Die Gebäudeautomation (GA) umfasst die Anlagen- und Raumautomation (AA/RA) und unterscheidet sich von der Hausautomation (HA) und von der industriellen Automation durch den Anwendungsbereich Technische Gebäudeausrüstung (TGA). Die GA wird von deren Herstellern, vom Anlagenbau und von Systemhäusern errichtet. Die HA in der Regel vom Handwerk mit vom Großhandel bezogenen Produkten. Für die GA und die HA gibt es eine Fülle an Kommunikationsmethoden wie KNX, LON, Enocean, DALI, SMI, M-Bus, Modbus, Profibus etc. In der GA hat sich jedoch für alle Gewerke und für jede Kommunikationsebene das BACnet-Protokoll weltweit durchgesetzt – es wird von über 850 Firmen unterstützt. BACnet ist Teil 5 der globalen Norm DIN EN ISO 16484 „Gebäudeautomation“ und nutzt auch das Internet-Protokoll. Es kann sich kein GA-Hersteller mehr leisten, Systeme oder Produkte ohne BACnet anzubieten. Auf das SHK-Handwerk wird im Rahmen des Internets der Dinge auch BACnet zukommen. Daher führt dieser Artikel in dieses Thema ein.
Die Einigung auf BACnet als „Sprache“ der Technik am Bau bedeutet Investitionssicherheit für den Bauherrn und Rationalisierung für die am Bau Beteiligten. Jede am Bau bewährte und künftige Technik kann BACnet nutzen. Dazu gehören neben der HLKSE-Technik die Gewerke des technischen Ausbaus wie Sonnenschutz, die Beleuchtungs-, Sicherheits- und Videotechnik, Zutrittskontrolle, Aufzüge und Sondertechniken.
Ziel von BACnet ist das sinnvolle Zusammenwirken, also die Interoperabilität aller technischen Einrichtungen und deren funktionale Zusammenführung für Energie- und Betriebsmanagement, und das mit möglichst geringem Engineering-Aufwand auf der Baustelle.
Das Thema BACnet ist auch für das Handwerk relevant
Das Elektrohandwerk hat mit BACnet zu tun, wenn z. B. die KNX-Gebäude-Installation über ein genormtes Gateway in ein BACnet-fähiges Automationssystem integriert wird. KNX ist seit 2004 Bestandteil der BACnet-Norm. Die Einbindung in ein GA-System erfolgt durch den Systemintegrator.
Auch das SHK-Handwerk bekommt immer häufiger mit BACnet zu tun, wenn betriebsfertige Einrichtungen wie Heizkessel, Kühl- und Klimageräte, Hebeanlagen, Pumpen, Frequenzumrichter, Dampfbefeuchter etc. eine BACnet-Schnittstelle haben. Das ist heute schon der Fall.
Im Markt werden neben Regelgeräten (z. B. Sauter Volumenstromregler, Siemens Synco) bereits Einzelgeräte wie Thermostate, Temperatur-, CO2- und Feuchtefühler (E + E), Kanalrauchmelder (Oppermann), Klappenantriebe (DEOS) und Regelventile (Danfoss) mit BACnet-Schnittstelle angeboten. Thermokon bietet Enocean-Funkumsetzer für seine Fühler auf BACnet an. Die Zahl der Feldgeräte wird wegen der Vorteile bei Inbetriebnahme und Betrieb exponentiell ansteigen. Einige BACnet-SPS- bzw. DDC-Hersteller (wie Beckhoff) bieten standardisierte Programmierwerkzeuge (z. B. nach DIN EN 61131-3) für das Handwerk an, Wago auch über den Großhandel.
Weil die Arbeit mit diesen High-Tech-Geräten eine weitergehende Ausbildung erfordert, bieten Institute, wie das DIAL in Lüdenscheid (www.dial.de), einige Handwerkskammern (z. B. www.hwk-saarland.de) oder IHKs (z. B. www.ihk-akademie.de) und natürlich das VDI Wissensforum (www.vdi-wissensforum.de) Weiterbildungskurse für GA und BACnet an. Ideal wäre ein duales Studium Energie- und Gebäudetechnik oder Gebäudesystemtechnik.
Warum sich BACnet weitgehend durchgesetzt hat
- BACnet wurde nicht bei einem Hersteller entwickelt und dann genormt, sondern unter internationaler Beteiligung bei dem Ingenieurverein ASHRAE (Schwesterverein zum VDI in den USA). ISO und CEN haben diesem Komitee das Mandat zur Pflege der Welt- und Europanorm übertragen. Vertreter der weltweit organisierten BACnet Interest Groups sind beteiligt (z. B.: <a href="http://www.big-eu.org" target="_blank">www.big-eu.org</a>).
