Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Anlagen zur Regenwassernutzung – von der Planung bis zum Betrieb

Inhalt
  • Mit relativ einfachen Maß­nahmen kann Regenwasser als kalkfreier Rohstoff für die ­Gartenbewässerung, die WC-Spülung und zum Wäschewaschen genutzt werden.
  • Für die Regenwassernutzung gibt es ein bewährtes Regelwerk. Allerdings sind zusätzlich auch die mitunter sehr spezifischen kommunalen Vorgaben zu beachten.
  • Aufgrund der kommunalen Verantwortung gibt es keine einheitliche Förderung, zu unterschiedlich sind die Gegebenheiten.
  • Die Bemessung einer Anlage zur Regenwassernutzung muss neben den projektspezifischen Anforderungen auch die örtlichen Randbedingungen berücksichtigen.
  • Der richtige Zeitpunkt für die jährliche Wartung ist der Herbst. Anlagen zur Regenwassernutzung sollten vor der Frostperiode zudem winterfest gemacht werden.
  • Regenwasser kann durch Filter im Speicher­zulauf einfach gereinigt und problemlos gelagert werden. Der kalkfreie Rohstoff hilft, Trinkwasser für Toilettenspülung, Waschmaschine und Bewässerung zu sparen – in Einzelfällen bis zu 50 %. Eine Anlage zur Regenwassernutzung in Industrie und Gewerbe ist ebenso Stand der Technik wie im Wohnhaus. Sie besteht aus Sammelleitungen mit Filter und Speicher mit Überlauf, einem Leitungssystem zu den Verbrauchsstellen sowie der Pumpentechnik mit ­automatischer Nachspeisung von Trinkwasser. Wird nur der Garten bewässert, kann die Nachspeisung entfallen.

    Wasser aus Regenspeichern gilt als sogenanntes Betriebswasser und hat keine Trinkwasserqualität. Dies ist auch nicht erforderlich bei der in Deutschland zulässigen Verwendung für:

  • Gartenbewässerung
  • Toilettenspülung
  • Wäschewaschen
  • Gerätereinigung in Hof und Garten.
  • Die weltweit umfangreichsten Untersuchungen zur Wasserqualität liegen in Deutschland vor und bestätigen, dass bei fachgerechter ­Installation und Beschränkung auf die vorgenannte Verwendung keine Risiken bestehen. Details dazu enthält die fbr-Publikation „Regenwasser sammeln und nutzen“ [3].

    Einsparung und Zuschuss variieren

    Das finanzielle Engagement der Bauherren wird durch die Einsparung bei der Trinkwassergebühr, im Fall von Gartenbewässerung zusätzlich bei der Abwassergebühr, belohnt. Bleibt der Überlauf des Regenspeichers auf dem Grundstück, z. B. durch Versickerung, entfällt auch die Niederschlags-Ableitungsgebühr. Wie viel das im Einzelfall ausmacht, liegt am Nutzerverhalten und an der Höhe der von Kommune zu Kommune unterschiedlichen Gebühren.

    Einsparungen und Zuschüsse sind bei Regenwassernutzung leider nicht einheitlich, denn der Bund ist nicht zuständig für die Trinkwasserversorgung oder für Wassersparmaßnahmen. Das ist Sache der Länder und Kommunen. Deren Motiv für ein regionales Förderprogramm kann ein Engpass in der Trinkwasserversorgung sein, zum Beispiel ein Mangel an verfügbaren Ressourcen oder ein zu klein dimensioniertes Verteilnetz.

    Meist jedoch lautet die Begründung wie bei der „Bremer Umwelt Beratung“: „Wasser gibt es bei uns genug, Regen auch. Trinkwasser zu sparen und Regenwasser zu nutzen macht trotzdem Sinn. Langfristig spart das Geld und schont die Grundwasservorräte. Aber es werden auch die Mischwasserkanäle entlastet, Gewässer vor Schadstoffeinträgen geschützt und Keller vor Überschwemmung bewahrt.“

    Im Bundesland Bremen, zu dem die Städte Bremen und Bremerhaven gehören, erhält, wer einen Regenspeicher gemäß Förderrichtlinie baut, einen finanziellen Zuschuss. Grundsätzlich kann jedes Bundesland, jede Stadt oder Gemeinde in Deutschland eine ähnliche Regelung beschließen. Aufgrund der häufig wechselnden Förderungen existiert aber keine aktuelle Liste für Deutschland, die zeigt, wo es Zuschüsse gibt. Es lohnt sich deshalb, zum Beginn der Planung bei der zuständigen Kommune nachzufragen.

