Es hat sich herumgesprochen, dass Bauprozesse lange dauern und die Auftragnehmer diese Dauer und den Aufwand mit all den Sachverständigenaktivitäten, Gerichtsterminen und weiteren Unannehmlichkeiten fürchten. Der Streit über Mängel mündet nicht selten in ein gerichtliches Beweisverfahren. Das kann sinnvoll und zweckdienlich sein, weil im Ergebnis rechtsverbindlich Feststellungen über das Vorliegen von Mängeln getroffen werden. Allerdings braucht das Zeit. Neben den Verzögerungstaktiken des Zahlungsschuldners ist hier auch noch mit der Trägheit der Gerichte und den vollen Terminkalendern der Sachverständigen zu rechnen. Ein Beweissicherungsverfahren hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist für die streitgegenständlichen Mängel gehemmt wird. Das ergibt sich aus § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB. Die Hemmung der Verjährung bezieht sich aber eben auf die Mängel und nicht automatisch auf die Vergütungsforderung. Der Auftragnehmerseite ist deshalb dringend zu empfehlen, sich bei allem Ärger und dem Energieaufwand, die eine Mangelauseinandersetzung mit sich bringt, nicht von der Einforderung des Hauptrechts im Rahmen des Werkvertrages ablenken zu lassen, nämlich dem Vergütungsverlangen.
Ablenkungsmanöver erkennen
Werkunternehmer müssen die Regelverjährungsfristen für Forderungen im Auge behalten. Werklohnforderungen verjähren in der Regelfrist gemäß § 195 BGB nach drei Jahren. Diese Zeit ist schnell um, insbesondere dann, wenn man sich in zähe Endlos-Streitigkeiten über Mängel begibt. Die den Schlussrechnungen entgegengestellten Mängeleinreden erweisen sich oft als Nebelbomben. Die Diskussion über Mängel lenkt von der Vergütungsforderung ab. Erst einmal müsse man sich über die Mängelfrage unterhalten, dann könne man über Geld sprechen… Mit diesem Ansatz soll Zeit in Richtung Verjährung der Vergütungsansprüche geschunden werden. Dieser gefährliche Nebeneffekt muss vom Auftragnehmer erkannt werden, weil hier der Totalverlust seiner offenen Forderung droht. Wenn sich nämlich nach langem Prozessieren über Mängelbehauptungen herausstellt, dass diese unbegründet waren und der Auftragnehmer innerhalb von drei Jahren nach Fälligkeit die Vergütung nicht durchgesetzt hat, geht er leer aus.
Aktueller Fall aus der Praxis
Nach Baudurchführung behauptet ein Auftraggeber Mängel und bestreitet die Abnahmefähigkeit der Leistung. Er zahlt die Schlussrechnung nicht, worauf der Auftragnehmer ein gerichtliches Beweisverfahren anstrengt. Das dauert drei Jahre. Danach erhebt der Auftragnehmer Zahlungsklage, als für ihn feststeht, in welcher Höhe seine Forderungen sind. Der Auftraggeber wendet nun hinsichtlich dieser Forderungen Verjährung ein. Er ist der Meinung, dass das Beweisverfahren nicht zu einer gleichzeitigen Verjährungshemmung von Vergütungsforderungen geführt habe.
So sehen es die Gerichte
Der BGH hat das anders gesehen und Anfang des Jahres dem Unternehmer die Restwerklohnforderung zugesprochen (BGH, 9.2.2012, Az.: VII ZR 135/11). „Glück gehabt“ lässt sich dazu sagen. Denn: Im Grundsatz gilt, dass das Beweisverfahren nur hinsichtlich der Mangelansprüche verjährungshemmend wirkt. Es betrifft nur solche Ansprüche, die für die Tatsachenbehauptungen von Bedeutung sind, welche der Auftragnehmer in diesem Fall zur Abwehr der Mängeleinreden des Auftraggebers zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemacht hatte. Allerdings hatte der Auftraggeber auch die Abnahme verweigert. Das war in diesem Zusammenhang für den Auftragnehmer deshalb ein Glücksumstand, weil sich der Streit damit auch auf die Fälligkeit des Vergütungsanspruches bezog. Im Zuge des Beweisverfahrens musste also neben den Mängelbehauptungen die Abnahmefähigkeit der Leistung festgestellt werden. Bei dieser Fallkonstellation wird auch die Verjährung für die Vergütung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt. Erst mit dieser Feststellung der Abnahmereife trat die Fälligkeit der Vergütung ein und erst ab diesem Zeitpunkt begann die Verjährung für den Vergütungsanspruch zu laufen.
Diese höchstgerichtliche Entscheidung steht den Ansichten anderer Gerichte entgegen. So hatte das OLG Koblenz mit Beschluss vom 19.2.2010 (2 U 704/09) entschieden, dass auch die unberechtigte Verweigerung der Abnahme durch den Auftraggeber zur Fälligkeit des Werklohns führt. Im konkreten Fall war deshalb die Werklohnforderung nach Auffassung des Gerichts schon verjährt, da die vom Unternehmer hergestellte Anlage vom Auftraggeber in Betrieb genommen und seitdem gewinnbringend genutzt worden sei. Hieran ändere auch nichts, dass eine konkludente Abnahme wegen ausdrücklicher Verweigerung der Abnahme durch den Auftraggeber nicht in Betracht kam.
Mit der neuen BGH-Entscheidung wird die Position der Auftragnehmer gestärkt. Allerdings können Auftragnehmer ihre Rechtsposition deutlich selbst stärken, indem sie Klarheit zur Abnahme schaffen und die Termine für die Verjährung von Vergütungsforderungen auf Wiedervorlage nehmen.
Der Praxistipp
Mängelbehauptungen bedürfen der schnellen Klärung. Sobald erkennbar wird, dass dies nicht erreichbar ist, sollte der Unternehmer gerichtliche Hilfe zur Feststellung der Mängeleinreden und auch der Abnahmereife über ein Klageverfahren in Anspruch nehmen. Falls im Rahmen eines Beweisverfahrens nur die Nachbesserungstatbestände und nicht auch die Abnahmereife der Werkleistung insgesamt überprüft wird, muss der Auftragnehmer die Verjährung der Werklohnforderung im Auge haben. Der Auftragnehmer kann nach § 204 BGB verfahren, z.B. ein Klageverfahren einleiten oder einen gerichtlichen Mahnbescheid zustellen lassen, wonach der Ablauf der Verjährung seiner Ansprüche gehemmt wäre. Auch die vertragliche Verzichtserklärung des Schuldners auf die Einrede der Verjährung ist eine Option.
Extras
Folgendes Musterschreiben gibt es zum Downloaden unter https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft zum Heft:
Antwortmöglichkeit auf unberechtigte Mängelanzeigen.
Weitere Musterschreiben finden SHK-Innungsbetriebe über die Plattform des ZVSHK https://www.shk-musterschreiben.de/. Ebenso sind dort auch die Musterschreiben zur Herbeiführung einer Abnahme oder das Muster eines Abnahmeprotokolls verfügbar.
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Das Autorenteam dieser ständigen SBZ-Kolumne Dr. jur. Hans-Michael Dimanski, Falk Kalkbrenner und Veit Schermaul (v. l.) sind Rechtsanwälte der in Magdeburg ansässigen Anwaltskanzlei Dr. Dimanski & Partner. Der Kanzleischwerpunkt liegt in der Betreuung von SHK-Firmen.
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