Die Sanierung bestehender Heizungsanlagen spielt eine wichtige Rolle bei der Energiewende. Nach den BMWi-Energiedaten Stand 2014 entfallen 35 % des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland auf die Erzeugung von Raumwärme (29 %) und Warmwasser (6 %). Also Grund genug, gegen den Sanierungsstau vorzugehen. Was sind die Gründe dafür, dass Heizkessel so lange in Betrieb sind, und damit die Umwelt und den Geldbeutel der Betreiber belasten?
- Der Heizkessel steht im Keller und funktioniert.
- Der Schornsteinfegermeister bestätigt, dass die Anforderung der 1. BImSchV bzw. der Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) eingehalten werden.
- Die Hausbesitzer warten auf Gesetze zur steuerlichen Abschreibung energetischer Modernisierung von Wohngebäuden.
- Unstete Förderung durch KfW bzw. Bafa.
- Ständig neue gesetzliche Regelungen im Bereich Energie und Klimaschutz.
Im Rahmen einer Umfrage für das VdZ-Modernisierungsbarometer 2013 (VdZ – Forum für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik) sollten Hausbesitzer auf die Frage anworten, warum sie ihre Heizung nicht modernisieren. 92 % gaben an, dass die Heizung noch funktioniere und dass es daher keinen Anlass zur Modernisierung gebe.
Die Mehrzahl der Hausbesitzer interessiert sich schlichtweg nicht dafür, wie alt ihre Heizungsanlage ist, die Heizung funktioniert oder sie funktioniert nicht. Erst wenn sie nicht mehr funktioniert, steht die Frage einer Heizungssanierung an. Gepaart mit der Bescheinigung des Schornsteinfegermeisters, dass der Heizkessel den gesetzlichen Auflagen (1. BImSchV/KÜO) entspricht, führt dies zu einer Beruhigung der Betreiber der Heizungsanlage. Die Heizungsanlage funktioniert und die gesetzlichen Anforderungen werden erfüllt, was will ich mehr?
Die Sensibilisierung in Richtung Verbrauch, Umweltbelastung und Energieeffizienz ist bei den Betreibern von Heizungsanlagen eher nicht vorhanden. Wichtig ist daher, dass der Energieverbrauch für die Betreiber bekannter gemacht wird. Nahezu jeder Autofahrer weiß, wie viel Liter Sprit sein Auto pro 100 km verbraucht. Wenn ein normales Auto heute wesentlich mehr als 5 oder 6 l Sprit pro 100 km benötigt, ist das ein gutes Argument für einen Wechsel. Weiß der gleiche Autofahrer auch, wie hoch der Energieverbrauch seiner Heizung in Bezug auf m2 Wohnfläche und Jahr ist? Eher nein. Für die Heizung gibt es jenseits der reinen Zahlen zusätzliche Hinweise: Wird beispielsweise im Keller noch Wäsche getrocknet, dann ist der Heizkessel mit großer Sicherheit zu alt.
Gretchenfrage: Erst dämmen oder erst Heizung sanieren?
Bei der Beratung und Planung zu einer energetischen Gebäudesanierung kommt zwangsläufig die Frage nach der Reihenfolge der einzelnen Maßnahmen. Dabei lautet die Kernfrage: Soll der alte Heizkessel vor oder nach einer Außendämmung des Gebäudes ausgetauscht werden? Die Antwort darauf ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Wird das gesamte Gebäude in einem Zuge energetisch saniert, erfolgt auch der Austausch des alten Heizkessels. Da das Gebäude mit neuer Außen- und Dachdämmung weniger Heizenergie benötigt, wird der neue Heizkessel auf den geringeren Wärmebedarf ausgelegt.
Da aber eine komplette Gebäudesanierung nicht immer in einem Zuge durchgeführt werden kann, sollten die einzelnen Sanierungsschritte aufeinander abgestimmt werden. Dazu bietet sich zum Beispiel der „Sanierungsleitfaden Baden-Württemberg – erfolgreich Sanieren in 10 Schritten“ an. Weiterhin sollte im Vorfeld eine Energieberatung für das Gebäude durchgeführt werden.
