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Pleiterisiko Insolvenzanfechtung

In der Bau- und Immobilienbranche sind Insolvenzen keine Seltenheit. SHK-Fachhandwerksbetriebe sind aber darauf angewiesen, ihre Forderungen konsequent einzutreiben. Aufgrund nicht gezahlter Rechnungen fehlen rasch die finanziellen Mittel, um eigene Verbindlichkeiten zu begleichen und den Betrieb zu sichern. Wenn Zahlungen nur noch schleppend eingehen oder sogar ausbleiben, greifen SHK-Fachhandwerksbetriebe gern auf Vorkasseregelungen oder auf Abtretungserklärungen zurück, um sich vor einem Zahlungsausfall zu schützen. Hier liegt allerdings ein gefährlicher Fallstrick. Denn meldet ein säumiger Kunde tatsächlich Insolvenz an, prüft der Insolvenzverwalter sämtliche Zahlungen, die vor Insolvenzeintritt erfolgten. Dabei betrachtet er bestimmte Rechtshandlungen (insbesondere Zahlungen), die der insolvente Schuldner im Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages vornahm. Dadurch soll eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger aus der Insolvenzmasse gewährleistet werden.

Insolvenzverwalter kann Zahlungen zurückfordern

Falls ein Gläubiger, der noch Zahlungen empfing, über die drohende Insolvenz seines Schuldners informiert war und bewusst in Kauf nahm, dass andere Gläubiger eventuell leer ausgehen, liegen die Gründe einer Insolvenzanfechtung vor. Dies gilt auch für Zahlungen nach Insolvenzanmeldung, wenn dem Zahlungsempfänger bekannt war, dass dadurch andere Gläubiger benachteiligt werden. In diesem Fall kann der Insolvenzverwalter Zahlungen innerhalb der letzten vier Jahre zurückfordern. Dies betrifft nicht nur einzelne Zahlungseingänge, sondern die gesamten Umsätze, die zwischen dem Bekanntwerden der finanziellen Schwierigkeiten und dem formalen Eintritt der Insolvenz erzielt wurden. Das Risiko für den Handwerksbetrieb, auch Jahre nach der Insolvenz des Kunden noch selber pleite zu gehen, ist also hoch!

Grundsätzlich wird angenommen, dass der Gläubiger über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Bilde war, wenn sich dies aus folgenden Anzeichen ableiten lässt:

  • schleppende Zahlungen
  • abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarungen
  • Nichtzahlung eines wesentlichen Teils der Verbindlichkeiten
  • geplatzte Schecks
  • Vollstreckungsversuche.

Beweislast liegt beim Gläubiger

Nach der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung wird dem Gläubiger diese Kenntnis zunächst unterstellt. Dann liegt die Beweislast beim Fachhandwerksbetrieb, das heißt, dieser muss zu seiner Entlastung nachweisen, dass trotz dieser Anzeichen keine Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners bestand oder drohte. Ebenso muss der Handwerker nachweisen, dass die Zahlungen, die er noch vom Schuldner empfangen hat, nicht dazu geführt haben, dass andere Gläubiger benachteiligt wurden.

In der Regel muss ein Gläubiger davon ausgehen, dass die finanziellen Mittel eines Schuldners nicht ausreichen werden, um im Falle einer Insolvenz sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Es muss ihm also klar sein, dass für andere Gläubiger weniger oder nichts übrig bleibt, wenn er beim Bankrotteur seine Forderungen eintreibt. Deshalb sollten Gesprächsunterlagen und eingeholte Auskünfte sowie der schriftliche Geschäftsverkehr mit dem Kunden aufbewahrt werden, damit diese im Falle einer Insolvenzanfechtung als Beweismittel dienen können.

Was also tun?

Zwar reichen nach der Insolvenzrechtsreform von 2017 Zahlungserleichterungen als alleiniger Beweis dafür, dass der Gläubiger von der drohenden Insolvenz wusste, nicht mehr aus, dennoch muss der Gläubiger diese Vermutung widerlegen. Ein Gegenbeweis ist jedoch schwierig zu erbringen und als Konsequenz muss der Gläubiger den angefochtenen Betrag zurückzahlen. Um das Risiko zu minimieren, empfehlen sich folgende fünf Maßnahmen:

1. Immer auf dem Laufenden sein

Wenn ein Kunde verspätet oder unregelmäßig zahlt, sollte der Gläubiger dessen Bonitätsstatus auf Plattformen wie Creditreform regelmäßig prüfen. Spätestens bei einer Verschlechterung der Bonität oder des Zahlungsverhaltens sollte der Handwerker ein Gespräch mit dem Kunden führen, um die Situation gemeinsam zu analysieren und das Risiko aus eigener Sicht darzustellen. Da auch andere Lieferanten die Probleme erkennen werden, droht eine Abwärtsspirale. Denn wenn sämtliche Lieferanten plötzlich Vorkassezahlungen fordern, kann dies selbst die Liquidität eines wirtschaftlich gesunden Kunden überfordern. Daher empfiehlt es sich, das Gesamtrisiko bei wackeligen Kunden anhand der Daten der Buchhaltung exemplarisch zu ermitteln.

