Mit Blick auf eine möglichst effiziente und umweltschonende Wärmeversorgung im Rahmen der Energiewende lässt sich seit einiger Zeit ein zunehmender Trend zu kleinen und mittleren Nahwärmenetzen beobachten. Diese haben sich mittlerweile als eigenständige Alternative zur Fernwärme und Einzel-Hausversorgung etabliert. Sie werden typischerweise in Neubaugebieten nahezu jeder Größe eingesetzt, wobei häufig ein Investor oder Energieversorger als Wärmelieferant auftritt. Ein Hauptgrund hierfür ist, dass es sich aufgrund des deutlich geringeren Energieverbrauchs oftmals nicht mehr lohnt, jedes einzelne Haus an das städtische Gasnetz anzubinden.
Auch im Bestand setzen Wohnungsunternehmen bei der Sanierung ganzer Siedlungen mittlerweile häufig auf Heizzentralen, weil sich auf diese Weise eine effiziente und umweltschonende Energieversorgung einfach aus einer Hand umsetzen lässt. Aus ähnlichen Gründen werden Nahwärmenetze zunehmend auch in Büro- und Gewerbegebieten realisiert.
Wann lassen sich Kunststoff- statt Stahlrohre nutzen?
Der Netzaufbau sollte in all diesen Fällen strahlenförmig sowie bei mittleren und größeren Gebieten möglichst mit mehreren Strängen erfolgen, wobei sich die Heizzentrale idealerweise im Zentrum befindet. Der Trassenverlauf wird dabei allerdings maßgeblich durch geografische und städtebauliche Gegebenheiten beeinflusst. Ziel ist es, die Länge und Anschlussleistung der Haupttrassen für die einzelnen Gebäudegruppen gering zu halten. So wird von vornherein die Grundlage für kleine Rohrdimensionen geschaffen, die wiederum wesentlich zu einer hohen Effizienz von Nahwärmenetzen beitragen. Da diese vergleichsweise niedrige Systemtemperaturen aufweisen (in der Regel ca. 80 °C), sind hochgedämmte Kunststoffrohre hier zum Mittel der Wahl für die Umsetzung geworden. Gegenüber Stahlrohren, die in der Regel erst ab Medientemperaturen von über 100 °C verwendet werden, zeichnen sie sich vor allem durch geringere Materialkosten und die erheblich einfachere und flexiblere Umsetzung des Nahwärmenetzes aus: So lassen sich Kunststoffrohre als Rollenware leichter und vor allem mit deutlich weniger Verbindungsstellen im Erdreich verlegen. Gleichzeitig sinkt der Planungsaufwand für die Trassenführung, weil auf Hindernisse wie Bäume oder querende Leitungen auch vor Ort noch flexibel reagiert werden kann.
Nahwärmenetze weisen zudem, bedingt durch den geringeren Temperaturunterschied zwischen Erdreich und der mittleren Medientemperatur von (in der Regel) 80 °C, deutlich niedrigere Wärmeverluste auf und benötigen so weniger Sicherheitseinrichtungen bei der Anlagentechnik.
Wärmeverluste und Netzkosten in Einklang bringen
Bei der Planung und Auslegung eines Nahwärmenetzes geht es darum, die optimale Versorgung aller Gebäude auf möglichst wirtschaftliche Weise sicherzustellen. Wesentliche Einflussfaktoren sind hier die Wärmeverluste sowie die Investitions- und Betriebskosten. Dabei muss genau abgewogen werden: So sorgen kleine Rohrdimensionen als auch kurze Stranglängen beispielsweise für geringe Wärme- und Druckverluste. Dementsprechend werden die Investitions- und Betriebskosten – etwa hinsichtlich der Pumpen – minimiert. In der Praxis werden üblicherweise Fließgeschwindigkeiten zwischen 0,6 und 1,2 m/s gefahren.