    Ertrag und Bedarf gegenüberstellen

    In Deutschland regnet es zu jeder Jahreszeit. Doch von Woche zu Woche variieren Menge, Intensität und zeitliche Verteilung. Berechnungen des Regenwasserertrags basieren auf regionalen Wetterdaten der Vergangenheit. Mit der Prüfung, ob Ertrag und Bedarf in einem guten Verhältnis stehen, beginnt die Planung einer Anlage zur Nutzung von Niederschlagswasser.

    Hier ein Beispiel: 62,5 m³ Regenertrag sammelt ein Einfamilienhaus mit Ziegeldach pro Jahr in 86150 Augsburg, aus Multiplikation von:

  • Jahresniederschlag in Augsburg: 800 mm, also 800 l/m²
  • Gebäudemaß mit Dachüberstand: Traufe 13,4 m, Giebel 8,1 m (Auffangfläche = horizontale Dachprojektion, hier 108,5 m²)
  • Ertragsbeiwert, bei Ziegeldach 0,8 (d. h. ein um 20 % geringerer Ertrag durch ­Verspritzen, Aufsaugen, Verwehen)
  • hydraulischer Wirkungsgrad, ohne spezielle Regenwasserbehandlung 0,9 (d. h. um 10 % geringerer Ertrag durch ­gelegentlichen Speicherüberlauf) 
  • 56,3 m³ Jahresbedarf bestehen für die Toilettenspülung bei drei Bewohnern und für die Bewässerung von 500 m² Garten. Laut Tabelle 1 in der DIN 1989-100 [1] …

  • … benötigt 1 m² Nutzgarten / Grünanlage zusätzlich zum Niederschlag pro Jahr 60 l (0,06 m³/m²). Bei 500 m² Garten­fläche ergibt sich ein Bedarf von 30,0 m³/a (500 m² x 0,06 m³/m² = 30,0 m³/a). Doch Vorsicht, je nach Bodenart (sandig, ­locker) und Mikroklima (viel Wind oder warm) variiert der Bewässerungsbedarf laut DIN bis zum Vierfachen des hier angenommenen Wertes!
  • … benötigt eine Person im Haushalt für die Toilettenspülung 24 l/d (8,76 m³/a). Bei drei Personen sind es somit 26,3 m³/a.
  • Tipp: Ist gemäß örtlicher Satzung ein geeichter Wasserzähler in der Regenwasserleitung zum WC und zur Waschmaschine einzubauen, um die ­daraus resultierende Abwassermenge zu erfassen, darf die Gartenwasserleitung davor abgezweigt werden, da durch diese Nutzung kein Abwasser entsteht.

    Trockenzeiten bedenken

    Wie ergibt sich nun die Speichergröße? Gemäß DIN EN 16941-1 [2], vereinfachtes Verfahren in Anhang A.2.1, wird von Ertrag und Bedarf das kleinere Volumen, hier der Bedarf mit 56,3 m³/a, gewählt. Dann wird der daraus resultierende ­Tagesbedarf von 154 l/d (56.300 l/a geteilt durch 365 Tage) mit 21 Tagen multipliziert. Dieser Zeitraum gilt als Dauer der statistisch für Deutschland ermittelten Trockenperiode.

    Das Ergebnis ist ein Nutzvolumen von 3,2 m³, bei zuvor vollem Speicher theoretisch ausreichend für drei niederschlagsfreie Wochen. Dass Ertrag und Bedarf nicht weit auseinanderliegen und der Ertrag der größere Wert ist, sind gute Voraussetzungen. Dann wird bei starkem Niederschlag der Speicher gelegentlich überlaufen, in der Regel ist aber genug Vorrat da.

    Korrekturbedarf bei der Speichergröße besteht allerdings, wenn das Sommerhalbjahr betrachtet wird. Die oben genannte überschlägige Berechnung geht von einem gleichmäßigen Niederschlag und einem gleichbleibenden Bewässerungsbedarf im Jahresverlauf aus. Tatsächlich aber wird im Winter nichts und in der Vegetationszeit eine höhere Tagesmenge für den Garten gebraucht. Ein Zuschlag von 0,5 m³ macht in diesem Fall Sinn, und bei Annahme von fünf statt drei Wochen Trockenperiode sind es weitere 2,5 m³. Das ergibt zusammen eine Speichergröße von 6,2 m³.

