Bei einem neuen Projekt sollte jedem Fachhandwerker bewusst sein: Bevor auch nur ein Rohr berechnet wird, muss man sich einen Kopf über das Konzept der Anlage machen. Wie soll diese überhaupt aussehen und was soll sie leisten? Dieser Schritt gerät leicht in Vergessenheit. Gerade wenn man regelmäßig ähnliche Gebäude plant.
Dabei ist im Grunde nichts selbstverständlich. So ist zum Beispiel eine zentrale Warmwasserbereitung im Einfamilienhaus häufig sinnvoll, weil die Leitungswege kurz sind und auf diese Weise leichter Solarwärme eingespeist werden kann. Allerdings wird diese Entscheidung in einem reinen Bürogebäude eventuell anders aussehen.
Hier sind die Leitungswege häufig lang und der Warmwasserbedarf zum Händewaschen gering. Die Verluste einer Zirkulationsleitung stehen in so einem Fall trotz Rohrleitungsdämmung in keinem vernünftigen Verhältnis zur tatsächlich an der Zapfstelle genutzten Wärme. Eine dezentrale, in der Regel elektrische Warmwasserbereitung ist hier möglicherweise eine bessere Wahl.
Gleichartige Gebäude – andere Anforderungen
Aber auch bei scheinbar gleichartigen Gebäuden unterscheiden sich die Nutzeranforderungen im Einzelfall. Während der eine eventuell kostensensibel ist und auf Komfort nur begrenzten Wert legt, ist der andere vielleicht finanziell etwas großzügiger und möchte auf jeden Fall eine Kühlung im Sommer. Der erste Nutzer wäre, wenn nicht weitere Gründe eine andere Entscheidung nahelegen, ein Kandidat für ein Brennwertgerät mit Heizkörpern. Dem zweiten Nutzer käme eine Wärmepumpe mit einer Flächenheizung bzw. -kühlung vermutlich eher entgegen.
Die Erstellung eines Anlagenkonzeptes gehört also zu den zentralen Punkten in der Planung eines Heizungssystems. Das Konzept hat letztendlich mindestens den gleichen Stellenwert wie die Dimensionierung und Auslegung, die in Kapitel 3 des Regelwerks bzw. im nächsten Teil dieser Artikelserie beschrieben werden.
Macht man in der Konzeptionierung etwas falsch, lässt sich das später nicht mehr oder nur sehr mühsam rückgängig machen. Deshalb ist hierfür auch die Grundlagenermittlung als Basis so wichtig (siehe Teil 2 SBZ 16/17-19). Nur wenn alle relevanten Rahmenbedingungen bekannt sind, kann auch ein sinnvolles Anlagenkonzept erstellt werden.
Gewissenhaft arbeiten
Die Liste der dabei zu beachtenden Punkte ist lang. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Auch hier hilft das Regelwerk Heizung wieder mit Checklisten, die schnell abgearbeitet sind. Dazu kommt, dass natürlich viele, aber eben nicht alle Punkte bei ähnlichen Gebäuden auch vergleichbar geplant werden.
Das heißt aber auch, dass man die Checklisten bei einem Gebäude- oder Nutzertyp, mit dem man eher selten zu tun hat, besser komplett durchgeht, um nichts zu vergessen. Beim dritten Bauträgerhaus auf einem Baufeld mit ähnlichen Kunden hat man das bisherige Konzept schon im Hinterkopf und vergleicht es nur noch mit den individuellen Kundenwünschen. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, auf diese Weise strukturiert zu arbeiten, ist man unter dem Strich schneller und macht weniger Fehler als bei hektischer Betriebsamkeit.
Schritt für Schritt strukturiert vorgehen
Der erste Schritt der Konzepterstellung ist in Kapitel 2.1 beschrieben. Hier geht es um die Frage, was die Heizung eigentlich leisten soll: heizen, kühlen, Warmwasser bereiten oder Strom erzeugen? Damit wird die Anzahl der verfügbaren Umsetzungsmöglichkeiten schon drastisch reduziert und man konzentriert sich auf einen Wärmeerzeuger, zum Beispiel auf eine Wärmepumpe oder einen Brennwertkessel.
