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Und es geht doch: Frauen als Azubis im SHK-Handwerk

Man muss sich Georg Reuss als glücklichen Menschen vorstellen. Der Bäderbauer hat einen Job, der ihn erfüllt. Dazu eine liebenswerte Frau und Kinder (die Bandbreite reicht vom Grundschulalter bis zur Pubertät). Er ist im idyllischen Bamberger Umland zu Hause, in Schönbrunn steht seine Firma. Als branchenweit hoch angesehener Bäderfachmann schreibt er Bücher, hält Vorträge und gibt sein Wissen detailliert in Seminaren weiter. Der 52-Jährige hat – das darf an dieser Stelle ruhig mal so gesagt werden – einen Lauf. Aber damit nicht genug. Seit Oktober 2022 bildet Georg Reuss auch noch SHK-Nachwuchs aus. Weiblichen Nachwuchs! Gute Azubis zu finden, das ist eh schon eine Herausforderung. Wenn es sich dann noch um eine Auszubildende zur Anlagenmechanikerin SHK handelt, ist „das schon ein Glücksfall“, wie der Chef sagt. Damit so ein Fall überhaupt erst eintreten kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Aber der Reihe nach.

Ich sehe am Abend, was ich den ganzen Tag über geschafft habe.

Theresa Schwegler

Bild: Reuss

Aller Anfang ist schwer

Es begann mit einem Praktikum. Theresa Schweglers Elternhaus steht einen Steinwurf weit entfernt vom Betriebsgebäude „Reuss – Schöne Bäder“ in Schönbrunn. Die heute 23-Jährige hatte damals das Abitur in der Tasche und ein Studium vor Augen. Der Weg war scheinbar vorgezeichnet. So, wie es hunderttausendfach jedes Jahr deutschlandweit geschieht: Abiturprüfung, Hochschulreife, Studium. Handwerk passt da nicht rein. Schon gar nicht, wenn man eine Frau ist. Oder? Es ist genau diese Denkweise, die tausendfach dazu führt, dass für das SHK-Handwerk (und im Schwerpunkt: Anlagenmechanikerin SHK) knapp die Hälfte aller Schulabgänger, nämlich Frauen – egal, ob Haupt- und Realschule oder Gymnasium – uninteressant erscheint. Das „für“ kann auch an anderer Stelle in dem Satz stehen, es ändert leicht Blickwinkel und Bedeutung, aber nicht das Ergebnis. Also so formuliert: Es ist genau diese Denkweise, die tausendfach dazu führt, dass die SHK-Branche für knapp die Hälfte aller Schulabgänger, nämlich Frauen – egal, ob Haupt- und Realschule oder Gymnasium – uninteressant erscheint. Trotz eines hohen Bedarfs an Fachkräften werden weibliche Azubis kaum in Betracht gezogen.

Bei Theresa Schwegler jedenfalls war das vollkommen anders. Angetrieben von der Neugier „auf einen Beruf, in dem ich mit den Händen was schaffen kann“ vereinbarte sie ein Praktikum in Georg Reuss‘ Betrieb. Der hatte – das sollte an dieser Stelle erwähnt werden – im Jahr 2021 ein Bad im Haus ihrer Eltern modernisiert. Offen, wie der Chef nun mal ist, ließ er sich auf das Experiment ein. Und ein Experiment war es in der Tat, denn eine weibliche Praktikantin „für die Baustelle“ hatte er noch nie gehabt, zumal diese hier auch ohne handwerkliches Vorwissen kam. Zweifel standen im Raum, der unsichtbare rosa Elefant lässt grüßen. Bis zu einem bemerkenswerten Erlebnis während des Praktikums. Eine der härtesten Aufgaben – Abbruch eines Bades mit der Hilti, Fliesen runter etc. – bezeichnete Theresa Schwegler nach Feierabend auf der gemeinsamen Heimfahrt als „mit den schönsten Arbeitstag, den ich bisher in meine Leben hatte“. Damit war nicht nur der Fliesenspiegel gebrochen, sondern auch das Eis. „Sie wollte unbedingt“, erinnert sich Georg Reuss. Das kann bei Weitem nicht jeder von seinen Azubis behaupten. Die logische Konsequenz: Die 23-Jährige begann ihre Ausbildung zur Anlagenmechanikerin SHK im Oktober 2022. An dieser Stelle wird deutlich: ausprobieren, aufeinander zugehen und mit offenen Karten spielen, das sind entscheidende Punkte, um mehr Frauen für den Einstieg in diesen Beruf zu gewinnen.

Theresa als Auszubildende ist ein Glücksfall für uns.