Bei der schrittweisen, längerfristigen Sanierung empfiehlt es sich zunächst, die alte Heizungsanlage zu sanieren. Wird zum Beispiel der alte Öl- oder Gasheizkessel gegen einen modernen Brennwertkessel ausgetauscht, stellt eine spätere Dämmung des Gebäudes kein Problem dar. Der Grund besteht darin, dass der moderne Brennwertkessel genau die Wärme bereitstellt, die das Gebäude benötigt. Wie das Aufmacherbild zeigt, ist der Verlust auch bei einer geringeren Auslastung eines Brennwertkessels auf sehr geringem Niveau konstant. Eine andere Situation ergibt sich bei den alten Heizkesseln, den sogenannten Standard- oder Konstant-Temperatur-Heizkesseln. Bei geringerer Auslastung durch die zusätzliche Gebäudedämmung nimmt der Nutzungsgrad deutlich ab.
Insofern ist es sinnvoll, bei einer schrittweisen Gebäudesanierung zunächst einen modernen Heizkessel einzubauen. Der neue Heizkessel benötigt weniger Energie und spart Heizkosten ein. Wird später das Gebäude gedämmt und der Heizwärmebedarf reduziert, hat dies keine Konsequenzen auf den Heizkessel. Der Heizkessel wird auf den geringeren Wärmebedarf angepasst und verbraucht damit noch weniger Energie.
Das Auf und Ab der staatlichen Förderung
Die Ministerpräsidenten der Länder und die Bundesregierung hatten sich im Dezember 2014 auf das CO2-Gebäudesanierungsprogramm verständigt. Darin war unter anderem vorgesehen, dass Hausbesitzer, die den Heizkessel austauschen, rückwirkend zum 1. Januar 2015 über einen Zeitraum von zehn Jahren 10 % der Kosten von der Steuerlast abziehen können. Doch die steuerliche Absetzbarkeit von Gebäudesanierungen wurde Anfang 2015 gekippt und liegt derzeit auf Eis.
Die Politiker haben in dieser Hinsicht nichts gelernt. Ein Gesetz zur steuerlichen Abschreibung energetischer Sanierungen bei Wohngebäuden wurde vom Bundestag bereits Mitte 2011 auf den Weg gebracht, aber im Bundesrat nach einem anderthalb Jahre langen Hickhack endgültig abgelehnt. Dies hatte und hat weiterhin negative Konsequenzen bei den Hausbesitzern ausgelöst, die erst einmal abwarten, ob doch noch eine neue steuerliche Abschreibung kommt.
Andererseits besteht über die Bafa und die KfW ein umfassendes Förderprogramm, das insbesondere auf die Heizungssanierung ausgerichtet ist. Für die Heizungssanierung bietet sich das KfW-Programm 430 „Energieeffizient Sanieren“ (www.kfw.de) an. Hierbei erhält der Immobilienbesitzer einen Investitionszuschuss von 10 %. Die Förderung der Bafa (www.bafa.de) für den Einsatz erneuerbarer Energie wurde zum 1. April 2015 deutlich angehoben. Zum Beispiel Förderung für Solaranlagen: Für bis zu 14 m2 Kollektorfläche zur Heizungsunterstützung besteht eine Förderung von 2000 Euro sowie zusätzlich 500 Euro Förderung für den Einbau eines Brennwertkessels.
Bei einem alten Heizkessel lohnt sich zudem ein längeres Abwarten nicht, denn die Energieverluste sind erheblich. Alte Heizkessel, die für Wärme und warmes Wasser sorgen, sind das ganze Jahr in Betrieb, liegen aber mit ihrem Wirkungsgrad oft nur bei 60 %. Das bedeutet, bei jährlichen Heizkosten von beispielsweise 2500 Euro gehen 1000 Euro quasi durch den Schornstein verloren.
Fazit
Der Sanierungsstau in den Heizkellern ist eher ein psychologisches Problem. Warum soll ich als Hausbesitzer einen Kessel auswechseln, der funktioniert? Hinzu kommen unstete staatliche Förderung mit komplexen Förderbedingungen und aufwendigen Verwendungsnachweisen sowie ständig neue Gesetze und Verordnungen. Dennoch sind die Zeiten für eine Heizungsmodernisierung gut. Die Förderung der Bafa für den Einsatz erneuerbarer Energien wurde erhöht und die KfW-Förderung wird weitergeführt. Die Bundesregierung wird zudem ein Energieeffizienz-Label für alte Heizungsanlagen einführen. Damit soll dem Hausbesitzer vor Augen geführt werden, dass sein alter Heizkessel zwar die Anforderungen der 1. BImSchV/KÜO erfüllt, aber mit großen Verlusten betrieben wird.
Autor
Dipl.-Ing. (FH) Dietmar Zahn ist Geschäftsführer beim Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg, 70188 Stuttgart, Telefon (07 11) 48 30 91, info@fvshkbw.de, www.fvshkbw.de