Grundsätzlich sollten Nahwärmenetze so weit wie möglich mit sogenannten Doppelrohren umgesetzt werden. Diese kombinieren Vor- und Rücklauf innerhalb eines PE-Mantelrohres. Gegenüber zwei Einzelrohren reduzieren sich aufgrund der geringeren Oberfläche die Wärmeverluste. Weiterhin fallen die Baukosten deutlich niedriger aus, weil die Gräben schmaler ausgeführt werden können und sich die Doppelrohre schneller einbringen sowie die Hausanschlüsse einfacher realisieren lassen.
Allerdings sind Doppelrohre nur mit einem Außendurchmesser von bis zu 75 mm für die einzelnen Medienrohre verfügbar. Das bedeutet, dass ab einer gewissen Heizleistung zwei Einzelrohre eingesetzt werden müssen. So lässt sich beispielsweise mit einem maximal dimensionierten Doppelrohr bei einer Temperaturspreizung von 20 K und einer Fließgeschwindigkeit von 1 m/s eine Heizleistung von 240 kW pro Strang erreichen. Deshalb ist es gerade bei größeren Bauvorhaben sehr vorteilhaft, wenn das gesamte Gebiet sternförmig von einer zentralen Stelle aus mit mehreren Doppelrohrsträngen versorgt werden kann.
Bei der Planung, Auslegung und Projektierung bieten einige Anbieter von Nahwärmesystemen, wie etwa Uponor, für Fachhandwerker eine umfassende Unterstützung durch erfahrene Ingenieure.
Geringe Wärmeverluste oder hohe Montageflexibilität?
Sind die Netzstruktur und die Dimensionen der Leitungen festgelegt, steht die Auswahl des passenden Rohrtyps an. Grundsätzlich wird zwischen PUR- und PEX-gedämmten Rohren unterschieden. Erstere zeichnen sich durch sehr gute, bis zu 30 % bessere Wärmedämmwerte aus und sorgen so für eine hohe Energieeffizienz des Nahwärmenetzes über die gesamte Betriebsdauer. Allerdings sind die Rohre aufgrund der höheren Steifigkeit schwerer zu verarbeiten und bieten sich daher eher für direkte Verbindungen bzw. die Haupttrassen an. Die flexiblere PEX-gedämmte Ausführung eignet sich demgegenüber sehr gut für die Verlegung um Ecken und Hindernisse herum sowie für die Realisierung der Hausanschlüsse. Bei der Rohrauswahl geht es also vorwiegend um die Abwägung zwischen geringen Wärmeverlusten und einer hohen Montageflexibilität.
Um beiden Anforderungen gerecht zu werden, bietet es sich daher an, die Haupttrassen mit PUR-gedämmten Rohren auszuführen, während für die abzweigenden Objektanschlussleitungen PEX-gedämmte Rohre zum Einsatz kommen. Allerdings muss dabei darauf geachtet werden, dass die Rohrsysteme untereinander kompatibel sind. Dies ist in der Regel der Fall, wenn beide Rohrtypen dieselben Mantelrohrgeometrien und -abmessungen aufweisen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die übergreifende Verwendbarkeit des benötigten Zubehörs (z. B. Isoliersätze und Schächte). Die Kombination von PUR- und PEX-gedämmten Rohren ist nur dann möglich, wenn auch deren Mantelrohre, beispielsweise über einen T-Isoliersatz, nahtlos verbunden werden können.
Presssysteme sind die bevorzugte Verbindungstechnik
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die für die Kunststoffrohre verwendete Verbindungstechnik. Lange Zeit wurden hier vornehmlich Schraubsysteme eingesetzt, bei denen sich die Fittings je nach Bedarf aus Übergangsnippeln und verschiedenen Metall-Formteilen zusammensetzen lassen. Große Vorteile sind dabei die hohe Flexibilität und dass nur Standardwerkzeug für die Umsetzung benötigt wird. Herkömmliche Schraubkupplungen müssen allerdings zum Teil noch mit Hanf eingedichtet werden. Alternativ gibt es Systeme, bei denen die Abdichtung zwischen Übergangsnippel und Formteil durch einen O-Ring erfolgt, womit das komplette Fittingsystem von Hand verschraubt werden kann. So lässt sich der Übergangsnippel, wie etwa bei der Verbindungstechnik Uponor Wipex, einfach durch eine über das Rohr geschobene Klemmhülse schließen.
