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Werklohn und Überschreitung eines Kostenanschlags — Beweisfragen

Sachverhalt

Ein Auftraggeber hatte die Nichtzahlung von Werklohn damit begründet, dass sich die Parteien auf Unentgeltlichkeit geeinigt hätten. Das fand der Auftragnehmer dreist und hatte dabei wohl die Hoffnung, die Richter würden sich an den Grundsatz erinnern, dass es im deutschen Baurecht keine Schenkungsvermutung gibt. Des Weiteren ging es um die Frage, inwieweit und mit welchen Konsequenzen sich eine Abweichung vom ursprünglichen Kostenanschlag auswirkt.

Urteil

1. Beruft sich der Auftraggeber darauf, dass die Parteien sich auf die unentgeltliche Herstellung des Werkes – oder einer Nachtragsleistung – geeinigt hätten, trägt er für diese von der gesetzlichen Regel des § 632 Abs. 1 BGB abweichende Behauptung die Beweislast.

2. Eine andere Beweislastverteilung griffe nur ein, wenn es um eine niedrigere Preisvereinbarung und nicht um Unentgeltlichkeit ginge.

3. Um jedoch den Unternehmer, der insoweit einen negativen Beweis führen muss, nicht in unüberwindbare Beweisnot zu bringen, stellt der Bundesgerichtshof seit langem höhere Anforderungen an die Darlegungslast des Bestellers. Demnach muss der Besteller, der eine bestimmte Vergütungsabrede behauptet, diese Vereinbarung nach Ort, Zeit und Höhe der Vergütung substanziiert darlegen. Sache des Unternehmers ist es dann, die geltend gemachten Umstände zu widerlegen, die für die behauptete Vereinbarung sprechen könnten. An diese Beweisführung sind keine zu strengen Anforderungen zu stellen.

4. Der Kostenanschlag i. S. d. § 650 Abs. 1 BGB soll über die mutmaßlich entstehenden Kosten für die Herstellung des Werkes Auskunft geben. Es geht um eine unverbindliche Berechnung der voraussichtlich anfallenden Kosten auf der Grundlage einer fachmännischen gutachtlichen Äußerung des Unternehmers. Er ist in dieser Beziehung von einer Festpreis bzw. Pauschalvereinbarung abzugrenzen. In Betracht kommen insoweit nur die Fälle des Einheitspreisvertrages, des Stundenlohnvertrages und des Selbstkostenerstattungsvertrages.

5. Der Unternehmer hat den Besteller bei Verstoß gegen § 650 Abs. 2 BGB so zu stellen, wie er stünde, wenn ihm die zu erwartende Kostensteigerung rechtzeitig angezeigt worden wäre. Hierbei muss er sich den höheren Wert anrechnen lassen, den er dadurch erlangt, dass der Unternehmer die ihm übertragenen Arbeiten in vollem Umfang ausgeführt hat, die bei einer vor­zeitigen Kündigung des Vertrages entfallen ­wären (OLG Naumburg, Urteil vom 26.05.2009 – 9 U 132/08).

Praxistipp

Wird keine ausdrückliche Vereinbarung zur Vergütung für Werkleistungen getroffen – was allerdings dringend empfohlen wird – kann der Auftragnehmer zumindest die für derartige Leistungen übliche Vergütung verlangen. Deren Höhe ermittelt im Streitfall ein Sachverständiger. Die Beweislastverteilung in dieser Frage stützt die Position des Auftragnehmers. Zu den Kostenanschlägen sollte der Auftragnehmer aber einige Grundsätze beachten. Das BGB spricht in § 632 Abs. 3 und § 650 von „Kostenanschlag“. Ein Auftraggeber kann von einem Auftragnehmer zum Zweck der überschlägigen Ermittlung etwaiger Kosten einen Kostenanschlag verlangen. Es gibt unverbindliche Kostenvoranschläge und garantierte Kostenprognosen. Während beim Ersteren die voraussichtlich anfallenden Kosten als Geschäftsgrundlage beziffert werden, geht es beim verbindlichen Kostenanschlag um einen einzuhaltenden Vertragsbestandteil. Aber auch bei einem unverbindlichen Kostenanschlag lauern Gefahren. Ist abzusehen, dass der Kostenvoranschlag nicht eingehalten werden kann, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich informieren. Das legt der § 650 Abs. 2 BGB fest. Unverzüglich heißt dabei: handeln ohne schuldhaftes Zögern. Als Obergrenze für ein unverzügliches Handeln wird von den Gerichten in der Regel ein Zeitraum von zwei Wochen angesehen. Nach einem Hinweis auf Kostenerhöhung kann der Auftraggeber entscheiden, ob er die Kostenüberschreitung genehmigt oder den Vertrag kündigt. Kündigt er, hätte er dem Auftragnehmer die bis dahin erbrachten Leistungen zu vergüten. Ein Kostenvoranschlag gilt dann als wesentlich überschritten, wenn die Kosten 10 bis 20 Prozent über der kalkulierten Ursprungssumme liegen. Verspätete Anzeigen führen, wie der vorliegende Fall zeigt, zu Schadenersatzansprüchen des Auftraggebers. Ein Kostenvoranschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten (§ 632 Abs. 3 BGB). Eine Vergütungspflicht kann sich nur aus einer Individualvereinbarung, nicht aus allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben. Allerdings kann die Üblichkeit der Vergütung für eine Vergütung sprechen. Wer einen ­Architekten beauftragt, muss mit einer Vergütung rechnen. Das Gesetz führt in seiner Formulierung aber zu dem deutlichen Hinweis darauf, dass man einen Zweifel über die Vergütungspflicht zu einem Kostenanschlag durch eine vertragliche Vereinbarung ausräumen kann.