Dazu kommt die Entscheidung, ob das Gebäude mit einer zentralen oder dezentralen Struktur umgesetzt werden soll (Kapitel 2.2). Dies gilt sowohl für die Wärme-/Kälteerzeugung als auch die Warmwasserbereitung. Wesentliche Einflussfaktoren sind hier unter anderem der Nutzerwunsch, die Art und Struktur des Gebäudes und der verfügbare Platz. Bei Bedarf wird anschließend eine Abgas- und Zuluftführung in das Konzept übernommen.
Die zu diesem Zeitpunkt getätigten Festlegungen sind grundsätzlich bestimmend für den weiteren Planungsprozess. Dennoch kann es im Verlauf der weiteren Planung natürlich passieren, dass Entscheidungen nachträglich korrigiert werden müssen. Je besser die Vorarbeit bei der Grundlagenermittlung war, desto geringer ist jedoch das Risiko einer Nacharbeit. Das Regelwerk unterstützt hier, indem bei Bedarf Grundlagen zu den einzelnen Punkten erläutert und Hinweise auf Standards1 gegeben werden, wenn sie die Entscheidung beeinflussen können.
Einbindung erneuerbarer Energien
Das Kapitel 2.3 beschäftigt sich mit der Einbindung erneuerbarer Energien. Diese können vom Nutzer in ganz unterschiedlichem Umfang gewünscht oder auch notwendig sein. Neben den eventuellen Anforderungen vonseiten des Gesetzgebers sprechen relative Besonderheiten dieser „neuen“ Techniken für eine separate Betrachtung.
Erneuerbare Energien gehen häufig mit einem großen Platzbedarf für Pufferspeicher oder eine Wärmequellenerschließung einher. Dieser geht deutlich über das bei „fossilen“ Anlagen bekannte Maß hinaus. Ebenfalls zu berücksichtigen sind eventuelle Schallemissionen, zum Beispiel bei Luft/Wasser-Wärmepumpen. Hier ist auf eine geeignete Positionierung am bzw. im Gebäude zu achten.
Bevor überhaupt eine Berechnung stattfindet, sollte man im Konzept den Platzbedarf schon einmal vorsehen. In geringerem Ausmaß gilt das auch für herkömmliche Speicher und natürlich für Hauseinführungen bzw. eine eventuelle Brennstofflagerung (Kapitel 2.4).
Die Auswahl und Positionierung von Speichern wird anschließend in Kapitel 2.5 behandelt. Hier kann und muss schon in der Konzepterstellung auf einige Besonderheiten geachtet werden. Ein 1000-l-Speicher lässt sich aus statischen Gründen im Spitzboden in der Regel nicht realisieren. Darüber hinaus sind bei der Kombination mit der Funktion Warmwasserbereitung weitere Aspekte, wie zum Beispiel Hygiene oder Schüttleistung, zu beachten.
Platzbedarf für die Wärmeverteilung
Als abschließender Punkt soll es in diesem Zusammenhang noch um die Wärmeverteilung (Kapitel 2.7) gehen. Hierfür braucht man ebenfalls Platz, auch wenn das die Architekten nicht gerne hören. Dieser Platzbedarf fällt in der Regel größer aus, als im Einzelfall vorgesehen ist – und zwar auf der gesamten Strecke zwischen Wärmeerzeuger und beispielsweise Heizkörper.
Zu diesem Zeitpunkt ist es für eine Detailplanung natürlich noch zu früh. Allerdings beinhaltet ein Schacht in der Gebäudeplanung nicht selten den Heizungsvor- und -rücklauf, die Warm-, Kalt- und Zirkulationsleitungen im Trinkwasserbereich einschließlich Abschottung zur Heizung, die Rohrleitungsdämmung sowie eventuelle Brandschutzmaßnahmen. Wenn hierfür nicht nur im übertragenen Sinne lediglich die Grundfläche eines DIN-A4-Blattes vorgesehen ist, dann sollten frühzeitig die Alarmglocken schrillen und – falls noch möglich – umgehend eingegriffen werden.
