Der sinnlose Krieg in der Ukraine mit seinen geopolitischen und weltwirtschaftlichen Auswirkungen hat uns die Augen für ein großes Versäumnis der Vergangenheit geöffnet. Zu leichtfertig haben wir uns in große Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten Russlands gebracht. Verlierer sind wie so oft: Die Verbraucher.
Das hat auch die Politik erkannt. Mit der Entscheidung des Koalitionsausschusses am 24. März muss jede neue Heizung ab 2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Außerdem sollen mehr Anreize für die Steigerung der Energieeffizienz geschaffen werden. Was bedeutet das für die Industrie und das verarbeitende Handwerk? Wichtiger: Was bedeutet es für die Bürger – kurz, mittel- und langfristig?
Die gute und zugleich wichtigste Nachricht: Jeder von uns kann einen Beitrag leisten und selbstbestimmt mit den Ressourcen haushalten. Mit dem übergeordneten Ziel, Lebensräume für zukünftige Generationen zu gestalten.
Möglichkeit 1: vernetzte Lösungen
Das Kosteneinsparpotenzial durch Energieeffizienzen mittels digitaler Lösungen ist immens. Der größte Hebel, um Energie einzusparen, liegt darin, sie erst gar nicht zu produzieren, wenn sie nicht benötigt wird. Muss eine Heizung zuhause eingeschaltet sein, wenn niemand zuhause ist? Durch smarte Thermostate, intelligente Home-Energy-Management-Systeme oder Gebäudeautomatisierung lassen sich schnell messbare Effekte erzielen: Mit Geofencing können bis zu 15 Prozent der Energiekosten eingespart werden. Durch Single-Room-Control, also Einzelraumtemperaturregelung, sogar bis zu 20 Prozent. Kleines Investment, großer Effekt.
Möglichkeit 2: auf erneuerbare Energien fokussieren
Unsere Zukunft: die Wärmepumpe. Mit Ökostrom betrieben, erzeugt sie Wärme zum Heizen und warmes Wasser – ohne CO2. Wärmepumpen sind heute für den Neubau wie auch für die Modernisierung geeignet. Denn es gibt moderne Lösungen, die hohe Vorlauftemperaturen von bis zu 70°C erreichen – selbst wenn es draußen minus 10 Grad kalt ist. Vorhandene Heizkörper können in der Regel einfach weiter genutzt werden. Das Einzige, was rausfliegt, ist der alte Gas- oder Ölheizkessel im Keller. Was die meisten gar nicht wissen: viele Wärmepumpen ersetzen die zusätzliche Klimaanlage – an heißen Sommertagen spenden sie bei Bedarf angenehme Kühle.
Möglichkeit 3: Strom von oben
Wer dazu noch seine Abhängigkeit vom Stromversorger reduzieren möchte, ist mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach am besten aufgestellt. Seite an Seite mit der Wärmepumpe bilden sie eine unschlagbare Kombination: wird die Wärmepumpe mit selbst erzeugtem Strom betrieben, vervielfacht das den Energieertrag der Solarmodule. Eine Kilowattstunde Strom plus kostenlose Sonnenwärme erzeugen das Fünffache an Wärme fürs Heizen und Warmwasser.
Mit einem Stromspeicher bleibt der tagsüber erzeugte Strom in den Abend- und Nachtstunden nutzbar. So können Wärmepumpe und Wohnungslüftung überwiegend mit dem eigenen Stromnetz betrieben werden – sogar das E-Auto lässt sich über eine Wallbox aufladen.
Möglichkeit 4: nachwachsende Biomasse
Neben Wärmepumpen sind auch Biomassekessel eine klimaneutrale Alternative zu Öl und Gas. Das Heizen mit Holzpellets oder Scheitholz setzt dabei auf regenerative Energien gegen den Klimawandel. Es wird nur soviel CO2 freigesetzt, wie das Holz während des Wachstums aufgenommen hat. Der natürliche Brennstoff ist kostengünstig und stammt in der Regel aus der heimischen Region. Praktisch jedes Ein- und Mehrfamilienhaus lässt sich heute mit einem modernen Holzheizkessel beheizen. Solarkollektoren zur Erzeugung von warmem Trinkwasser sind eine sinnvolle Ergänzung. Damit kann in den Sommermonaten und in der Übergangszeit der Holzheizkessel kalt bleiben. Ergebnis: Bis zu 30 Prozent der Kosten für die Warmwasserbereitung werden eingespart.
Möglichkeit 5: Fernwärme
Einen großen Beitrag zur nachhaltigen Wärmeversorgung wird zukünftig die Fernwärme leisten. Sie kann uns dabei helfen, den CO2-Ausstoß bei der Wärmeerzeugung deutlich zu reduzieren. Insbesondere im Hinblick auf die weltweit zunehmende Urbanisierung spielt die intelligente Wärmeverteilung über Fern- und Nahwärmenetze, beispielsweise in städtischen Wohnquartieren, eine zentrale Rolle beim Gelingen der Energiewende.
Möglichkeit 6: jedes Grad zählt
Manchmal sind die simpelsten Lösungen die besten. Wir alle haben den Regler zum Runterdrehen des CO2-Ausstoßes selbst in der Hand. Bei Viessmann haben wir gemeinsam die Entscheidung getroffen, die Temperatur in unseren Gebäuden um 1,5 Grad abzusenken – in unseren Büros, unserer Produktion und unseren Vertriebsniederlassungen. 1,5 Grad weniger, um auf das große Ziel einzuzahlen: die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Jetzt handeln!
Vernetzte Lösungen, hocheffiziente Wärmepumpen, Photovoltaik, Biomasse, Fernwärme, Temperaturabsenkung: Es gibt viele Hebel, um den Klimawandel zu bewältigen sowie der Abhängigkeit von Energieimporten klar entgegenzuwirken. Wichtig ist dabei, dass wir nicht die eine Abhängigkeit durch eine andere ersetzen. Kurzfristig mag es sinnvoll sein, russisches Gas durch solches aus Katar zu substituieren, auf Sicht aber muss eine wirkliche Energieautarkie geschaffen werden.
Gleiches gilt für die richtigen Lösungen in den Gebäuden. Wir verfügen in Deutschland, in Europa über eine starke und innovative Industrie, die alle Produkte hier entwickeln und fertigen kann. Das muss das Ziel sein, um keine neuen geopolitischen Abhängigkeiten zu schaffen. Für diesen Umbau „quasi über Nacht” braucht es vollen Fokus und Unterstützung der Politik und Gesellschaft!
Angesichts unserer Welt, die sich seit Ende Februar völlig verändert hat, muss die Zeit des Wartens und des endlosen Diskutierens vorbei sein. Für uns. Aber auch eine Generation weitergedacht. Für die Gestaltung von Lebensräumen unserer Kinder und Kindeskinder. Es gibt viel zu tun, und jede einzelne installierte Lösung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Lasst uns diesen Wandel möglich machen. Gehen wir es gemeinsam an!