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Einfach richtig machen

Sobald ein Planungsauftrag vergeben wird, erwartet der Auftraggeber zu Recht die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Das gilt auch, wenn der Handwerker die Planung der Heizungsanlage selbst übernimmt. Diese allgemein anerkannten Regeln der Technik sind letztlich ein juristisches Konstrukt. Der Auftraggeber hat in den meisten Fällen fachlich keinen Zugang. Deswegen beauftragt er ja einen Fachmann. Als Laie kann der Auftraggeber aber keinen konkreten Wunsch formulieren, der zum Beispiel die DIN SPEC 12 831 für die Heizlast vorschreibt. Er möchte es einfach richtig gemacht haben. Die Frage ist dann aber, was richtig im Sinne der allgemein anerkannten Regeln der Technik ist.

Im Normendschungel

Wir leisten uns in Deutschland einen stattlichen Normenapparat. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) gibt in Deutschland neben den bekannten DIN-Normen noch Europanormen heraus. Dazu kommen Vornormen und Spezifikationen aus dem gleichen Haus. Ergänzend und bisweilen konkurrierend finden sich Richtlinien beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Dazu kommen Hinweise, Arbeitsblätter und Regelwerke vom DVGW, unterschiedlichsten Interessengruppen und Verbänden.

Alle für sich genommen sind meistens gut. In der Summe sind sie aber nicht abgestimmt und widersprechen sich bisweilen. Wer bestimmt jetzt, welcher Standard für was zuständig und maßgeblich ist? Ist überhaupt jedes Papier, egal ob von einem großen Normensetzer oder einer kleinen Interessengruppe, automatisch eine anerkannte Regel der Technik?

Alleine die zumeist sehr zurückhaltend kommunizierten Auflagenzahlen bei DIN und VDI deuten darauf hin, dass viele Normen und Richtlinien eher nicht gelesen werden. Wenn die verkaufte Auflage über die Lebensdauer einer Veröffentlichung bei 150 Stück liegt, handelt es sich entweder um ein sehr spezielles Gebiet oder möglicherweise um ein Papier ohne Anwendung in der Praxis.

Ohne Standards geht es nicht

Nur um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Wir brauchen Standards1. Nur so können die Beteiligten auf dem Bau miteinander zusammenarbeiten. Wir brauchen aber auch eine Leitlinie, welcher Standard wann anzuwenden ist.

Alleine im Baubereich gibt es Hunderte von Standards. Diese Menge hat niemand im Blick. Wenn es an dieser Stelle keine Klarheit gibt, wird es im Streitfall immer einen pfiffigen Sachverständigen geben, der von irgendwo eine wie auch immer geartete Norm hervorzaubert, die zwar keiner kennt, die aber auf jeden Fall hätte angewendet werden müssen. Es fehlt – soweit möglich – so etwas wie rechtliche Sicherheit.

Leitfaden für die Planungspraxis

Aus diesem Grund hat der ZVSHK nach einer Einspruchsfrist das Regelwerk Heizung Band 1: Planung zur ISH veröffentlicht. Es beschreibt den kompletten Planungsprozess einschließlich Zuordnung der notwendigen Standards für den Wohnungsbau und wohnähnliche Gebäude unterhalb der Hochhausgrenze. Band 2: Ausführung befindet sich in Arbeit und wird diesen Bereich analog behandeln. Band 3: Wartung ist in der Planungsphase.

Nach dem Selbstverständnis der Branche werden die anerkannten Regeln der Technik für diesen Anwendungsfall beschrieben. Standards, die nicht erwähnt oder eventuell sogar ausdrücklich ausgeschlossen sind, sind nicht notwendigerweise falsch. Sie können jedoch nicht ohne separate Vereinbarung erwartet werden. Ergänzend wurden zur ISH Musterhydrauliken entwickelt und als Entwurf veröffentlicht.

Für jeden Schritt die richtigen Standards

Das Regelwerk richtet sich nach der Arbeitsweise auf dem Bau. Die Unterteilung in Planung und Ausführung orientiert sich an der VOB/C. Der Band 1: Planung adressiert natürlich auch den Handwerker, der selber plant. Das Regelwerk zerlegt nun den Planungsprozess in kleine Schritte und ordnet diesen notwendige Standards zu. Eigene Festlegungen werden wenig getroffen. Für die Details sind nach wie vor die einzelnen Standards zuständig.

Wenn man bei der Planung strukturiert arbeiten möchte, lässt sich das Regelwerk wie eine große Checkliste betrachten, die man kapitelweise abarbeitet:

  • <b>Kapitel 1</b> thematisiert die Grundlagenermittlung. Hier wird beschrieben, welche Daten für die Planung erforderlich sind und woher sie kommen. Dazu gehört zum Beispiel der U-Wert, der für die Heizlast benötigt wird. Kapitel 1 ist informativ. Das bedeutet, es muss nicht zwangsweise so gearbeitet werden.
  • <b>Kapitel 2</b> beschreibt die Erstellung des Anlagenkonzeptes. Auch hier kann wieder nach Checkliste gearbeitet werden. Wie und wo wird Warmwasser bereitet? Wohin kommt der Wärmeerzeuger? Gibt es Faktoren, die bestimmte Lösungen von vornherein ausschlie&szlig;en?
  • <b>Kapitel 3</b> setzt sich mit der Planung im Sinne der Auslegung der Anlage auseinander. Es wird zum Beispiel die Heizlast nach DIN SPEC 12831 benötigt. Mit diesem Ausgangswert können Heizflächen ausgelegt werden. Daraus resultieren wiederum die Daten für den hydraulischen Abgleich und so weiter.
  • <b>Kapitel 4</b> gibt Hilfestellungen für die Dokumentation. Welche Art von Daten müssen an den Ausführenden weitergegeben werden, damit dieser seinen Aufgaben &ndash; Ausführung und stichprobenhafte Kontrolle &ndash; nachkommen kann? Das ist in der Praxis ein heikles Thema.
  • <b>Kapitel 5</b> nimmt eine gewisse Sonderstellung ein. Es führt zu den meisten Kapiteln Checklisten und Vordrucke auf und unterstützt die Planung. Da aber jeder etwas anders arbeitet, gibt es hier keine normativen Vorgaben. Es handelt sich um informative Hilfestellungen.