Mittlerweile haben viele Anbieter zudem auch Presssysteme in verschiedenen Varianten eingeführt, die für Nahwärmenetze einige wesentliche Vorteile bringen: Zunächst sind die Verbindungen in der Regel unlösbar und bieten damit eine hohe Sicherheit vor Leckagen. Da die Lokalisierung und Behebung von Schäden gerade bei Erdleitungen extrem aufwendig ist, werden unlösbare Verbindungen häufig bevorzugt. Darüber hinaus bieten einige Pressverbindungen nicht nur geringere Druckverluste, sondern sie lassen sich auch deutlich schneller verarbeiten als herkömmliche Schraubfittings. Allerdings wird für die Pressverbindung Spezialwerkzeug benötigt. Damit der SHK-Fachbetrieb dieses für die gelegentliche Umsetzung von Nahwärmenetzen nicht extra kaufen muss, bieten einige Hersteller alternativ einen Mietservice an.
Aus den genannten Gründen sind Presssysteme inzwischen zur bevorzugten Verbindungstechnik für Nahwärmenetze geworden und entwickeln sich kontinuierlich weiter. So hat etwa Uponor seine bereits seit Jahrzehnten in der Hausinstallation bewährte Verbindungstechnologie Quick & Easy vor Kurzem auch für das Nahwärmesystem Ecoflex freigegeben. Dabei wird das Rohrende zusammen mit einem aufgesteckten Ring aufgeweitet und auf ein Kunststofffitting geschoben. Anschließend schrumpft das Rohr durch seine besonderen Materialeigenschaften fest auf das Fitting auf und sorgt so für eine dauerhaft dichte und sichere Verbindung. Mit dieser flexiblen Technik können die Rohrenden einzeln für sich behandelt und anschließend einfach zusammengeschoben werden. Darüber hinaus bestehen alle Komponenten vollständig aus Kunststoff, sodass es im Erdreich auch nicht zu Korrosion kommen kann.
Auf höchste Sorgfalt bei der Rohrverlegung achten
Grundsätzlich können Nahwärmenetze von jedem SHK-Fachhandwerker ohne Probleme umgesetzt werden. Die Materialien und Verarbeitungstechniken sind prinzipiell aus der Hausinstallation bekannt, sodass unterm Strich lediglich die größeren Dimensionen sowie die Verlegung im Erdreich neu sind. Trotzdem ist bei der Umsetzung eines Nahwärmenetzes höchste Sorgfalt geboten. Leckagen fallen häufig erst nach einigen Betriebsjahren aufgrund der steigenden Wärmeverluste auf und die Suche nach der betroffenen Stelle sowie deren Reparatur können sehr zeit- und kostenintensiv sein. Deshalb ist es wichtig, sich genau an die Montageanleitungen zu halten. Eine große Hilfe für Installationsbetriebe, die zum ersten Mal ein Nahwärmenetz verlegen, sind die Ersteinweisungen auf der Baustelle, die einige Hersteller kostenfrei anbieten.
Die Gräben für das Nahwärmenetz werden von einem entsprechend spezialisierten Bauunternehmen ausgebaggert. Neben einer ausreichenden Grabenbreite und -tiefe ist es dabei wichtig, dass die Kopflöcher an den Knotenpunkten des Netzes genügend Platz bieten, um die Isoliersätze einzubringen und die Rohrverbindungen sicher herzustellen. Damit zwei Fachkräfte ausreichend Arbeitsspielraum haben, sollte die Grundfläche etwa 1,5 bis 2 m² betragen. Das Verlegen der Rohre erfolgt vorher durch einfaches Abrollen vom Rohr-Ringbund. Ein Ablängen ist in der Regel nicht erforderlich, weil viele Hersteller einen Zuschnitt-Service bieten und die Rohre in passenden Teillängen direkt auf die Baustelle liefern.
