Die für den Gebäudesektor in der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes angehobenen Ziele sind aus Sicht der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) erreichbar, wenn das Modernisierungstempo beschleunigt wird und alle technologischen Optionen genutzt werden.
Uwe Glock, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH): „Die verschärften Ziele sind äußerst ambitioniert und mit den derzeitigen Maßnahmenschwerpunkten und dem Sanierungstempo nicht zu erreichen. Wir brauchen dazu einen technologieoffenen Wettbewerb aller Effizienztechnologien, von Wärmepumpen über Wasserstoffanwendungen und Holzenergie bis hin zu Green Fuels. Außerdem bedarf es dringend einer deutlichen Erhöhung der Heizungsaustauschrate.“
BDH erteilt Geboten oder Verboten im Wärmemarkt eine Absage
Aus Sicht der Heizungsindustrie ist rund die Hälfte der in Deutschland installierten 21 Mio. Heizungsanlagen technisch veraltet. Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des BDH: „Es gilt nun, die attraktive Förderung für den Austausch veralteter Heizungsanlagen fortzusetzen und damit die positive Marktentwicklung des Jahres 2020 und des ersten Quartals 2021 zu verstetigen.“ Möglichen Geboten oder Verboten zur Reduktion des CO2-Ausstoßes im Wärmemarkt erteilt der BDH eine Absage. Vergleiche: Österreich beschließt Aus für Gas-Heizungen ab 2025
BDH setzt auch auf Green Fuels, Biomethan und Wasserstoff
Neben Holzenergie und grünem Strom für Wärmepumpen setzt der BDH auch auf „grüne Perspektiven“ der etablierten Energieträger zur Dekarbonisierung des Wärmesektors: Green Fuels, Biomethan sowie grüner und blauer Wasserstoff. Mit der momentanen politischen Unterstützung dürfte der Beitrag der letztgenannten im Gebäudesektor bis 2030 aber kaum einen relevanten Beitrag zur Dekarbonisierung leisten.
Der vom Bundeskabinett am 12. Mai 2021 beschlossene Entwurf für eine Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 65 % im Vergleich zu 1990 reduziert werden. Zuvor war eine Reduktion um mindestens 55 % verbindlich. Außerdem muss Deutschland bereits 2045 statt 2050 klimaneutral sein, das ist insbesondere für den Gebäudesektor relevant, für die Transformation stehen nun nur noch 24 statt 29 Jahre zur Verfügung. Allein dadurch muss die momentan ohnehin viel zu geringe Sanierungsrate rechnerisch im Mittel um 17 % steigen.
Im Gebäudesektor sollen die Treibhausgasemissionen – in der Sektorenbilanz des Bundes-Klimaschutzgesetztes sind das hauptsächlich die verbrennungsbezogenen CO2-Emissionens aus der Nutzung von Heizöl, Erdgas und Flüssiggas (fossile Anteile) – vom 2021-Ziel mit 113 Mio. t CO2-Äquivalent auf 67 Mio. CO2e bis 2030 sinken. Das bisherig gültige Bundesklimaschutzgesetz sieht eine Minderung auf 70 Mio. t CO2e vor. Die Hauptlast des neuen 2030-Klimaziels sollen laut KSG-Novelle die Sektoren Energiewirtschaft und Industrie übernehmen. ■
Apropos…
…mit den im Klimaschutzprogramm 2030 installierten Mechanismen soll ein Nicht-Erreichen der Klimaschutzziele sowie der Sektorenziele ausgeschlossen werden. Erreichen einzelne Sektoren ihre im Bundes-Klimaschutzgesetz (momentan bis 2030) festgeschriebenen jährlichen Ziele nicht, müssen die zuständigen Bundesministerien zeitnah Sofortprogramme vorlegen, mit denen die Sektoren wieder auf den Zielpfad kommen.
Ein zweiter Mechanismus ist die CO2-Bepreisung für fossile Kraft- und Brennstoffe über das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), wobei hier der Gebäudesektor und der Verkehrssektor gemeinsam betrachtet werden. Bis 2025 gibt es für die Emissionszertifikate eine Festpreisphase, in 2026 werden die Emissionszertifikate in einen Preiskorridor von 55 bis 65 Euro/CO2 auktioniert. Ab 2027 könnte dann eine freie Preisbildung analog zu den nach KSG zulässigen Jahresemissionsmengen erfolgen. Der dadurch entstehende Kostendruck würde die Modernisierungsrate deutlich erhöhen und gleichzeitig Spielräume zur Dekarbonisierung der Energieträger bei den Lieferanten schaffen.