Georg Reuss

Bild: Reuss

Alltag, Berufsschule und körperliche Belastung

Zum Punkt „mit offenen Karten spielen“ zählt auch, Frauen darauf vorzubereiten, was sie in dieser (noch) männerdominierten Arbeitswelt erwartet. „Theresa ist jung und hübsch, wir befinden uns bei manchen Projekten mit mehreren Gewerken gleichzeitig auf der Baustelle. Das heißt, da tummeln sich viele junge Männer, in denen das Testosteron arbeitet“, sagt Georg Reuss. Da könne es zum Beispiel vorkommen, dass nach der Handynummer gefragt wird. Für diese Situationen muss ein passender Umgang gefunden werden. „Ein dickes Fell hilft auf jeden Fall“, die angehende Anlagenmechanikerin lacht.

Andererseits kann es durchaus vorkommen, dass die männlichen Arbeiter den Gentleman in sich entdecken. Sie legen dann eine deutlich höhere Hilfsbereitschaft an den Tag, weil eine Frau anwesend ist. „Aber das will ich gar nicht“, sagt Theresa. Es ist ihr ganz wichtig, ihre Aufgaben möglichst selbstbestimmt zu erfüllen – so, wie es auch von Männern erwartet wird. „Wenn der randvolle Eimer Bauschutt zu schwer sind, befüllt sie ihn eben nur zu drei Viertel“, beschreibt Georg Reuss eine Alltagssituation, bei der körperliche Belastung aufkommt.

Deutlich anstrengender fällt der Umgang in der Berufsschule aus. Theresa Schwegler ist eine von drei Frauen in ihrer Klasse, aber mit 23 Jahren deutlich älter als Mitschülerinnen und Mitschüler. Frau und mit mehr Lebenserfahrung ausgestattet – der Unterschied macht sich an jedem Berufsschultag bemerkbar. Umgeben von rund 30 pubertierenden Jungs, die mit einer überwiegend laxen Einstellung zum Unterricht und zum Lernen ihre Zeit absitzen, das ist ein ganz hartes Brot. Aber es sind keine neuen Themen für Berufsschulen. Georg Reuss sagt: „Ich habe Theresa auf diese Momente vorbereitet. In der Berufsschule werden die Unterschiede extrem deutlich, aber sie ist eine Type, die gut damit umgehen kann.“ Mit dem Effekt, dass „ich mich nach jedem Berufsschulblock wieder auf die Arbeit mit Georg und seinem Team freue“, ergänzt die
junge Frau.

Faszination Handwerk und Freizeit

Trotz der zum Teil widrigen Umstände ist Theresas Elan ungebrochen. Die gestreckte Gesellenprüfung, Teil 1 (früher nannte man das: Zwischenprüfung), hat sie ganz aktuell mit der Note 1,8 mit Bravour bestanden. Zur Erinnerung: Sie ist erst im Oktober 2022 in die Ausbildung gestartet. Aber was ist das, dass Theresa mit Begeisterung hoch motiviert im Handwerk hält? Die Antwort überrascht nicht, da geht es ihr letztlich wie fast jedem anderen Menschen auch: „Ich sehe am Abend, was ich den ganzen Tag über geschafft habe.“ Ein schönes Badprojekt abgeschlossen, glückliche Auftraggeber, auf Hilfsbereitschaft im Kundendienst ein ehrliches Dankeschön zu erhalten – das motiviert sie jeden Tag aufs Neue. „Da ist sie wie ich, deshalb passt sie auch so gut in mein Team“, findet der Chef.

Diese Auffassung von Handwerk und Arbeit, von Lebensinhalt und Befriedigung ist beileibe kein Einzelfall. Egal, ob es sich jetzt um männliche oder weibliche Interessierte am Beruf Installateur handelt, es braucht manchmal nur einen kleinen Schubs, einen Augenöffner, um sich dessen bewusst zu werden. Bei Azubis ebenso wie bei Chefs. Und bei den Eltern.

Auch Theresas Eltern finden, sie habe eine gute Wahl getroffen. Die anfängliche Skepsis ist der Begeisterung gewichen, eine „Handwerkerin in der Familie“ zu haben – was ihr Freund genauso sieht. Aus ihrem Abiturjahrgang ist Theresa Schwegler die einzige Schülerin, die eine Ausbildung begonnen hat. Alle anderen – Freundinnen eingeschlossen – haben sich für ein Studium entschieden. „Unsere Freizeitgewohnheiten sind jetzt nicht mehr ganz so kompatibel“, erzählt sie lachend. Aber das mache nichts, während andere im Café Zeit verbummelten, verdiene sie eben Geld und arbeite ganz konkret an ihrer Zukunft. Und wie sieht die aus? Verkürzte Lehre und später dann Meisterschule. Dazwischen eventuell eine längere Auszeit, „etwas von der Welt sehen“. Aber auf jeden Fall: „Mit Georg noch viele schöne Bäder bauen!“

Eine von Theresas Lieblingsbeschäftigungen: Der Abbruch, bevor ein schönes neues Bad gebaut wird.

Bild: Reuss

Eine von Theresas Lieblingsbeschäftigungen: Der Abbruch, bevor ein schönes neues Bad gebaut wird.

Autor

Dennis Jäger
ist Chefredakteur der SBZ

Bild: SBZ

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