Abschlussarbeiten vor der Inbetriebnahme
Nach Abschluss der Installationsarbeiten muss gemäß den geltenden Normen vor der Inbetriebnahme das Nahwärmenetz gespült und eine Druckprüfung durchgeführt werden. Dies muss nach dem Einbau und vor dem Schließen von Isoliersätzen und Schächten sowie vor dem Verfüllen der Rohrgräben oder Aufbringen einer anderweitigen Überdeckung geschehen. Für die Prüfung können Trinkwasser, Druckluft oder Inertgas verwendet werden, wobei der Prüfdruck (Ansprechdruck Sicherheitsventil) bei Heizungsanlagen zwei Stunden gehalten werden muss und um nicht mehr als 0,2 bar fallen darf. Zudem dürfen keine Undichtigkeiten auftreten.
Für die Zeit nach der erfolgreichen Installation, Spülung, Druckprüfung und Inbetriebnahme bieten einige Hersteller eine verlängerte Haftungserklärung an, welche über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinausgeht. Diese kann vom zuständigen Fachbetrieb einfach für ein Bauvorhaben beantragt werden und beinhaltet eine Gewährleistung auf die verwendeten Produkte von bis zu zehn Jahren. Inbegriffen ist hier üblicherweise auch eine Haftung für durch fehlerhafte Produkte entstandene Schäden sowie für die resultierenden Aufwendungen rund um das Nahwärmenetz. Damit sind Fachhandwerker im Ernstfall gegenüber ihren Kunden auch langfristig abgesichert.
Auslegungsbeispiel für ein kleines Neubaugebiet
Ein Beispielprojekt: Es handelt es sich um eine typische Abrundung des Siedlungsbereiches einer mittleren Ortschaft in Form eines kleinen Neubaugebiets mit zwei Mehrfamilien- und vier Reihenhäusern. Die Gebäude sollten über eine direkt an der Zufahrt liegende Heizzentrale mit einem 130-kW-Hackschnitzelkessel bei üblichen Systemtemperaturen von 80 °C (VL) / 60 °C (RL) mit Wärme versorgt werden. Dementsprechend wurde ein einfaches Strahlennetz mit nur einem Hauptstrang umgesetzt, wobei die Trassenführung weitgehend unter öffentlichen Wegen möglich war.
Die Gesamtlänge des Nahwärmenetzes beträgt 155 m, wobei die 83 m lange Hauptleitung für eine möglichst hohe Energieeffizienz mit einem Doppelrohr mit PUR-Dämmung ausgeführt wurde. Die sechs Stichleitungen zu den Gebäuden bestehen aus sehr flexiblen, mit PEX-Schaum gedämmten Doppelrohren, womit eventuell querende Leitungen leicht umgangen und die durch die Kellerwand gehenden Hausanschlüsse einfach realisiert werden konnten.
Die Fließgeschwindigkeiten bewegen sich mit einem maximalen Wert von 0,76 m/s eher im unteren Bereich, was sehr geringe Druckverluste bei im Gegenzug etwas höheren Wärmeverlusten mit sich bringt. Der Grund dafür ist die niedrige Anschlussleistung der Reihenhäuser am Strangende von jeweils 12 kW. Entsprechend ergab sich bei der kleinstmöglichen Dimension für die Hausanschlussleitungen (2 x 25/175) eine Fließgeschwindigkeit von nur 0,45 m/s. Dies zeigt den starken Einfluss, den die jeweiligen Rahmenbedingungen auf die Planung eines Nahwärmenetzes haben – wobei sich auch dieses kleine Netz aufgrund der Kombination von PUR- und PEX-gedämmten Rohren durch eine hohe Wirtschaftlichkeit auszeichnet.
Autoren
Norbert Gosekuhl, Manager, Product Marketing, Application LHD, Uponor GmbH, Haßfurt
Michael Herlfterkamp, Anwendungstechnik/Projektierung Versorgung, Uponor GmbH, Haßfurt