- BACnet war von Anfang an auf die Gebäudeautomation ausgerichtet. Es beschreibt neutral wie Produkte unterschiedlicher Hersteller zusammenwirken können, ohne dass man die innere Funktionsweise kennen muss. Lediglich deren Verhalten an der Kommunikationsschnittstelle ist spezifiziert. Das umfasst Funktionen wie Alarm- und Ereignisverarbeitung, Kategorisierung der Meldungen, Alarmverteilung und -quittierung im Netzwerk, Gruppenbildung für Eingabe- und Ausgabefunktionen, Kommando-Priorisierungen, Höchstlastbegrenzung, Regelparameter, Zeitplan- und Kalenderverarbeitung, Beleuchtungs- und Szenensteuerung, Videoüberwachung, Entrauchung, Zutrittskontrolle, Brandmeldetechnik, Aufzüge und Rolltreppen, Trend-Aufzeichnung, Historisierung, einheitliche, strukturierte Darstellung der Daten sowie den Datenaustausch zwischen GA-Systemen und den Energieversorgern – Stichwort Smart Grid.
- Bei BACnet hat der neutrale Interoperabilitätsbereich eine unvergleichbar größere Funktionalität als bei allen anderen bekannten offenen oder genormten Protokollen. Insbesondere die automatischen Prozeduren bei Inbetriebnahme und Wiederanlauf. Das BACnet Objektmodell ist leicht erweiterbar, ebenso die Dienste, Prozeduren und Datenübertragungsmethoden (z. B. Wireless oder Internet).
- BACnet verlangt keine festgeschriebene Netzwerkarchitektur: Eine flache Bustopologie ist ebenso möglich wie eine hierarchische Anordnung.
- BACnet hängt nicht von gegenwärtigen Computer- oder Netzwerk-Technologien ab. BACnet wird realisiert durch Software der Hersteller, nicht durch spezielle Hardware: BACnet-Objekte und -Dienste sind unabhängig von der unterlagerten Netzwerktechnik und die BACnet-Web-Dienste ermöglichen die Kommunikation zwischen GA-Systemen und Anwendungen der Unternehmens-EDV.
- BACnet ist implementierbar in Geräten jeder Größenordnung, z. B. in netzwerkfähigen Fühlern, Schalt- und Stellgeräten (Smart Sensor und Smart Actuator), anwendungsspezifischen Steuer- und Regeleinheiten, z. B. für VAV- und Einzelraumregler, Pumpen, Ventilatoren, Kältemaschinen, Kompaktklimageräte und Frequenzumrichter, programmierbaren Mehrzweck-Automationsstationen der Anlagenautomation, leistungsfähigen Management- und Bedieneinrichtungen, Bediengeräten und Web-Servern sowie in Protokoll-Analyzern (z. B. Wireshark) und Programmiergeräten (Engineering-Tools).
- Eine stets aktuelle Liste mit BACnet-Lieferanten-Nummern (Vendor IDs) findet sich unter <a href="http://www.bacnet.org/VendorID" target="_blank">www.bacnet.org/VendorID</a>. Diese BACnet-Lieferantenkennung als Information im Device-Objekt ist eine Voraussetzung, um Produkte für BACnet zu entwickeln.
- BACnet ist frei von Nutzungs- und Lizenzgebühren – jeder kann BACnet-Lösungen entwickeln und anwenden, ohne jemanden fragen zu müssen.
- Parallel zur Arbeit an der Protokoll-Norm wurde die Prüfnorm DIN EN ISO 16484-6 „Datenübertragungsprotokoll – Konformitätsprüfung“ aufgestellt. Sie ermöglicht neutralen Prüfstellen (BACnet Testing Laboratories, BTL) die Feststellung der Normenkonformität von BACnet-Produkten. Produkte, die den Test ohne Beanstandung bestehen, dürfen das BTL-Zeichen tragen.
Technik und Normung des BACnet-Standards
BACnet ist kein Bus-System, wie oft vermutet wird, ein BACnet-komformes System kann aber einen Kommunikationsbus benutzen. BACnet ist eine Vorgabe für Produktentwickler in Form einer Norm. Das Protokoll beschreibt Datensätze zur Übertragung von kodierten Informationen binärer, analoger und alphanumerischer Art. BACnet wurde prinzipiell unabhängig von Datenübertragungshardware spezifiziert. Mit dem neuen Internetprotokoll IPv6 ist es grundsätzlich auch für das IoT (Internet of Things) geeignet. Um das Zusammenwachsen der verschiedenen Protokolle für Licht und Automation auf Basis von BACnet und dem Internet der Dinge kümmert sich die neue Fairhair Alliance (www.fairhair-alliance.com).
