Besonders das Handwerk kämpft seit einigen Jahren mit einer immer schlechteren Zahlungsmoral. Auftraggeber, die für bereits erbrachte Leistungen nicht oder deutlich verspätet zahlen, bringen mittelständische Unternehmen in akute Existenznot. Was früher für einen Kaufmann Ehrensache war, wird mittlerweile fast mitleidig belächelt: die pünktliche und vollständige Erledigung von Rechnungen. Denn der so genannte Lieferantenkredit, den sich säumige Auftraggeber erzwingen wollen, spült ihnen bares Geld in die Kassen. Betroffenen Betrieben ist zu empfehlen, keine falsch verstandene Kulanz an den Tag zu legen: Umgehend mahnen und die folgenden acht Tipps beherzigen.
Die richtigen Kunden aussuchen
Gewerbliche Kunden haben für mehr als zwei Drittel der befragten Betriebe eine hohe Bedeutung, private Kunden vor allem für die kleineren Betriebe (bis 25 Mitarbeiter) und öffentliche Auftraggeber für jeden vierten der befragten Handwerker (Bild 1). Dabei ist das Zahlungsverhalten der drei Gruppen durchaus verschieden. Die geringsten Probleme bereiten gewerbliche Kunden; „nur“ 37 % der Betriebe bezeichnen deren Zahlungsverhalten als eher schlecht. Positiv wird gesehen, dass viele gewerbliche Kunden innerhalb der eingeräumten Skontofrist zahlen, negativ hingegen, dass bereits im Vorfeld versucht wird, die Zahlungsziele immer mehr auszuweiten. Probleme mit privaten Kunden haben 40 % der Betriebe. Dabei gibt es einige, die zum Beispiel nur gegen Vorkasse arbeiten oder nur für Stammkunden und kaum Probleme haben, hingegen andere, die eine nachlassende Zahlungsmoral selbst bei ehemals pünktlichen Kunden beklagen. Die größten Probleme bereiten öffentliche Auftraggeber, deren Zahlungsverhalten von 48 % der Betriebe als eher schlecht eingestuft wird, von einigen sogar als „ganz schlecht“ (wörtliches Zitat eines Studienteilnehmers).
Schnelle Bezahlung verlangen und belohnen
Die Ursachen für schlechtes Zahlungsverhalten sind bei den drei Kundengruppen verschieden. Viele private Kunden wollen schlichtweg nicht zahlen, sondern „sitzen auf ihrem Portemonnaie und geben das eigene Geld nur ungern aus“ (Bild 2). Darüber hinaus gibt es auch solche, die etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit und anderer finanzieller Probleme nicht zahlen können, was manche aber nicht daran hindert, dennoch Aufträge auszulösen. Um hier schneller ans Geld zu kommen, arbeiten 23 % der Betriebe auch mit Lastschrift und 45 % mit Barzahlung, zum Beispiel, weil „das Risiko sonst zu hoch ist und für 50 Euro ein Brief nicht lohnt. Der Zahlungsverzug gewerblicher Kunden erklärt sich zu 67 % durch schlechte Organisation, etwa bedingt durch die Schlamperei einzelner Mitarbeiter, und nur zu 26 % durch fehlende Zahlungsfähigkeit der gewerblichen Auftraggeber. Als bewährtes Mittel in dieser Kundengruppe wird von vielen Betrieben Skontozahlung angeboten. Schlechtes Zahlungsverhalten öffentlicher Auftraggeber erklärt sich ausschließlich durch deren unzureichende Organisation, die von manchen als regelrechtes Nicht-Zahlungsmanagement charakterisiert wird. Da die sonst üblichen Methoden zur Beitreibung bei öffentlichen Auftraggebern nur schwer anzuwenden sind, werden von einigen Betrieben zum Beispiel regelmäßig ernste Gespräche zur Einhaltung der Spielregeln auf hoher Ebene geführt.
