Der Begriff „motivieren“ ist mit dem lateinischen Wort „movere“ (bewegen) verwandt. Wer motiviert, setzt also sich oder andere quasi in Bewegung. Dafür brauchen wir natürlich einen Beweggrund – also ein Motiv. Grundsätzlich gilt: Motivation ist keine Charaktereigenschaft, sondern ein Verhalten, das man beeinflussen und ändern kann.
Mitarbeiter geben sich nicht einfach so besondere Mühe, sondern weil in ihnen mehr oder weniger das Bedürfnis nach Anerkennung, Positionen oder Einkommen verankert ist. Nur wer weiß, dass es sich für ihn lohnt, wird sich für eine Sache engagieren. Was dabei an erster Stelle steht, kann sich im Laufe eines Arbeitslebens ändern.
Selbst- und Fremdmotivation
Es gibt zwei Hauptformen der Motivation: die intrinsische Motivation und die extrinsische Motivation. Bei der intrinsischen Motivation liegt der Antrieb in der Person selbst und bezieht sich direkt auf das Ziel einer Aufgabe. Dies geht mit einem starken Willen einher und das Ziel darf nicht zu hoch gesteckt sein.
Von Fremdmotivation (extrinsischer Motivation) spricht man, wenn die Anreize von außen kommen. Am effektivsten und dauerhaftesten ist ein Mix zwischen Fremd- und Eigenmotivation. Für den Handwerksbetrieb bedeutet das: Zum einen sind äußere Anreize zu schaffen wie Anerkennung durch den Chef und die Kollegen, Gehalt, Prämien, Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Zum anderen sollte der Vorgesetzte in Erfahrung bringen, was den Mitarbeiter persönlich begeistert und wo er aus sich selbst heraus Ehrgeiz entwickelt. Im Idealfall stimmen die Mitarbeiterziele mit denen des Unternehmens weitgehend überein. Damit sich die Mitarbeiter mit den betrieblichen Zielen identifizieren, müssen allerdings auch die Vorgesetzten selbst motiviert sein und sich persönlich und erkennbar für das Unternehmen einsetzen.
Die Basis: wollen, können und dürfen
Motivation entsteht durch das Zusammenspiel von Wollen, Können und Dürfen. Ob die Mitarbeiter wollen, ist vom Betrieb mit verschiedenen Instrumenten beeinflussbar. Mitarbeiter akzeptieren und erfüllen hohe Leistungsstandards, wenn es honoriert wird.
Unter „Können“ versteht man die erforderlichen Kompetenzen zur Erfüllung der Aufgaben. Um Mitarbeiter nicht zu entmutigen, müssen die Aufgaben so verteilt sein, wie sie ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen. Niemand sollte überfordert, aber auch nicht unterfordert werden. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Ausbilder, die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln.
Das „Dürfen“ beschreibt den Handlungsspielraum des Mitarbeiters sowie die Verantwortung, die ihm übertragen wird. Eigenverantwortliches Arbeiten wirkt motivierend – heute mehr als noch vor Jahren. Ist ein Handlungsrahmen mit freier Entscheidungskompetenz vereinbart, müssen sich Führungskräfte daran halten und sollten sich nur im Notfall einmischen. Denn Bevormundung, Skepsis und übertriebene Kontrolle wirken demotivierend.
Wissen, wie der Mitarbeiter tickt
Bevor ein Mitarbeiter überdurchschnittlichen Einsatz bringt, muss ihm klar sein, warum er mehr tun sollte. Was bringt es ihm? Worin liegt der Mehrwert? Welche seiner Bedürfnisse werden dadurch befriedigt? Wenn man als Vorgesetzter die Wünsche und Bedürfnisse seiner Mitarbeiter kennt, kann man seine Führung danach ausrichten – dann sind Mitarbeiter bereit, weit mehr als Dienst nach Vorschrift zu leisten.
Was uns demotiviert
Es gibt Gründe, ein Ziel nicht weiter zu verfolgen, z. B. wenn der Aufwand unverhältnismäßig erscheint oder nicht zu stemmen ist. Manche verharren auch lieber im Vertrauten und Gewohnten, weil es ihnen zwar keine Erfolgserlebnisse, dafür aber ein Gefühl der Sicherheit bringt.
Im Betrieb wirken eine Reihe von Faktoren demotivierend. Dazu zählen vor allem schlechtes Arbeitsklima, mangelnder Informationsfluss, unklare Einteilung der Zuständigkeiten oder Kompetenzüberschneidungen und ungerechte Entlohnung. Häufig klagen Mitarbeiter auch über permanente Überlastung, über Zeitdruck und ein zu umfangreiches Aufgabengebiet oder -pensum. Andere Mitarbeiter beschweren sich über Bevormundung und fehlende Freiräume. Auch widersprüchliche Anweisungen und häufiges Ändern der Arbeitsabläufe machen unzufrieden. Sind Mitarbeiter überfordert, weil die Aufgaben zu schwierig sind, resignieren sie. In diesem Fall sind gezielte Maßnahmen der Weiterbildung die Lösung. Private Probleme des Mitarbeiters, angeschlagene Gesundheit oder finanzielle Schwierigkeiten sind eine weitere Ursache, auf die der Vorgesetzte leider keinen Einfluss hat.
Sich als Vorgesetzter bewerten lassen
Viele Vorgesetzte gehen davon aus, dass an ihrer Führung nichts auszusetzen ist – schließlich beschwert sich niemand und die Arbeit wird erledigt. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es allerdings höchst riskant zu denken: Wem es hier nicht gefällt, der kann ja gehen. Wer wissen will, wie zufrieden die Mitarbeiter wirklich sind und was er als Chef besser machen kann, findet es in Mitarbeiterbefragungen heraus. Natürlich braucht es viel Mut, das eigene Verhalten beurteilen zu lassen. Feedback vom Team ist aber eine wesentliche Hilfe für Vorgesetzte, sich weiterzuentwickeln. Um eine ehrliche Bewertung zu erreichen, müssen die Fragebögen auf jeden Fall anonym ausgefüllt werden. Mitarbeiter fürchten sonst, dass eine negative Bewertung Konsequenzen hat. Deshalb sind handgeschriebene Kommentare sinnlos, weil Vorgesetzte über die Schrift den Mitarbeiter identifizieren. Die Beurteilung muss auch unter den Kollegen sehr diskret behandelt werden, damit nicht einer den anderen vor dem Vorgesetzten anschwärzt.
INFO
Zwei weit verbreitete Irrtümer
Irrtum 1: Einige sind motiviert, die anderen eben nicht, das ist so.
Richtig ist: Motivation ist keine Eigenschaft, sondern ein Verhalten, das beeinflussbar ist.
Irrtum 2: Nichts motiviert mehr als Geld.
Richtig ist: Mitarbeiter reagieren zwar verärgert, wenn sie erfahren, dass andere bei gleicher Leistung mehr verdienen. Aber an nichts gewöhnt man sich so schnell wie an ein gutes Gehalt.
Autor
Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent, Heidelberg, Telefon (0 62 21) 80 48 82