    Tipp: Wer schneller zum Ergebnis kommen will, kann ein Online-Rechenprogramm nutzen. Diese berücksichtigen oft bereits sinnvolle Zuschläge. Bei www.mall.info/dimensionierung wird beispielsweise bereits den aktuellen klimatischen Veränderungen Rechnung getragen und mit fünf Wochen Trockenzeit kalkuliert.

    Speicherüberlauf bevorzugt versickern

    Wohin mit dem überlaufenden Niederschlagswasser bei vollem Speicher? Früher war der Anschluss der Regenwasserleitung an den Kanal der Kommune vorgeschrieben und kostenlos. Heute wird das untersagt und, falls ausnahmsweise zugelassen, wird dafür eine Gebühr verlangt. Deshalb sollte die Überlaufmenge nach Möglichkeit versickern und die erforderliche Größe der Sickermulde gemäß Angabe des örtlichen Tiefbau- oder Umweltamts bemessen werden:

  • 10 bis 15 % der Dachgrundfläche ist in ­Freiburg im Breisgau die erforderliche Muldenfläche, um zu gewährleisten, dass auch bei Starkregen mit der vorhandenen ortsspezifischen Bodendurchlässigkeit das Rückstauvolumen von 30 cm Muldentiefe ausreicht und die Mulde nach spätestens 24 Stunden leer ist.
  • Fehlt ein Hinweis der Kommune, wird nach Arbeitsblatt DWA-A 138, A.2.2, die Größe der Sickermulde errechnet.
  • Tipp: Die Berechnung bieten kompetente Speicherhersteller ihren Kunden als kostenlosen Service an. Trotz vorhandenen Regenspeichers gilt die komplette Dachfläche als Bemessungsgrundlage, da im schlechtesten Fall von einem vollen Speicher ausgegangen werden muss.

    Kann oder darf ausnahmsweise nicht versickert werden, mündet der Speicherüberlauf mit Erlaubnis der zuständigen Behörde in die Kanalisation. Dennoch lässt sich eventuell ein Teil der Niederschlagswassergebühr einsparen.

    Tipp: In der Abwassersatzung der Kommune nachsehen und die geplante Anlage der Verwaltung mitteilen. Die Stadt Friedrichshafen z. B. reduziert ab einer bestimmten Speichergröße die Niederschlagswassergebühr um 50 %. Damit wird der Retentionseffekt durch Regenwassernutzung belohnt.

    Einbau, Inbetriebnahme, Instandhaltung

    Der Einbau eines Regenspeichers aus Beton ist einfach, wenn der komplette Behälter mit Abdeckung vom Kran des Lieferfahrzeugs in die vorbereitete Baugrube versetzt werden kann. Der Transport erfolgt in der Regel zum vereinbarten Zeitpunkt ohne Zwischenlagerung direkt ab Herstellerwerk. Ein Sand- oder Splittbett genügt als Auflage in der Baugrube. Bei Regenspeichern aus Beton darf zum Verfüllen Material des Aushubs verwendet werden. Werden diese Aspekte in die Kalkulation einbezogen, haben Regenspeicher aus Beton oft einen Preisvorteil gegenüber Speichern aus anderen Werkstoffen. Je nach Speicherkonstruktion sind für die Rohrverbindungen Öffnungen mit Dichtungsmanschetten oder direkte Anschlüsse vorhanden. Die meisten Lösungen lassen den nachträglichen Einbau weiterer Anschlüsse zu.

    Die marktführenden Speicheranbieter haben erprobtes Zubehör, insbesondere Filter-, Pumpen- und Entnahmetechnik, im Programm. Auf Wunsch wird auch Material zur Kennzeichnung von Leitungen und Entnahmestellen mitgeliefert. Was davon nötig und hilfreich ist, nennt die DIN EN 16941-1 in den Kapiteln 8 bis 11.

    Tipp: Nach Fertigstellung einer Anlage zur Regenwassernutzung kann aus der DIN EN 16941-1 Anhang C das zweiseitige „Inbetriebnahmeblatt“ als Checkliste für die Übergabe an die Kunden genutzt werden.

    Technik braucht grundsätzlich Inspektion und Wartung, um dauerhaft zu funktionieren. Das gilt auch für Anlagen zur Nutzung von Regenwasser, obwohl der Aufwand für die Instandhaltung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt weniger geworden ist. Der richtige Zeitpunkt für die jährliche Wartung ist der Herbst. Vor der Frostperiode sollte die Anlage zur Regenwassernutzung winterfest gemacht werden. Es lohnt sich dann auch, den Filter nochmals von Laub zu befreien und gründlich zu reinigen. Was sonst zu tun ist, steht auf einer zweiseitigen Liste im Anhang D der DIN EN 16941-1.