In der BACnet-Norm wird nach einer Einleitung, der Festlegung des Anwendungsbereichs und der Definition von Begriffen die BACnet-Protokoll-Architektur beschrieben. Es folgen Kapitel in Übereinstimmung mit dem ISO/OSI-Referenzmodell über die Anwendungsschicht, die Netzwerkschicht und die verschiedenen Festlegungen für die Sicherungsschicht sowie für die Kommunikations-Netze (physikalische Medien), die für den Einsatz in der Gebäudetechnik geeignet sind. Die heute am häufigsten anzutreffenden Transportprotokolle sind BACnet/IP und MS/TP (Master/Slave Token Passing auf RS 485).
Die verschiedenen Hauptelemente von BACnet
- Kommunikations-Objekttypen zur Festlegung der semantischen Bedeutung von übertragenen Nachrichten, also für die richtige Interpretation der eigentlichen Anwendungsfunktionen.
- Kommunikations-Dienste für den gezielten Zugriff auf Daten und zur Erteilung von Aufträgen und Kommandos an beteiligte Automationseinrichtungen. Dazu gehören alarm- und ereignisbezogene Dienste, Datei-Zugriffsdienste, Objektzugriffsdienste und Geräte- und Netzwerk-Management Dienste.
- Funktionen und Prozeduren zur Priorisierung von Kommandos und Meldungen, für Datensicherung, für System-Neustart, für die automatische Einrichtung der Kommunikationsbeziehungen und für Web-Dienste.
BACnet enthält ein Kapitel zur Netzwerksicherheit mit Diensten und Prozeduren für Datensicherheit (z. B. Verschlüsselung) im Rahmen der offenen Kommunikation. In Anhängen enthält die BACnet-Norm Ergänzungen, zu denen auch die Einbeziehung der EIB Interworking Standards von KNX (Konnex), von BACnet/IP, ZigBee, BACnet/WS (WEB SERVICES INTERFACE) und XML-Datenformate gehören.
Ein BACnet-Kommunikationsobjekt beschreibt mit einem Satz von eindeutig benannten und strukturierten Datenelementen, genannt Properties, durch Festlegung der entsprechenden Datenarten und Begrenzungen alle erforderlichen Informationen für eine programmgestützte Interpretation im Kontext Gebäudeautomation. Bis heute wurden im BACnet-Standard 51 verschiedene Objekttypen festgelegt. Das immer erforderliche Device-Objekt hat die hardware- und kommunikationsbezogenen Merkmale der Einrichtung (Device), der die funktionalen Objekte in der Software zugeordnet sind.
Daten werden den Teilnehmern im Netzwerk durch Kommunikationsdienste übermittelt. Sie dienen dem gezielten Zugriff auf Daten und zur Erteilung von Aufträgen und Kommandos. Diejenigen Teilnehmer, deren Daten oder Dienste von den anderen Teilnehmern genutzt werden, bezeichnet man als Server. Typische Server sind beispielsweise Sensoren oder Aktoren oder auch Automationsstationen, wenn diese die Daten oder Dienste für andere Instanzen bereithalten. Die Kommunikationspartner heißen Client, welche die Daten oder Dienste anfordern. Typische Clients sind Bedieneinrichtungen, Management-Stationen oder auch Automationsstationen, z. B. bei Peer-to-Peer-Kommunikation. Die Dienste sind in folgenden Kategorien eingeteilt:
- Alarm- und Ereignis-Dienste – Anforderung und Übertragung von Werten, Ereignismeldungen und Quittierungen;
- Datei-Zugriffs-Dienste – Lesen und Schreiben von Dateien für Datensicherungszwecke, z. B. Backup und Restore;
- Objekt-Zugriffs-Dienste – Einrichtung, Pflege, Schreiben und Lesen der Daten in einem Objekt;
- Device-Management-Dienste – Fernbedienung und Ferneinrichtung von Devices im GA-Netzwerk;
- Virtual-Terminal-Dienste – direkter zeichenorientierter Zugriff auf die Software in einem Device (veraltet).
Darüber hinaus legt der BACnet-Standard Prozeduren für Funktionen zur Priorisierung von Kommandos und Meldungen, für Datensicherung, für System-Neustart, für die automatische Einrichtung der Kommunikationsbeziehungen, für Web-Dienste und für herstellerspezifische Erweiterungen fest.
