwendungssoftware am besten schriftlich nachfragen. Das gilt insbesondere für ältere Programmversionen, die häufig nicht mit Windows 10 kompatibel sind.
Ob alle bisher auf Windows 7 oder 8.1 installierten Anwendungsprogramme, Module und Funktionen nach dem Upgrade auf Windows 10 problemlos laufen, sollte man zunächst auf einem Arbeitsplatz gründlich testen. Im schlimmsten Fall kann man per Wiederherstellen-Funktion zur alten Version zurückkehren. Müssen Anwendungsprogramme aufgrund von Inkompatibilitäten neu installiert und eingerichtet werden, kostet das Zeit, auch weil beispielsweise Installationsmedien, Lizenzcodes, Konfigurationsdateien etc. gesucht und das Programm konfiguriert werden muss.
Vorsichtige Anwender werden mit dem Windows-10-Upgrade deshalb noch abwarten, um in der Einführungsphase eventuellen Inkompatibilitäten mit Programmen, Modulen, Funktionen oder der Hardware aus dem Wege zu gehen. Wer auf die kostenlose Update-Option spekuliert, hat noch bis Ende Juli 2016 Zeit. Anwendern von Windows 7, 8 bzw. 8.1, die vorerst nicht upgraden wollen, gewährt Microsoft Support und Sicherheits-Updates mindestens noch bis 2020 bzw. 2023.
Ein Wechsel dürfte allerdings spätestens dann fällig sein, wenn ältere Hardware aktualisiert werden muss. Unternehmen mit Rechnern, die unter älteren Windows-Versionen wie Vista oder XP laufen, ist von einem reinen Software-Update auf Windows 10 aufgrund der höheren Systemanforderungen abzuraten. Sind die Rechner älter als fünf Jahre, ist ein Komplett-Umstieg auf eine neue Hardware sinnvoll, die aktuelle Systemanforderungen erfüllt und in der Regel Windows 10 vorinstalliert hat.
Fazit
„Das bisher beste Windows bietet viele innovative Funktionen, die Arbeitsabläufe im Büro beschleunigen können“, so die Einschätzung vieler Computerzeitschriften. Die Möglichkeit, Projektdaten auf PCs, Notebooks, Tablets oder Smartphones durchgängig und vernetzt mit Programmen nutzen zu können, die eine identische Oberfläche, Bedienung und Funktion aufweisen, ist wohl eines der stärksten Argumente für das neue Betriebssystem.
Ob Windows 10 allerdings mit den in den Unternehmen vorhandenen Android- oder iOS-Mobilsystemen konkurrieren oder diese sogar verdrängen kann, bleibt abzuwarten. Die enorme Angebotsvielfalt an Android- und iOS-Apps wird Windows 10 jedenfalls so schnell nicht aufholen können.
Abzuwarten bleibt auch, ob Windows-as-a-service tatsächlich eine kostenlose Dienstleistung bleibt. Schließlich scheinen Abo- oder Mietmodelle derzeit allgemeiner Trend zu sein, der sich künftig noch verstärken dürfte.
Info
Wissenswertes in Kürze
Windows 10 bietet eine einheitliche Betriebssystem-Plattform für unterschiedliche Rechnerkategorien und soll so das vernetzte Arbeiten auf stationären und mobilen Anwendungen vereinfachen. Unabhängig von der eingesetzten Hardware kann man auf Programme oder Apps mit gleichem Erscheinungsbild und gleichen Funktionen zugreifen. Die meisten CAD-, AVA-, BMSP-, Berechnungs- oder Simulationsprogramme laufen bereits unter dem neuen Betriebssystem.
Vor einem eventuellen Umstieg sollte man dennoch sicherheitshalber beim Hersteller oder Händler der bisher verwendeten Spezialsoftware nachfragen. Das gilt insbesondere für ältere Anwendungsprogramm-Versionen. Windows 7, 8 und 8.1-Anwender können Windows 10 bis Ende Juli 2016 kostenfrei herunterladen.
Info
Upgrade-Bedingungen
Windows 10 hat ähnliche Hardware-Anforderungen wie die Vorgängerversionen Windows 7 und 8. Zu den Mindestanforderungen von Windows 10 gehören ein 32- oder 64-Bit-Rechner mit 1 GHz Taktfrequenz, ein Arbeitsspeicher mit 1 bzw. 2 GB und ein freier Festplattenspeicher von mindestens 16 bzw. 20 GB, jeweils für 32- bzw. 64-Bit-Rechner. Zusätzlich erforderlich sind ein optisches DVD-Laufwerk, wenn die Software per DVD/CD installiert wird, sowie ein Internetanschluss für die Online-Installation bzw. Registrierung. Windows 10 ist in 14 unterschiedlichen Versionen erhältlich, darunter als Windows 10 Pro für Heimanwender und kleine und mittlere Unternehmen, als Windows 10 Enterprise für große Unternehmen oder als Windows 10 Mobile für Smartphones und Tablets. Kostenlose Windows-10-Upgrades gibt es bis Ende Juli 2016 online unter der unten genannten Adresse für bestimmte Editionen von Windows 7, 8 und 8.1. So erhält man beispielsweise kostenlose Windows-10-Pro-Upgrades für Windows 7 Professional und Ultimate, Windows 8.1 Pro / Pro Student. Anwender von Windows Phone 8.1 erhalten ein kostenloses Upgrade auf Windows 10 Mobile. Windows Enterprise ist vom Gratis-Upgrade ausgenommen. Das gilt auch für Windows-XP- und Vista-Altanwender, die 279 Euro für die Windows-10-Pro-Version bezahlen müssen. Weitere Infos
Autor
Dipl.-Ing. Marian Behaneck ist Fachautor zahlreicher Publikationen zu Hardware, Software und IT im Baubereich; 76751 Jockgrim, behaneck@gmx.de