2. Risiko richtig einschätzen

Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass eine mögliche Insolvenzanfechtung weit teurer kommen kann als ein einzelner Zahlungsausfall. Denn bei Insolvenzanfechtung geht es nicht nur um einzelne Forderungen, sondern im schlimmsten Fall um die Rückzahlung der Kundenumsätze seit Beginn der Krise. Deshalb sollten bei ersten Anzeichen von Zahlungsproblemen die Umsätze mit dem Kunden gesondert erfasst und dokumentiert werden.

Werden die Einzelrisiken summiert, kann sich ein Klumpenrisikos ergeben. Davon kann eine ganze Region oder Branche besonders betroffen sein. Außerdem können verbundene Unternehmen und Privatpersonen über Patronatserklärungen, Bürgschaften oder Garantieerklärungen eine Kettenreaktion auslösen. Ist der SHK-Fachhandwerksbetrieb aufgrund seines Geschäftsmodells in einer speziellen Nische tätig, empfiehlt es sich, langfristig das Risiko zu reduzieren, indem er neue Kundengruppen erschließt und aufbaut.

3. Keine Sonderbehandlung anstreben

Angesichts der möglichen Konsequenzen ist jede Sonderbehandlung kritisch zu prüfen. Zwar kann die Gefahr eines Forderungsausfalls scheinbar reduziert werden, wenn z. B. Abtretungserklärungen vereinbart werden, jedoch steigt hierdurch das Risiko der Insolvenzanfechtung. Gespräche über die prekäre Lage des Kunden und drohende Zahlungsausfälle sind nie angenehm, sollten aber unbedingt geführt werden, um eine Lösung zu finden.

Es ist sinnvoll, intern eine Vorgehensweise zu definieren und schriftlich festzulegen, welche sich nicht auf einzelne Kunden und deren spezielle Situation bezieht, sondern auf Kunden mit vergleichbaren Merkmalen. So kann mit langjährigen Kunden anders als mit neuen Kunden verhandelt werden. Dabei sollte die Problematik offen angesprochen werden. Langjährige Geschäftspartner sind für einen entsprechenden Impuls von außen oft dankbar. Eine unbedenkliche Lösung setzt aber voraus, dass die Gleichbehandlung der Gläubiger sichergestellt und auch entsprechend dokumentiert ist. Sonderlösungen mögen kurzfristig helfen, können sich jedoch als Bumerang herausstellen.

4. Zeitpunkt des Kriseneintritts dokumentieren

Eine drohende Insolvenz beschleunigt sich oft, weil weitere Lieferanten von den Zahlungsschwierigkeiten betroffen sein können und Geschäftsbeziehungen immer rascher abgebrochen werden. Insbesondere wenn Lieferanten ihre Forderungen kreditversichern, erfolgt aufgrund der Reaktionen der Kreditversicherer auf die zunehmende Anzahl der Insolvenzanfechtungen immer schneller ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen, schon weil die Versicherungssumme drastisch zurückgenommen wird. Fallen wichtige Lieferanten aus, tritt schnell eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale ein.

Da die Forderungen des Insolvenzverwalters bis zu vier Jahre in die Vergangenheit zurückreichen können, ist es umso wichtiger, den Zeitpunkt, zu dem beim Kunden die Krise eintrat, eindeutig zu dokumentieren, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz zumindest zeitlich einzugrenzen bzw. zu widerlegen. Bei einem Kunden, der z. B. immer etwas verspätet zahlt, zeigt sich die Krise oft erst durch noch länger verspätete Zahlungen.

5. Kundenbeziehung aufgeben

Der ultimative Schritt besteht darin, die Kundenbeziehung aufzugeben. So schmerzhaft der Verlust sein mag, ist dies die letzte Möglichkeit, einer Insolvenzanfechtung vorzubeugen. Dabei sind nicht alleine die negativen Folgen zu sehen. Oft binden unsichere Kunden allzu viel Zeit und Energie, die besser investiert werden können, um neue, zukunftsträchtige Geschäftsbeziehungen aufzubauen.

Info

Die Voraussetzungen für eine Anfechtung liegen vor, wenn:

  • die Zahlung des Schuldners vier Jahre vor dem Insolvenzantrag oder nach Stellung des Insolvenzantrages erfolgte.
  • der Vorsatz des Schuldners bestand, durch die Zahlung andere Gläubiger zu benachteiligen, oder auch wenn der Schuldner die Benachteiligung anderer Gläubiger durch seine Handlung erkennen kann und billigend in Kauf nimmt.
  • die Kenntnis des Gläubigers vom sogenannten Gläubigerbenachteilungsvorsatz vorlag. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Gläubiger weiß, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht und dass eine Zahlung andere Gläubiger benachteiligen könnte.

Info

Wann ist ein Kunde insolvent?

Leistet ein Schuldner seine Zahlungen nicht, droht ihm Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, ist er verpflichtet, Insolvenz anzumelden. Die Eröffnungsgründe eines Insolvenzverfahrens sind in der Insolvenzordnung (InsO) beschrieben:

  • <b>Zahlungsunfähigkeit</b>

Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners liegt vor, wenn er nicht mehr dazu in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Eine Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

  • <b>Drohende Zahlungsunfähigkeit </b>

Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen.

  • <b>Überschuldung</b>

Eine Überschuldung des Schuldners liegt vor, wenn sein Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decken kann, es sei denn die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

Autor

Dipl.-Kfm. Thomas Schneider ist für Interne Revision der Knauf Interfer SE, ein mittelständischer Stahlhändler in 45141 Essen, verantwortlich. Telefon (02 01) 83 17-1 59 E-Mail: s_tommy@web.de