Forderungsmanagement zur Chefsache machen
Rund zwei Drittel der befragten Betriebe schätzen das eigene Forderungsmanagement als durchschnittlich oder gar unterdurchschnittlich ein (Bild 3). Während einige dieses straff organisiert haben und kurz dran sind, gehen andere eher zögerlich vor, sei es aus Angst, den Kunden zu verlieren, aber auch, weil die eigenen Kapazitäten für eine intensivere Beitreibung nicht ausreichen. Einige Betriebe haben dies erkannt und arbeiten derzeit aktiv an der Einführung eines professionellen Forderungsmanagements. Als ein Baustein dazu werden bereits Bonitätsprüfungen im Vorfeld von 34 % der Betriebe bei privaten und 77 % bei gewerblichen Kunden eingesetzt. Dies geschieht in der Regel nicht bei kleinen Aufträgen, aber überwiegend bei größeren, insbesondere für gewerbliche Auftraggeber, um später böse Überraschungen zu vermeiden. So haben denn auch 80 % der Betriebe in der Vergangenheit mitunter erhebliche Verluste durch Firmeninsolvenzen erlitten, die in einem Falle sogar zur Insolvenz des eigenen Betriebs führten, und 57 % entstanden Schäden durch Verbraucherinsolvenzen.
Auf säumige Kunden zugehen
Im Durchschnitt müssen 19 % aller Ausgangsrechnungen angemahnt werden. Dabei setzen 87 % der Betriebe neben schriftlichen Mahnungen auch auf ein aktives Telefon-Inkasso. So wird dieses insbesondere im Projektgeschäft als bester Weg bezeichnet, aber auch bei Kunden, deren Zahlungsmoral seit vielen Jahren bekannt ist. Nur wenige Betriebe greifen in Ausnahmefällen zum Telefonhörer, etwa, weil dieser Weg zu viel Zeit kostet. Auch Ratenzahlung wird von der großen Mehrzahl der Betriebe als ein Instrument eingesetzt, Lösungen im Umgang mit zahlungsschwachen Kunden zu finden (Bild 4). Für viele ist dabei aber Voraussetzung, dass Bewegung drin ist, maximal drei Raten vereinbart werden und die betroffenen „Kunden von sich aus kommen“. Für andere ist der Spaß dann vorbei, diese schätzen: Wenn ein Privater nicht kann, dann auch in Raten nicht.
Mit Fingerspitzengefühl und Konsequenz mahnen
Kaum ein Betrieb möchte durch ungeschicktes Mahnwesen Kunden verlieren. Viele halten daher vor Versand schriftlicher Mahnungen zunächst telefonisch Rücksprache und betreiben das Mahnwesen mit Fingerspitzengefühl. Im Durchschnitt wird die erste Mahnung dann nach 18 Tagen Überschreitung des Fälligkeitsdatums verschickt (Bild 5). Nach durchschnittlich 47 Tagen wird die letzte Mahnung verschickt, wobei es überwiegend drei Mahnstufen gibt. Besonders rigoros geht ein Betrieb vor, der nur eine Mahnung nach 30 bis 35 Tagen als Einschreiben-Rückschein inklusive zehn Euro Mahngebühren verschickt und danach an einen Rechtsanwalt übergibt. Ein anderer Betrieb hingegen kennt nur vier Mahnläufe im Jahr, so dass die dritte und letzte Mahnung gegebenenfalls erst nach mehreren Monaten verschickt wird. Drei Viertel der Betriebe verhängen dabei Mahngebühren, die bei durchschnittlich 5,83 Euro liegen. Einige verzichten allerdings darauf, sei es, weil die keiner zahlt, oder aber, weil auch die säumigen Kunden nicht verärgert werden sollen.