Das Regelwerk beschreibt die allgemein anerkannten Regeln der Technik für den beschriebenen Anwendungsfall (Wohnungsbau und wohnähnliche Bauten unterhalb der Hochhausgrenze). Damit wird einerseits die Anzahl der Standards beschränkt. Andererseits sollte man nicht davon ausgehen, dass am Ende nur eine Handvoll Standards übrig bleiben. Alleine das Quellenverzeichnis umfasst mehr als sieben Seiten. Es werden aber, und das ist die gute Nachricht, nie alle Standards benötigt. Durch die Struktur der Kapitel findet man schnell die für die im Moment anstehende Planungsaufgabe notwendigen Informationen.

Lesen Sie mehr zum Thema im folgenden SBZ-Interview mit Matthias Wagnitz.

Fußnoten

1 Ab hier wird verallgemeinernd nur noch von Standards gesprochen. Das beinhaltet alle Normen, Richtlinien, Arbeitsblätter, Regelwerke, Gesetze, Verordnungen etc., die im jeweiligen Kontext genutzt werden sollen.

SBZ-Tipp

Artikelserie: Regelwerk Heizung

In unserer Reihe stellen wir in Zusammenarbeit mit dem ZVSHK den Band 1: Planung des Regelwerks Heizung ausführlich vor. Dieser dient als Ratgeber und Checkliste für die tägliche Planungspraxis. Dabei stehen die folgenden Themen im Mittelpunkt:

  • Teil 1: Einführung in das Regelwerk <b>SBZ 14/15-19</b>
  • Teil 2: Grundlagenermittlung im Rahmen der Planung <b>SBZ 16/17-19</b>
  • Teil 3: Erstellung eines Anlagenkonzeptes <b>SBZ 19-19</b>
  • Teil 4: Planung und Dokumentation einer Anlage <b>SBZ 21-19</b>

SBZ-Tipp

Regelwerk Heizung Band 1: Planung

Angesichts der Vielzahl von Standards schafft das Regelwerk Heizung Klarheit für das Gewerk Heizung. Es richtet sich an den Wohnungsbau unterhalb der Hochhausgrenze und beschreibt zu jedem Planungsschritt die relevanten Normen und Richtlinien. So eignet es sich gleichermaßen für die Ausbildung wie für das Nachschlagen während der täglichen Arbeit.

Ergänzt wird das Regelwerk um etliche Hydraulikschemata, die eine beispielhafte und herstellerneutrale Umsetzung zeigen. Ziel ist es, dass der Heizungsfachbetrieb oder Planer unter Beachtung der jeweiligen Randbedingungen eine regelwerkskonforme Planung erstellen kann.

Im Onlineshop des ZVSHK unter www.zvshk.de sind das Regelwerk (Quicklink: QL1514746) und der Entwurf der Hydraulikschaubilder (Quicklink: QL1714766) erhältlich. Für einen ersten Eindruck sind dort auch Leseproben und Inhaltsverzeichnisse kostenlos verfügbar.

Info

Mehr Sicherheit bei der Normenwahl

Im Zentrum des Regelwerks steht die Frage, welche Standards im Planungsprozess zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik gehören. Bei der Grundlagenermittlung in Kapitel 1 werden zum Beispiel der Heizungs-Check nach DIN EN 15 378 aufgeführt, ebenso der Energieausweis nach DIN V 4701-10 in Verbindung mit DIN V 4108-6, DIN V 18 599, DIN 18 599-12 (Tabellenverfahren) und DIN EN 15 316. Dabei muss natürlich nicht für jede Planung ein Heizungs-Check oder ein Energieausweis erstellt werden.

Allerdings fragt man sich sofort, wozu denn vier verschiedene Energieausweisnormen benötigt werden und wie damit umzugehen ist. Das Regelwerk stellt zunächst einmal klar, dass die DIN EN 15 316 in Deutschland nicht anwendbar ist, weil hier schlicht der nationale Anhang fehlt. Diesen wird es auf absehbare Zeit auch nicht geben. Die deutschen Gremien bevorzugen die DIN V 18 599.

Im Normalfall sollen aber Europanormen deutsche Normen ersetzen. Wenn also im Streitfall nachträglich die Anwendung der DIN EN 15 316 anstelle der DIN V 18 599 verlangt wird, gibt es dazu im Regelwerk des ZVSHK eine klare Positionierung. Inwieweit dies vor Gericht Bestand hat, wird die Zeit zeigen. Eine Argumentation mit dem Regelwerk des SHK-Gewerbes sollte vor Gericht jedoch einigen Wert haben.

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