Für den Architekten gilt im Übrigen das Gleiche wie für den Haustechnikplaner: Je früher ein Fehler erkannt ist, desto besser kann man ihn beheben. Ähnlich verhält es sich im Bereich unterhalb des Estrichs. Diesen Platz beansprucht neben dem SHK-Gewerk auch schon der Elektriker. Gleichzeitig müssen die Anforderungen an Trittschalldämmung und gegebenenfalls den Wärmeschutz eingehalten werden.
Der Estrich selbst muss aber auch noch eine funktionsfähige Auflagefläche erhalten. Ist also eine 4-cm-Dämmschicht vorgesehen, ist absehbar, dass es mit der Erfüllung all dieser Anforderungen schwierig wird. Auch hier gilt: Bei Unstimmigkeiten so früh wie möglich mit dem Architekten sprechen.
Fazit
Am Ende der Konzepterstellung steht eine ziemlich genaue Vorstellung, wie die Heizungsanlage aussehen soll. Das Konzept beinhaltet keine Maße oder Dimensionen. Dafür muss auch keine einzige Zeichnung oder Skizze erstellt werden. Gerade bei kleinen Gebäuden reicht das Modell im Kopf des Handwerkers bzw. Planers völlig aus.
Aber ohne dieses ist er nicht in der Lage, die eigentliche Dimensionierung und Auslegung der Heizungsanlage durchzuführen. Wie ihn das Regelwerk Heizung dabei unterstützt, wird in Teil 4 dieser Serie beschrieben ( SBZ 21-19).
Info
Artikelserie: Regelwerk Heizung
In unserer Reihe stellen wir in Zusammenarbeit mit dem ZVSHK den Band 1: Planung des Regelwerks Heizung ausführlich vor. Dieser dient als Ratgeber und Checkliste für die tägliche Planungspraxis. Dabei stehen die folgenden Themen im Mittelpunkt:
- Teil 1: Einführung in das Regelwerk <b>SBZ 14/15-19</b>
- Teil 2: Grundlagenermittlung im Rahmen der Planung <b>SBZ 16/17-19</b>
- Teil 3: Erstellung eines Anlagenkonzeptes <b>SBZ 19-19</b>
- Teil 4: Planung und Dokumentation einer Anlage <b>SBZ 21-19</b>
SBZ-Tipp
Regelwerk Heizung, Band 1: Planung
Angesichts der Vielzahl von Standards schafft das Regelwerk Heizung Klarheit für das Gewerk Heizung. Es richtet sich an den Wohnungsbau unterhalb der Hochhausgrenze und beschreibt zu jedem Planungsschritt die relevanten Normen und Richtlinien. So eignet es sich gleichermaßen für die Ausbildung wie für das Nachschlagen während der täglichen Arbeit.
Ergänzt wird das Regelwerk um etliche Hydraulikschemata, die eine beispielhafte und herstellerneutrale Umsetzung zeigen. Ziel ist es, dass der Heizungsfachbetrieb oder Planer unter Beachtung der jeweiligen Randbedingungen eine regelwerkskonforme Planung erstellen kann.
Im Onlineshop des ZVSHK unter www.zvshk.de sind das Regelwerk (Quicklink: QL1514746) und der Entwurf der Hydraulikschaubilder (Quicklink: QL1714766) erhältlich. Für einen ersten Eindruck sind dort auch Leseproben und Inhaltsverzeichnisse kostenlos verfügbar.
Autor
Dr.-Ing. Matthias Wagnitz ist Referent für Energie und Wärmetechnik beim ZVSHK, 14467 Potsdam, E-Mail: m.wagnitz@zvshk.de