Überblick verschaffen
Wie in anderen Bereichen auch, ist ein vollständiger und aktueller Überblick über alle relevanten Kennzahlen entscheidend für den Unternehmenserfolg. Dazu gehört im Forderungsmanagement die Kenntnis über Anzahl und Umfang der zahlungsgestörten Forderungen. So werden im Schnitt aus 0,9 % aller Ausgangsrechnungen Inkasso-Fälle, die im kaufmännischen Mahnverfahren nicht geklärt werden können (Bild 6). Besonders schlecht schneiden SHK-Betriebe mit 1,1 % und kleinere Betriebe mit 1,2 % ab. Während einige insgesamt nur geringe Probleme haben, entwickeln sich bei einem Betrieb aus 20 % aller Rechnungen Inkasso-Fälle, bei einem anderen immerhin noch aus 10 % aller angemahnten Rechnungen. Die Forderungsverluste als Umsatzanteil, der als uneinbringlich ausgebucht werden muss, liegen bei durchschnittlich 1,5 % vom Umsatz, wobei wiederum SHK-Betriebe mit 1,9 % und kleinere Betriebe mit 2,3 % schlechter abschneiden. Die Verluste sind bei einigen unerheblich, erreichen aber bei anderen in schlechten Jahren mit mehreren größeren Kundeninsolvenzen bis zu 5 %.
Auf die Hilfe von Experten zurückgreifen
Bei der vorgerichtlichen und gerichtlichen Beitreibung notleidender Forderungen im Anschluss an das kaufmännische Mahnwesen greifen 83 % der Betriebe auf die Hilfe externer Experten zurück. Nur wenige Betriebe beantragen zum Beispiel Mahnbescheide selbst oder verzichten auf die Beitreibung insbesondere (relativ) kleiner Forderungen bis 150 Euro komplett. Einige bevorzugen dabei die Abgabe an Rechtsanwälte, andere wiederum an Inkassobüros, besonders von kleineren Fällen. Wichtigstes Motiv für die Einschaltung Dritter ist die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner (Bild 7). So wird angeführt, dass einige Kunden regelrecht auf den Brief des Anwalts warten. Auch der mit der Beitreibung verbundene Zeitaufwand spielt angesichts der bei vielen nur noch dünnen Personaldecke im Büro eine wichtige Rolle. Das für die Beitreibung fehlende juristische Wissen steht als Motiv der Abgabe hingegen nur an dritter Stelle. Im Schnitt können durch die Abgabe 61 % aller Fälle vorgerichtlich geklärt werden. Dieser Erfolg erklärt sich etwa dadurch, dass manche Privatkunden einen Schreck bekommen oder einfach vergessen, auf einen Mahnbescheid zu reagieren.
Den positiven Trend nutzen
Die sehr trübe Zeit, durch welche die Baubranche jahrelang gegangen ist, hat sich für viele Betriebe deutlich verbessert. Auch wenn von vielen beklagt wird, dass die Gesetze gegen das Handwerk arbeiten und die Beitreibung eher behindern als erleichtern, ist der Trend positiv, da wieder mehr Geld da ist (Bild 8). Viele Betriebe nutzen die bessere Lage aus. So wird mehr Prävention betrieben und Aufträge und/oder Auftraggeber abgelehnt. Auch werden einseitige Verschlechterungen der Vertrags- und Zahlungsbedingungen, die in der Vergangenheit akzeptiert werden mussten, bei neuen Bauvorhaben neu verhandelt. Und schließlich und endlich können ausstehende Forderungen viel direkter, als dies in den zurückliegenden Jahren möglich war, eingetrieben werden. Mit der nötigen internen Professionalität, erforderlichen externen Unterstützung und positiven Gesamtlage kann Forderungsmanagement damit auch bei Handwerksbetrieben künftig das Niveau erreichen, das für erfolgreiches Wirtschaften unabdingbar ist.
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Unser Autor Alexander Steffani beschäftigt sich seit 22 Jahren mit Forderungs- und Inkassomanagement, seit 1992 als geschäftsführender Gesellschafter der HIT Hanseatische Inkasso-Treuhand GmbH in 20537 Hamburg, Telefon (0 40) 29 99 23-19, E-Mail: alexander.steffani@hit-inkasso.de.