Ab und zu hört man den Werbe-Begriff native BACnet als Adjektiv für GA-Produkte. Eine Definition dieser Systemeigenschaft ist normativ nicht festgelegt und auch kaum feststellbar, denn BACnet beschreibt nur die Sicht von außen auf die Schnittstelle eines BACnet-Gerätes.
BACnet Planung und Ausschreibung
Die komplexen Zusammenhänge der heute eingesetzten technischen Gebäudesysteme und Anlagen sind ohne die Verwendung allgemein anerkannter Normen und Standardmethoden nicht mehr beherrschbar – das gilt insbesondere bei Systemintegrationsprojekten. Für Gebäudeautomation gibt es die VOB/C DIN 18386 als „Allgemeine Technische Vertragsbedingung“ mit Festlegung der GA-Funktionen nach DIN EN ISO 16484-3 (VDI-3814) als Abrechnungseinheiten. Für die Zuordnung der Engineering-Dienstleistungen zu den jeweiligen Anbietern bei gemeinsamen Datenpunkten ist die GA-Funktionsliste besonders geeignet. Damit lassen sich Überschneidungen bei Dienstleistungen und Systemkomponenten vermeiden. Dies betrifft die Hardware und Lizenzen für die Software. Gemeinsam sind nur die Datenpunktnamen, die Kommunikationsfunktionen (bei Server und Client) und ggf. die Bedienfunktionen, falls so gefordert. Physikalische Ein- und Ausgabefunktionen (bzw. Sensor- und Aktorfunktionen) können im verbundenen Gesamtsystem nur einmal vorkommen.
Die projektspezifische Zusammenstellung der GA-Funktionen in der GA-Funktionsliste umfasst in einem Leistungsverzeichnis die komplette betriebsfertige Dienstleistung für den angebotenen Datenpunkt und die zugehörige, vorgegebene Anlagen-Funktion. D. h. die Funktionen enthalten die gesamte erforderliche technische Bearbeitung (das Engineering). Daher sind bei Leistungsverzeichnissen nach VOB/C DIN 18386 keine weiteren pauschalen (und unkalkulierbaren) Ingenieurleistungen für Gebäudeautomation zugelassen. Die nach VOB/C und GAEB STLB-Bau vorgesehenen „Besonderen Leistungen für GA“ sind zu beachten.
Info
Gebäudeautomation (GA)
Ein GA-System (engl.: BACS, Building Automation and Control System), steht für vernetzte, digitale Automationseinrichtungen. Die GA sorgt gemeinsam mit ihren Betreibern – nahezu unsichtbar – dafür, dass der Betrieb eines Gebäudes, seiner Räume und technischen Anlagen sicher, ökologisch und ökonomisch optimiert, und daher aufwandsarm abläuft. Ein GA-System führt zuverlässig Regelstrategien im HLKS-Bereich aus. Es ist auf Funktionserfüllung für die Energiekostenoptimierung, ausgerichtet, und es informiert den Betreiber über Trends sowie aktuelle und zurückliegende Betriebszustände. Die Funktionen der GA sind es, die diese Abläufe bewirken. Ohne eine gewerkeübergreifende GA ist eine sichere, effiziente Betriebsführung nicht mehr denkbar. Die moderne Gebäudetechnik wäre ohne sie nicht beherrschbar. Die GA verfügt über jene Daten, die für ein Energie- und Betriebskosten-Controlling, aber auch für die Dokumentation eines Öko-Audit-Systems benötigt werden. Ein lückenloser Nachweis des störungsfreien Normalbetriebs ist möglich. Instandhaltungsrelevante Daten der technischen Anlagen und entsprechende Statistiken sind im GA-System verfügbar. Zugleich dient die GA als Werkzeug für Managementaufgaben wie Analyse, laufende Verbesserung und Anpassung der Betriebsweisen oder zur Umgehung von technischen Störungen.
Wenn ein Gebäudeleitsystem oder Gebäudemanagementsystem die Anforderungen der internationalen Normenreihe DIN EN ISO 16484 erfüllt, darf es als ein Gebäudeautomationssystem (GA-System) bezeichnet werden (DIN EN ISO 16484-2, 3.31). Die GA ist geregelt in VDI 3813 und 3814, in DIN 276, DIN 18386 VOB/C, DIN EN 15232, DIN V 18599-11, GAEB LB 070 und beim AMEV.
Autor
Dipl.-Ing Hans R. Kranz engagiert sich in vielen Ehrenämtern bei ISO, CEN, DIN und VDI, ist Fachbuchautor, Honorardozent und Inhaber der HAK-Ingenieurberatung, 76694 Forst/Baden, hans@kranz.com