    Tipp: Weil die erforderlichen Maßnahmen unter Zuhilfenahme der vorgenannten Liste leicht zu erledigen sind, bieten viele Sanitärbetriebe den Wartungsservice preisgünstig an. Bei zuverlässiger Ausführung entsteht so eine langfristige, wertvolle Kundenbindung.

    Warum zwei Normen?

    Vorstehend wird Bezug genommen auf die DIN EN 16941-1 und auf die DIN 1989-100. Als letztere im Juli 2022 erschien, wurde die DIN 1989-1 „Regenwassernutzungsanlagen – Teil 1: Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung“ nach 20 Jahren unveränderter Gültigkeit zurückgezogen. Weshalb?

    Im Sinne der Harmonisierung von technischen Regeln innerhalb der EU und darüber hinaus musste das zuständige Gremium innerhalb des DIN, der „Arbeitsausschuss für Wasserrecycling, Regen- und Grauwassernutzung“, mit den 34 beteiligten Ländern des CEN (Europäisches Komitee für Normung) einen Konsens finden, um die technische Regel auf einen für alle Mitgliedsländer akzeptablen Stand zu bringen. Da die nationale Norm DIN 1989-1 schon sehr „ausgefeilt“ war, ist das Ergebnis DIN EN 16941-1 aus deutscher Sicht ein Minimalkonsens. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, die zuvor gültigen Regeln in einer sogenannten nationalen Restnorm zusammenzufassen, hier in der DIN 1989-100.

    Für Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung von Anlagen zur Regenwassernutzung in Deutschland gilt deshalb seit Juli 2022: Anwender von DIN EN 16941-1 müssen sich ebenfalls mit der DIN 1989-100 auseinandersetzen.

    Literatur

    [1] DIN 1989-100 „Regenwassernutzungsanlagen – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941-1“, Beuth Verlag, Juli 2022

    [2] DIN EN 16941-1 „Vor-Ort Anlagen für Nicht-­Trinkwasser – Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser“, Beuth Verlag, ­Juni 2018

    [3] fbr-Wissen – Broschüre „Regenwasser sammeln und nutzen“, ­Fachvereinigung Betriebs- und Regenwasser­nutzung (fbr), April 2019, Download unter: www.fbr.de

    [4] Ratgeber Überflutungs- und Rückstauschutz. Für Handwerk, Kommunen, Planungsbüros und Wohnungswirtschaft. Mall GmbH, 3. aktualisierte ­Auflage, 2023­­

    Mehr auf www.sbz-online.de

    Mehr rund um das Thema Regenwassernutzung erfahren Sie in ­unserem Online-Dossier unter:

    Dipl.-Ing. Klaus W. König
    war 20 Jahre als Architekt selbstständig und ist heute Fachjournalist und Buch­autor, speziell zur wasser­orientierten Stadtplanung und zur energiesparenden Bautechnik. Er ist Mitarbeiter im DIN-Ausschuss Wasserrecycling/Regen- und Grauwassernutzung sowie Gründungsmitglied des gemeinnützigen Bundesverbandes für Betriebs- und Regenwasser e. V. (fbr).

    Bild: Lauterwasser

    Muss es immer Trinkwasser sein?

    Deutschland gehört zu den ­Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit. Die ­Klimakrise droht damit auch zur Wasserkrise zu werden. Dabei lassen sich Regen- und Grauwasser aufbereiten und für ­Zwecke nutzen, die nicht zwingend Trinkwasserqualität benötigen. Es ist davon auszugehen, dass Betriebswassersysteme im Gebäudebereich in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Bei der Installation spielt das Fachhandwerk dann eine Schlüsselrolle.

    Das SBZ Exklusiv in der Ausgabe 12.2023 nimmt das ­Fachthema Regen- und Grauwassernutzung genau unter die Lupe. Der Themenblock umfasst  ­folgende Beiträge und Informationen:

  • Leitartikel zur Orientierung mit Hintergründen und Statements aus der Branche (Auszug unter: www.bit.ly/sbz_leitartikel_bwn)
  • übersichtliche Infografik mit aktuellen Zahlen und Fakten rund um die kostbare Ressource Wasser
  • Pro und Kontra zur Frage, ob die Betriebswassernutzung zur Ver­pflichtung in Neubauten werden sollte
  • Interview zum Thema Grauwasserrecycling und wie dem Fachhandwerk der Einstieg in dieses Geschäftsfeld gelingen kann.